Was Sport und Bewegung für die Teilhabe von Menschen mit Demenz leisten können.

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Transkript:

Was Sport und Bewegung für die Teilhabe von Menschen mit Demenz leisten können. Dr. phil. Christoph Rott Vielbewegt mit Demenz aktiv und sportlich mittendrin Frankfurt am Main, 03. März 2016

Die zunehmende Langlebigkeit ist eine enorme kulturelle Errungenschaft!

Was Einwohnern von Ketsch im Alter besonders wichtig ist (Zustimmung in %) <80 J. 80+ J. 1. Nicht auf Hilfe angewiesen sein 95 96 2. Geistig fit bleiben 95 94 3. Autonome Lebensgestaltung 96 89 4. Von Erkrankungen verschont bleiben 95 92 5. Körperlich fit bleiben 95 91 6. In Aktivitäten nicht gesundheitlich eingeschränkt sein 89 88 7. Sich auf den Körper verlassen können 88 89

Die Älteren von heute sind anspruchsvoll und wollen etwas vom Leben haben auch im hohen Alter!

Individuelle und gesellschaftliche Alternswünsche Gesundheit Geistige Fitness Autonomie Keine Pflegebedürftigkeit Alternswünsche Verbleib in eig. Wohnung Sozial eingebunden sein Rott, 2014

Die unschönen Seiten des Alterns Pflegebedürftigkeit Muskelrückgang Chronische Krankheiten Demenz Alternsrisiken Funktionsverluste Einsamkeit Rott, 2014

Häufigkeit der Demenz nach Altersgruppen in Europa Vieira et al., 2013

Merkmale einer Demenz Deutsche Alzheimer Gesellschaft, 2015

Folgen einer demenziellen Erkrankung Schwenk & Hauer, 2009

Die schönen und unschönen Seiten des Alterns in Einklang bringen Gesundheit Geistige Fitness Körperliche Aktivität, Bewegung, Sport Pflegebedürftigkeit Muskelrückgang Autonomie Keine Pflegebedürftigkeit Alternswünsche Alternsrisiken Chronische Krankheiten Demenz Verbleib in eig. Wohnung Sozial eingebunden sein Verbunden mit Anstrengung Funktionsverluste Einsamkeit Rott, 2014

Körperliche Aktivität ist lebensnotwendig.

Reduktion der Sterblichkeit in % Mindestens 15 Minuten Bewegung pro Tag oder 90 Minuten pro Woche Heftig Moderat Insgesamt Reduktion der Sterblichkeit um 14% und damit drei Jahre mehr Lebenszeit. Bewegung pro Tag in Minuten Wen et al., 2011

Körperliche Aktivität und gesundes Altern 1. Erhebung mit Ø 64 Jahren, 3.454 Personen, 57% Frauen; zu Beginn der Studie alle relativ gesund Gesundes Altern: Keine schwerwiegenden chronischen Erkrankungen Keine größeren kognitiven Beeinträchtigungen Keine größeren körperlichen Funktionsstörungen Gute psychische Gesundheit (keine Depression) Nach 8 Jahren waren (nur) 19% gesund gealtert. Welche Bedeutung hat dabei die körperliche Aktivität bzw. Veränderung der körperlichen Aktivität? Hamer et al., 2013

Je körperlich aktiver desto bessere Chancen auf gesundes Altern 8,00 7,00 6,00 5,00 Odds Ratio 7,68 4,00 3,00 2,00 1,00 3,37 2,36 1,00 Passive Aussteiger Einsteiger Aktive Nach Hamer et al., 2013

Risikofaktoren für Demenz

Möglichkeiten der primären Prävention von Alzheimer: Aktuelle Erkenntnisse Frage nach der Rolle körperlicher (In-)Aktivität The Lancet Neurology August 2014

Beitrag der veränderbaren Risikofaktoren für das Auftreten von Demenz in Europa 1. Körperliche Inaktivität: 20.3% 2. Rauchen: 13.6% 2. Geringes Bildungsniveau: 13.6% 4. Depression: 10.7% 5. Bluthochdruck im mittleren Alter: 6.8% 6. Starkes Übergewicht im mittleren Alter: 4.1% 7. Diabetes: 3.1% 31,4% der Alzheimererkrankungen sind auf sieben veränderbare Risikofaktoren zurückzuführen. Norton et al., 2014

Bewegung eine effektive Maßnahme um das Demenzrisiko zu senken

BMJ 2004: Regular walking protects elderly people from cognitive decline Regelmäßiges Gehen schützt Ältere vor geistigem Rückgang Senkung des Demenzrisikos um 37% (Gehen, Gartenarbeit) bzw. 50% (3,2 km gehen pro Tag) Abbott et al., 2004; Andel et al., 2008

Die "FINGER-Studie" Nachweis der Wirksamkeit einer kombinierten Intervention zur Vermeidung von geistigem Rückgang Lancet 2015

Multimodales Interventionsprogramm zur Vermeidung von geistigem Rückgang Randomisierte kontrollierte Studien mit Risiko- Personen (kognitiv nicht intakt, aber keine Demenz) 631 Personen Interventionsgruppe, Ø 69,5 Jahre alt, 629 Personen Kontrollgruppe Ø 69,2 Jahre alt Elemente der Intervention: Allgemeine Gesundheitsratschläge Ernährungsberatung Körperliches Training: Kraft- und Ausdauertraining Geistiges Training Überwachung von vaskulären Risikofaktoren Kontrollgruppe: Nur allgemeine Gesundheitsratschläge Ngandu et al., 2015

Veränderung der kognitiven Leistungen während der zweijährigen Intervention Ngandu et al., 2015

Weitere Ergebnisse der FINGER-Studie Kontrollgruppe ein um 30% erhöhtes Risiko für kognitive Veränderungen. Interventionsgruppe Verzögerung eines Krankheitsbeginn um 7,5 Jahre. 7,5 Jahre mehr Teilhabe ohne gravierende kognitive Einschränkungen! Beyreuther, 2016

Von der Theorie zur Praxis: Die Kommunen sind gefordert!

2012-2015: "Alter(n) und Gesundheit" http://www.gesundheitskonferenz-rnk-hd.de/

Arbeitsgruppe Bewegungsregion Rhein-Neckar Institution Kreisseniorenrat, Sportkreis Heidelberg Sportkreis Heidelberg Stadt Heidelberg - Amt für Soziales und Senioren Technologiepark Heidelberg GmbH Agaplesion Bethanien Krankenhaus Heidelberg LRA Rhein-Neckar-Kreis, Heimaufsichtsbehörde LRA Rhein-Neckar-Kreis, Geschäftsstelle KGK VHS Südl. Bergstraße VHS ab 60 Sozialstation Leimen B52-ARGE (Ersatzkassen) Rhein-Neckar-Kreis- Siemens- BKK Sportkreis Mannheim B52-ARGE; Techniker Krankenkasse Sportkreis Mannheim Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg Pädagogische Hochschule Heidelberg Gesundheitsförderung LRA Rhein-Neckar-Kreis, Beauftragter Menschen mit Behinderung Badischer Turner-Bund B52-ARGE (Ersatzkassen) Rhein-Neckar-Kreis- Barmer GEK

AG Bewegungsregion Rhein-Neckar Mission Statement und Aktivitätsfelder Förderung der Teilhabe ohne und mit Demenz! http://www.gesundheitskonferenz-rnk-hd.de/arbeitsgruppen/thema-2012-13-alter-gesundheit/ag-bewegung.html

Das Ketscher Modell / Heidelberger Senioren-Aktiv-Programm (S-A-P)

Was bedeutet Selbstständigkeit im Alter und wie kann sie bewahrt werden? Dr. phil. Christoph Rott Senioren-Aktiv-Programm Seniorenzentrum Kirchheim Heidelberg, 25. Februar 2016

Wissen: Über die Bedeutung körperlicher Aktivität für gutes Altern Bewegen: Ausführen des individuellen Bewegungsprogramms in der Kommune Ketscher Modell/ HD S-A-P Erfassen: Individuelle Testung der körperlichen Fitness Beraten: Individuelle Fitnessbeurteilung und Bewegungsberatung Rott, Grabowski, Maier, Onditi & Wagner, 2014

Deutscher Olympischer Sportbund, 2016

Elemente der körperlichen Fitness 1) Beinkraft 2) Armkraft 3) Ausdauer 4) Hüftbeweglichkeit 5) Schulterbeweglichkeit 6) Geschicklichkeit Rikli & Jones, 2001/2013

Individuelle Fitnessbeurteilung Beurteilung der Ergebnisse nach Altersnormen Individuelle Selbstständigkeitsprognose anhand von Fitnessstandards Foto Harmeet Dawan

Individuelle Bewegungsberatung Aufzeigen von Potenzialen und Möglichkeiten für körperliche Aktivität im direkten Umfeld (Kommune)

Funktioniert S-A-P? Lieber Herr Rott, vielen Dank für das Zusenden des Vortrags, ich habe es gleich weiter geleitet, u.a. an meine Eltern z.b. Am Freitag kamen sehr viele Gäste zu uns, um sich für Gymnastik anzumelden, Ihr Vortrag und die Testungen haben also erste positive Wirkungen gezeigt. Herzliche Grüße S. A. Seniorenzentrum Kirchheim

Alzheimer bereits im Rückwärtsgang Die Anzahl der Neuerkrankungen nicht aber die Gesamtzahl der Demenzkranken ist in der EU in den letzten 20 Jahren um 22 bis 30% gesunken. In Deutschland nur noch 620-690 anstatt bisher 890 Neuerkrankungen pro Tag! Die Zahl der Neuerkrankungen in der EU wird bis 2050 vermutlich um 37,4-51% sinken. Bewegung und Sport unter kommunaler Führung sind bei dieser Entwicklung ein sehr bedeutsamer Faktor. Kommunen und Netzwerke können diesen Trend durch vielfältige Bewegungsprogramme verstärken! Beyreuther, 2016

Kontakt: Dr. Christoph Rott Institut für Gerontologie, Universität Heidelberg Bergheimer Str. 20 69115 Heidelberg Tel.: 06221-548129 E-Mail: christoph.rott@gero.uni-heidelberg.de http://www.gero.uni-heidelberg.de