Michael Jasch 1
I. Tatbestand 1. Objektiv + subjektiv 223 2. Eintritt der schweren Folge (Hier Prüfung der in Betracht kommenden Merkmale aus Abs. 1) 3. Kausalität der KV schwere Folge 4. Unmittelbarkeitszusammenhang (TB-spezifischer Gefahrzshg.) (wenn sich die dem GTB anhaftende Gefahr gerade in der schweren Folge niedergeschlagen hat) 5. 18: Wenigstens Fahrlässigkeit schwere Folge (Beachte Abs.2: Schon in der Überschrift zitieren, wenn Absicht oder Wissentlichkeit in Frage kommt) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld (hier: Subjektive Vorhersehbarkeit des Gefahrzusammenhangs und der Folge) 2
Def.: S gem. 223, 226 Abs.1 Nr. 2, Abs.2 StGB S könnte sich einer schweren KV gem..., indem er... I. Tatbestand 1. 223 a) körperliche Misshandlung b) Gesundheitsschädigung c) Kausalität d) Vorsatz 2. Eintritt schwerer Folge ( 226 I) 2.1. Nr. 2: Verlust eines wichtigen Gliedes? a) Glied = jeder nach außen in Erscheinung tretende Körperteil, der mit dem Körper oder anderem Körperteil verbunden ist und eine besondere Funktion erfüllt. Problem: Ist ein Gelenk erforderlich? 3
Fall 7 hm: kein Gelenk notwendig! a.a.: doch! (weil sonst die Unterscheidung Glied / Körperteil unmöglich sei) Bsp. für Körperglieder laut BGH: - Arm, Zehen, Nase, Ohrmuschel - keine inneren Organe. => Hier: Das 1.Glied des Mittelfingers ist nach beiden Ansichten ein Glied des Körpers Def.: b) Fraglich: wichtiges Glied? Wichtigkeit bestimmt sich grundsätzlich nach seiner Bedeutung für den Gesamtorganismus. => Hier: Wichtigkeit des 1. Gliedes des Mittelfingers eher (-) weil keine zentrale Bedeutung bei manueller Tätigkeit (a.a. vertretbar). 4
Fall 7 Def.: 2.2 Dauernde Gebrauchsunfähigkeit eines Gliedes (Zeigefinger) a) Glied (+) b) dauernde Gebrauchsunfähigkeit = dauernder Verlust der normalen Funktion (z.b.: Versteifung, - kein völliger Verlust nötig es reicht eine weitgehende Unbrauchbarkeit) c) Wichtigkeit Grds.: Bedeutung für Gesamtorganismus, aber: Dabei sind auch individuelle Körpereigenschaften und dauerhafte körperliche Schädigungen / Einschränkungen des Verletzten zu berücksichtigen! (neue Rspr. des BGH seit BGHSt 51, 251) Nicht berücksichtigt werden dagegen soziale Bezüge (insbes.: berufliche Bedeutung). => Hier: Versteifung Zeigefinger plus Verlust Mittelfinger => Beeinträchtigung des Gesamtorganismus, da wesentliche Funktion der Hand nicht mehr vorhanden! (SV: keine Faust mehr, Pinzettengriff) 5
Fall 7 => erst zusammen mit der anderen Schädigung wird der Zeigefinger wichtig. => 226 I Nr. 2 (+) 3. Kausalität KV schwere Folge (unproblematisch): Hätte er nicht, so wäre der Finger noch... 4. Unmittelbarkeitszusammenhang...liegt vor, wenn sich die der KV innewohnende Gefahr... (Nicht gegeben, wenn Verlauf weit außerhalb der Lebenserfahrung, Verkettung unglücklicher Umstände. Beispiel: Opfer weigert sich, Untersuchungen durchführen zu lassen. Verlust aufgrund unqualifizierter Behandlung.) => hier (+). 5. Subjektiver Tatbestand Gem. 18 StGB ist wenigstens fahrlässiges Handeln bezüglich der schweren Folge erforderlich. 6
Fall 7 => Hier kommt sogar Absicht ( 226 Abs.2) in Betracht. Absichtlich handelt wer... S hat mit einem spitzen Werkzeug gezielt...(+) II. Rechtswidrigkeit, Schuld (unproblematisch) III. Ergebnis: S hat sich gem. 226 Abs.1 Nr. 2, Abs.2 strafbar gemacht. Zudem wäre hier noch 223, 224 - gefährliches Werkzeug, gemeinschaftlich - in einem zweiten Schritt (neue Prüfung!) zu erörtern. 7
- Dauernde Entstellung = Verunstaltung der Gesamterscheinung des Opfers. (Sie muss nicht dauernd sichtbar sein. Es ist unerheblich, ob sie i.d.r. mit Kleidung bedeckt ist). - Erheblich = Nach objektivem Maßstab zu fragen, ob die Entstellung den anderen Folgen des 226 in der Schwere gleichkommt. - Dauerhaft = (-) wenn mit üblicher + zumutbarer Schönheits-OP zu reparieren (z.b.: Zahnprothese). Beispiele: Bejaht bei auffälliger Narbe im Gesicht, am Bauch, Verlust Brustwarze, Fehlstellung eines Fußes. Verneint: verfärbte Narben auf Händen. 8
=...ist ein chronischer, den Gesamtorganismus erheblich beeinträchtigender Krankheitszustand, dessen Beseitigung zur Zeit nicht absehbar ist. - Beispiele für Siechtum : Epilepsie, dauernde Sprechschwierigkeiten, lange Bewusstlosigkeit, Verlust der Arbeitskraft. - Lähmung = erhebliche Beeinträchtig. der Bewegungsfähigkeit eines Körperteils, die den ganzen Körper in Mitleidenschaft zieht. 9
I. TB 1. 223 (oder ggf. 224, 226), objektiver und subjektiver TB 2. Eintritt und Verursachung Tod 3. Kausalität KV für die Todesfolge 4. Unmittelbarkeitszusammenhang (TB- spezifischer Gefahrzusammenhang)..zwischen KV und Todesfolge. = Wenn sich die der KV anhaftende typische Gefahr gerade in der Todesfolge niedergeschlagen hat. Umstr.: Nur Gefahr des KV-Erfolges, oder auch der KV-Handlung (so hm): 5. 18: Wenigstens Fahrlässigkeit* Tod II. RW III. Schuld Anm.: Liegt subjektiv nur Fahrlässigkeit vor, so wird häufig ein Aufbau vertreten, in dem die objekt. Elemente der Fahrlässigkeit unter Punkt 5, die subjektiven Elemente (subj. Erkennbarkeit des Gefahrzusammenhangs und der schweren Folge) aber in der Schuld geprüft werden. 10
A gem. 223, 224 Abs. 1 Nr.2, 4; 227 I.Tatbestand 1. 223, 224 Nr. 2, 4 a) Misshandlung (+) b) Qualifikation 224 - Nr.2 = Holzlatten, Eisenketten / - Nr. 4 = hier 11 Leute c) Vorsatz des A auf a) und b) 2. Eintritt/Verursachung Todesfolge - V ist gestorben - Hätte der A nicht (..), so wäre V noch am Leben. Der Tod wurde also durch A kausal verursacht. 3. Objektive Zurechnung Fraglich: Weil V selbst durch die Scheibe ging. Aber: kein freiverantwortliches Verhalten angesichts der Verfolgung. Daher (+). 11
Fall 8 Problem: 4. Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang.. wenn sich eine der KV innewohnende Gefahr gerade im Tod niedergeschlagen hat. Hier fraglich: Kommt es auf einen KV-Erfolg (so oft vertreten), oder bereits die Handlung (so BGH) an? KV-Erfolg (Misshandlung) lässt hier nicht erkennen, dass diesem eine Todesgefahr innewohnt. Aber: Auch die KV-Handlung kann eine Gefahr tödlichen Ausgangs in sich bergen (BGHSt 31, 96). Der Gefahrzusammenhang kann auch vorliegen, wenn das Opfer durch eigenes Verhalten bei der Flucht zu Tode kommt, wenn dieses Verhalten eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion darstellt (BGHSt 48, 34: http://www.hrrstrafrecht.de/hrr/5/02/5-42-02.php3?referer=db) => hier vom BGH bejaht. 12
Fall 8 5. 18 Gem. 18 muss dem Täter hinsichtlich der schweren Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fallen. => Hier Prüfung der objektiven Fahrlässigkeits-Voraussetzungen: Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Voraussehbarkeit des Erfolges II. Rechtswidrigkeit III. Schuld => Hier Prüfung der subjektiven Fahrlässigkeits-Voraussetzungen: subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Voraussehbarkeit des Erfolges (schwere Folge). IV. Ergebnis: A hat sich gem. 223, 224, 227 wegen Körperverletzung mit Todesfolge strafbar gemacht. 13