Die Eigenverwaltung nach ESUG



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Transkript:

Die Eigenverwaltung nach ESUG Prof. Dr. Lucas F. Flöther Hannover 27. Februar 2012

Ist-Zustand: Anordnung der Eigenverwaltung in weniger als 1 % der Verfahren Jahr Verfahren angeordnete Eigenverwaltung Absolut Anteil in % 2005 39.213 173 0,44 2006 36.843 147 0,39 2007 29.160 147 0,5 2008 29.291 160 0,54 2009 32.687 157 0,48 2010 31.998 214 0,67 Quelle: Statistisches Bundesamt (ZIP 2011, S. 1337) Vom Ziegenbock, der keinen guten Gärtner abgibt -2-

Ziel: Steigerung durch ESUG Verbesserung der Sanierungschancen durch: Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung stärkerer Einfluss der Gläubiger im Eigenverwaltungsverfahren Planungssicherheit für Schuldner -3-

A. Eigenverwaltung I. Vorteile der Eigenverwaltung Unternehmen behält bisherige Leitung (Nutzung Kenntnisse, Wissen, Erfahrung Verkürzung der Einarbeitungszeit) höhere Quote aufgrund geringerer Vergütungskosten für Sachwalter durch persönliche Weiterführung Stärkung des Vertrauens der Gläubiger/Lieferanten und Kunden Anreiz für frühzeitige Insolvenzantragstellung -4-

Voraussetzungen: II. Anordnung der Eigenverwaltung wie nach altem Recht gemäß 270 InsO (neu) Antrag des Schuldners notwendig neu: Es dürfen keine konkreten Umstände bekannt sein, die zu Nachteilen für die Gläubiger führen werden (Unklarheiten gehen nicht mehr zu Lasten des Schuldners; Beauftragung eines Sachverständigen zulässig?; reine Verfahrensverzögerung = Nachteil? Erkennen die Gläubiger, dass Schuldner nachteilige Verfügungen treffen wird unverzügliche Information des Insolvenzgerichts Schutzschrift!) (Beispiele: Unzuverlässigkeit des Schuldners, Hinweise auf Insolvenzverschleppung, keine ordnungsgemäße Buchführung, erhebliche Rückstände bei Sozialabgaben oder Steuern ausgeschlossen bei Implementierung eines Insolvenzprofis in Geschäftsleitung?) bei Fremdantrag keine Zustimmung des antragstellenden Gläubigers mehr nötig -5-

II. Anordnung der Eigenverwaltung (Forts.) vorläufiger Gläubigerausschuss hat Gelegenheit zur Äußerung, bevor das Gericht über den Antrag entscheidet, sofern dies nicht offensichtlich zur nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt ( 270 Abs. 3 Satz 1 InsO (neu)) bei Unterstützung des Antrags durch einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses unwiderlegbare Vermutung: kein Nachteil für die Gläubiger zu erwarten ( 270 Abs. 3 Satz 2 InsO (neu)) bei Ablehnung des Antrags durch Gericht: Erforderlichkeit einer Begründung ( 270 Abs. 4 InsO (neu); entsprechend 27 Abs. 2 Nr. 5 InsO (neu)) gegen die Entscheidung existiert kein Rechtsmittel; aber: Möglichkeiten nach 271, 272 InsO (neu) letzte Instanz : Gläubigerversammlung (deshalb auch keine zu starken Anforderungen an die Begründung der Ablehnung) -6-

III. Das Eröffnungsverfahren Gericht soll nach 270a Abs. 1 InsO (neu) von Anordnung eines Verfügungsverbotes und Anordnung, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, absehen, sofern: schuldnerischer Antrag auf Verfahrenseröffnung und Antrag auf Eigenverwaltung gemeinsam gestellt wurden und Antrag auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist Problem: Definition der offensichtlichen Aussichtslosigkeit ; inzidente Prüfung, ob Nachteile für Gläubiger zu erwarten ( 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO (neu)), Nachforschungen des Gerichts zulässig und sinnvoll bei Vorliegen der Voraussetzungen dennoch Ermessen des Gerichts, da Soll- Vorschrift (Schadet Anordnung der schwachen vorläufigen Verwaltung dem Eigenverwaltungsverfahren?) -7-

Vorteilhaft: III. Das Eröffnungsverfahren (Forts.) frühzeitige Kontaktaufnahme des Schuldners mit Gläubigern und Gericht; Überzeugungsarbeit leisten! Verbindung des Antrags auf Eigenverwaltung mit prepackaged-plan -8-

IV. Der vorläufige Sachwalter bei Absehen des Gerichts von klassischen vorläufigen Sicherungsmaßnahmen Bestellung eines vorläufigen Sachwalters anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters ( 270a Abs. 1 S. 2 InsO (neu)): keine speziellen Regelungen zu Befugnissen, jedoch entsprechende Anwendung von 274, 275 InsO (neu) Problem: keine Regelung zur Vergütung Vorschläge: 11, 12 InsVV (entsprechend vorläufiger Insolvenzverwalter oder Sachwalter mit Abschlägen) -9-

V. Möglichkeit zur Antragsrücknahme nach Hinweis des Gerichts ( 270a Abs. 2 InsO (neu)) Voraussetzungen: Insolvenzantragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit Gericht sieht Voraussetzungen der Eigenverwaltung nicht für gegeben (wohl nur durch Sachverständigen feststellbar) Gericht erteilt Hinweis, dass Voraussetzungen nicht gegeben sind daraufhin Möglichkeit Eigenantrag zurückzunehmen Ziel: Anreiz für frühzeitige Insolvenzantragstellung dadurch: Erhöhung der Sanierungschancen (BT-Drs. 17/5712, S. 39) -10-

bedeutsam nur für Einzelkaufleute und freiberufliche Unternehmer, da keine Antragspflicht nach 15a InsO und drohende Zahlungsunfähigkeit meist mit Überschuldung einhergeht; außerdem: Rückweg versperrt ; heutige Praxis: Schattendasein der drohenden Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund Anträge wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Jahr Verfahren absolut Anteil in % 2005 39.213 216 0,55 2006 36.843 223 0,6 2007 29.160 209 0,71 2008 29.291 131 0,45 2009 32.687 166 0,5 2010 31.998 202 0,53 Quelle: Statistisches Bundesamt (ZIP 2011, S. 1337) -11-

VI. Anspruch auf Anordnung der Eigenverwaltung Hat der Schuldner einen verfassungsmäßig gewährleisteten Anspruch auf die Eigenverwaltung? Verhältnismäßigkeit: Eigenverwaltung ist milderes Mittel Grenze: Art. 14 GG der Gläubiger -12-

VII. Mitwirkung der Überwachungsorgane Klarstellung des Verhältnisses des Aufsichtsrates, der Gesellschafterversammlung und ähnlicher Organe zur Geschäftsführung des Schuldners: 276a InsO (neu) kein Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners Möglichkeit Mitglieder der Geschäftsleitung abzuberufen oder neu zu bestellen jedoch Zustimmung des Sachwalters notwendig Verweigerung der Zustimmung durch Sachwalter nur dann zulässig, wenn Entscheidung der Organe zu Nachteilen für die Gläubiger führt -13-

VIII. Mehrheitserfordernisse für nachträgliche Anordnung und Aufhebung der Eigenverwaltung nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung: Voraussetzung = Antrag der Gläubigerversammlung mit Kopf- und Summenmehrheit + Zustimmung des Schuldners auch für Aufhebung der Eigenverwaltung auf Antrag der Gläubigerversammlung beide Mehrheiten notwendig ohne Kopfund Summenmehrheit also keine Aufhebung; allerdings kann einzelner Gläubiger Antrag auf Aufhebung stellen, sofern ihm persönlich Nachteile drohen ( 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO (neu)) Kontrolle über 78 InsO? BGH v. 21.7.2011 (IX ZB 64/10): Nein! A.A. Flöther/Gelbrich in ZIP 2011, S. 1622-14-

IX. Erschwerte Aufhebung der Eigenverwaltung auf Antrag eines Gläubigers nach 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO (neu) Wegfall der Anordnungsvoraussetzung 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO (neu) = es dürfen keine Umstände bekannt sein, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird Antragsteller müssen persönlich erhebliche Nachteile drohen Glaubhaftmachung beider Umstände ( 272 Abs. 2 S. 1 InsO (neu)) -15-

IX. Exkurs: Haftung im Eigenverwaltungsverfahren Haftung des Sachwalters: Verweis auf Vorschriften zur Haftung des Insolvenzverwalters ( 274 Abs. 1 InsO (neu)); 60 und 62 InsO gelten entsprechend jedoch nur anwendbar unter Beachtung der geringeren Einflussmöglichkeiten und veränderten Aufgaben des Sachwalters (daher auch kein Verweis auf 61 InsO) allerdings Haftung nach 61 InsO über 277 Abs. 1 S. 3 InsO evtl. darüberhinausgehend analog, wenn Sachwalter aufgrund seiner Kompetenz Masseverbindlichkeiten begründet? -16-

IX. Exkurs: Haftung im Eigenverwaltungsverfahren (Forts.) Insolvenzspezifische Haftung des Schuldners: Problem: verfügt aufgrund von 35 Abs. 1 InsO nicht über von der übrigen Haftungsmasse losgelöstes Vermögen; Haftung nach 60 ff. InsO überhaupt sinnvoll? Gesetzeswortlaut: ausdrückliche Anordnung der Haftung des Sachwalters nach 61 und 62 InsO über 274 Abs. 1 InsO (neu) keine Regelung zur Haftung des Schuldners Sind Positionen des Schuldners und des Insolvenzverwalters vergleichbar? Haftung nach allgemeinen Vorschriften bleibt unberührt (Bsp. 823 BGB) -17-

IX. Exkurs: Haftung im Eigenverwaltungsverfahren (Forts.) Persönliche Haftung der Organe des Schuldners: denkbar bei juristischen Personen oder Personengesellschaften würde Problem der fehlenden Haftungsmasse des Schuldners lösen auch in der Insolvenz gelten allg. Haftungsvorschriften möglicherweise nicht ausreichend 60, 61 InsO analog? = Lösung für Problem der Haftung im Eigenverwaltungsverfahren -18-

B. Schutzschirmverfahren I. Voraussetzungen Eröffnungsantrag des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Antrag auf Eigenverwaltung Antrag des Schuldners zur Bestimmung einer Schutzfrist (Ziel = Insolvenzplan!) Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation ( Bescheiniger ) -19-

I. Voraussetzungen (Forts.) Aus der Bescheinigung muss hervorgehen ( 270 b Abs. 1 S. 3 InsO (neu)): Vorliegen drohender Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung keine Zahlungsunfähigkeit keine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Sanierung mit Begründung (BT-Drs. 17/5712, S. 40: kein umfassendes Sanierungsgutachten erforderlich) -20-

II. Ablauf bei Vorliegen der Voraussetzungen des 270b Abs. 1 InsO (neu): Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans, höchstens drei Monate ( 270b Abs. 1 S. 2 InsO (neu)) Bestellung eines vorläufigen Sachwalters gem. 270a Abs. 1 InsO (neu) personenverschieden zum Bescheiniger ; Vorschlagsrecht des Schuldners bezüglich der Person; Gericht darf von dem Vorschlag nur bei offensichtlicher Ungeeignetheit abweichen! (Unabhängigkeit?) dann: Begründung der Entscheidung erforderlich; Wettlauf zwischen Gläubigern und Schuldner bzgl. Einsetzung vorl. Sachwalter/Insolvenzverwalter?! flankierend Bestellung eines Sachverständigen Doppelspitze? (Prüfungsumfang: Vorliegen der anfänglichen Voraussetzungen + fortbestehende Sanierungsaussicht + Verfahrenskostendeckung) -21-

II. Ablauf (Forts.) Möglichkeit der Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen, nach 21 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1a und 3-5 InsO (neu), z. B. Einstellung Zwangsvollstreckung und Verbot der Verwertung von Absonderungsrechten Gericht kann den Schuldner ermächtigen, Masseschulden für das nachfolgende Insolvenzerfahren zu begründen (Problem: Verkürzung der Teilungsmasse und Haftung des Schuldners?!) Problem: Bekanntmachung der Anordnung eines Schutzschirmverfahrens? Insolvenzgeldvorfinanzierung? -22-

III. Charakter keine eigene Verfahrensart = Sonderform des Eigenverwaltungsverfahrens mit Verbindung zum Planverfahren IV. Beendigung Aufhebung erfolgt, wenn Voraussetzungen von 270b Abs. 4 InsO (neu) vorliegen: Eintritt der Aussichtslosigkeit der angestrebten Sanierung Antrag auf Aufhebung durch vorläufigen Gläubigerausschuss oder Antrag auf Aufhebung durch absonderungsberechtigen Gläubiger oder einen Insolvenzgläubiger und Bekanntwerden von Umständen, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird (Glaubhaftmachung notwendig) Zulässigkeitsvoraussetzung: keine Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses liegen diese Voraussetzungen vor, hat das Gericht das Schutzschirmverfahren aufzuheben (kein Ermessen!) -23-

IV. Beendigung (Forts.) Folgen der Aufhebung nach 270b Abs. 4 InsO (neu): Geltung der allgemeinen Vorschriften über das Insolvenzeröffnungsverfahren Bestehenbleiben der Anträge auf Insolvenzeröffnung und Eigenverwaltung Entscheidung des Gerichts über diese Anträge Beendigung des Schutzschirmverfahrens auch durch Ablauf der Frist und Planvorlage: auch nach Vorlage des Plans Entscheidung über Anträge nach allgemeinen Vorschriften wird kein Insolvenzplan innerhalb der Schutzfrist vorgelegt, kann unter Umständen eine Fristverlängerung erfolgen; sonst: Beendigung -24-

C. Gültigkeit des ESUG überwiegender Teil der Änderungen tritt zum 01.03.2012 in Kraft erst ab 01.01.2013 gilt: Zuständigkeit des Richters im Planverfahren ( 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG (neu)) auf Insolvenzverfahren, die vor dem 01.03.2012 beantragt worden sind, sind die bis dahin geltenden Vorschriften anwendbar (Art. 103 EGInsO (neu) -25-

D. Ausblick -26- FTD vom 18.01.2012, S. 20.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Flöther & Wissing Rechtsanwälte Prof. Dr. Lucas F. Flöther Hansering 1, 06108 Halle Telefon: (0345) 212220 Telefax: (0345) 2122222 E-Mail: inso@floether-wissing.de www.floether-wissing.de -27-