Informationen zum Interview Datum: 29.11.2010 Dauer: 1,5 Stunden Sonstiges: Ergebnis: Beispiel Guter Praxis A. Allgemeine Informationen über das Unternehmen Unternehmen / Organisation Erste Bank Österreich / Erste Group Bank Anschrift 1010 Wien, Graben 21 Stadt Wien Land Österreich Name Dr.in Eva Höltl Funktion Leiterin Health Center E-Mail-Adresse eva.hoeltl@erstegroup.com Telefonnummer 050100/11345 Website www.erstegroup.com Sektor / Branche (NACE) Finanz Publikation (falls Informationen zum Programm zur Förderung der Psychischen Gesundheit veröffentlicht wurden, bitte eine Quelle angeben) Anzahl der Beschäftigten 3500/1500 Alter bis 34 35 bis 50 50+ gesamt Geschlecht männlich weiblich gesamt - 1
B. Politik & Kultur: Beschreibung (max. 500 Wörter) Das Themenfeld psychische Gesundheit wurde im Unternehmen der Erste Bank bereits im Jahre 2006 aufgegriffen. Damals betrug der Anteil der Psychiatrischen Erkrankungen der Angestellten in Österreich insgesamt 8% des Gesamtkrankenstandsvolumens (Quelle: Hauptverband der Sozialversicherungsträger) und aus Analysen der WGKK wussten wir, dass wir auch innerhalb der Erste Bank von dieser Zahl ausgehen mussten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Erste Bank einerseits durch regelmäßige Kundenbetreuung andererseits durch fallweisen Zeit- bzw. Ergebnisdruck oder intensiven Projektarbeiten immer wieder psychisch herausfordernden Situationen ausgesetzt. All diese Tatsachen sowie der Wunsch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen, ein Erwerbsleben lang in einer stabilen mental-gesundheitlichen Verfassung zu bleiben, war ausschlaggebend dafür, dass wir uns dieses Themas sehr intensiv angenommen haben. Im Gesundheitszentrum der Erste Bank sind neben 3 Arbeitsmedizinern auch 2 Arbeitspsychologinnen beschäftigt, sodass die Inhalte einer Prävention psychosozialer Erkrankungen auch personell gut abgebildet werden konnten. Im Jahre 2007 wurde ein Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung gestartet. Ausgehend von dem ganzheitlichen betrieblichen Gesundheitsförderungsprojekt, für welches das Gütesiegel für den Zeitraum 2009 bis 2011 verliehen wurde, konnten die ersten Maßnahmen im Bereich der psychischen Gesundheitsförderung in das reguläre betriebliche Gesundheitsförderungsprojekt eingebunden werden. In der damals gegründeten Steuerungsgruppe waren neben der Geschäftsführung, der Projektleitung, dem Personalmanagement, der Personalentwicklung, dem Betriebsrat und einer Sicherheitsfachkraft auch MitarbeiterInnen aus verschiedenen Bereichen vertreten. Der Steuerungsgruppe sowie dem Projektteam des allgemeinen BGF-Projekts obliegt daher auch der Themenschwerpunkt psychische Gesundheit. In der Organisation spielen Führungskräfte eine zentrale Rolle und wurden von Beginn an in die Gesundheitsförderung im Unternehmen eingebunden und somit besonders für das Thema psychische Gesundheit durch unterschiedliche Maßnahmen sensibilisiert. Das Projekt konnte in der Zwischenzeit in den Regelbetrieb integriert werden. Frau Dr. in Höltl ist als Leiterin des Health Centers auch weiterhin die zentrale Ansprechperson für Gesundheitsfragen im Unternehmen und so kann dieses Gesundheitszentrum als Schnittstelle für alle gesundheitsrelevanten Themen gesehen werden. Das ganzheitliche Gesundheitsverständnis ist für die Erste Bank Voraussetzung geworden und wird durch die Verankerung dieses Gedankens im Leitbild des Unternehmens unterstrichen. - 2
Die Partizipation der MitarbeiterInnen wurde im Rahmen des BGF-Projekts durch die Installierung von regelmäßigen Treffen und Feedbackrunden aller jeweiligen Akteure eines Bereichs sichergestellt. Es zeigte sich, dass die klassischen Gesundheitszirkel auf Grund der Vielfalt der Tätigkeiten und der daraus resultierenden Belastungen nicht ausreichend effizient wirken konnten. Es wurden daher für jeden Bereich (z.b. Vertrieb) eigene Gruppen gebildet, die alle Hierarchiestufen abbildeten und, etwa im Vertrieb, auch Vertreter der Lehrlinge berücksichtigten. Diese Treffen werden in regelmäßigen Abständen weiterhin abgehalten. So kann eine laufende Weiterentwicklung der an den Bedürfnissen der MitarbeiterInnen angepassten BGF-Maßnahmen erfolgen. Speziell um das Themengebiet arbeitspsychologische Belastungen evaluieren zu können, konnte zum einen ein standardisierter Fragebogen (AVEM: Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster) entwickelt werden, zum anderen wurde für die Evaluierung des employee Programms eine employee Nützungsstatistik entwickelt sowie eine jährliche Krankenstandsstatistik der WGKK angefordert. Diese zeigte, dass im Zeitraum 2007 bis 2009 die Krankenstände auf Grund psychiatrischer Erkrankungen von 8% zu Beginn auf nunmehr 5% im Jahr 2009 zurückgegangen waren. Dies ist besonders erfreulich, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass sie bei den Angestellten in Österreich auf 10% im Jahr 2009 gestiegen sind. Diese speziellen Bewertungsinstrumente dienen als Grundlage zur Entwicklung neuer Angebote im Bereich arbeitspsychologischer Belastungen. Für die Informationsweitergabe im Bereich der Gesundheitspolitik können die im Regelbetrieb üblichen Kommunikationsstrukturen genutzt werden. So können die MitarbeiterInnen im Infonet unter in der Rubrik Gesundheit alle Aktionen und Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsförderung in ihrem Unternehmen täglich nachlesen. Außerdem informieren Newsletter und Infofolder über Aktuelles. - 3
C. Organisation & Struktur: Beschreibung (max. 500 Wörter) Das Steuerungsgremium wurde im Rahmen des ganzheitlichen BGF-Projekts initiiert. Es trifft sich in regelmäßigen Abständen und setzt sich aus wichtigen Playern des Unternehmens zusammen. Die Arbeitsgruppe des allgemeinen BGF-Projekts wird von der Projektleiterin Frau Dr. in Höltl und zwei Arbeitspsychologinnen besetzt. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit allen gesundheitsrelevanten Themen, welche durch das Projekt aufgegriffen werden. Somit wird auch das Thema psychische Belastungen von der Arbeitsgruppe bearbeitet. In der Erste Bank gibt es ein spezielles Gesundheitszentrum, in welchem betriebliche Gesundheitsförderung installiert wurde. Die Leiterin des Health Centers ist auch die Projektleiterin des BGF-Projekts und die Promoterin des Themas psychische Gesundheit. Das Health Center kann als sogenannte Schnittstelle für alle gesundheitsrelevanten Themen gesehen werden. Im Bereich der psychischen Belastungen kommen Klienten entweder direkt ins Gesundheitszentrum oder werden aufgrund eines Arztbesuches ins Gesundheitszentrum verwiesen. Nach eingehender Untersuchung und Besprechung erfolgt eine Diagnosestellung. Darauf abgeleitet erfolgt eine weitere Zuweisung zu den verschiedenen Maßnahmenangeboten. Im Rahmen der Evaluation des BGF-Projektes konnte neben den allgemeinen Instrumenten, wie beispielsweise der Krankenstandsauswertung und der MitarbeiterInnenbefragung, ein standardisierter Arbeitsplatzfragebogen entwickelt werden. Für diese Form der Evaluation werden alle MitarbeiterInnen, welchen eine Psychotherapie empfohlen wird, gebeten, diesen anonymen Fragebogen auszufüllen. Nach 20 Therapiestunden erfolgt eine erneute Fragebogenauswertung. Generell durchlief das Themengebiet psychische Gesundheit zwei Entwicklungsstufen und konnte in das allgemeine BGF-Projekt aufgenommen werden. Ausgehend von den ersten Überlegungen im Jahr 2006 wurde ein Führungskräfte-Handbuch Gesundes Führen mit den Schwerpunkten Burn-out, Wiedereinstieg nach längerer Erkrankung, Krisen,.. entwickelt. Im zweiten Schritt erfolgte eine Weiterentwicklung des Handbuches unter Einbeziehung von Praxiserfahrungen und Gesprächsgrundlagen von KlientInnen (ca. 350 psychologische Beratungen / Jahr). Um auch MitarbeiterInnen mit nichtdeutscher Muttersprache zu erreichen, erfolgte eine Übersetzung in die Konzernsprache der Erste Group (Englisch). Eine völlig neu überarbeitete Ausgabe befindet sich derzeit in Druck und wird demnächst für alle Führungskräfte verfügbar sein. - 4
D. Umsetzung: Beschreibung (max. 500 Wörter) Das Themenfeld psychische Gesundheit wurde im Unternehmen der Erste Bank bereits im Jahre 2006 aufgegriffen. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch regelmäßige Kundenbetreuung immer wieder psychisch herausfordernden Situationen ausgesetzt sind, nahm und nimmt sich das Unternehmen des Themas psychische Gesundheit besonders an. Die Maßnahmen aus dem BGF-Projekt entstanden zum einen aus regelmäßigen Gesprächen durch Ärzte und Psychologinnen mit MitarbeiterInnen sowie gezielten Interviews im jeweiligen Bereich. Zum anderen werden auf Grund des in der Erste Bank installierten Gesundheitszentrums, welches als Schnittstelle für betriebliche Gesundheitsförderung im Unternehmen fungiert, laufend neue Maßnahmen entwickelt. Die Leiterin des Health Centers ist auch die Projektleiterin des BGF-Projekts und die Promoterin des Themas psychische Gesundheit. Im Bereich der psychischen Belastungen kommen Klienten entweder direkt ins Gesundheitszentrum oder werden aufgrund eines Arztbesuches ins Gesundheitszentrum verwiesen. Nach eingehender Untersuchung und Besprechung erfolgt eine Diagnosestellung. Darauf abgeleitet erfolgt eine weitere Zuweisung zu den verschiedenen Maßnahmenangeboten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt im Bereich der Prävention und der Beratung von Führungskräften im Bezug auf gesundheitliche Aspekte ihrer MitarbeiterInnen. Begleitet werden diese zusätzlich mit der Broschüre Ein Leitfaden für Führungskräfte Zur Gesundheit Führen und dem Folder Psychologische Beratung im Gesundheitszentrum. Psychische Beratung und Begleitung durch eine Psychologin/Psychotherapeutin im Gesundheitszentrum umfasst: Prävention (z.b. Burn-out) Konfliktberatung Unterstützung bei der Entwicklung und Aktivierung von Ressourcen Krisenintervention und Nachbetreuung (z.b. Banküberfall) Reflexion und Entwicklung gesundheitsfördernder Maßnahmen Betreuung im Rahmen des Alkoholbetreuungsprogramms sowie Unterstützung bei externer Psychotherapie Sollte eine kontinuierliche und regelmäßige Psychotherapie zur Aufarbeitung von persönlicher Geschichte und Erfahrungen nützlich und notwendig sein, werden dem/der MitarbeiterIn erfahrene externe Psychotherapeuten empfohlen. Dafür kann ein Kostenzuschuss von 30,00 pro Sitzung für max. 20 Therapiestunden bewilligt werden. - 5
Ist zur Aufarbeitung von nachhaltig belastenden Erfahrungen, wie beispielsweise ein Banküberfall, eine externe Trauma-Bearbeitung bei speziell geschulten Trauma- Psychotherapeuten erforderlich, übernimmt die Erste Bank für 5 bis 10 Stunden die Kosten vollständig. Im Zusammenhang mit Burn-out und der Prävention einer Verschlechterung kann auch eine Auszeit- und Kraftkur mit externen Kooperationspartnern organisiert und finanziell unterstützt werden. Da die Vereinbarkeit von privaten, familiären und beruflichen Verpflichtungen (Work-Life Balance) dem Unternehmen sehr wichtig ist, wurde eine Kooperation mit dem externen Partner employee ins Leben gerufen. Als Zielgruppe werden hier die MitarbeiterInnen nicht isoliert gesehen, sondern es sollen so die Angehörigen, welche im gleichen Haushalt leben, bei Bedarf in Form einer Paar- bzw. Familienberatung einbezogen werden. Neben den oben genannten Angeboten im Bereich der Verhältnisprävention, werden laufend verhaltensorientierte Maßnahmen wie beispielsweise Vorträge zum Thema Burn-out und Work-life Balance, Kurse zu Entspannungstechniken und Shiatsu angeboten. - 6
E. Evaluation: Beschreibung (max. 500 Wörter) Durch die Evaluation wird eine kontinuierliche Verbesserung der Angebote sichergestellt. Neben den Evaluationsinstrumenten des klassischen betrieblichen Gesundheitsförderungsprojekts wie beispielsweise der jährlichen Krankenstandsauswertung, der allgemeinen MitarbeiterInnenbefragung, der Interviews von MitarbeiterInnen und der Dokumentation der Kursteilnahmen werden auch spezielle Instrumente für die Bewertung der Angebote aus dem Themenschwerpunkt psychische Belastung eingesetzt. Zum einen wird der standardisierte Arbeitsplatzfragebogen AVEM eingesetzt. Hier werden alle MitarbeiterInnen, welchen eine Psychotherapie empfohlen wird, gebeten, diesen anonymen Fragebogen auszufüllen. Nach 20 Therapiestunden erfolgt eine weitere Fragebogenauswertung. Zum anderen erfolgt die Evaluierung des employee Programms in Form einer employee Nutzungsstatistik, aus dieser heraus neue Angebote entwickelt werden. Die Ergebnisse aus der Evaluation sind im betriebsinternen Intranet in der Rubrik Gesundheit abrufbar und werden im jährlichen Gesundheitsbericht veröffentlicht. Projektverlauf und einzelne Maßnahmen sind weiters in Infofoldern und in monatlich ausgesendeten Broschüren nachzulesen. Als grundsätzliches Ziel kann die Nachhaltigkeit der einzelnen Maßnahmen gesehen werden. Um dies zu gewährleisten ist die MitarbeiterInnenpartizipation Grundvoraussetzung. In jährlich abgehaltenen, vom Gesundheitszentrum organisierten Feedbackrunden wird der Projektstatus erhoben und neue bedürfnisorientierte Maßnahmen erarbeitet. - 7