Interne Unternehmensberatung Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten im Kontext des Service Managements



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Transkript:

Deelmann, T.; Petmecky, A.: Interne Unternehmensberatung Rahmenbedingungen und Gestaltungsmö g- lichkeiten im Kontext des Service Managements. In: Bamberger, I. (Hrsg.): Strategische Unternehmensberatung: Konzeptionen, Prozesse, Methoden. 4. Aufl., Gabler Verlag, Wiesbaden 2005, S. 265-299. Interne Unternehmensberatung Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten im Kontext des Service Managements Thomas Deelmann Arnd Petmecky (Inhouse Consulting Telekom, Deutsche Telekom AG, Bonn) 1 Einleitung...267 2 Service Management...268 3 Governance und Rahmenbedingungen...271 4 Organisation interner Beratung...280 5 Abschluss...294 6 Literatur...297

Einleitung 267 1 Einleitung Der Markt für sog. Professional Service Firms, zu denen bspw. Rechtsanwälte, Unternehmens- und Steuerberater zu zählen sind, befindet sich mittlerweile in einem fortgeschrittenen Reifestadium (vgl. bspw. Ringlstetter/Kaiser/Bürger 2004 für eine Einführung zu Professional Service Firms und Kennedy 2003 für eine Betrachtung des Marktes für Beraterleistungen im Zeitverlauf). Insbesondere ist bei den Kunden von Managementberatern ein stärker werdender Professionalisierungsprozess zu beobachten. Kunden und Berater befinden sich vermehrt nicht mehr in einem Ungleichgewicht der Mächte ihrer jeweiligen Position, vielmehr zeichnet sich ab, dass nunmehr beide Parteien über Stärken und Schwächen sowie Vorgehensweisen und Methoden der jeweils anderen informiert sind und sich nun auch die Kunden professionell mit dem Produkt Managementberatung auseinandersetzen. Auf Seiten der Kundenunternehmen werden diese Bemühungen unter dem Schlagwort der Klientenprofessionalisierung diskutiert (vgl. Mohe/Kolbeck 2003). Als ein Element dieser Klientenprofessionalisierung kann die Einrichtung und Nutzung von internen Beratungskapazitäten betrachtet werden. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was eine interne Unternehmensberatung ausmacht, wie sie in einen Unterne h- menskontext eingeordnet und wie ihre Organisation ausgestaltet werden kann. Der vorliegende Beitrag verfolgt demnach das Ziel, Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten für interne Unternehmensberatungen aufzuzeigen. Nach diesem einleitenden Abschnitt werden im Folgenden mit Hilfe unterschiedlicher Teilbereiche des Service Managements verschiedene möglicher Rollen interner Beratungsexperten erläutert und dabei der Fokus auf interne Unternehmensberatungen gelenkt.

268 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung Anschließend wird eine Auswahl von Rahmenbedingungen und Governance-Regeln, mit denen sich eine interne Beratung konfrontiert sieht, skizziert, bevor im vierten Abschnitt Organisations- und Gestaltungsmöglichkeiten interner Beratungen aufgezeigt werden. Eine Zusammenfassung sowie ein Hinweis auf kritische Erfolgsfaktoren, die im sog. Signaling der Leistungsfähigkeit gegenüber Kunden münden, runden in einem abschließenden Abschnitt diesen Beitrag ab. 2 Service Management Im Rahmen des vorliegenden Beitrages soll unter Service Management die Planung, Durchführung und Kontrolle des Erstellungsprozesses von Dienstleistungen sowie das Management der hiermit verbundenen Organisationen verstanden werden. Hierbei lässt sich Service Management in drei Bereiche unterteilen, die jeweils eine unterschiedliche Perspektive auf den Dienstleistungsbereich bieten, gegenseitig aber Schnittstellen und Verbindungen aufweisen (vgl. für einen Überblick bspw. Bullinger/Scheer 2003). Markt-, Unternehmens- und Produktsicht bieten in ihrer Gesamtheit ein umfassendes Bild des Service Managements. Im Bereich der Service Economics werden Unterne h- men und andere Organisationen bei der Entwicklung von Strategien und Geschäftsmodellen sowie der Gestaltung ihrer Aufbau- und Ablauforganisation im Dienstleistungsbereich unterstützt (vgl. Abb.1).

Service Management 269 Service Management Service Markets Service Engineering Service Economics Marktperspektive - Unterstützen von Unternehmen bei der Interpretation von Informationen über Dienstleistungsmärkte und Einsatzbereiche sowie Entwicklung einer externen Perspektive - Dienstleistungsmechanismen untersuchen - Zusammenspiel und Abgrenzung verschiedener Dienstleistungsbereiche erklären Produktperspektive - Unterstützen von Unternehmen, Dienstleistungen so zu gestalten, dass sie mit der gewünschten Qualität und Effizienz wirtschaftlich am Markt angeboten werden können - Produktentwicklung - F&E bei Dienstleistern - Innovation - Schnittstelle zu BWL, Ingenieurswissenschaften, Informatik, Psychologie Unternehmensperspektive - Unterstützen von Unternehmen bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen, Strategien, Aufbau- und Ablauforganisationen für Dienstleistungen - Spezielle Betriebswirtschaftslehre für Dienstleistungsunternehmen Abb. 1: Bereiche und Aufgaben des Service Managements Im Rahmen der Unternehmensperspektive können nun interne Beratungsexperten als Untersuchungsobjekt nominiert werden. Diese Experten können unterschiedliche Rollen einnehmen. Als Anbieter sind sie klassischer Unternehmensberater und offerieren ihren Kunden ein Portfolio möglicher Leistungen, wie weiter unten zu zeigen sein wird. Als Mittler dienen Beratungsexperten in der Funktion des Intermediärs und übernehmen Beratungsleistungen zu Beratungsthemen. Beispielsweise unterstützen sie Kunden bei der Auswahl von externen Anbietern oder bewerten deren Leistungen. In der Rolle der Nachfrager dienen sie ihrem Unternehmen als alleiniger Auftraggeber von externen Beratungsleistungen. Im Sinne eines Buying Centers, Single Point of Contact o. ä. bündeln sie alle Aktivitäten gegenüber Externen. Abb. 2 stellt die möglichen Rollenmodelle nochmals dar. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die unterschiedlichen Rollen nicht

270 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung zwingend disjunkt sind. Mögliche Bezeichnungen der Akteure sind bspw. Inhouse Consulting, Projektbegleiter, Beratungsagentur. Rollen interner Beratungsexperten Anbieter Mittler Nachfrager - Bietet klassische Beratungsleistungen an - Fungiert als Intermediär und unabhängiger Beratungsexperte (Modell Consulting Center of Excellence ) -Ist der für ein Unternehmen alleinige Beauftrager von Beratungsleistung Abb. 2: Rollenmodelle Die möglichen Aufgaben, die ein Anbieter von Beratungsleistungen seinen Kunden offerieren kann, unterscheiden sich bei internen und externen Anbietern i. d. R. nicht wesentlich. Als wichtige Beratungsfelder sind Management-, IT- und Personalberatung zu nennen (vgl. Kraus 2005 S.65 f., FEACO 2003 S.8 f.): - Managementberatung will hierbei eine strategische und operative Verbesserung der Situation eines Unternehmens herbeiführen. Es lassen sich strategische, d. h. eher langfristig orientierte und operative, d. h. eher kurzfristig orientierte Aufgabenstellungen unterscheiden. Beispiele sind Geschäftsstrategien, Prozess- oder Organisationsberatung. - IT-Beratung will den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie im Unternehmen sicherstellen und verbessern. IT-Strategie, IS-Architekturmanagement, Softwareentwicklung und Wartungsaufgaben sind typische Einsatzfelder. - Personalberatung beschäftigt sich mit der optimalen Gestaltung des Einsatzes des menschlichen Faktors im Unternehmen. Personalbeschaffung und entwicklung sind ebenso Tätigkeitsbereiche wie das Interimsmanagement. Andere Beratungsfelder, bspw. die prüfungsnahe und Steuerberatung, werden aus zumeist rechtlichen Gründen i. d. R. nicht von internen Beratungseinheiten wahrgeno m-

Governance und Rahmenbedingungen 271 men. Auch wird der teilweise vorgenommenen Verbindung von Revisions- und Beratungsaufgaben im Weiteren nicht gefolgt. Im weiteren Verlauf konzentriert sich dieser Beitrag auf Organisationseinheiten, die im Rahmen des Service Managements als Anbieter von Managementberatungsleistungen auftreten. Eine Übertragbarkeit auf die anderen skizzierten Beratungsfelder ist jedoch prinzipiell mit Hilfe geringfügiger Anpassungen möglich. 3 Governance und Rahmenbedingungen Die Gestaltung einer internen Unternehmensberatung ist ebenso wie ihre Arbeit von verschiedenen Rahmenbedingungen und Faktoren der sog. Governance abhängig. Für den Einsatz von (internen und externen) Unternehmensberatungen können grundsätzlich die Prinzipien der Unabhängigkeit der Beratung, der Transparenz der Tätigkeit, Objektivität von Entscheidungen und Empfehlungen sowie die Wirtschaftlichkeit als Governance-Bereiche genannt werden. Diese Prinzipien wiederum lassen sich durch die Anwendung verschiedener Hebel, z. B. Strategie, Prozesse, Systeme, operationalisieren (vgl. Abb. 3). Während die Ausgestaltung und damit die Anwendung der Hebel, beispielsweise mit Hilfe des Berichtswesens oder der Mitarbeiterentwicklung innerhalb der internen Beratung, Gegenstand des nächsten Abschnitts ist, werden im Folgenden verschiedene Spannbreiten für Rahmenbedingungen einer internen Unternehmensberatung aufgezeigt.

272 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung Prinzipien Unabhängigkeit Transparenz Objektivität Wirtschaftlichkeit Strategie Organisation Prozesse Systeme Werte und Verhalten Hebel Abb. 3: Governance-Modell des Beratungsmanagements (in Anlehnung an: Treichler/Wiemann 2004, S.41) Eine wesentliche Determinante für die weiterführenden Überlegungen in Bezug auf interne Unternehmensberatungen ist die inhaltliche Positionierung und grundsätzliche organisatorische Verankerung. Hier stehen unterschiedliche Optionen zur Auswahl (vgl. bspw. Klein 2002 S.359 f.), z. B.: - Positionierung der internen Beratung als Teil einer schlanken Konzernzentrale, z. B. als Shared Service oder Bereich. - Schaffung einer rechtlich selbständigen Gesellschaft, die als interne Unternehmensberatung für ihr Mutterunternehmen agiert. - Integration der internen Unternehmensberatung in die Schulungs-, Weiterbildungsund Trainingsaktivitäten eines Unternehmens im Sinne eines intensivierten Theorie-Praxis-Transfers. - Aufgabenzuweisung als Qualitätssicherer, Controller und Schnittstelle zu externen Beratern. Die oben genannten Gestaltungsoptionen implizieren eine lediglich interne Ausrichtung der Unternehmensberatung. In der betrieblichen Praxis ist dies auch die häufigste Erscheinungsform einer internen Beratung. Die Ergebnisse einer empirischen Untersu-

Governance und Rahmenbedingungen 273 chung zeigen, dass 83% der befragten internen Beratungseinheiten deutscher Unternehmen ihre Leistungen ausschließlich intern anbieten. Lediglich 17% bieten sie auch gegenüber externen Kunden an. Dieses Verhältnis hat sich seit einer fünf Jahre früher durchgeführten Referenzuntersuchung interessanterweise nicht verändert (vgl. Schäfer 2004, S. 43). Ein weiterer Orientierungspunkt für die Handlungen und Handlungsweisen einer internen Unternehmensberatung sind Beratungsmethodik und ansatz. Abb. 4 zeigt exemplarisch einen phasenorientierten Beratungsansatz, der unterschiedliche Schwerpunkte (Veränderungen ermöglichen, durchführen, steuern) in drei unterschiedlichen Zeiträumen (vor, während, nach einem Projekt) betrachtet. Projekt vorbereiten (Kunde) Projekt durchführen (Kunde und Berater) Transformation Management Veränderungen ermöglichen Performance Improvement Laufende Steigerung der Wertschöpfung Projekt Management Veränderungen steuern Ergebnisse anwenden (Kunde) Abb. 4: Beispiel eines Beratungsansatzes (aufbauend auf: Knöpfel 2003, S.9) Besonders für interne Unternehmensberatungen ist die Positionierung gegenüber externen Beratern von Relevanz. In der Praxis kann beobachtet werden, dass das Angebotsportfolio von beiden Beratungstypen bei identischen Beratungsfeldern (s. o.) zwar häufig große Ähnlichkeiten aufweist, jedoch lassen unterschiedliche Charakteristika

274 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung beider Typen unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten zu bzw. bedingen diese. Tab. 1 vergleicht interne und externe Unternehmensberater und zeigt plakativ sowie idealisierend Unterschiede auf. Kriterien Externe Berater Interne Berater Know-how des Beraters - Fachwissen - Überbetriebliche Erfahrungen auch in Spezialgebieten - Betriebsspezifisches Fachwissen und innerbetriebliche Erfahrung - Know-how bleibt im Unternehmen - Know-how wird externalisiert Abhängigkeit Berater-Klient - Relative Unabhängigkeit aufgrund verschiedener Einko mmens- /Honorarquellen - Sicherung von Folgeaufträgen - Ggf. Vermeidung von Ris iko und Konfrontation, dadurch weniger innovative Lösungen - Prüft sorgfältig Resultate, da er in der Organisation verbleibt - Ist ein Beitrag zur Versorgungsunabhängigkeit der Organisation Akzeptanz des Beraters - Prestige des Beratungsunternehmens kann als Türöffner fungieren - Expertenimage - Neutralität sichert große Gesprächsbereitschaft - Ggf. Akzeptanzproblem auf den unteren Stufen - Verkaufsattitüde und zwang kann - Muss sich verstärkt um Akzeptanz und Vertrauensbasis bemühen - Kenntnis formaler und informaler Strukturen kann Akzeptanz fördern - Leichterer Zugang zu den unteren Hierarchieebenen - Gefahr, als Kontrollinstanz der Unternehmensleitung zu gelten Imageverlust herbeiführen Informationszugang - Hohe Rüstzeiten bei Informationsbeschaffung - Kurze Einarbeitungszeit aufgrund umfangreicherer Unternehmensinformationen Problemdistanz - Unvoreingenommenheit und relative Objektivität der Aussagen - Bei längeren Beratungsprojekten verschwindet die Proble mdistanz - Betriebsblindheit - Realistischere Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen des Lösungsprozesses

Governance und Rahmenbedingungen 275 Kosten für die Organisation - Hohe Beratungskosten - Leistungsbezogene Kosten - Lediglich variable Kosten - Hohe Aufbau- und Anlaufkosten - Geringere variable Kosten - Fixkostenblock Effizienz der Beratung - Größere Sicherheit bei der Proble m- analyse - Neue Impulse, innovative Lösungen - Ungenügende Identifizierung - Ggf. qualitativ bessere Problemlösungen durch geringeren Zeitdruck - Geringerer Zeitdruck kann jedoch zur Verzögerung der Problemlösung führen - Präsenz im Unternehmen sichert Kontinuität der Problembearbeitung Management- Development - Zur Managementausbildung geeignet, aber sehr arbeits-, steuerungsund kostenintensiv - Interne Ausbildung für den Führungsnachwuchs - Stetiger Wissenstransfer zwischen Klienten und Berater Tab. 1: Vergleich externer und interner Berater (aufbauend auf: Klanke 1992, S. 122f.) Interne Beratungen müssen an dieser Stelle entscheiden, wie sie ihr Verhältnis zu externen Beratungen definieren. Hier kann es bspw. zu Kooperations- oder Konkurrenzverhältnissen kommen, die auch vom eigen- bzw. fremdbesetzten Beratungsfeld abhängig sind. Die Definition der Beziehung zu anderen Unternehmensberatungen führt zu einer Klärung der Verhältnisse und in den meisten Fällen, in denen Kooperations- bzw. Koexistenzmodelle vereinbart werden, zu einer Verbesserung des Umgangs miteinander, da Barrieren, Befürchtungen und Hemmnisse abgebaut werden. Sobald es ein Nebeneinander von internen und externen Unternehmensberatern gibt, bedarf es einer Regelung, ob der interne Lieferant eine Vorzugsbehandlung gegenüber dem externen erfährt und wie diese ggf. ausgestaltet werden kann. Die Argumentation für und wider die unterschiedlichen Ausprägungsmöglichkeiten einer solchen Regelung lässt sich aus den oben aufgeführten Charakteristika entnehmen. Führend sind in dieser Diskussion meist kaufmännische sowie qualitative Argumente. Die Behandlung von internen Unternehmensberatern kann gegenüber ihren externen Kollegen bspw. mit den folgenden Ausprägungen erfolgen:

276 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung - Kontrahierungszwang: Der interne Berater muss genutzt werden. - Kontrahierungsgebot: Der interne Berater soll berücksichtigt werden. Bei einem so genannten First Offer gibt der interne Berater als erster ein Angebot ab. Gefällt dies dem Kunden nicht, können auch externe Berater um ein Angebot gebeten werden. Eine andere Variante berücksichtigt den so genannten Last Call. Hierbei darf der interne Anbieter auf Basis der bereits vorliegenden externen Angebote als letzter Anbieter noch selber ein Angebot unterbreiten. Auch die Kombination beider Varianten, also ein First Offer, Last Call ist möglich. - Wettbewerb: Es besteht kein Zwang, auf den internen Unternehmensberater bei der Vergabe von Beratungsprojekten zurückzugreifen. Der unternehmensinterne Markt entscheidet allein, ob Reputation, Qualität und Preis ausreichend sind, damit der interne Berater direkt mit der Projektarbeit beauftragt wird oder sich im Rahmen von Ausschreibungsverfahren, Beauty Contest und Verhandlungen für die Projektarbeit qualifiziert. Das Agieren im Wettbewerbsumfeld stellt schließlich die Frage nach dem Ablauf und den Kriterien, mit deren Hilfe die Auswahl von Beratungen durch den Kunden erfolgt. Diese Kriterien sind gleichzeitig die mehr oder minder stark explizierten Richtlinien für das Auftreten und Verhalten der internen Unternehmensberatung, um den Kundenwünschen gerecht zu werden. Der Ablauf hingegen ist stark abhängig von der Wettbewerbssituation. Im Folgenden wird ein solcher typischer Ablauf exemplarisch beschrieben (vgl. für die folgenden Ausführungen Deelmann/Petmecky 2004, S.192 f.). Die im Rahmen eines Auswahlverfahrens, bspw. einer Ausschreibung, eingegangenen Angebotsdokumente enthalten typischerweise sowohl einen kurzen Überblick über das jeweilige Beratungsunternehmen, Aussagen zum Lösungsweg für das Projekt, Steckbriefe der zum Einsatz kommenden Mitarbeiter des Beratungsunternehmens, Angaben zur möglicherweise benötigten Unterstützung durch das Kundenunternehmen, Referenzen sowie den Angebotspreis, der eine Aufstellung der einzelnen Tagessätze pro Senioritätsgrad, Nebenkosten etc. enthält.

Governance und Rahmenbedingungen 277 Die eingegangenen Angebote werden in einem nächsten Schritt bewertet. Als Kriterium besonders wichtig ist das Verständnis von Projektziel und inhalt durch den Berater. Ebenfalls muss ein Verständnis für die Tragweite bzw. Auswirkung des Projekteinsatzes erkennbar sein, da z. B. die Erfüllung oder Nichterfüllung gesetzlicher Anforderungen schwerwiegende Folgen haben kann. Gleichzeitig mit dem Verständnis kann die Praktikabilität des angebotenen Lösungsansatzes untersucht werden. Aus kaufmännischen Gesichtspunkten mag ein spezifisches eingegangenes Angebot bevorzugt werden. Diese Platzierung ist jedoch wertlos, wenn der Lösungsvorschlag bspw. gegen sachlogische Restriktionen verstößt. Auch ist die Alters- bzw. Senioritätsverteilung der für ein Projekt vorgesehenen Beratungsmitarbeiter von Interesse. Eine zu hohe Zahl juniorer Berater kann ebenso störend sein, wie ein überdurchschnittlich senior besetztes Projekt. Die Kompetenzen der Beratungsmitarbeiter müssen den Anforderungen des Projektes entsprechen. Neben dem oben angesprochenen Punkt der Praktikabilität des Lösungsansatzes sind ebenso die Plausibilität des Zeitplanes sowie der Umfang des angebotenen Endproduktes von Interesse. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich die zeitliche Ausdehnung oder Zusammendrängung der eingesetzten Berater flexibel gestalten. Nicht in allen Projektsituationen kann mit einer Verdreifachung des Ressourceneinsatzes gleichzeitig eine Drittelung der Bearbeitungszeit herbeigeführt werden. Auch im Hinblick auf das angebotene Endprodukt ist Aufmerksamkeit geboten. Ist bspw. ein Konzept oder eine Empfe h- lung als Projektergebnis gefordert, so können sich erhebliche Unterschiede in Qualität und Quantität bei den verschiedenen Angeboten auftun. Besonders an dieser Stelle ist ein im Vorfeld gut gestaltetes Ausschreibungsdokument hilfreich. Eher trivial klingt die Aussage, die eingegangenen Angebote hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Termintreue zu bewerten. Leicht wird hier vor dem Hintergrund, dass doch der Inhalt zählt, ein Auge zugedrückt. Trotzdem sind es oft gerade diese Kle i-

278 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung nigkeiten, die ein gutes Indiz für Leistungsfähigkeit, -bereitschaft und -güte eines Anbieters darstellen. Abschließend kann noch ein nur schwer quantifizierbarer Aspekt in die Bewertung der Angebote mit einbezogen werden. Das Vertrauen in das Beratungsunternehmen, das Angebot erfüllen zu können, ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der in weiten Te i- len von den Erfahrungen des Beraters in Bezug auf die Aufgabenstellung, Branche, Technologie, Kundenunternehmen etc. abhängt. Gleichzeitig ist hier auch die persönliche Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ein entscheidender Bewertungsfaktor. Zusätzlich wird neben der inhaltlichen auch eine kaufmännische Prüfung der Angebote vorgenommen. Eine Möglichkeit der Verbindung von beiden Aspekten besteht in der Justierung der inhaltlichen Anforderungen auf einem 100%-Niveau und der Angabe von finanziellen Bonus- und Malusbeträgen bei einer Über- bzw. Untererreichung dieser Ziele. Bei einem solchen Vorgehen wird zunächst der inhaltliche Teil des abgegebenen Angebots betrachtet und die Zielüber- bzw. -unterschreitung in den einzelnen Kategorien gemessen und in Geldeinheiten ausgedrückt. Diese Quantifizierung der inhaltlichen Unterschiede wird mit dem Angebotspreis in Verbindung gebracht. Im Anschluss hieran kann eine eindeutige Rangreihung der einzelnen Angebote erfolgen. Umfragen zeigen, dass o. g. Kriterien in der Praxis verbreitet sind, die Rangreihung der Wichtigkeit jedoch differiert. Tab. 2 vergleicht die Ergebnisse von sechs empirischen Arbeiten im Hinblick auf die fünf wichtigsten Kriterien für die Auswahl von Beratern.

Governance und Rahmenbedingungen 279 Rang Arbeit von: Kaas, Schade (1995, Forschungsinteresse: Entstehung von Kontakten und Geschäftsbeziehungen) Arbeit von: Kohr (2000, Forschungsinteresse: Beraterauswahl) Arbeit von: Hirn, Student (2001, Forschungsinteresse: Zufriedenheit mit Beratungsleistungen großer Berater) Arbeit von: Kolbeck (2001, Forschungsinteresse: Chancen und Ris i- ken der systemischen Beratung) Arbeit von: Hoeck, Keuper (2001, Forschungsinteresse: Beraterauswahl, Beratungsqualität) Arbeit von: Mohe, Kol b- eck (2003, Forschungsinteresse: Formen und Ausprägung der Klientenprofessionalisierung) 1 Guter Ruf Problemverständnis Fachliche Komp etenz Reputation Qualifikation Beratung aus früheren Projekten bekannt 2 Branchenreputation Realisierbarkeit des Konzeptes Persönliche Ko mpetenz Beratungsphilosophie Branchenerfahrung Komp etenz des Beraters 3 Beratungsangebot Einbindung des Klienten in das Projekt Persönlichkeit der Berater Referenzen Präsentation des Konzepts Vorgelegtes Beratungskonzept 4 Persönliche Bekanntschaft Vorgestellte Beratungsmethode Beauty Contest Kosten Ausschreibungsanforderungen Preis - / Leistungsverhältnis (Methodenkomp etenz) 5 Empfehlung Darstellung Empfehlung Präsentation Preis - / Leis- Reputation durch Geschäftsfreunde des Nutzens für den Klienten tungsverhält- nis Tab. 2: Kriterien für die Beraterauswahl (vgl. Mohe 2004, S.701 i.v.m. S.711 ff.) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Vielzahl von Rahmenbedingungen und Aspekten aus dem Bereich der Governance existieren, welche für die Ausgestaltung und Organisation einer internen Unternehmensberatung von Relevanz sind. Oben wur-

280 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung den auf Basis der Einordnung der internen Beratung in den Kontext des Service Managements zunächst das Governance-Modell für das Beratungsmanagement und anschließend die inhaltliche und organisatorische Verankerung der internen Unternehmensberatung in den weiteren Kontext vorgenommen, bevor das Verhältnis zu und der Umgang mit externen Beratern skizziert wurde. Schließlich ist noch das die interne Beratungstätigkeit einrahmende Auswahl- und Bewertungsverfahren bei der Projektvergabe durch den Kunden inkl. verschiedener Bewertungskriterien skizziert worden. 4 Organisation interner Beratung Interne Unternehmensberatungen bekommen durch die oben skizzierten Rahmenbedingungen sowie Governance-Strukturen und Anforderungen die Möglichkeit, sich innerhalb vorgegebener Grenzen zu bewegen. Neben der aktiven Projektarbeit sind hier vornehmlich Möglichkeiten der Organisations- und Geschäftsgestaltung zu nennen. Letzterer Punkt wird im folgenden Abschnitt im Mittelpunkt stehen. Neben Aspekten der Aufbau- sowie Ablauforganisation werden zusätzlich externe Determinanten diskutiert, welche die Organisation interner Unternehmensberatungen in der Praxis maßgeblich beeinflussen. Eine wesentliche Reaktion interner Unternehmensberatungen als Ergebnis der oben skizzierten Anforderungen bezieht sich auf die Organisationsform bzw. organisatorische Einbindung der Beratung in den Gesamtkontext des Mutterunternehmens. Ent gegen der teilweise artikulierten Meinung, dass unterschiedliche Organisationsformen im zeitlichen Ablauf aufeinander folgen, wird im Rahmen dieses Beitrags hiervon explizit nicht ausgegangen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die im Folgenden aufzuzeigenden Möglichkeiten nebeneinander und in keinem zeitlichen Zusammenhang stehen. Auch wenn in Einzelfällen ein Entwicklungspfad aufgezeigt werden kann, so weist dieser den Charakter eines Best Practice auf, eine empirische Basis ist unserer Meinung nach jedoch noch nicht vorweisbar.

Organisation interner Beratung 281 In der Praxis beobachtbare Organisationsformen für interne Unternehmensberatungen haben den Charakter von: - Stabsstellen, - eigenständigen, rechtlich jedoch nicht selbständigen Bereichen mit oder ohne externen Marktzugang sowie - rechtlich selbständigen Organisationen mit oder ohne Marktzugang (vgl. hierzu Klanke 1992, S. 105-106 oder Winkelbauer 2004, S. 15). Bei einer Organisation als Stabsstelle unterstützt und entlastet die interne Beratung meist vornehmlich das Management des Mutterunternehmens. Vorherrschend sind hier die bekannten Vor- und Nachteile einer sog. Stab-Linien-Organisation. Möglicherweise empfehlenswert ist eine solche Organisation für interne Beratungen, die entweder eine spezielle Aufgabe für das Top-Management zu bearbeiten haben oder für Einheiten mit geringer Beratungserfahrung. Eine rechtlich unselbständige Beratung ohne externen Marktzugang macht ihre Leistungen einem größeren Kreis von internen Kunden zugänglich und baut meist ein eigenes Angebotsportfolio auf. Die Abhängigkeit vom Top-Management ist in der Regel weniger groß. Die interne Leistungsverrechnung basiert häufig auf kalkulatorischen Sätzen, die vielfach unter den entsprechenden Marktpreisen für externe Leistungen liegen. Bei einem gleichzeitigen externen Marktzugang wird gegenüber den internen Kunden zu Marktpreisen verrechnet oder die Beratung arbeitet mit zwei unterschiedlichen Preisen. Bei ersterem wird eine höhere Erwartungshaltung gebildet, was wiederum zu einem höheren Leistungsdruck führt. Bei letzterem kommt es häufig zu Konflikten bei der Allokation von Ressourcen, da Aufträge am externen Markt zwar mehr Umsatz bedeuten, die Akzeptanz hierfür am internen Markt jedoch geringer sein wird. Die Positi-

282 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung onierung im Rahmen der Ressourcenallokation wird von den Autoren als eines der Hauptprobleme bei der skizzierten Internen/Externen-Beratung gesehen. Aus organisatorischen, tariflichen bzw. sonstigen managementorientierten Gründen kann es sinnvoll sein, die interne Unternehmensberatung als rechtlich selbständige Geschäftseinheit zu etablieren. Eine Positionierung kann hier grundsätzlich mit oder ohne externen Marktzugang erfolgen. Die Vor- bzw. Nachteile sind ähnlich denen der internen Berater ohne Stabscharakter (s. o.). Eine Entscheidung für eine der fünf hier aufgezeigten organisatorischen Ordnungsmö g- lichkeiten ist unter Berücksichtigung von auf die spezifische Situation bezogenen Vorund Nachteilen aus Sicht des übergeordneten Unternehmens- bzw. des Konzerninteresses zu treffen. In der Praxis zeigt sich bei den fünf gerade skizzierten Möglichkeiten der organisatorischen Einbindung der internen Unternehmensberatung ein Trend in Richtung einer eigenständigen Gesellschaft (vgl. Abb. 5).

Organisation interner Beratung 283 37,9 29,3 19,5 21,2 19,5 18,2 19,5 16,6 12,2 6,1 Stabsstelle Linienstelle Zentralbereich 1999 2004 Gesellschaft Sonstiges (z.b. Projekt) Abb. 5: Organisatorische Einbindung interner Unternehmensberatungen (vgl. Schäfer 2004, S. 42) Während der Anteil der Einbindung im Rahmen einer regulären Linientätigkeit im Zeitverlauf nahezu konstant geblieben ist, zeigt die jüngere empirische Untersuchung gegenüber ihrer älteren Vergleichsstudie einen Zuwachs von internen Beratungen, die als eigenständige Gesellschaft organisiert sind. Dieser Zuwachs ist nominell auf Kosten der als Stabsstellen organisierten Beratungen erfolgt. Für die Organisation und die Ausgestaltung des Tagesgeschäftes einer internen Beratung ist auch die hierarchische Anbindung bzw. der Berichtsweg ein wesentlicher Aspekt. Je kürzer der Berichtsweg bis zur Unternehmensspitze ist gleichgültig, ob es sich um Stabs- oder Linienstellen, Zentralbereiche oder eigenständige Gesellschaften oder Abteilungen handelt desto größer ist die grundsätzliche Durchgriffsmöglichkeit bzw. Weisungsmöglichkeit gegenüber anderen Bereichen. Als hiermit positiv korrelierend ist sicherlich auch die Position bzw. die Hierarchiestufe der Auftraggeber zu se-

284 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung hen. Um im Sinne der weiter oben skizzierten Beratungsfelder eine hochwertige interne Strategie- bzw. Managementberatung anbieten zu können, bedarf es auch einer entsprechenden Positionierung der internen Beratung in der Gesamtorganisation, ausgedrückt durch die Berichtsstrukturen. Diese Überlegung zu Grunde legend kann die in Abb. 6 gezeigte Verteilung der Auftraggeber zum einen als Erklärung dahingehend interpretiert werden, dass der Großteil der internen Beratungen direkt an einen Vorstand berichtet oder doch zumindest einen entsprechend vertrauten Zugang besitzt. Zum anderen kann für Neugründungen oder Neuorganisationen von internen Unternehmensberatungen die Forderung erhoben werden, eine entsprechende Führungsstruktur zu etablieren, soweit Aufgaben und Auftraggeber im Top-Management gesehen werden. Vorstand ca. 28% UB UB UB ca. 54% HA HA HA HA HA HA ca. 18% Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abt. Abb. 6: Verteilung Auftraggeber interner Unternehmensberatungen (Vgl. Winkelbauer 2004, S. 5. UB = Unternehmensbereich, HA = Hauptabteilung, Abt. = Abteilung)

Organisation interner Beratung 285 Bei den untersuchten internen Unternehmensberatungen stammten die Auftraggeber zu ca. 28% aus der ersten Führungsebene, zu ca. 54% aus der zweiten Ebene und lediglich zu ca. 18% aus der dritten Ebene bzw. tieferen Ebenen. Die hierarchische Position der Auftraggeber von Projekten interner Unternehmensberatungen scheint demnach in Beziehungen zur organisatorischen Anbindung der internen Beratung zu stehen. In diesem Zusammenhang kann auch die Führungsspanne und tiefe der Beratung betrachtet werden. Grundsätzlich kann eine Forderung nach einem kurzen Berichtsweg zum Vorstand für die Leitung der internen Beratung leichter erfüllt werden, wenn u. a. die Anzahl der mittelbar und unmittelbar geführten Mitarbeiter hinreichend groß ist. Versucht man, eine Verbindung zwischen der Anzahl interner Berater und der Anzahl der Beschäftigten des Mutterunternehmens herzustellen, um so bspw. auf Basis von Erfahrungswerten eine optimale Organisationsgröße für eine interne Beratung zu ermitteln, so kann man zu einer Darstellung wie in Abb. 7 gezeigt gelangen. Hier ist das Ergebnis einer Benchmark-Untersuchung unter 18 internen Beratungseinheiten in Bezug auf die Anzahl der Berater sowie die Anzahl der Mitarbeiter des Mutterunternehmens zu sehen. Die Positionen der einzelnen Beratungen sind mit den schwarzen Punkten im Koordinatensystem gekennzeichnet und mit Buchstaben bezeichnet. Der pragmatische Versuch, eine Korrelation festzustellen, führt zu der gepunkteten Linie.

286 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung Anzahl Berater 120 M 100 L 80 J K 60 40 20 A B C D E F G H 25 50 75 100 125 150 N O P Q S R Anzahl Beschäftigte im Mutterunternehmen (in Tsd.) Abb. 7: Anzahl interne Berater sowie Anzahl Beschäftigte im Mutterunternehmen (eigene Auswertung) Auf Basis dieser Darstellung können drei gleich große Gruppen von internen Beratungen identifiziert werden. Die erste Gruppe soll die Berater G bis L (sowie illustrativ repräsentiert als Ausreißer M) umfassen. Sie befinden sich mit Hilfe eines angenäherten gleichartigen Berater-Mitarbeiter-Verhältnisses alle in unmittelbarer Nähe der gepunkteten Linie. Ihnen soll ein Best Practice-Charakter zugewiesen werden. Die zweite Gruppe soll die Berater A bis F umfassen. Sie zeichnen sich durch eine sowohl geringere Größe des Mutterunternehmens aus, wie auch durch eine geringere Größe der internen Beratung. Diese Situation lässt kleine Variationen von Beratern oder Mitarbeitern das Verhältnis überproportional verändern. Daher verwundert die wolkenförmige Positionierung der Beratungen nicht. In der dritten Gruppe sollen die Beratungen N bis Q (sowie illustrativ repräsentiert als Ausreißer R und S) zusammengefasst werden. Ihnen ist gemein, dass sie weit unterhalb der gepunkteten Linie und damit unterhalb des ge-

Organisation interner Beratung 287 dachten Best Practice -Verhältnisses zu finden sind. Eine mögliche Interpretation des Sachverhalts erfolgt dahingehend, dass die Unternehmen ihre internen Unternehmensberatungen im Vergleich unterproportional mit Beratern ausgestattet haben, so dass noch nicht das vollständige Leistungspotenzial ausgereizt wurde. Eine personelle Aufstockung mag an dieser Stelle Abhilfe schaffen. Der Personalbestand von internen Beratungen setzt sich zum einen aus der Gruppe der beratenden Mitarbeitern, die weiter unten noch näher zu spezifizieren sein wird, sowie aus der Gruppe von Mitarbeitern mit Unterstützungsfunktionen zusammen. Diese Mitarbeiter übernehmen z. B. Sekretariats- und Backoffice-Aufgaben. Die gerade betrachteten internen Unternehmensberatungen weisen hierbei im Durchschnitt eine Relation von sonstigen Mitarbeitern der Beratung zu Beratern von 0,2 auf, d. h. ein Backoffice- bzw. Sekretariatsmitarbeiter unterstützt fünf Berater. Das Verhältnis von 0,2 ist gegenüber den Ergebnissen einer ähnlichen Untersuchung bei externen Beratungen als gering einzustufen. In Abhängigkeit des Jahresumsatzes der Teilnehmer der Vergleichsgruppe ergibt sich ein Verhältnis von Backoffice- Mitarbeitern zu Berater von 0,25 bei den umsatzstärksten Beratungen. Umsatzschwächere Beratungen weisen eine verhältnismäßig stärkere Unterstützung auf (vgl. Tab. 3).

288 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung Kleine Mittelgroße Große Beratungen Beratungen Beratungen Ø Anzahl Berater 2,03 10,14 203,57 Ø Anzahl Mitarbeiter Backoffice Verhältnis Backoffice/Berater 1,27 5,89 50,00 0,63 0,58 0,25 Tab. 3: Personalstruktur bei unterschiedlicher Beratungsgröße (vgl. BDU 1998, S.2) 1 Weiter oben wurde bereits angesprochen, dass die Gruppe der beratenden Mitarbeiter einer Unternehmensberatung weiter unterteilt werden kann. Typischerweise werden hier zumindest Partner und Berater unterschieden. In externen Beratungen sind die Partner regelmäßig die Gesellschafter der Unternehmung, während die Berater meist auf diesen Status hinarbeiten. Diese beiden Grundkategorien werden jedoch in der Praxis i. d. R. weiter unterteilt. Obwohl die Bezeichnung der einzelnen Senioritätsgrade, Beraterkategorien, Ranks, Stufen etc. häufig nicht einheitlich ist, d. h. beratungsspezifische Unterschiede aufweist, lassen sich doch gewisse Gemeinsamkeiten identifizieren. Diese beziehen sich zum einen auf die Struktur der ansteigenden Aufgabenkomplexität und zum anderen auf eine steigende Verantwortung. Die Governance-Struktur interner Unternehmensberatungen ermöglicht es zwar häufig nicht, eine Partnerschaft im Sinne der externen Beratungen herbeizuführen, da die Gesellschafterstruktur durch die Vorgaben des Mutterunternehmens fixiert ist. Jedoch lassen sich auch in internen Beratungen unterschiedliche Hierarchiestufen und Karrierelevel identifizieren, die ob der grundsätzlichen Ähnlichkeit beider Beratungstypen mit denen der externen Beratungen vergleichbar sind. Die folgende Aufstellung präsentiert 1 Die Personalstruktur innerhalb des Vergleiches zum Jahresende 1997 unter 102 Mitgliedsunternehmen des BDU wurde in Managementberatungen mit bis zu 1 Mio. DM Jahresumsatz (Kleine Beratungen), mit 1 bis 10 Mio. DM Umsatz (Mittelgroße Beratungen) sowie über 10 Mio. DM Umsatz (Große Beratungen) differenziert.

Organisation interner Beratung 289 daher typische Charakterisierungen von eher junioren zu eher senioren Mitarbeiterstufen (vgl. Petmecky/Deelmann 2004): - Junior Berater: Der Junior Berater (Analyst) erledigt eigenverantwortlich übertragene Projektarbeiten, insbesondere in der Dokumentation. Er besitzt ausgeprägte analytische Fähigkeiten, hervorragende EDV-Kenntnisse, ist geübt im Umgang mit Beratungstools und methoden, verfügt über ein abgeschlossenes Studium oder einen vergleichbaren Abschluss und eine ausgeprägte Sozialkompetenz, die sich durch Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit sowie Flexibilität ausdrückt. - Senior Berater: Der Senior Berater bearbeitet eigenverantwortlich Projektmodule und führt sein Arbeitsteam effektiv. Zusätzlich besitzt er ausgeprägte analytische Fähigkeiten, hervorragende EDV-Kenntnisse, ist sicher im Umgang mit Beratungstools und methoden. Senior Berater erstellen Präsentationen und präsentieren ü- berzeugend, sie moderieren Workshops professionell und weisen eine hohe Sozialkompetenz auf. Sie verfügen bereits über postgraduale Berufserfahrung. - Project Manager: Project Manager haben Erfahrung in der Leitung von mittleren und kleinen Projekten, verfügen über projektrelevantes Spezialwissen, um selbständig Lösungskonzepte zu entwickeln, und besitzen ausgeprägte analytische Fähigkeiten sowie eine hohe Sozialkompetenz. Sie können postgraduale Berufserfahrung auch in Führungspositionen aufweisen. - Junior Partner: Junior Partner (Associate Partner) verfügen über Erfahrung in der Leitung von großen Beratungsaufträgen mit hoher Komplexität sowie in der Le i- tung bzw. Steuerung des Projektteams. Zusätzlich besitzen sie themenübergreifendes sowie branchenspezifisches Spezialwissen und projektrelevante Spezialkenntnisse im Umfeld des zu beratenden Unternehmens. Sie sind Ansprechpartner bei Problemen im Projektteam und weisen eine mehrjährige postgraduale Berufserfa h- rung vor. - Senior Partner: Senior Partner sind zentrale Entscheider und Mitglied der Le i- tungsebene der Unternehmensberatung. Sie werden i. d. R. nur punktuell in den Projekten eingesetzt bzw. projektbegleitend. Sie haben Erfahrung in der Leitung

290 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung von großen Beratungsaufträgen mit hoher Komplexität und strategischer Bedeutung, verfügen über themenübergreifendes sowie branchenspezifisches Spezialwissen und über Spezialkenntnisse im organisatorischen und strategischen Umfeld des Unternehmens. Senior Partner fungieren als Ansprechpartner bei grundsätzlichen Problemen in der Zusammenarbeit zwischen Beratung und Kunde. Eine mögliche Verteilung von junioren und senioren Beratern sowie den weiteren Mitarbeitern einer Beratung ist in Abb. 8 dargestellt. Das sog. klassische Modell bildet eine pyramidale Struktur mit einem Partner-Berater-Verhältnis von ca. 1:9 bis 1:12 ab. Es ist zu beobachten, dass dieses Modell an verschiedenen Stellen Änderungen unterworfen ist. Mögliche Ansatzpunkte sind im rechten Teil von Abb. 8 durch Zahlen gekennzeichnet und werden im Folgenden kurz erläutert. Zunächst (Punkt 1) ist die Einführung ne u- er Governance-Strukturen zu beobachten. Hierdurch reagieren Beratungen auf die in den letzten Jahren auf Grund von Fehlverhalten innerhalb der Branche aufgetretenen Anforderungen von Kunden sowie der Öffentlichkeit. Ein höheres Einstiegsniveau (Punkt 2) führt zu einer Verschiebung des Partner-Berater-Verhältnisses, ermöglicht jedoch durch die im Durchschnitt angestiegene Seniorität der Mitarbeiter eine andere (im Sinne von höherwertiger) Art der Auftragsbearbeitung. In Verbindung mit der Einführung der Governance-Strukturen wird die Starrheit der Grenzen zwischen den übrigen Bereichen aufgelöst (Punkt 3). Und schließlich kann beobachtet werden, dass die Beratungsunternehmen ihren eigene n Ratschlägen folgen und ihre Organisation optimieren. Dies kann u. a. durch die Auslagerung der indirekten Funktionen (Punkt 4) erfolgen. Eine organisatorische Effizienzsteigerung kann an dieser Stelle eine Veränderung von Backoffice- und Sekretariatsfunktionen um bis zu 50% ermöglichen (vgl. als Grundlage hierzu Richter 2004). Eine solche Reduzierung würde die derzeit beobachtbare Personalstruktur interner Unternehmensberatungen unterstützen, bei denen die Unterstützungsfunktionen bereits heute den vorgeschlagenen Umfang erreicht haben (s. o.).

Organisation interner Beratung 291 Klassische Personalpyramide Sich abzeichnende, neue Personalstruktur Senior Partner / 1 Geschäftsführer (Senior & Junior) Partner 3 (Senior & Junior) Partner 20-40** Backoffice, Sekretariate 1:3 1:4* Projektleiter 1:6 1:8* (Senior & Junior) Consultants 10-25** Backoffice, Sekretariate 1:1,5 1:3* Projektleiter 1:2 1:4* Senior (& Junior) Consultants 4 2 * Im Verhältnis zur Zahl von (Senior & Junior) Partnern ** In Prozent der Gesamtzahl der Mitarbeiter Abb. 8: Entwicklung der Personalstruktur von Beratungen (in Anlehnung an Richter 2004, S.17) Neben diesen grundsätzlich zu beobachtenden Entwicklungen bei der Personalstruktur von Beratungen ist es für interne Unternehmensberatungen wichtig, auf Basis der vorgegebenen Rahmenbedingungen eine effektive Verteilung von senioren zu junioren Beratungsmitarbeitern herbeizuführen. Drei mögliche Personalverteilungen von junioren und senioren Beratern werden in Abb. 9 ohne weitere Berücksichtigung der weiter oben skizzierten Senioritätsgrade schematisch dargestellt (vgl. für eine ähnliche Aufteilung von Projekttypen auch Maister 1982, S. 24 f.). Zunächst ist die stark spezialisierte Beratung zu nennen. Sie hat einen sog. Boutique- Charakter und verfügt über eine fast gleichmäßige Verteilung der einzelnen Hierarchiestufen. Im Verhältnis zu den anderen Organisationsmöglichkeiten ist diese Art sehr se-

292 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung nior ausgestattet. Dies bedingt die notwendige hohe fachliche Kompetenz der bearbeiteten Projekte. Diese fokussieren i. d. R. auf eine eng umrissene betriebliche Fragestellung. Eine Diamantenform weist die Personalstruktur von sog. Transformationsberatungen auf. Sie übernehmen vornehmlich Beratungsprojekte, welche die langfristige Veränderung von Organisationen zum Ziel haben. Da das Endergebnis der Transformation in weiten Teilen skizziert ist, gleichzeitig aber Projekteinsätze an unterschiedlichen Stellen des Unternehmens notwendig werden, bedarf es einer großen Anzahl von erfahrenen Beratern, die in der Lage sind, komplexe Projektsituationen zu steuern und auch die Einbindung von Kundenmitarbeitern in die Projektteams übernehmen können. Dies ist gleichzeitig ein wesentlicher Grund für den im Gegensatz zur klassischen Pyramide abgeschwächten personellen Unterbau. Eine sehr breite Basis von junioren Beratern und eine sehr geringe Zahl von senioren Beratern weisen Implementierungsberatungen oder solche, die ganze Projektprogramme betreuen, auf. Hierbei wird eine einmalige, größere Aufgabe in einem abgegrenzten Gebiet behandelt. Das Projektergebnis ist bspw. in Form einer implementierten Software oder eines ausgegründeten Geschäftsbereichs vorhanden und kann den Charakter eines Produktes aufweisen. Die gute Anleitbarkeit der in solchen Projekten auftretenden Aufgaben unterstützt die Delegierbarkeit an juniore Beratungsmitarbeiter und damit auch die flache Pyramidenform. Diese drei schematischen Skizzen zum personellen Aufbau und zur Organisation von internen Unternehmensberatungen stehen in starker Abhängigkeit von den weiter oben diskutierten Entscheidungen, die bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen und Festlegung der Governance-Strukturen getroffen wurden. Gleichzeitig hat die Personalstruktur Auswirkungen auf die Organisation der internen Beratung.

Abschluss 293 Senior Spezialberatung Transformationsberatung Implementierungs- & Programmeberatung Junior Abb. 9: Schematische Darstellung Personalverteilung bei unterschiedlichen Projekttypen Die gerade aufgezeigten Varianten für die Ausgestaltung und Organisation basieren auf den weiter oben vorgestellten Governance-Strukturen und Rahmenbedingungen, mit denen sich interne Unternehmensberatungen als Teil ihres Service Managements konfrontiert sehen. Als ein wesentliches Gestaltungselement wurden zunächst verschiedene Formen der organisatorischen Einbindung bzw. Anbindung an das Mutterunternehmen diskutiert und unter empirischen Gesichtspunkten betrachtet. Korrespondierend hierzu waren die folgenden Überlegungen zu den Berichtswegen sowie den Auftraggebern von Projekten für interne Beratungen. Anschließend wurden möglicherweise vorhandene Korrelationen zwischen der Größe des Mutterunternehmens und der Anzahl der internen Berater skizziert, bevor auf die unterstützenden Funktionen von Beratungseinheiten sowie typische Hierarchiestufen eingegangen wurde. Schließlich sind unterschiedliche Ausprägungsmöglichkeiten der Personalstruktur einer internen Unternehmensberatung aufgezeigt worden. Ausgehend von der klassischen pyramidalen Struktur wurden zunächst strukturelle Einflüsse und sich ergebende Veränderungen und schließlich unterschiedliche, den typischen Projektarten entsprechende Personalverteilungen schematisiert.

294 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung 5 Abschluss Der vorliegende Beitrag hatte die Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten im Kontext des Service Managements für interne Unternehmensberatungen zum Gegenstand. Hierzu sind nach einem einleitenden Abschnitt zunächst die Aufgabenbereiche des Service Managements beschrieben und als Element hieraus die möglichen Rollen von internen Beratungsexperten vorgestellt worden. In Verbindung mit den möglichen Beratungsfeldern konnte der grundsätzliche Fokus für die weiteren Ausführungen auf die Anbieter von Managementberatungsleistungen gelegt werden. In einem nächsten Schritt wurden verschiedene Rahmenbedingungen und Faktoren der Governance von internen Beratungen skizziert. Ausgehend von einem allgemeinen Modell der Berater-Governance wurden die organisatorische Positionierung, der zu Grunde liegende Beratungsansatz, das Verhältnis und ggf. die Zusammenarbeit mit externen Beratungen sowie Einbindungsmöglichkeiten in den Wettbewerb um Aufträge und entsprechende Erfolgs- bzw. Entscheidungskriterien hergeleitet. Diese grundlegenden Aspekte beeinflussen die Arbeit und Organisation von internen Beratungen maßgeblich, wie im vierten Abschnitt aufgezeigt wurde. So müssen die unterschiedlichen vorgestellten Organisationsformen, Berichtswege, die Bestimmung der Auftraggeber und ebenso Größe und personelle Zusammenstellung der Beratungseinheit bzw. Verhältnis von junioren zu senioren Mitarbeitern und die durch diese wahrgenommenen Rollen so auf die Rahmenbedingungen abgestimmt werden, dass sie die Vorgaben der Governance erfüllen. Neben den genannten Determinanten soll schließlich noch beachtet werden, dass auch die interne Unternehmensberatung ein sog. people s business ist und daher persönliche Kommunikation, Beziehungen etc. ein wesentliches Erfolgskriterium darstellen (vgl. zur Kommunikation treffend Luhmann/Fuchs 1989, S.209 ff., insb. S.213 sowie zu den Beziehungen Bohler/Kellner 2004, S146 f.). Obwohl die genannten Aspekte nicht

Abschluss 295 hauptsächlicher Gegenstand dieses Beitrages sind, soll zum Abschluss die Aufmerksamkeit auf das Leistungsversprechen gelenkt werden, welches im Vorfeld der Beauftragung eines Beratungsprojektes gegeben wird. Die Signale, die dem Kunden latent übermittelt werden, basieren im Wesentlichen auf der Kundenorientierung des Diens t- leistungsangebotes, den Lösungsansätzen für spezifische Projekte, wissensorientierten Handlungsweisen sowie dem Kompetenzaufbau und der Kompetenznutzung interner Ressourcen. Diese Punkte können als strategische Erfolgsfaktoren bezeichnet werden (vgl. Abb. 10). Sie resultieren im Wesentlichen aus den Rahmenbedingungen und Aspekten der Governance sowie der Organisation der internen Beratung bzw. werden durch diese erst ermöglicht. Strategische Erfolgsfaktoren interner Beratungen Kundenspezifisches Dienstleistungsangebot Umsetzungsfähige und realisierbare Lösungsansätze Systematischer Aufbau und Transfer internen Wissens Kontinuierliche Mobilisierung interner Ressourcen Realisierung des Client-First -Prinzips und einer darauf aufbauenden, nachhaltigen Dienstleistungsmentalität Angebot individueller Problemlösungsstrategien statt vorkonfektionierter Standardansätze Angebot ganzheitlicher Projektansätze von der Konzeption über die Implementierung bis zur Realisierung Berücksichtigung der Gesamtsicht sowie interner Besonderheiten hinsichtlich Unternehmenskultur und Entscheidungsstrukturen Wissensaufbau und transfer in wesentlichen Kompetenzfeldern des Unternehmens Projektbezogene Weiterentwicklung interner personeller Ressourcen Systematische Führungskräfteentwicklung Erhöhung der unternehmensinternen Handlungskompetenz und Problemlösungsfähigkeit Proaktive Identifikation von Schwachstellen im Unternehmen Signaling glaubwürdiger Leistungsversprechen Abb. 10: Erfolgsfaktoren und Leistungssignalisierung als Ergebnis von Governance, Rahmenbedingungen und Organisation interner Beratung (Büchsenschütz/Baumgart 2005, S.31)

296 Kapitel 9: Interne Unternehmensberatung In den meisten Fällen werden sich interne Unternehmensberatungen innerhalb der oben aufgezeigten Möglichkeiten bewegen. Daher sind die genannten Merkmale und ihre möglichen Ausprägungen dazu geeignet, Entscheidern, Mitarbeitern und sonstigen Interessenten das Einsatz- und Gestaltungsspektrum inklusive verschiedener Vor- und Nachteile sowie damit verbundener Interdependenzen aufzuzeigen und die Leistungsfähigkeit interner Unternehmensberatungen hervorzuheben.