EDEKA Tagung 2015. Grundlagen Datenschutz und Mitbestimmung des BR. Marc-Oliver Schulze, Fachanwalt für Arbeitsrecht. 23. Februar 2015, Berlin



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Transkript:

EDEKA Tagung 2015 Grundlagen Datenschutz und Mitbestimmung des BR Marc-Oliver Schulze, Fachanwalt für Arbeitsrecht 23. Februar 2015, Berlin

Forum: Grundlagen und Mitbestimmungsrechte des BR Allgemeines zum Datenschutzrecht Fallbeispiel NERO Rahmen-GBV IT Einigungsstelle 2

Allgemeines zum Datenschutzrecht 3

1 Abs. 1 BDSG Zweck des Gesetzes: Schutz des Einzelnen Vor Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts Durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten 4

Anwendungsbereich des BDSG Sachlich ( in welchem Bereich gilt das Gesetz?) Persönlich ( für wen gilt das Gesetz?) Örtlich ( wo gilt das Gesetz?) 5

Sachlicher Anwendungsbereich Das Gesetz gilt für Erhebung, Verarbeitung sowie Nutzung personenbezogener Daten, vgl. 1 Abs. 2 BDSG 6

Sachlicher Anwendungsbereich durch öffentliche Stellen des Bundes ( 1 Abs. 2 Ziff. 1) öffentliche Stellen der Länder in bestimmten Fällen ( 1 Abs. 2 Ziff. 2) nicht-öffentliche Stellen = privatrechtliche Stellen ( 1 Abs. 2 Ziff. 3) Ausnahme: Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten 7

Sachlicher Anwendungsbereich Das BDSG kommt zur Anwendung für Automatisierte Dateien Nicht-automatisierte Dateien = alle Sammlungen gleichartig aufgebauter oder nach bestimmten Merkmalen zugänglicher Daten (z.b. Karteikarten, Personalakten etc.) in Beschäftigungsverhältnissen gemäß 32 Abs. 2 BDSG auch für Daten, die nicht oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeitet werden 8

Persönlicher Anwendungsbereich Das BDSG gilt für alle Betroffenen, d.h. alle Personen, über die personenbezogene oder personenbeziehbare Daten verarbeitet werden, vgl. 3 Abs. 1 BDSG Ausgeschlossen sind juristische Personen 9

Örtlicher Anwendungsbereich Das BDSG kommt aufgrund des Territorialitätsprinzips auf dem Hoheitsgebiet der BRD zur Anwendung Im örtlichen Anwendungsbereich werden alle Personen erfasst, die hier von der Datenverarbeitung betroffen sind Die Staatsangehörigkeit der Betroffenen ist unerheblich 10

Grundprinzipien im Datenschutz Die sieben Grundprinzipien im Datenschutz: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Direkterhebung Datensparsamkeit Datenvermeidung Transparenz Zweckbindung Erforderlichkeit 11

Grundprinzipien im Datenschutz Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von personenbezogenen Daten ist verboten. Das ist der Grundsatz des BDSG. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn es eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dafür gibt oder der Betroffene freiwillig in die Verarbeitung seiner Daten eingewilligt hat ( 4 Abs. 1 BDSG, 4a BDSG). Direkterhebung Eine Datenerhebung ist nur beim Betroffenen selbst und mit seiner Mitwirkung zulässig ( 4 Abs. 2 Satz 1 BDSG). Ausnahmen hiervon sind in 4 Abs. 2 Satz 2 BDSG vorgesehen. 12

Grundprinzipien im Datenschutz Datensparsamkeit Daten sollen nicht für unbegrenzte Zeit aufbewahrt werden, sondern es soll mit ihnen sparsam umgegangen werden ( 3a BDSG). Sie sind zu löschen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Im Grundsatz gilt: So kurz wie möglich, so lange wie nötig. Datenvermeidung Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist stets an dem Ziel auszurichten, so wenige Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen ( 3a BDSG). Im Rahmen von 3a BDSG ist ferner geregelt, dass personenbezogene Daten soweit als möglich zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren sind. 13

Grundprinzipien im Datenschutz Transparenz Jeder Betroffene soll wissen, welche Daten zu welchem Zweck bei welcher Stelle für wie lange und aus welchem Grund gespeichert werden. Der Betroffene hat ein Auskunftsrecht, 34 BDSG. Eine heimliche Datenerhebung ist grundsätzlich unzulässig und nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Zweckbindung Jeder Datenverarbeitung muss ein bestimmter Zweck zugrunde liegen. Dieser muss schon vor der Verarbeitung festgelegt worden sein. Für nicht-öffentliche Stellen sind zulässige Zwecke in 28 geregelt. 14

Grundprinzipien im Datenschutz Erforderlichkeit Grundsätzlich ist etwas nur dann erforderlich, wenn es zur Zweckerreichung das mildeste Mittel ist. Das heißt dass kein anderes Mittel zur Verfügung stehen darf, das zur Erreichung des Zwecks genauso gut geeignet wäre, ohne jedoch zu sehr in die Rechte des Betroffenen einzugreifen. 15

Fallbeispiel Betriebsvereinbarung NERO 16

Fallbeispiel NERO NERO ist ein EDV-System, mit dem die Personalzeiterfassung manuell, auf Tagesbasis erfolgt. In dieser Datenbank werden diverse personenbezogene Daten erfasst. Das System wird bereits seit 10 Jahren im Unternehmen in allen 5 Betrieben eingesetzt, die GBR-Vorsitzende weiß davon seit Jahren. Eine BV oder GBV wurde nicht abgeschlossen. Es besteht in allen 5 Betrieben ein Betriebsrat. Ein GBR ist gebildet. Der örtliche BR des Standortes A erlangt am 23.02.2015 Kenntnis davon, dass zum 01.01.2015 ein neues Modul (NERO-Spezial) aufgespielt worden ist, wonach nunmehr eine Verknüpfung zwischen NERO und dem ebenfalls im Unternehmen installierten SAP System (GBV vorhanden) erfolgt und diverse neue Auswertungen möglich sind. 17

Die Antwort Der Arbeitgeber: Das System NERO wurde seit Jahren vom GBR geduldet. Bei der Schaffung einer Schnittstelle liegt kein Fall der Mitbestimmung des BR nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG vor. Die Systeme selbst werden nicht verändert. Es gibt allenfalls datenschutzrechtliche Fragestellungen, die aber nicht der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Soweit das Thema datenschutzrechtlich relevant ist, wurden und werden alle Schritte unter Aufsicht unseres Datenschutzbeauftragten Rainer Ahnungslos vorgenommen. Dieser hat alles für in Ordnung befunden. 18

BV IT : Inhalt und Umfang der Mitbestimmung 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. 19

BV IT : Inhalt und Umfang der Mitbestimmung Zweck: Schutz der Persönlichkeit vor anonymen technischen Kontrolleinrichtungen Überwachung und Kontrolle: Jeder Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers erhoben, aufgezeichnet oder ausgewertet werden (BAG v. 06.12.1983-1 ABR 43/81) 20

BV IT : Inhalt und Umfang der Mitbestimmung Überwachung muss mit Hilfe einer technischen Einrichtung erfolgen, nur "manuelle" Überwachung ist nicht mitbestimmungspflichtig gem. 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG Technische Einrichtung: jedes optische, mechanische, akustische oder elektronische Gerät Technische Einrichtung muss zur Überwachung bestimmt sein Nach ständiger Rspr. des BAG ist das der Fall, wenn sie objektiv geeignet ist, Verhalten und Leistung zu überwachen (BAG v. 06.12.1983-1 ABR 43/81) Kontrollabsicht des Arbeitgebers ist nicht erforderlich 21

Inhalt des Mitbestimmungsrechts Durch extensive Interpretation des 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfasst das BAG praktisch jede Form der automatischen Erhebung, Speicherung und sonstigen Verarbeitung von Daten (wenn sie Rückschlüsse auf Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer zulassen) Das BAG unterscheidet bei der Datenerhebungs- und Datenverarbeitungstechnik zwei Fallgestaltungen, die es beide dem MBR nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterwirft 22

Inhalt des Mitbestimmungsrechts Erfasst werden zum einen technische Einrichtungen, durch die leistungs- und verhaltensbezogene Daten erhoben werden, auch wenn deren Auswertung nicht beabsichtigt ist (BAG v. 06.12.1983-1 ABR 43/81) Auch dann, wenn Daten manuell erhoben werden, also nicht auf technischem Wege gewonnen werden, ist das MBR gegeben, wenn die Daten dem System eingegeben werden und dadurch zu Aussagen über Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer verarbeitet werden (BAG v. 14.09.1984-1 ABR 23/82) 23

Beispiele Fernseh-, Film- und Videoanlage Betriebsdatenerfassung (BAG v. 14.09.1984-1 ABR 23/82) Überwachung des Betriebsparkplatzes durch Videokamera (ArbG Köln v. 10.08.1994-13 BV 141/94) Personalinformationssysteme, z.b. PAISY, SAP/R3 Stempel-, Stechuhren und Zeitstempler (LAG Düsseldorf/Köln v. 21.11.1978, DB 79, 459) unternehmenseinheitliche Telefonvermittlungsanlage (BAG v. 11.11.1998-7 ABR 47/97), ACD-Anlage Betrieb von Software zur Überwachung von E-Mail- oder Internet-Nutzung 24

Rahmen-BV IT RAHMEN-BV zur IT-Nutzung weiterführend Schulze: Datenschutz im Betrieb (Arbeitsrecht im Betrieb (AiB) 1/ 2012, S. 12-14) 25

Rahmen-BV IT 1. SORTIEREN 2. STRUKTURIEREN 3. GESTALTEN 4. VERHANDELN 5. ABSCHLIESSEN 26

Sortieren 27

Sortieren Was wollen wir überhaupt regeln? Welche IT-Systeme sind betroffen? Welche Abteilungen/ Mitarbeiter sind betroffen? Wer arbeitet mit diesen Systemen (= hat Zugriff oder braucht Zugriff?) Was für Daten werden mit diesen Systemen erhoben, verarbeitet oder genutzt? Was soll aus Sicht des BR erlaubt/ gestattet sein? Welche Bedürfnisse/ Anregungen haben die Mitarbeiter an den BR herangetragen? 28

Sortieren Wie sortiert man am besten? Wunschliste MindMap Brainstorming Bestehende Übersichten nutzen => 80 Abs. 2 BetrVG: Vorlage von Unterlagen beim AG anfordern oder sachkundige Arbeitnehmer hinzuziehen 29

Strukturieren Steht die Wunschliste, so muss zunächst strukturiert werden, wie die verschiedenen Systeme in einer BV geregelt werden können Klärung, welche Systeme/technischen Einrichtungen sollten möglichst in einer BV/ einheitlich geregelt werden? welche technischen Einrichtungen werden sinnvollerweise separat geregelt? was ist eilig/bedarf einer schnellen Regelung? Was nicht? ob grundsätzliche Regelungen getroffen werden können, die für mehrere technische Einrichtungen gelten? ob die technischen Einrichtungen nur in einem Betrieb oder in mehreren Betrieben eingesetzt werden Erst dann kann die Struktur der BV festgelegt werden 30

Struktur der BV Einzel-BVs ODER Rahmen-Betriebsvereinbarung Rahmen Einzel-Betriebsvereinbarung zu einer Rahmen-BV Vorteile/Nachteile 31

Inhalt der BV Steht die Struktur fest, kann der Inhalt der Einzel-BV/Rahmen- BV definiert werden Allgemeine Regelungen Räumlicher Geltungsbereich Personeller Geltungsbereich Zeitlicher Geltungsbereich IT-spezifische Regelungen Abschließende Festlegung des Leistungsumfangs des eingesetzten EDV-Systems/ der technischen Einrichtung in Form einer Positivregelung Hardware und Software sind konkret zu bezeichnen 32

Inhalt der BV IT-spezifische Regelungen Es ist zu klären, welche personenbezogenen Daten der Mitarbeiter betroffen sind Zugriffsrechte, Zugriffslevels und Zugriffsvoraussetzungen sind festzulegen Änderungen und Erweiterungen des Systems werden der Mitbestimmung des BR unterworfen Ferner sind Kontrollrechte des BR zu regeln, die die Überprüfung der Einhaltung der Zugriffsrechte, Löschfristen etc. ermöglicht Durch die Kontrollrechte kann der BR auch seine Pflicht zur Überwachung der Durchführung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze erfüllen ( 80 BetrVG); hierzu zählt u.a. das BDSG (BAG v. 17.03.1987-1 ABR 59/85) 33

Inhalt der BV Bei Auftragsdatenverarbeitung ist der AG zu verpflichten, dass die Regelungen der BV Bestandteil des Vertrags zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer werden Das BAG hat klargestellt, dass die Mitwirkungsrechte des BR weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitgeber Daten seiner Beschäftigten im Auftrag bei einem/durch einen anderen Betrieb verarbeiten lässt, d.h. von der Möglichkeit der Auftragsdatenverarbeitung i.s.d. 11 BDSG Gebrauch macht Der Arbeitgeber hat durch den Vertrag mit dem Auftragnehmer sicherzustellen, dass die Rechte des Betriebsrats in vollem Umfang umgesetzt werden können (BAG v. 17.03.1987-1 ABR 59/85) 34

Inhalt der BV Geltungsbereich der BV persönlich BV erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer des Betriebes, auch auf neu in den Betrieb eintretende Arbeitnehmer, die nach ihrem Abschluss eingetreten sind Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches unter Beachtung der Grundsätze des 75 BetrVG und des Gleichbehandlungsgrundsatzes möglich Arbeitnehmer, die bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung bereits aus dem Betrieb ausgeschieden sind, fallen grundsätzlich nicht in den persönlichen Geltungsbereich der BV 35

Inhalt der BV Geltungsbereich der BV räumlich Betrieb, dessen BR Betriebsvereinbarung abgeschlossen hat; die Rechtsetzungsbefugnis ist auf die Organisationseinheit beschränkt, für die der BR gewählt ist Geltungsbereich einer BV kann daher nicht durch Vereinbarung der Betriebsparteien auf andere betriebsratslose Betriebe erstreckt werden Das gilt auch, wenn GBR gem. 50 Abs. 2 BetrVG kraft Auftrag durch den BR die Betriebsvereinbarung abgeschlossen hat Gem. 50 Abs. 1 BetrVG gelten aber BV, die GBR im Rahmen seiner originären Zuständigkeit vereinbart hat, für alle Betriebe des Unternehmens, es sei denn, die BV nimmt einzelne Betriebe aus ihrem Geltungsbereich aus Auch Betrieb ohne BR wird von einer vom GBR abgeschlossenen Betriebsvereinbarung gem. 50 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BetrVG erfasst 36

Abgrenzung BR - GBR Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebe mit BR ist ein GBR zu errichten Zwischen GBR und den einzelnen BR besteht kein Über- Unterordnungsverhältnis; daher kann der GBR dem BR keine Weisungen erteilen. Andererseits können die Einzelbetriebsräte dem GBR auch keine verbindlichen Vorgaben machen Es gilt der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung Der GBR ist also ein neben den einzelnen Betriebsräten stehendes selbständiges betriebsverfassungsrechtliches Organ 37

Abgrenzung BR - GBR Originäre Zuständigkeit des GBR Nach 50 Abs. 1 BetrVG ist die originäre Zuständigkeit des GBR von zwei kumulativ vorliegenden Voraussetzungen abhängig: Die Angelegenheit betrifft das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe des Unternehmens (Überbetrieblichkeit) und Die Angelegenheit darf nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb der Betriebe regelbar sein, d.h. es besteht ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung 38

Abgrenzung BR - GBR Delegation 50 Abs. 2 BetrVG ermöglicht die Delegation der Zuständigkeit durch die einzelnen Betriebsräte auf den Gesamtbetriebsrat, wenn: Dadurch eine betriebsübergreifende Regelung geschaffen werden soll und Die Angelegenheit nicht in die originäre Zuständigkeit des GBR fällt und Die Delegation zweckmäßig erscheint 39

Abgrenzung BR - GBR - KBR Der KBR ist weder dem GBR noch den BR der Konzernunternehmen übergeordnet; er ist dem GBR aber auch nicht untergeordnet Er besitzt diesen gegenüber keine Weisungsbefugnisse oder Richtlinienkompetenz Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeitsregelung des 58 BetrVG derjenigen zwischen GBR und einzelnen BR ( 50 BetrVG) nachgebildet; es gilt der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung 40

Abgrenzung BR - GBR - KBR Originäre Zuständigkeit des KBR Nach 58 Abs. 1 BetrVG ist die originäre Zuständigkeit des KBR von zwei kumulativ vorliegenden Voraussetzungen abhängig: Die Angelegenheit betrifft alle oder doch mehrere (mindestens zwei) Konzernunternehmen und Die Angelegenheit darf nicht durch die einzelnen GBR innerhalb ihrer Unternehmen regelbar sein, d.h. es besteht ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder zumindest konzernübergreifende Regelung 41

Abgrenzung BR - GBR - KBR Delegation 58 Abs. 2 BetrVG ermöglicht die Delegation der Zuständigkeit durch die einzelnen GBR (im Fall des 54 Abs. 2 BetrVG des BR) auf den KBR, wenn: Dadurch eine unternehmensübergreifende Regelung geschaffen werden soll und Die Angelegenheit nicht in die originäre Zuständigkeit des KBR fällt und Die Delegation zweckmäßig erscheint 42

Abgrenzung BR - GBR - KBR Betriebsrat Gesamtbetriebsrat kann gewählt werden ist zu errichten Voraussetzung: Betriebsratsfähiger Betrieb, 1 S. 1 BetrVG Voraussetzung: Mehrere Betriebsräte in einem Unternehmen 47 I BetrVG Konzernbetriebsrat kann errichtet werden Voraussetzung Konzern gem. 18 I AktG, 54 I S. 1 BetrVG 43

Inhalt der BV Geltungsbereich der BV zeitlich Grundsätzlich wird und kann der zeitliche Geltungsbereich der BV durch Betriebsparteien einvernehmlich festgelegt werden Sofern BV keine ausdrückliche Regelung über den Tag ihres Inkrafttretens enthält, gilt sie vom Tage ihres Abschlusses Eine Betriebsvereinbarung kann auch rückwirkend in Kraft treten (BAG vom 19.09.1995,1 AZR 208/95) Die Grenzen der Rückwirkung finden sich im Vertrauensschutz und in der sachlichen Realisierbarkeit Stets zulässig sind für den Arbeitnehmer günstigere rückwirkende Regelungen 44

Inhalt der BV Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund bleibt bei unkündbaren Betriebsvereinbarungen immer möglich Der Abschluss von unkündbaren Betriebsvereinbarungen oder solchen, bei denen die Kündigung für eine gewisse Zeit ausgeschlossen wird, ist möglich Die BV endet durch Kündigung Ablösende Betriebsvereinbarung Einvernehmliche Aufhebung Betriebsstilllegung (nicht bei Altersversorgung) Dauernder Fortfall eines BR Selten: Wegfall der Geschäftsgrundlage (hier meist Anpassung) 45

Verhandeln Hat der BR sich eine Struktur für eine (Rahmen-) BV IT erstellt und gewünschte Inhalte zusammengetragen, gilt es, diese mit dem AG zu verhandeln und dann eine BV zu erstellen Er kann hierzu gemäß 80 Abs. 3 BetrVG einen Sachverständigen hinzuziehen, weiterführend Schulze, Der Anwalt des Betriebsrates, ArbR Aktuell, Heft 21/ 2012 Nicht nur die Qualität der Vorbereitung, sondern auch die Qualität der Verhandlungen wird am Ende für eine erfolgreich abgeschlossene BV entscheidend sein 46

Abschluss Die BV/ GBV ist erfolgreich verhandelt? Jetzt beim Abschluss keine Fehler machen - Form beachten! Schriftform erforderlich, 77 Abs. 2 BetrVG Unterschrift beider Betriebsparteien auf derselben Urkunde erforderlich, 126 Abs. 2 S. 1 BGB; einseitig unterzeichnete BV genügt Schriftformerfordernis nicht Auch Unterschrift auf bloßer Fotokopie der vom anderen Betriebspartner unterzeichneten Vereinbarung (BAG v. 21.08.1990-3 AZR 422/89) genügt Schriftformerfordernis nicht Bei mehreren Blättern, die inhaltlich aufeinander Bezug nehmen und miteinander verbunden sind, muss nicht jedes einzelne Blatt unterzeichnet werden (BAG v. 11.11.1986-3 ABR 74/85) BV, die auf Spruch einer Einigungsstelle beruhen, werden vom Vorsitzenden der Einigungsstelle unterschrieben, 77 Abs. 2 S. 2, 2. Hs., 76 Abs. 3 S. 3 BetrVG 47

Abschluss Mängel in der BV - Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung liegt vor bei: Verstoß gegen das Schriftformerfordernis Nichtiger Betriebsratswahl Unzuständigkeit der abschließenden Partei Fehlerhaftem Beschluss des BR Folgen der Nichtigkeit keine konstitutive Wirkung keinerlei Rechtspflichten für Betriebsparteien 48

Abschluss Bei Teilnichtigkeit Nichtiger Regelungsteil bleibt wirksam, sofern er noch sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält Bei Umdeutung des nichtigen Teils Umdeutung einer nichtigen Betriebsvereinbarung in individualrechtlich wirksame Rechtsgeschäfte nicht möglich Ausnahme: Wenn davon auszugehen ist, dass Arbeitgeber sich dennoch trotz Nichtigkeit dementsprechend binden wollte Dann kann für begünstigten Arbeitnehmer Rechtsanspruch aufgrund betrieblicher Übung bzw. einzelvertraglicher Regelung begründet werden 49

Abschluss Daher ist zu empfehlen, nachfolgende salvatorische Klausel in die Betriebsvereinbarung aufzunehmen: Sollte diese Betriebsvereinbarung insgesamt oder in einzelnen Regelungen nichtig sein, soll sie als Regelungsabsprache fortbestehen. Sie soll auch als Gesamtzusage gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern weiter gelten. 50

ENDE GUT? ALLES GUT? 51

UND WAS? WENN NICHT? 52

Scheitern die Verhandlungen, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen 53

Was ist die Einigungsstelle? Das Gesetz regelt selbst eine Definition nicht 76 BetrVG regelt jedoch Zusammensetzung, Zweck und Bildung der Einigungsstelle Die Einigungsstelle soll Streit zwischen den sich im gleichen Boot befindenden Betriebsparteien schlichten Die Einigungsstelle wird im Bedarfsfall von Arbeitgeber und BR selbst gebildet Das Gesetz regelt, wann eine Einigungsstelle auf einseitiges Verlangen von Arbeitgeber oder BR gebildet werden muss Hauptanwendungsfall ist 87 BetrVG 54

Wann ruft man die Einigungsstelle an? Im Bereich der echten Mitbestimmung kann der AG nicht ohne den BR entscheiden Werden sich AG und BR nicht einig, so kann jede Partei die Einigungsstelle anrufen sie löst das Patt auf (z. B. 87 Abs. 2 BetrVG) Die Einigungsstelle kann immer dann einseitig angerufen werden, wenn im Gesetz geregelt ist, dass der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und BR ersetzt ( 76 Abs. 5 BetrVG) 55

Zuständigkeit der Einigungsstelle Die Befugnis der Einigungsstelle, eine verbindliche Regelung zwischen Arbeitgeber und BR durch Spruch zu schaffen, entspricht genau dem Umfang des MBR des BR ( Zuständigkeit der Einigungsstelle) MBR des BR Zuständigkeit der Einigungsstelle 56

Wie ruft man die Einigungsstelle an? 57

Wie ruft man die Einigungsstelle an? Dazu ist es erforderlich, dass der BR (oder AG) das Scheitern der Verhandlungen feststellt Gleichzeitig erklärt er, dass er die Einigungsstelle anruft Er macht einen Vorschlag zum Vorsitzenden und zur Zahl der Beisitzer Zu jedem Punkt ist ein entsprechender Beschluss erforderlich! Dann müssen Arbeitgeber und BR die Einigungsstelle bilden, in dem sie sich verständigen über die Zahl der Beisitzer und die Person des Vorsitzenden 58

Wie ruft man die Einigungsstelle an? Weigert sich die andere Partei, überhaupt eine Einigungsstelle zu errichten oder ist sie mit der Person des Vorsitzenden oder mit der Zahl der Beisitzer pro Seite nicht einverstanden, kann ein sog. Einigungsstellenbesetzungsverfahren durchgeführt werden In diesem Fall wird die Einigungsstelle vom Arbeitsgericht eingesetzt, 98 Abs. 1 ArbGG 59

Einigungsstellenbesetzungsverfahren vor dem ArbG Das ArbG setzt die Einigungsstelle ein, in dem es das Thema ( Regelungsgegenstand ) festlegt und den Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer bestimmt Wichtig: Das Arbeitsgericht setzt die Einigungsstelle nur dann nicht ein, wenn die Einigungsstelle offensichtlich nicht zuständig ist, d.h. wenn mit Händen zu greifen ist, dass hier kein MBR besteht. 60

Was passiert in der Einigungsstelle? Sobald der Vorsitzende der Einigungsstelle feststeht, bestimmen der BR und der Arbeitgeber jeweils seine Besitzer (Beschluss) Der Vorsitzende lädt (meist durch formlose Absprache) zur Einigungsstellensitzung; Tagungsort ist meist der Betrieb In der Einigungsstelle wird nochmals verhandelt Beschlüsse sind nach mündlicher Beratung nach billigem Ermessen zu fassen, 76 Abs. 3 BetrVG 61

Der Spruch der Einigungsstelle Wenn auch in der Einigungsstelle keine Einigung erzielt werden kann, entscheidet die Einigungsstelle durch Spruch; dieser hat unmittelbare und zwingende Wirkung, er ist der Sache nach eine (erzwungene) Betriebsvereinbarung Der Spruch ist schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und BR zuzuleiten, 76 Abs. 3 BetrVG Beschlüsse sind innerhalb von zwei Wochen beim Arbeitsgericht anfechtbar, 76 Abs. 5 BetrVG 62

Anfechtung und Beseitigung des Spruchs der Einigungsstelle Die Anfechtung ist nur erfolgreich, wenn die Einigungsstelle nicht billiges Ermessen gewahrt hat, d.h. berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder des BR grundlos völlig vernachlässigt hat die Einigungsstelle mangels MBR nicht zuständig war. Die Anfechtung wirkt erst mit Rechtskraft der Entscheidung Alternative: Kündigung des Spruchs der Einigungsstelle (= Betriebsvereinbarung!) nach 77 Abs. 5 BetrVG 63

Besetzung der Einigungsstelle? Die Einigungsstelle ist mit einer gleichen Anzahl von Beisitzern der AG-Seite und der BR-Seite besetzt Die Zahl der Beisitzer ist nicht gesetzlich vorgeschrieben Regelmäßig werden je 2 4 Beisitzer gewählt Ferner sitzt ein unparteiischer Vorsitzender der Einigungsstelle vor (meist ein Richter) Neben den Beisitzern kann es noch Verfahrensbevollmächtigte in der Einigungsstelle geben Einigungsstelle zudem parteiöffentlich 64

Kosten der Einigungsstelle Der Arbeitgeber trägt gemäß 76a BetrVG die Kosten der Einigungsstelle Der Vorsitzende vereinbart regelmäßig zu Beginn seiner Tätigkeit ein Honorar (pauschal, als Tagessatz oder als Stundensatz) Die Beisitzer erhalten anteilig berechnet an der Vergütung des Vorsitzenden ein Honorar Regelmäßig bewegt sich dieses bei 7/10 der Vorsitzendenvergütung Weiterführend zu den Kosten: Schulze, Der Anwalt des Betriebsrates, ArbR Aktuell, Heft 21/ 2012 65

Strategie in der Einigungsstelle Wie verhält sich der BR in der Einigungsstelle geschickt? Gute Vorbereitung ist das A und O Das richtige BR-Mitglied entsenden => Kenntnis von der Materie; mit den bisherigen Verhandlungen vertraut Verhandlungsbereitschaft mitbringen, aber die eigene Position deutlich herausstellen und begründen können Wer schreibt, der bleibt mit Entwurf einer BV in die Einigungsstelle gehen Verhandlungsrahmen für den Vorsitzenden vorab durch Beschluss abstecken 66

Strategie in der Einigungsstelle Gelingt die Einigung in der Einigungsstelle gibt es am Ende doch noch ein. 67

Strategie in der Einigungsstelle 68

www.afa-anwalt.de Marc-Oliver Schulze Fachanwalt für Arbeitsrecht Büro Nürnberg AfA Rechtsanwälte Pirckheimerstraße 68 90408 Nürnberg Tel.: 0911-37 66 77 88 Fax: 0911-37 66 77 89 kanzlei@afa-anwalt.de