Entwicklungskosten in der Unternehmensbilanz



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Transkript:

Entwicklungskosten in der Unternehmensbilanz von Dr. Michael Joswig Fachhochschule Osnabrück, 17. Oktober 2008 1

Agenda Einführung Überblick zum BilMoG Entwicklungskostenbegriff HGB-Regelungen Nach BilMoG vorgesehene Regelungen IFRS-Regelungen Entwicklungskosten in der Unternehmenspraxis Zusammenfassung 2

Einführung: Firmenprofil = mittelständische Wirtschaftsprüfungs-/ mit ca. 75 Beschäftigten (davon ca. 20 Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater) Standorte: Osnabrück (Hauptsitz), Georgsmarienhütte und Berlin Tätigkeitsschwerpunkte: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, betriebswirtschaftliche Beratung (u. a. internationale Bilanzierung), Rechtsberatung, Buchhaltung Klientel: mittelständische Unternehmen, überwiegend Familienunternehmen, aber auch börsennotierte Aktiengesellschaften Mitglied von HLB international, einer weltweiten Organisation von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mit mehr als 10.000 Mitarbeitern in über 100 Ländern 3

Einführung: Allgemeines Abkürzungen: AK/HK = Anschaffungs- oder Herstellungskosten AV = Anlagevermögen EK = Eigenkapital hrl. = handelsrechtlich IFRS = International Financial Reporting Standards JA = Jahresabschluss KA = Konzernabschluss L/H = Lüdenbach/Hoffmann, IFRS, 6. Auflage VG = Vermögensgegenstand VW = Vermögenswert 4

Überblick zum BilMoG (I) BilMoG = Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts Februar 2003: erste Überlegungen zur Reform des HGB Referentenentwurf vom 8. November 2007 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Mai 2008 erste Lesung im Deutschen Bundestag am 25. September 2008: Weitergabe des Gesetzes per Überweisungsbeschluss an den Rechtsausschuss, den Finanzausschuss und den Ausschuss für die Wirtschaft und Technologie Inkrafttreten Þ ursprünglich bereits für 2009 geplant, derzeit wahrscheinlich 2010 5

Überblick zum BilMoG (II) BilMoG = umfassendste Änderung des HGB seit über 20 Jahren (seit BiRiLiG) Þ Regierungsentwurf = 254 Seiten Auszüge aus der Gesetzesbegründung: Mit der Modernisierung des Bilanzrechts wird das Ziel verfolgt, den Unternehmen - im Verhältnis zu den IFRS,... - eine gleichwertige, aber einfachere und kostengünstigere Alternative zu bieten. Dabei bleiben der hrl. JA Grundlage der Gewinnausschüttung und werden die Vorzüge der Maßgeblichkeit des hrl. JA für die steuerliche Gewinnermittlung bewahrt,... 6

Überblick zum BilMoG (III) Auszüge aus der Gesetzesbegründung (Fortsetzung):... und bleiben die Eckpfeiler der handelsrechtlichen Rechnungslegung ebenso bestehen, wie das System der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.... eine maßvolle Annäherung der hrl. Rechnungslegungsvorschriften an die IFRS... Þ Quadratur des Kreises? Änderung sowohl des hrl. JA als auch des hrl. KA Unterschiede HGB / IFRS Þ Vorsichtsprinzip + Ausschüttungsbemessungsfunktion + Deformation durch die umgekehrte Maßgeblichkeit + fair presentation 7

Entwicklungskostenbegriff (I) Entwicklung - BilMoG: Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen ( 255 Abs. 2 a HGB-E) - IFRS: Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen auf einen Plan oder Entwurf für die Produktion von neuen oder beträchtlich verbesserten Materialien, Vorrichtungen, Produkten, Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen (IAS 38.8) 8

Entwicklungskostenbegriff (II) Forschung - BilMoG: die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können ( 255 Abs. 2 a HGB-E) - IFRS: die eigenständige und planmäßige Suche mit der Aussicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelangen (IAS 38.8) 9

Entwicklungskostenbegriff (III) Abgrenzung von Forschung und Entwicklung? - BilMoG: Können Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung ausgeschlossen. - IAS 38.53: Kann ein Unternehmen die Forschungsphase nicht von der Entwicklungsphase eines internen Projekts zur Schaffung eines immateriellen VW unterscheiden, behandelt das Unternehmen die mit diesem Projekt verbundenen Ausgaben so, als ob sie lediglich in der Forschungsphase angefallen wären. Þ Forschungskosten = Aufwand in der Periode des Anfalls 10

HGB: bisheriges Recht (I) Ansatzvoraussetzungen nach bisher geltendem Recht: - 248 Abs. 2 HGB: Für immaterielle VG des AV, die nicht entgeltlich erworben wurden, darf ein Aktivposten nicht angesetzt werden. - Erfordernis des entgeltlichen Erwerbs Þ soll sicherstellen, dass eine Leistung des Erwerbers vorliegt, die nach den Vorstellungen der Vertragspartner eine gleichwertige Gegenleistung dafür ist, dass der immaterielle VG aus dem Vermögen eines anderen in das Vermögen des Erwerbers übergeht und dass dadurch eine gewisse Wertobjektivierung stattgefunden hat Þ objektivierungsbedingte Restriktion des Anschaffungskostenprinzips - entgeltlich erworbene immaterielle VG des AV => Aktivierungspflicht! 11

HGB: bisheriges Recht (II) Ansatzvoraussetzungen nach bisher geltendem Recht (Fortsetzung): - selbst hergestellte immaterielle VG des AV Þ Aktivierungsverbot - offene Einlagen Þ Gegenleistung = Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile Þ Entgeltlichkeit liegt vor! - verdeckte Einlagen Þ keine Gegenleistung Þ keine Aktivierung (anders im Steuerrecht: Notwendigkeit der Abgrenzung der gesellschaftsrechtlichen von der betrieblichen Sphäre geht dem Aktivierungsverbot des 5 Abs. 2 EStG vor) 12

BilMoG: Ansatzgebot (I) Änderung des 248 HGB: In die Bilanz dürfen nicht als Aktivposten aufgenommen werden: 1. Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens, 2. Aufwendungen für die Beschaffung des EK, 3. Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen, 4. Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle VG des AV, die nicht entgeltlich erworben wurden. Änderung des 255 Abs. 2a Satz 1 HGB: Die bei der Entwicklung eines selbst geschaffenen immateriellen VG des AV anfallenden HK sind zu aktivieren. 13

BilMoG: Ansatzgebot (II) Änderung des 266 Abs. 2 HGB: separater Ausweis in der Bilanz vorgeschrieben => Selbstgeschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte 255 Abs. 2a Satz 4 HGB-E: Können Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung ausgeschlossen. => Ansatzverbot für Forschungskosten Ansatzzeitpunkt lt. Regierungsbegründung => sobald mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der Entstehung eines VG ausgegangen werden kann grds. keine Änderung bei entgeltlich erworbenen immateriellen VG 14

BilMoG: Ansatzgebot (III) Gesetzesbegründung (Auszug): - Die Aufhebung des Verbots der Aktivierung nicht entgeltlich erworbener selbst geschaffener immaterieller VG des AV trägt der zunehmenden Bedeutung der immateriellen VG im Wirtschaftsleben Rechnung,... schon weit fortgeschrittenen Wandels von der produktions- zur wissensbasierten Gesellschaft... - Insbesondere innovative mittelständische Unternehmen sowie... start-up s erhalten so die Möglichkeit, ihre Außendarstellung zu verbessern. 15

BilMoG: Ansatzgebot (IV) Passivierung latenter Steuern => da steuerlich unverändert Aktivierungsverbot für selbstgeschaffene immaterielle VG Ansatzgebot versus aufwandswirksame Erfassung: - Ansatzgebot = Bilanzverlängerung (höheres AV und höheres EK), wobei der EK-Effekt durch die Passivierung latenter Steuern gemindert wird - Aufwendungen werden in die Zukunft verlagert Þ höheres Periodenergebnis - In der Praxis häufig EBITDA als Steuerungsgröße Þ Aktivierung von Entwicklungskosten hat einen positiven EBITDA-Effekt (ohne Umkehr in der Zukunft) 16

BilMoG: Ansatzgebot (V) Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen nach BilMoG Forschungsphase Entwicklungsphase hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens eines einzeln verwertbaren immateriellen VG nein ja Aktivierungsverbot (sofortige Verbuchung als Aufwand) Aktivierungsgebot (ab Zeitpunkt der Erfüllung des Kriteriums) 17

BilMoG: Übergangsregelung Artikel 66 Abs. 3 EGHGB-E: - Aufwendungen für nicht entgeltlich erworbene immaterielle VG des AV dürfen als AK/HK nur in der Bilanz ausgewiesen werden, wenn mit der Entwicklung nach dem 31. Dezember 2008 begonnen wurde. - Auseinanderfallen von HGB- und IFRS-Aktivierungen für eine regelmäßig mehrere Jahre umfassende Übergangszeit => weder Ansatz der ab diesem Zeitpunkt anfallenden Entwicklungskosten laufender Entwicklungsprojekte noch Nachaktivierung der bis zu diesem Stichtag als Aufwand erfassten Kosten 18

BilMoG: Ausschüttungssperre 268 Abs. 8 HGB-E: - Erträge aus der Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller VG des AV abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen abzüglich eines Verlustvortrags oder zuzüglich eines Gewinnvortrags dem Gesamtbetrag der Erträge mindestens entspricht. - Gläubigerschutzgedanke 19

BilMoG: Anhangangaben Nach 285 Nr. 22, 314 Abs. 1 Nr. 14 HGB-E ist im Anhang anzugeben: der Gesamtbetrag der Forschungs- und Entwicklungskosten des Geschäftsjahres sowie der davon auf selbstgeschaffene immaterielle VG des AV entfallende Betrag, jeweils aufgegliedert in Forschungs- und Entwicklungskosten. Gesetzesbegründung:... zur besseren Information der Abschlussadressaten - gleichwohl aber auch unter Berücksichtigung der Geheimhaltungsinteressen der Wirtschaft... 20

IFRS: Ansatzvoraussetzungen (I) Ein VW muss identifizierbar sein => separierbar, d.h., Trennung vom Unternehmen und Verkauf möglich (IAS 38.12) => Abgrenzung vom Goodwill Ansatzvoraussetzungen für selbstgeschaffene immaterielle VW (IAS 38.57): künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss und zuverlässige Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und zusätzlich kumulative Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen: - die technische Machbarkeit der Fertigstellung eines immateriellen Vermögenswerts, damit er verwendbar oder veräußerbar wird; - die Absicht, dies zu tun; - die Fähigkeit, ihn dann auch tatsächlich zu verwenden oder zu veräußern; 21

IFRS: Ansatzvoraussetzungen (II) Ansatzvoraussetzungen (IAS 38.57) (Fortsetzung): - die Art, wie der immaterielle Vermögenswert künftigen wirtschaftlichen Nutzen stiften wird (dazu gehört der Nachweis eines Marktes für den Vermögenswert selbst oder die mit ihm zu erstellenden Leistungen bzw. seine allgemeine Nützlichkeit bei unternehmensinterner Verwendung); - die Verfügbarkeit entsprechender technischer, finanzieller und sonstiger Ressourcen, um die Entwicklung zum Abschluss bzw. zur Einsatzbereitschaft zu bringen, und - die zuverlässige Bestimmung der Herstellungskosten während der Entwicklungszeit. entgeltlich erworbene immaterielle VW => keine speziellen Ansatzvoraussetzungen 22

IFRS: Ansatzvoraussetzungen (III) Beispiele für Forschungsaktivitäten (IAS 38.56): - Aktivitäten, die auf die Erlangung neuer Erkenntnisse ausgerichtet sind, - die Suche nach sowie die Abschätzung und endgültige Auswahl von Anwendungen für Forschungsergebnisse und anderem Wissen, - die Suche nach Alternativen für Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen und - die Formulierung, der Entwurf sowie die Abschätzung und endgültige Auswahl von möglichen Alternativen für neue oder verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen 23

IFRS: Ansatzvoraussetzungen (IV) Beispiele für Entwicklungsaktivitäten (IAS 38.59): - Entwurf, Konstruktion und Testen von Prototypen und Modellen vor Aufnahme der eigentlichen Produktion oder Nutzung, - Entwurf von Werkzeugen, Spannvorrichtungen, Prägestempeln und Gussformen unter Verwendung neuer Technologien, - Entwurf, Konstruktion und Betrieb einer Pilotanlage, die von ihrer Größe her für eine kommerzielle Produktion wirtschaftlich ungeeignet ist, und - Entwurf, Konstruktion und Testen einer gewählten Alternative für neue oder verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen Aktivierungsverbot für selbst geschaffene Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und Ähnliches (IAS 38.63) 24

IFRS: Ansatzvoraussetzungen (V) Ermessensspielräume => Literatur: faktisches Ansatzwahlrecht wegen der erheblichen Anzahl von Ermessensspielräumen: - Unmöglichkeit einer Trennung von Forschungs- und Entwicklungsphase - kein nachvollziehbarer Nachweis der Erfüllung sämtlicher Ansatzkriterien - Lt. Küting, PiR 10/2008, S. 322: Nur 63 der untersuchten 127 Konzerne (= 49%) aktivieren Entwicklungskosten - trotz eines Ansatzgebots! 25

IFRS: Bewertung Herstellungskosten (IAS 38.65 bis.67): - = Summe der Kosten, die ab dem Zeitpunkt anfallen, wenn der immaterielle VW die Ansatzkriterien erstmals erfüllt (IAS 38.65) - umfassen alle direkt zurechenbaren Kosten, die zur Schaffung, Herstellung und Vorbereitung des VW erforderlich sind - nicht: Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten, identifizierte Ineffizienzen und Schulungskosten Anschaffungskosten- oder Neubewertungsmodell Nutzungsdauer? => erhebliche Ermessensspielräume Abschreibungsmethode => gemäß dem erwarteten Verbrauch des künftigen wirtschaftlichen Nutzens des VW oder - falls dieser Verlauf nicht verlässlich bestimmt werden kann - linear (IAS 38.97) 26

IFRS: Angaben im Anhang Nutzungsdauer, Abschreibungssätze und Abschreibungsmethoden Bruttobuchwert und kumulierte Abschreibung am Periodenbeginn und am Periodenende sowie Überleitung des Buchwerts Summe der in der Berichtsperiode als Aufwand erfassten Ausgaben für Forschung und Entwicklung 27

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (I) Entwicklungskosten und DAX 30-Unternehmen (Werte zum 31.12.2007) => Literaturhinweis (Küting, PiR 10/2008, S. 315ff.): - Banken + Händler (Adidas, Metro) + Reise/Verkehr (Lufthansa, TUI): grds. keine bzw. eine nur geringe Aktivierung von Entwicklungskosten - Automobil: - BMW 5,0 Mrd. EUR aktiviert EK = 21,7 Mrd. EUR - Daimler 4,0 Mrd. EUR aktiviert EK = 38,2 Mrd. EUR - VW 6,1 Mrd. EUR aktiviert EK = 31,9 Mrd. EUR - Bayer 1,2 Mrd. EUR aktiviert EK = 16,8 Mrd. EUR - Siemens 0,9 Mrd. EUR aktiviert EK = 29,6 Mrd. EUR - Dt. Telekom 0,9 Mrd. EUR aktiviert EK = 45,2 Mrd. EUR - Dt. Post 0,5 Mrd. EUR aktiviert EK = 13,9 Mrd. EUR - übrige (BASF, Continental, E.on und RWE, Henkel, MAN, SAP und ThyssenKrupp) => nur Kleinbeträge 28

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (II) HLB grundsätzliche Herausforderungen für die Unternehmen: - Identifikation aktivierungspflichtiger VG/VW - Trennung Forschungs- und Entwicklungsphase - Ermittlung und Zuordnung der Herstellungskosten - Gibt es sonstige Hinderungsgründe? 29

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (III) HLB Identifikation aktivierungspflichtiger VG/VW: - dazu L/H, S. 569: In einem lebenden Unternehmen werden laufend Verbesserungen technischer und organisatorischer Art entwickelt und installiert. Solche Entwicklungen sind nicht identifizierbar und scheiden als immaterielle VW aus. Vielmehr muss es sich im Einzelfall um ein größeres Projekt handeln. Beispiele aus L/H, S. 569: erstmalige Herstellung eines 18-Zylinder- Motores durch einen Automobilhersteller = aktivierungsfähig; Erprobung einer Neuanfertigung der Drosselklappe für einen bereits laufenden Motor => nicht aktivierungsfähig - Beispiele aus der Praxis: Automobilhersteller + Maschinenbau + Automobilzulieferant (Werkzeugbau) - große Bedeutung von Wesentlichkeitsaspekten 30

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (IV) HLB Trennung Forschungs- und Entwicklungsphase: - Gibt es eine normale Reihenfolge - erst Forschung und dann anschließend Entwicklung? - L/H => Waterfall-Method => 1. ruhige, konzeptionelle Forschungsphase, 2. stark strukturierte und temporeiche Entwicklungsphase, 3. ruhigere Phase der Produktpflege => diese Vorstellung ist überholt - Henkel, Geschäftsbericht 2007: Entwicklungskosten sind zu aktivieren, wenn kumulativ alle Ansatzkriterien erfüllt sind, die Forschungsphase eindeutig von der Entwicklungsphase getrennt werden kann und entstehende Kosten den einzelnen Projektphasen überschneidungsfrei zugeordenbar sind. Aufgrund zahlreicher Interdependenzen innerhalb von Entwicklungsprojekten und der Unsicherheit, welche Produkte letztendlich Marktreife erreichen, sind derzeit nicht alle Aktivierungskriterien des IAS 38 erfüllt. 31

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (V) HLB Ermittlung und Zuordnung der Herstellungskosten: - zuverlässige Ermittlung der Herstellungskosten möglich? - bei den meisten Unternehmen => gute Kostenrechnungssysteme im Einsatz - aber: - deutsches Handels- und Steuerrecht => bisher: Erfassung der Entwicklungskosten als Aufwand (Kostennachweise auf Projektebene allenfalls vorhanden zur Erlangung von Erstattungen der öffentlichen Hand oder von dritter Seite) - BilMoG und IFRS => erfordern eine Definition von Entwicklungsprojekten => Erfassung der Kosten des einzelnen Entwicklungsprojekts => Herausforderungen für die Praxis! 32

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (V) HLB Ermittlung und Zuordnung der Herstellungskosten (Fortsetzung): - Anforderungen an eine Kostenträgerrechnung: - für welche Kostenträger? - Zurechenbarkeit der Kosten? => die F&E-Abteilung von Unternehmen ist neben Forschung und Entwicklung häufig mit Reklamationen/Fehlerbehebungen befasst (Beispiel: Tropentauglichkeit) - Sind Schlüsselungen zulässig und wenn ja, in welchem Umfang (Beispiel: Energiekosten)? 33

Entwicklungskostenbegriff in der Unternehmenspraxis (VI) HLB Sonstige Hinderungsgründe: - technische Machbarkeit => Pharmaindustrie (erst mit der behördlichen Zulassung ist das Risiko eines vorzeitigen Scheiterns ausgeschaltet) - Cargolifter (Zeppelin) => Fähigkeit, ihn dann auch tatsächlich zu verwenden oder zu veräußern? 34

Zusammenfassung (I) Internationalisierung des deutschen HGB weitgehender Gleichlauf von BilMoG und IFRS Informations- vs. Ausschüttungsbemessungsfunktion Erosion des Vorsichts- und Objektivierungsprinzips? erhebliche Ermessensspielräume? => aber: reglementierende Wirkung einer best practice 35

Zusammenfassung (II) Wie sehr ist die Bilanzierung Zeitströmungen unterworfen? Fritz Schmidt, Die organische Tageswertbilanz, 3. Aufl., Leipzig 1929 starke Betonung / Überbetonung des Vorsichtsprinzips im AktG 1965 und BiRiLiG (HGB 1985) Fair Value-Gedanke der IFRS mit z.t. subjektiven Einschätzungen und in der Zukunft (nach der Finanzkrise)? ergänzender Literaturhinweis: Dobler/Kurz, KoR 7-8/2007, S. 485ff. 36