i n f o p a p i e r ZENTRUM FÜR SELBSTBESTIMMTES LEBEN Hartz IV und seine Auswirkungen auf die Situation behinderter Menschen - Ein Überblick -



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Transkript:

i n f o p a p i e r ZENTRUM FÜR SELBSTBESTIMMTES LEBEN Hartz IV und seine Auswirkungen auf die Situation behinderter Menschen - Ein Überblick - Carl-Wilhelm Rößler b a n k v e r b i n d u n g Bank f. Sozialwirtschaft Köln KONTO 7019600 BLZ 370 205 00

I. Einführung 5 II. Leistungen der Sozialhilfe 5 1. Einführung 5 2. Zuständiger Leistungsträger 6 3. Sozialhilferechtliche Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) 6 3.1 Einführung 6 3.2 Anspruchsberechtigter Personenkreis 6 3.3 Leistungen der HLU 7 3.3.1 Der Regelsatz, 28 SGB XII 7 3.3.2 Kosten für Unterkunft und Heizung, 30 SGB XII 8 3.3.3 Mehrbedarfszuschläge, 30 SGB XII 9 3.3.4 Einmalige Bedarfe, 31 SGB XII 9 3.3.5 Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, 32 SGB XII 10 3.3.6 Beiträge für eine angemessene Alterssicherung sowie für einen Anspruch auf ein angemessenes Sterbegeld, 33 SGB XII 10 3.3.7 Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen, 34 SGB XII 10 3.3.8 Ergänzende Darlehen, 37 SGB XII 10 3.3.9 Notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen, 35 SGB XII 10 3.4 Einsatz von Einkommen und Vermögen 11 3.4.1 Einsatz des Einkommens 11 3.4.2 Einsatz des Vermögens 11 3.5 Die Heranziehung von Mitgliedern einer Bedarfs- und Hausgemeinschaft, 36 SGB XII 12 3.6 Die Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen 13 4. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen 14 4.1 Einführung 14 4.2 Überblick über die wichtigsten Leistungen 14 2

4.3 Anrechnung von Einkommen und Vermögen 14 4.3.1 Anrechnung des Einkommens 15 4.3.2 Anrechnung des Vermögens 15 4.4 Die Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen 15 5. Sozialhilferechtliche Hilfe zur Pflege 16 5.1 Einführung 16 5.2 Überblick über die wichtigsten Leistungen 16 5.3 Vorrang von ambulanter vor stationärer Pflege 16 5.4 Anrechnung von Einkommen und Vermögen, Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen 16 6. Bedeutung der Reform des Sozialhilferechts für behinderte Menschen 17 III. Grundsicherung für Arbeitsuchende 17 1. Einführung 17 2. Zuständiger Leistungsträger 17 3. Anspruchsberechtigter Personenkreis, 7 SGB II 19 3.1 Alter zwischen 15 und 65 Jahre 19 3.2 Erwerbsfähigkeit 19 3.3 Hilfebedürftigkeit 19 3.4 Gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet 20 3.5 Bedarfsgemeinschaft 20 4. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende 20 5. Einsatz von Einkommen und Vermögen 21 5.1 Einsatz des Einkommens 21 5.2 Einsatz des Vermögens 21 6. Der Grundsatz des Förderns und Forderns 22 6.1 Der Aspekt des Förderns 22 6.2 Der Aspekt des Forderns 22 7. Die Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen 23 3

8. Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende für behinderte Menschen 23 IV. Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung 24 1. Einführung 24 2. Zuständige Leistungsträger 24 3. Anspruchsberechtigter Personenkreis, 41, 45 SGB XII 25 3.1 Personen über 65 Jahre 25 3.2 Volljährige Personen, die dauernd voll erwerbsgemindert sind 25 3.3 Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland 26 3.4 Keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung der Bedürftigkeit innerhalb der letzten zehn Jahre 26 4. Leistungen zum Lebensunterhalt 26 4.1 Regelsatz 27 4.2 Unterkunft und Heizung 27 4.3 Mehrbedarfe 28 4.4 Einmalige Bedarfe 28 4.5 Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen 28 4.6 Im Ausnahmefall weitere Hilfen 28 4.7 Ergänzende Darlehen 29 5. Einsatz von Einkommen und Vermögen 29 6. Verzicht auf die Heranziehung von Kindern und Eltern des Hilfeempfängers 29 7. Bedeutung der Grundsicherung für behinderte Menschen 29 Literaturverzeichnis 30 4

I. EINFÜHRUNG Im Zuge der so genannten Hartz-IV -Reformen sind seit Januar 2005 umfangreiche Veränderungen im gesamten Sozialsystem in Deutschland in Kraft. Die wichtigste Neuerung besteht in der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Leistungen zum Lebensunterhalt sind in drei Varianten vorgesehen. Dies sind: Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung ( 41 46 SGB XII) Grundsicherung für Arbeitsuchende (ALG II, 20 27 SGB II, Sozialgeld, 28 SGB II) Sozialhilferechtliche Hilfe zum Lebensunterhalt ( 27 40 SGB XII) Diese Leistungen schließen sich gegenseitig aus, d.h. wer beispielsweise Grundsicherung wegen Alter oder voller Erwerbsminderung bezieht, kann keine Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen. Für die einzelnen Hilfeformen sind unterschiedliche Leistungsträger zuständig. Dieses Arbeitspapier soll einen knappen Überblick über die wesentlichen Eckpunkte dieser Sozialreform vermitteln, soweit sie sich auf die Situation behinderter Menschen beziehen. Dabei werden zunächst die verschiedenen Formen der Hilfe zum Lebensunterhalt beleuchtet und anschließend die weiteren Leistungen kurz umrissen. II. LEISTUNGEN DER SOZIALHILFE 1. Einführung Zum 1. Januar 2005 ist auch das Sozialhilferecht in Deutschland neu geregelt worden. Das bisherige Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wurde durch das SGB XII ersetzt. Die Bedeutung der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt wird sich deutlich verringern, da die erwerbsfähigen Hilfeempfänger und ihre Angehörige zukünftig in den Zuständigkeitsbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II fallen werden. Es wird daher davon ausgegangen, dass sich die Zahl der Bezieher von sozialhilferechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt und ca. 90 % verringern wird, so dass diese Hilfen nur noch einen Auffangcharakter für diejenigen Personen haben werden, die weder aus der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung noch aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen beziehen können. Die bisherige Unterteilung der Leistungen des BSHG in die Hilfe zum Lebensunterhalt einerseits und in die Hilfen in besonderen Lebenslagen andererseits, die einen Oberbegriff für Hilfen für bestimmte vordefinierte Lebenslagen wie z. B. Pflegebedürftigkeit, Krankheit usw. bildeten, wurde nicht in das SGB XII übernommen. 5

Die Leistungen des SGB XII gliedern sich somit in folgende Gruppen auf: Hilfe zum Lebensunterhalt ( 27 40 SGB XII) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ( 41 46 SGB XII) 1 Hilfe zur Gesundheit ( 47 52 SGB XII) Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ( 53 60 SGB XII) Hilfe zur Pflege ( 61 66 SGB XII) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ( 67 69 SGB XII) Hilfe in anderen Lebenslagen ( 70 74 SGB XII) In diesem Arbeitspapier werden aus der Sozialhilfe lediglich die Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und die Hilfe zur Pflege behandelt. 2. Zuständiger Leistungsträger Für die Hilfe zum Lebensunterhalt als klassische Form der Sozialhilfe sind die örtlichen Sozialhilfeträger, d. h. die Sozialämter, zuständig. Die Zuständigkeiten für Maßnahmen der Eingliederungshilfe sind zwischen den örtlichen und den überörtlichen Sozialhilfeträgern aufgeteilt. Als überörtliche Träger fungieren in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. 3. Sozialhilferechtliche Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) 3.1 Einführung Durch die in diesem Merkblatt behandelten Gesetzesreformen wird die HLU aus der Sozialhilfe stark an Bedeutung verlieren. Wer bisher HLU bezog und erwerbsfähig ist, fällt ab 2005 in den Zuständigkeitsbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Man geht davon aus, dass sich die Zahl der Bezieher von HLU aus der Sozialhilfe um bis zu 90 % verringern wird. 3.2 Anspruchsberechtigter Personenkreis Hilfe zum Lebensunterhalt bekommt, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann und auch keine Leistungsansprüche gegen andere Personen oder Institutionen hat. Weitere Voraussetzung ist, dass der Antragsteller nicht in den Geltungsbereich der Grundsicherungen für Arbeitsuchende bzw. im Alter und bei Erwerbsminderung fällt. 1 Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird in einem separaten Kapitel dieses Arbeitspapiers behandelt, da es sich hierbei nicht um eine Sozialhilfeleistung im eigentlichen Sinne handelt. 6

3.3 Leistungen der HLU Im Rahmen der HLU werden folgende Leistungen erbracht: Regelsatz Kosten der angemessenen Unterkunft und Heizung Mehrbedarfe einmalige Bedarfe Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen im Ausnahmefall weitere Hilfen ergänzende Darlehen 3.3.1 Der Regelsatz, 28 SGB XII Die Leistungen der sozialhilferechtlichen HLU sind in den 27 40 SGB XII geregelt. Grundnorm ist hierbei 28 SGB XII. Gemäß 28 Abs. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens mit Ausnahmen, die definiert sind. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Abs. 2 bestimmt, dass bei Kindern und Jugendlichen der notwendige Lebensunterhalt auch den besonderen, insbesondere den durch ihre Entwicklung und ihr Heranwachsen bedingten Bedarf umfasst. Während man früher neben dem Regelsatz zusätzlich einmalige Leistungen für Haushaltsgeräte, Kleidung usw. in den Regelsatz bekommen konnte, sind diese Hilfen jetzt in den Regelsatz einbezogen. Damit soll einerseits die Verwaltung entlastet werden, andererseits erhofft man sich auch eine Stärkung der Selbstverantwortung des Leistungsberechtigten, da es ihm künftig obliegt, einen Teil der monatlichen Leistungen anzusparen, um bei entstehendem Bedarf auch größere Anschaffungen zu tätigen. Einige Leistungen werden hingegen auch weiterhin nicht in den Regelsatz einbezogen. Nicht einbezogen werden die Leistungen für Miete und Heizung, weil die regionalen Unterschiede so gravierend sind, dass eine bundeseinheitliche Pauschalierung überwiegend entweder zu einer Überdeckung oder Unterdeckung des Bedarfs führen würde. Ebenfalls nicht einbezogen werden Mehrbedarfe, die sich beispielsweise aus der Notwendigkeit ergeben können, sich aus gesundheitlichen Gründen kostspieliger ernähren zu müssen. Sie werden zusätzlich zum Regelsatz gewährt. Der Regelsatz enthält auch nicht Leistungen für Erstausstattungen für Wohnung und Kleidung, so dass diese ebenfalls gesondert erbracht werden können. Weiterhin werden zusätzlich zum Regelsatz auch Beiträge zu den Sozialversicherungen sowie Bedarfe in Sonderfällen ebenfalls nicht in den Regelsatz einbezogen, da es nicht gerechtfertigt wäre, Leistungen für Bedarfe zu erbringen, die bei vielen bzw. dem überwiegenden Teil der Leistungsberechtigten überhaupt nicht entstehen. Schließlich werden auch Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten zusätzlich zum Regelsatz erbracht, da man befürchtet, dass die betroffenen Schüler für den Fall, dass sie die Kosten für die Fahrt aus dem Regelsatz bezahlen müssen, nicht an der Klassenfahrt teilnehmen würden, was eine gravierende soziale Ausgrenzung mit sich brächte. 7

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, von den pauschalierten Regelsätzen sowohl nach oben als auch nach unten abzuweichen. Diese Öffnungsklausel war notwendig, weil die Sozialhilfe als das unterste Netz der sozialen Sicherung bedarfsdeckend ausgestaltet sein muss. Es wäre mit dem Prinzip der Bedarfsdeckung nicht zu vereinen, wenn es keine Möglichkeit der Abweichung vom Regelsatz gäbe. Eine Abweichung nach unten kommt beispielsweise in Betracht, wenn der Leistungsberechtigte einzelne Leistungen von dritter Seite erhält, zum Beispiel unentgeltliches Essen. Demgegenüber kann vom Regelsatz nach oben abgewichen werden, wenn der Leistungsberechtigte teuere Über- oder Untergrößen tragen muss. Grundlage der Regelsatzberechnung ist der so genannte Eckregelsatz. Er beträgt in den alten Bundesländern zurzeit 345,-, in den neuen Bundesländern 331,-. Daraus ergeben sich folgende Regelsätze: Eckregelsatz: 100 % 345,- 331,- alte Bundesl. neue Bundesl. Alleinstehende Person 100 % 345,- 331,- Haushaltsvorstand 100 % 345,- 331,- Haushaltsangehöriger ab 14 Jahren 80 % 276,- 265,- Haushaltsangehöriger unter 14 Jahren 60 % 207,- 199,- 3.3.2 Kosten für Unterkunft und Heizung, 30 SGB XII Neben den Regelsätzen werden im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt auch Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, dies jedoch nur in angemessenem Umfang. Neu ist in dem Zusammenhang, dass unangemessen hohe Kosten der Unterkunft in der Regel längstens sechs Monate gewährt werden. Wer eine neue Wohnung beziehen möchte, die im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt durch den Sozialhilfeträger finanziert werden soll, muss vor Abschluss des Mietvertrages das zuständige Sozialamt hierüber informieren. Ist die Miete unangemessen hoch, muss man gegebenenfalls einen Teil selbst tragen, es sei denn, das Sozialamt hat dem Vertragsschluss zugestimmt. Der Sozialhilfeträger ist berechtigt, die Kosten für die Unterkunft zu pauschalieren. Dabei ist darauf zu achten, dass der Wohnungsmarkt für Umzüge in bezahlbaren, angemessenen Wohnraum auch tatsächlich offen ist. Daneben muss die Pauschalierung im Einzelfall zumutbar sein. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass alte und behinderte Menschen im Falle eines Umzuges häufig eine verlässliche Nachbarschaftshilfe verlieren und sich daher in einer neuen Umgebung nicht mehr zurechtfinden würden. Der Grundsatz der Bedarfsdeckung der Sozialhilfe macht es erforderlich, dass die Pauschalen auf der Grundlage von Feststellungen am örtlichen Wohnungsmarkt und unter Berücksichtigung des örtlichen Mietspiegels festgelegt werden müssen. Mietkautionen und Kosten für die Beschaffung einer Wohnung können ebenfalls vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Der Sozialhilfeträger soll diese Kosten übernehmen, wenn ein Wohnungswechsel durch das Sozialamt veranlasst worden ist, beispielsweise weil die Unterkunftskosten in der bisherigen Wohnung als zu hoch angesehen wurden. 8

3.3.3 Mehrbedarfszuschläge, 30 SGB XII Mit Inkrafttreten des SGB XII fallen die meisten Mehrbedarfszuschläge weg. Übrig bleiben lediglich fünf Zuschläge in diesem Sinne. Demnach werden nur noch folgende Mehrbedarfe anerkannt: Mehrbedarf von 17 % des maßgeblichen Regelsatzes für Personen, die mindestens 65 Jahre alt oder voll erwerbsgemindert sind und die das Merkzeichen G in ihrem Schwerbehindertenausweis haben, Mehrbedarf von 17 % des maßgeblichen Regelsatzes für werdende Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche, Mehrbedarf für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen; der Mehrbedarf beträgt 36 % des Eckregelsatzes für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter 16 Jahren, er beträgt 12 % des Eckregelsatzes für jedes übrige Kind, maximal jedoch 60 % des Eckregelsatzes, Mehrbedarf von 36 % des maßgeblichen Regelsatzes für behinderte Menschen, sofern sie mindestens 15 Jahre alt sind und Eingliederungshilfe nach 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII beziehen, Mehrbedarf in angemessener Höhe für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen. 3.3.4 Einmalige Bedarfe, 31 SGB XII 31 Abs. 1 SGB XII zählt abschließend die Fallkonstellationen auf, für die ein einmaliger Bedarf anerkannt und durch die Sozialhilfe erbracht wird. Dies sind im Einzelnen: Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, Erstausstattungen für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt sowie mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Erstausstattungen für die Wohnung kommen z.b. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft in Betracht, Erstausstattungen für Kleidung neben den im Gesetz genannten Ereignissen wie Schwangerschaft und Geburt insbesondere bei Gesamtverlust oder neuem Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände. Im Zusammenhang mit dem besonderen Bedarf für Schüler sind nur Leistungen für mehrtägige Schulfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen vom Regelsatz ausgenommen. Der Bedarf für alle sonstigen schulischen Veranstaltungen wird dagegen von den Regelsätzen abgedeckt. Die bisherigen Leistungen für besondere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest sind nunmehr in dem Regelsatz enthalten. Auch hier besteht die Möglichkeit, die Leistungen für die Erstausstattungen für Wohnung und Kleidung zu pauschalieren. Für mehrtägige Klassenfahrten sind dagegen keine Pauschalen vorgesehen. Da die Regelung nur Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen umfasst, sollen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, um eine Teilnahme zu gewährleisten. Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schulen sind. 9

3.3.5 Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, 32 SGB XII Über die Hilfe zum Lebensunterhalt werden auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen. 3.3.6 Beiträge für eine angemessene Alterssicherung sowie für einen Anspruch auf ein angemessenes Sterbegeld, 33 SGB XII Um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine angemessene Alterssicherung oder auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen, können die erforderlichen Kosten übernommen werden. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass man in geringem Umfang Beiträge zur Rentenversicherung oder für eine Sterbegeldversicherung übernimmt. 3.3.7 Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen, 34 SGB XII Schulden können durch die Sozialhilfe nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn bereits ein so hoher Mietrückstand angelaufen ist, dass der Vermieter zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt ist. Aus diesem Grunde werden die zuständigen Sozialämter von den Gerichten über den Eingang einer Räumungsklage informiert, damit sie im Wege der Übernahme der Mietschulden eine Wohnungslosigkeit vermeiden können. 3.3.8 Ergänzende Darlehen, 37 SGB XII Wie oben bereits beschrieben, fallen die einmaligen Leistungen beispielsweise für die Beschaffung von größeren Haushaltsgeräten mit Inkrafttreten des SGB XII weg. Künftig müssen die Leistungsempfänger aus dem Regelsatz Rücklagen bilden, um gegebenenfalls größere Anschaffungen aus diesem Rücklagen tätigen zu können. Wer aber gleich zu Beginn des Bezugs von Sozialhilfe beispielsweise einen neuen Kühlschrank benötigt, hat in der Regel noch nicht die notwendigen Rücklagen für den Kauf dieses Kühlschranks bilden können. In diesem Fall kann ihm durch das zuständige Sozialamt ein zinsloses Darlehen für die Beschaffung des Kühlschranks gewährt werden. Die Rückzahlung des Darlehens geschieht dadurch, dass das Sozialamt vom auszuzahlenden Regelsatz einen Betrag von maximal fünf Prozent als Rückzahlungsrate einbehält. Allerdings werden sich die Sozialhilfeträger bei der Gewährung derartiger Darlehen sehr zurückhalten. Die Darlehensgewährung ist auf unabweisbare und besonders dringliche Beschaffungen beschränkt, bei denen zudem eine Anschaffung eines Gebrauchtgerätes nicht möglich ist. 3.3.9 Notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen, 35 SGB XII Gemäß 35 Abs. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der weitere notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Leistungsberechtigte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, erhalten einen Barbetrag in Höhe von mindestens 26 % des Eckregelsatzes. Für Leistungsberechtigte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, setzen die zuständigen Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen für die in ihrem Bereich bestehenden Einrichtungen die Höhe des Barbetrages fest. Der Barbetrag wird gemin- 10

dert, soweit dessen bestimmungsgemäße Verwendung durch oder für den Leistungsberechtigten nicht möglich ist. 3.4 Einsatz von Einkommen und Vermögen Hilfe zum Lebensunterhalt wird nur bei finanzieller Bedürftigkeit gewährt. Eine solche Bedürftigkeit liegt vor, wenn der Antragsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten kann. 3.4.1 Einsatz des Einkommens In 82 SGB XII ist geregelt, welches Einkommen bei der Bestimmung der Bedürftigkeit des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen ist. Dabei macht man es sich sehr einfach, zum Einkommen zählen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Kindergeld wird nicht bei den Eltern, sondern bei dem Kind, für das es ausgezahlt wird, als dessen Einkommen angesehen. 2 Auszugehen ist zunächst vom Bruttogehalt. Davon werden folgende Beträge abgesetzt: Steuern Sozialversicherungsbeiträge Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind Werbungskosten Als Ergebnis erhält man das so genannte bereinigte Nettoeinkommen, das bei der Einkommensprüfung zugrunde gelegt wird. Neu in das SGB XII aufgenommen wurde die Möglichkeit, auch Arbeitsförderungsgeld nach dem SGB II und die gem. 43 S. 4 SGB IX gewährten Erhöhungsbeträge abzusetzen. Das Arbeitsförderungsgeld wurde zur Verbesserung der Entgeltsituation von im Arbeitsbereich der Werkstätten für Behinderte Beschäftigten geschaffen. Es wird zusätzlich zum bisherigen Arbeitsentgelt gezahlt. Weiterhin kann ein so genannter Erwerbstätigenfreibetrag Höhe von 30 % des Einkommens aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Tätigkeit abgesetzt werden. 3 Damit soll ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme geschaffen werden, indem man eine Hinzuverdienstmöglichkeit schafft. Ergibt sich bei der Gegenüberstellung des bereinigten Einkommens und des Hilfebedarfs, dass das Einkommen (und gegebenenfalls das Vermögen) nicht ausreicht, um diesen Bedarf abzudecken, besteht ein Anspruch auf HLU in entsprechender Höhe. 3.4.2 Einsatz des Vermögens Grundsätzlich muss das gesamte verwertbare Vermögen eingesetzt werden, bevor man Leistungen der HLU in Anspruch nehmen kann. Allerdings nennt 90 SGB XII einige Vermögensgegenstände, die nicht verwertet werden müssen. 2 Kötter 2004, 692 3 Kötter 2004, 692 11

Folgende Dinge gehören zum so genannten Schonvermögen: Vermögen, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, Kapital einschließlich seiner Erträge, das für eine so genannte Riester-Rente angespart und staatlich gefördert wurde, sonstiges Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, angemessener Hausrat; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, Gegenstände, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, Gegenstände, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einem nahen Angehörigen bewohnt wird, kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte; sie betragen bei Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, 2.600,00, bei jüngeren Personen 1.600,00. Die Erhöhungsbeträge für Partner und Kinder betragen 614,00 bzw. 256,00. Schließlich darf der Hilfeempfänger nicht zur Vermögensveräußerung gezwungen werden, wenn dies für ihn eine unbillige Härte darstellen würde. Allerdings sind die Gerichte hierbei sehr streng, so dass diese Ausnahmeregelung nur sehr selten Anwendung findet. 3.5 Die Heranziehung von Mitgliedern einer Bedarfs- und Hausgemeinschaft, 36 SGB XII Hilfe zum Lebensunterhalt wird nicht gewährt, wenn und soweit der Leistungsempfänger Unterhaltsleistungen von dritten Personen bekommt. Wer in einer Lebensgemeinschaft zusammenlebt, gewährt einander üblicherweise Hilfe und Unterstützung. Diese Konstellation bezeichnet man als Bedarfsgemeinschaft. Derartige Unterstützungsleistungen wirken sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt anspruchsmindernd aus, so dass die Hilfe um den Betrag gekürzt wird, den der Partner oder die Partnerin aufzubringen imstande ist. Bisher wurden insbesondere eheliche und nichteheliche Lebensgemeinschaften als Bedarfsgemeinschaften in diesem Sinne angesehen, reine Wohngemeinschaften hingegen nur, wenn man nachweisen konnte, dass die Bewohner auch gemeinsam wirtschafteten. Dieser Nachweis gelang dem Sozialhilfeträger zumeist nicht, so dass die Hilfe ungekürzt gewährt werden musste. Die Neuregelung des 36 SGB XII erleichtert es dem Sozialhilfeträger erheblich, eine Bedarfsgemeinschaft anzunehmen. Nicht er muss beweisen, dass zwei in einer Haushaltsgemeinschaft lebende Personen eine Bedarfsgemeinschaft bilden, da davon ausgegangen wird, dass Wohngemeinschaften auch Haushaltsgemeinschaften sind und in ihnen notfalls gegenseitig Leistungen zum Lebensunterhalt er- 12

bracht werden, wenn dies aufgrund des Einkommens und Vermögens zu erwarten ist. Die Regelung knüpft an dem objektiven Sachverhalt des gemeinsamen Wohnens an. Wer zusammen wohnt, bildet demnach auch eine Bedarfsgemeinschaft, es sei denn, die Bewohner können das Gegenteil beweisen. Die dort lebenden Personen müssen demnach die oben beschriebene Vermutung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft widerlegen. Man bezeichnet dies als eine Beweislastumkehr. Ob und wann die Vermutung als widerlegt angesehen werden kann, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalles zu entscheiden. Im Regelfall wird eine Glaubhaftmachung oder zweifelsfreie Versicherung ausreichen. Zusätzlich vereinfacht wird die Ermittlungstätigkeit durch die Tatsache, dass Personen, bei denen die Vermutung nach 36 SGB XII in Betracht kommt, auskunftspflichtig werden. Allerdings sind bestimmte Personen von der Vermutung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen, so dass bei ihnen trotz eines Zusammenlebens mit einer anderen Person keine solche Gemeinschaft unterstellt und die Hilfe daher auch nicht gekürzt wird. Nach Satz 3 soll die Vermutung bei Minderjährigen, bei Schwangeren, bei Frauen, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres betreuen sowie bei zu betreuenden Personen nicht greifen. Diese Vorschrift schützt in erster Linie schwangere Frauen oder junge Mütter, die dem Haushalt der Eltern angehören, so dass das Einkommen und Vermögen der Eltern nicht berücksichtigt wird. Betreut ein Leistungsempfänger einen behinderten oder pflegebedürftigen Menschen oder eine Person, die einzelne für ihren Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten, z. B. Kochen, sich Waschen usw. nicht verrichten kann, wird dies ebenfalls nicht als Bedarfsgemeinschaft angesehen. Dadurch soll eine persönliche Leistung, die innerhalb der Wohngemeinschaft erbracht wird, honoriert und gleichzeitig einem Abschieben in stationäre Unterbringung entgegengewirkt werden. Es sollen auch Wohngemeinschaften nicht in die Regelung einbezogen werden, die zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung gebildet werden, wie dies z. B. bei alten Menschen zunehmend der Fall ist. Dies dient auch der Entlastung öffentlicher Hilfen. Wird jedoch in solchen Fällen der Lebensunterhalt tatsächlich mitgedeckt, entfallen aufgrund des Bedarfsdeckungsprinzips Leistungen der Sozialhilfe. 3.6 Die Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen Im Familienrecht ist verankert, dass Verwandte absteigender und aufsteigender Linie füreinander einstehen müssen. Das bedeutet, dass Eltern für ihre Kinder und Kinder für ihre Eltern lebenslang aufkommen müssen, wenn diese in eine Notlage geraten ( 1601 1615 BGB). Diesen Unterhaltsanspruch leiten die Sozialhilfeträger auf sich über, wenn sie Leistungen der HLU erbracht haben und machen diesen gegenüber den unterhaltsverpflichteten Angehörigen geltend, so dass diese dem Sozialhilfeträger die vorgeleisteten Hilfen teilweise oder ganz erstatten müssen. Der Unterhaltsanspruch einer behinderten oder pflegebedürftigen volljährigen Person geht im Bereich der HLU nur bis zu einer Höhe von maximal 20,00 pro Monat auf den Sozialhilfeträger über, so dass deren Eltern nur bis zu diesem Betrag an den Kosten zum Lebensunterhalt beteiligt werden können. Leisten sie dennoch einen höheren Betrag, wird dies als Einkommen des Hilfeempfängers angerechnet und wirkt sich anspruchsmindernd aus. 13

4. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen 4.1 Einführung Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist in den 53 60 SGB XII geregelt. Die Eingliederungshilfe hat die Aufgabe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen ( 53 Abs. 3 SGB XII). 4.2 Überblick über die wichtigsten Leistungen Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind in 54 SGB XII aufgelistet, wobei dieser Katalog offen ist. Das bedeutet, dass auch Leistungen gewährt werden können, die in diesem Katalog nicht ausdrücklich genannt sind, sofern sie geeignet und notwendig sind, die Ziele der Eingliederungshilfe zu erreichen. Im Rahmen der Eingliederungshilfe können Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach 26 SGB IX erbracht werden, um Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern ( 26 Abs. 1 SGB IX). Daneben können auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern ( 33 Abs. 1 SGB IX). Diese Leistungen sind auch für Menschen möglich, die im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft fallen ebenfalls in die Eingliederungshilfe. Beispiele hierfür sind Maßnahmen zur Teilnahme an Veranstaltungen der Unterhaltung, der Kultur oder der Gesellschaft. Weitere wichtige Eingliederungshilfeleistungen sind beispielsweise Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiter führender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu oder die Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Mit der Schaffung des SGB XII wurde das persönliche Budget als neue Hilfeform etabliert. Dabei bekommt der Hilfeempfänger die Gelder für die Beschaffung der notwendigen Hilfen ausgezahlt und beschafft sich die benötigen Hilfen selbst. 4.3 Anrechnung von Einkommen und Vermögen Auch die Leistungen der Eingliederungshilfe werden in systemwidriger Weise nur bei finanzieller Bedürftigkeit gewährt. Ausgenommen sind lediglich die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben. 14

4.3.1 Anrechnung des Einkommens Wer bedürftigkeitsabhängige Eingliederungshilfeleistungen in Anspruch nehmen möchte, muss aus dem Einkommen, das die Einkommensgrenze des 85 Abs. 1 SGB XII überschreitet, einen empfindlichen Eigenanteil leisten, der sein verbleibendes Resteinkommen fast auf das Niveau der Sozialhilfe drückt. Erschwerend kommt hinzu, dass auch das Einkommen eines Partners bzw. einer Partnerin herangezogen wird. Die Einkommensgrenze der Bedarfsgrenze setzt sich zusammen aus einem Grundfreibetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes (690,00 bzw. 662,00 in den neuen Bundesländern), den Kosten der Unterkunft, soweit diese angemessen ist (Kaltmiete zzgl. umlagefähige Nebenkosten) sowie einem Familienzuschlag in Höhe von 70 % des Eckregelsatzes für nicht getrennt lebende Partnerinnen und Partner sowie für jeden überwiegend unterhaltenen Angehörigen. Das diese Grenze übersteigende Einkommen ist angemessen anzurechnen. In der Praxis wird hier allerdings äußerst restriktiv vorgegangen und fast das gesamte übersteigende Einkommen angerechnet. Für Pflegebedürftige im Sinne der Pflegestufe 3 wurde nach langem Ringen eine Milderung dahingehend eingeführt, dass sie vom übersteigenden Einkommen maximal 40 % einsetzen müssen. 4.3.2 Anrechnung des Vermögens Auch bei der Eingliederungshilfe muss erst das gesamte verwertbare Vermögen verbraucht werden, wobei das zu belassende Barvermögen maximal 2.600,00 betragen darf. 4.4 Die Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen Wie bei der HLU müssen auch bei der Eingliederungshilfe die Angehörigen einen erheblichen Beitrag zu den Kosten der Leistungen beisteuern. Erfordert die Behinderung Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, sind die Leistungen hierfür auch dann in vollem Umfang zu erbringen, wenn den Angehörigen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. In Höhe dieses Teils haben sie zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen ( 92 Abs. 1 SGB XII). Ihnen ist bei den in Abs. 2 genannten Leistungen nur die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. Der Unterhaltsanspruch einer behinderten oder pflegebedürftigen volljährigen Person geht im Bereich der Eingliederungshilfe und bei der Hilfe zur Pflege nur bis zu einer Höhe von maximal 26,00 pro Monat auf den Sozialhilfeträger über, so dass deren Eltern nur bis zu diesem Betrag an den Kosten beteiligt werden können. 15

5. Sozialhilferechtliche Hilfe zur Pflege 5.1 Einführung Die sozialhilferechtliche Hilfe zur Pflege ist eine weitere Leistung, die für behinderte Menschen von besonderer Bedeutung ist. Wie alle Sozialhilfeleistungen wird auch diese Hilfe nur nachrangig gewährt, das heißt, wenn keine andere Hilfe zur Pflege einschlägig ist und der Betroffene nicht über genügend finanzielle Reserven verfügt, um seine Pflege zu finanzieren. Die Hilfe zur Pflege aus der Sozialhilfe betrifft in erster Linie Personen, deren Hilfebedarf nicht ausreicht, um die Voraussetzungen der Pflegestufe I zu erfüllen oder bei denen die Leistungen der jeweiligen Pflegestufe nicht ausreichen, um den tatsächlichen Pflegebedarf zu decken. In diesen Fällen kommt eine aufstockende Hilfe durch die Sozialhilfe in Betracht. 5.2 Überblick über die wichtigsten Leistungen Für die Bereiche Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaftliche Verrichtungen können folgende Hilfen zur Pflege erbracht werden: häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege, stationäre Pflege, Pflegegeld, Übernahme von Assistenzkosten. 5.3 Vorrang von ambulanter vor stationärer Pflege Der frühere 3a BSHG, in dem der Vorrang der ambulanten Pflege bisher geregelt war, hat in der Vergangenheit zahlreiche Probleme aufgeworfen. Dieser Vorrang galt dann nicht, wenn die ambulante Hilfe gegenüber der stationären Unterbringung zumutbar und die ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden war. Obwohl beide Kriterien gleichrangig nebeneinander zu prüfen waren und erfüllt sein mussten, beschränkten sich viele Sozialhilfeträger lediglich auf die Frage der Mehrkosten. Der Vorrang der ambulanten Hilfe wurde im neuen 13 SGB XII dahingehend konkretisiert, dass im ersten Schritt die Zumutbarkeit einer stationären Unterbringung geprüft werden muss. Erst wenn eine solche Unterbringung zumutbar ist, können die Mehrkosten der ambulanten Hilfe auf ihre Unverhältnismäßigkeit hin überprüft werden. 5.4 Anrechnung von Einkommen und Vermögen, Heranziehung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen Hierfür gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Eingliederungshilfe, so dass insoweit nach oben verwiesen werden kann. 16

6. Bedeutung der Reform des Sozialhilferechts für behinderte Menschen Die Reform des Sozialhilferechts betrifft behinderte Menschen in unterschiedlicher Weise. Positiv ist festzuhalten, dass die Verdienstmöglichkeiten für Menschen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, durch den Verzicht auf die Anrechnung des Arbeitsförderungsgeldes verbessert wurden. Ebenfalls positiv ist die Begrenzung der finanziellen Inanspruchnahme von Eltern behinderter volljähriger Kinder. Auch bei dieser Reform hat sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen können, die behinderungsspezifischen Leistungen aus der Sozialhilfe herauszulösen und in einem eigenen Leistungsgesetz zu verankern. Somit bleibt es bei dem Grundsatz, dass auch diese Leistungen prinzipiell nur bei finanzieller Bedürftigkeit gewährt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bedürftigkeitskriterien nachhaltig verschärft wurden, so dass viele Betroffene inzwischen vor der Entscheidung stehen, aus dem Berufsleben ganz oder zumindest teilweise auszusteigen. Ob das persönliche Budget ein Erfolg werden kann oder nicht, hängt davon ab, wie es in der Praxis gehandhabt werden wird. III. GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSUCHENDE 1. Einführung Die Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende stellt den strittigsten Punkt der so genannten Hartz IV-Reformen dar. Sie löst die bisherige Arbeitslosenhilfe ab. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende betrifft alle Menschen zwischen 15 und unter 65 Jahren, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen. Anders als die bisherige Arbeitslosenhilfe bezieht sich die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht mehr auf das frühere Arbeitsentgelt des Leistungsbeziehers. Vielmehr wird ein einheitlicher Regelsatz ausgezahlt. Gerade für Arbeitslose, die vor ihrer Arbeitslosigkeit ein hohes Einkommen erzielt haben, stellt die Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine gravierende Verschlechterung dar. Während sie früher gut die Hälfte ihres letzten Nettoeinkommens als Arbeitslosenhilfe beziehen konnten, bekommen sie als Bezieher von Arbeitslosengeld II als Grundbetrag lediglich einen einheitlichen Regelsatz in Höhe von 345,00 in Westdeutschland bzw. 331,00 in Ostdeutschland. 2. Zuständiger Leistungsträger Die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die häufig als Arbeitslosengeld II bezeichnet wird, wird aus einer Hand erbracht. Dabei arbeiten die kommunalen Träger mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen. Sie bilden i. d. R. eine Arbeitsgemeinschaft und teilen die Aufgaben und Geldleistungen wie folgt untereinander auf: 17

Die kommunalen Träger (i. d. R. kreisfreie Städte und Landkreise) sind zuständig für die Leistungen für Unterkunft und Heizung, die Kinderbetreuungsleistungen, die Schuldner- und Suchtberatung, die psychosoziale Betreuung und die Übernahme von besonderen einmaligen Bedarfen (etwa die Erstausstattung für Bekleidung und Wohnung oder Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten). Die Bundesagentur für Arbeit ist zuständig für alle übrigen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dies sind in erster Linie alle Leistungen, die den Arbeitsuchenden (wieder) in den Arbeitsmarkt eingliedern sollen. Dabei handelt es sich um die klassischen Unterstützungsleistungen der Bundesagentur, wie beispielsweise die Beratung, die Vermittlung von Stellen, die Beschäftigungsförderung oder die berufliche Weiterbildung) die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II, Sozialgeld) mit Ausnahme der Kosten für Unterkunft und Heizung und den besonderen einmaligen Bedarfen, der befristete Zuschlag nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld. Neben diesen Arbeitsgemeinschaften wird für einen begrenzten Zeitraum bis zu 69 Kommunen die Möglichkeit gegeben, die gesamte Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu übernehmen, sodass sie dann auch für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II und für die Eingliederung der Leistungsbezieher in das Erwerbsleben zuständig sind. Dabei handelt es sich um einen Testlauf, der auf sechs Jahre befristet ist. Für die Praxis in der Beratung ist es wichtig zu wissen, an welche Stellen man sich wenden muss, um die in Frage kommenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu beantragen bzw. zu bekommen. Aufgrund des eng gefassten Kreises der potenziellen Leistungsbezieher für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit sowie für die Hilfe zum Lebensunterhalt wird der weit überwiegende Teil derjenigen Personen, die irgendeine Form von Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigen, in den Zuständigkeitsbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende fallen. Daher erscheint es in den meisten Fällen sinnvoll, sich zunächst an die Arbeitsgemeinschaft oder - sofern der eigene Wohnort zu den Kommunen gehört, die testweise die gesamte Abwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende übernommen haben - an die Kommune zu wenden. Hier wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Form von Grundsicherung gegeben sind, d. h. ob der Antragsteller erwerbsfähig und hilfebedürftig i. S. des SGB II ist. Fehlt es beispielsweise an einer Erwerbsfähigkeit, leitet die Arbeitsgemeinschaft den Antrag an das Sozialamt weiter. Dort wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach Sozialhilfe gegeben sind oder ob dem Antragsteller nicht stattdessen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren ist. Einige Personengruppen müssen hierbei nicht den Umweg über die Arbeitsgemeinschaft nehmen, sondern können sich direkt an das örtliche Sozialamt wenden. Hierbei handelt es sich um Personen, die offenkundig nicht für die Gewährung von Grundsicherung für Arbeitsuchende in Frage kommen, sodass es wenig sinnvoll wäre, sie erst zur Arbeitsgemeinschaft zu schicken. 18

Beispiele für diese Personen sind: Menschen über 65 Jahre, Heimbewohner in einer Einrichtung für behinderte Menschen, Bezieher von Rentenleistungen wegen voller Erwerbsminderung, Menschen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind, Kinder, deren Eltern bereits Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung gewährt wird. 3. Anspruchsberechtigter Personenkreis, 7 SGB II Leistungen nach diesem Buch erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige. Diese Personengruppe ist in 7 Abs. 1 SGB II umschrieben und umfasst alle Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben Leistungsberechtigt sind auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben ( 7 Abs. 2 S. 1 SGB II). Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen jedoch nur erbracht, wenn dadurch die Hilfebedürftigkeit der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft beendet oder verringert, Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen beseitigt oder vermindert werden. 3.1 Alter zwischen 15 und 65 Jahre Diese Altersspanne stellt auf die Zeit ab, in der von einem erwartet werden kann, erwerbstätig zu sein. Ab 65 Jahren ist die Grundsicherung im Alter einschlägig. 3.2 Erwerbsfähigkeit Nur diejenigen Personen fallen in die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die erwerbsfähig sind, die also mindestens drei Stunden täglich arbeiten können ( 8 SGB II). 3.3 Hilfebedürftigkeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden, soweit sie zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen, nur bei finanzieller Bedürftigkeit erbracht. Hierbei spielt das Einkommen und Vermögen des Antragstellers und der dazugehörenden Bedarfsgemeinschaft eine wichtige Rolle. Hilfebedürftigkeit ist nach 9 SGB II gegeben, wenn kein zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen vorliegt, die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit nicht möglich ist und die Hilfe nicht von anderen, auch nicht von anderen Sozialleistungsträgern, erlangt werden kann. Bei Einkommen und Vermögen ist 19

auch Einkommen und Vermögen der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft (definiert in 7 III SGB II) zu berücksichtigen. 4 3.4 Gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet Mit diesem Kriterium soll verhindert werden, dass sich im Ausland aufhaltende Personen die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bekommen können. 3.5 Bedarfsgemeinschaft 7 Abs. 3 SGB II beschreibt die Personen, die zu einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes gehören. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt sowie der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner) die dem Haushalt angehörenden minderjährigen, unverheirateten Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können. Gemäß 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende. In besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden. Diese Regelung entspricht dem bisherigen 26 BSHG und betrifft in besonderer Weise behinderte Studierende, deren Studium sich auf Grund der Behinderung über die Förderungshöchstdauer des BAföG hinaus verzögert hat. Häufig haben sich die Sozialhilfeträger in diesem Punkt bisher kulant gezeigt und nach Auslaufen der Ausbildungsförderung Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. 4. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Im Bereich des SGB III (Arbeitsförderung) entfällt die Arbeitslosenhilfe vollständig. Die Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende erfolgt durch das im neuen SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) geregelte Arbeitslosengeld II bzw. durch das Sozialgeld. Wer als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger trotz aller Anstrengungen hilfebedürftig bleibt, bekommt Leistungen zum Lebensunterhalt für sich und die Personen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, aus einer Hand im Job-Center (Arbeitsgemeinschaft). Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten Arbeitslosengeld II; nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld. Die Leistungen entsprechen in ihrer Höhe denen der Sozialhilfe. 4 Münder 2004, S. 3211 20

Folgende Leistungen werden erbracht: Regelsatz Kosten der angemessenen Unterkunft und Heizung Mehrbedarfe einmalige Bedarfe Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen im Ausnahmefall weitere Hilfen Wohngeld wird nicht mehr gezahlt. Wer vor dem Bezug des ALG II Arbeitslosengeld I und Wohngeld in einer Höhe über dem ALG II bezogen hat, bekommt einen befristeten Zuschlag von bis zu 160,00 jeweils für den Erwerbsfähigen und den Partner und bis zu 60,00 für jedes Kind. Damit soll der finanzielle Abstieg auf mehrere Stufen verteilt werden. Für Bezieher von ALG II werden die zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung getragen, Bezieher von Sozialgeld erhalten in der Regel Kranken- und Pflegeversicherungsschutz als Familienversicherte. Neben den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erbracht. 5. Einsatz von Einkommen und Vermögen Auch das ALG II und das Sozialgeld werden nur bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit gewährt, so dass auch hier das Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft geprüft und gegebenenfalls herangezogen wird. 5.1 Einsatz des Einkommens Die Einkommensanrechnung geschieht grundsätzlich in der gleichen Art und Weise wie bei der HLU, wobei es allerdings einige Ausnahmen gibt. Wer eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, bekommt einen Teil des daraus erzielten Einkommens von der Anrechnung freigestellt. In der ersten Stufe bleiben von diesem Einkommen 15 % des Teils anrechnungsfrei, der auf den Bruttolohn bis 400,00 entfällt. In der zweiten Stufe bleiben 30 % des Teils des Nettoeinkommens anrechnungsfrei, der auf den Teil des Bruttoeinkommens entfällt, der zwischen 400,01 und 900,00 liegt, in der dritten Stufe bleiben 15 % des Teils des Nettoeinkommens anrechnungsfrei, der auf den Teil des Bruttoeinkommens zwischen 900,01 und 1.500,00 entfällt. 5.2 Einsatz des Vermögens Auch hier kann grundsätzlich auf die Ausführungen zur HLU verwiesen werden, wobei hinsichtlich des zu schonenden Barbetrages folgendes zu beachten ist: Für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinen Partner wird ein Freibetrag von 200,00 je Lebensjahr eingeräumt, mindestens aber, höchtstens jeweils 13.000,00. Minderjährige hilfebedürftige Kinder bekommen einen eigenen Freibetrag von 4.100,00 zugewiesen. 21

Weiterhin gehört für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein angemessenes Auto zum geschützten Vermögen. 6. Der Grundsatz des Förderns und Forderns Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wird unter dem Schlagwort Fördern und Fordern propagiert. Das SGB II beruht auf dem Gedanken von Leistung und Gegenleistung: Leistungen werden verbunden mit der Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Umgesetzt wird diese Verpflichtung dadurch, dass nach 10 SGB II dem erwerbstätigen Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar ist, flankiert durch ein System von Anreizen und Sanktionen. Diese Regelungen haben den Ansatz, dass die Beeinflussung der Motivation erwerbsfähiger Arbeitsloser ein geeignetes Instrumentarium zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit sei. 5 6.1 Der Aspekt des Förderns Die Bundesregierung versucht auf verschiedene Weise, die Leistungsbezieher auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. So soll die Zahl der von jedem Sachbearbeiter zu betreuenden Leistungsbezieher auf 75 begrenzt werden. Alle Leistungen und Gegenleistungen werden in einer Eingliederungsvereinbarung schriftlich festgehalten. Junge Menschen unter 25 Jahren sollen sofort in Arbeit oder Ausbildung vermittelt werden. Wer eine neue gering entlohnte Arbeit aufnimmt, verliert nicht automatisch seinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld II, da man Anreize für die Arbeitsaufnahme schaffen möchte. Neu ab dem 1. 1. 2005 ist auch die Möglichkeit eines Lohnzuschusses ( Einstiegsgeld ). Die Leistung können erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten, wenn sie eine Arbeit annehmen deren Bezahlung zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. Auf das Einstiegsgeld besteht kein Rechtsanspruch. Ein Kinderzuschlag wird an Eltern gezahlt, deren Arbeitseinkommen zwar für ihren eigenen Lebensunterhalt (Bedarf), aber nicht auch für den ihrer Kinder reicht. Der Zuschlag wird mit dem Kindergeld ausgezahlt. So wird verhindert, dass erwerbstätige Eltern allein wegen des Unterhalts für ihre Kinder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragen müssen. 6.2 Der Aspekt des Forderns Generell wird verlangt, dass die Hilfeempfänger selber alles tun, um die Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung so schnell wie möglich zu beenden. Ihnen ist deshalb prinzipiell jede Arbeit zumutbar. Nach Angaben der Bundesregierung darf eine Arbeit nicht allein deswegen abgelehnt werden, weil sie nicht dem früheren Beruf oder der Ausbildung entspricht, weil der Beschäftigungsort weiter entfernt ist als der frühere, weil die Bedingungen ungünstiger sind als bei der letzten Tätigkeit. Auch eine Entlohnung unterhalb des Tariflohns oder des ortsüblichen Entgelts steht der Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings darf die Arbeit nicht gegen Gesetz oder die guten Sitten verstoßen. 5 Münder 2004, S. 3210 22