Einheit SR9: Werkvertragsrecht und Grundzüge Reisevertragsrecht Werkvertrag I. Anwendbarkeit und Besonderheiten 1. Vertragstypus - Werkvertrag: Werk - Herstellung einer Sache - Veränderung einer Sache - Arbeit oder Dienstleistung - Dienstvertrag (auch im Rahmen des 675, 662 ff., dort für die subsidiäre Anwendung von 611 ff. oder 631 ff.) - Erfolg geschuldet: Kriterium bei der Auslegung: ist der Erfolg in irgendeiner Weise vom Besteller (z.b. seiner Gesundheit) abhängig oder auch von vom Unternehmer nicht beherrschbaren Drittumständen - Arbeit oder Dienstleistung - Kaufvertrag - wenn keine Lieferung (Reparatur, Veränderung ohne Eigentumsübergang) -> klar Werkvertrag (keine Pflicht nach 433 I 1. Alt.) - wenn Lieferung der bewegliche Sache geschuldet: Pflicht zur Herstellung im Vordergrund (nach Vertragsschluss, arg. 651 S. 2) -> Werkvertrag - Abgrenzung bei vertretbaren Sachen grds. nicht nötig ( 651 S. 1 und S. 3 e contrario) -> Kaufrecht umfassend anzuwenden, außer 442 Abs. 1 (Haftungsausschluss) anwendbar, wenn Stoff des Bestellers fehlerhaft ( 645) - Bei nicht vertretbaren Sachen: 651 S. 3 (Kaufrecht und mehrere werkvertragsrechtliche Normen) - Immobilien: - Immobilie gehört Besteller: allein Werkvertrag ( 651 mit Verweis auf Kaufrecht nur anwendbar bei beweglichen Sachen) - Immobilie gehört Unternehmer: gemischttypischer Vertrag: auf jeden Fall Grundstückskauf und Werk (Bauleistung, bei Fertighaus evtl. auch noch Kauf des Hauses und Werk besteht nur in Verankerung) 2. Besonderheiten im Überblick - wie Kaufrecht: grds. AT, mit Überformungen -> also Aufbau grds. wie im Kaufrecht
- Vergütung - Werkunternehmerpfandrecht - Forderung - Eigentum des Bestellers, aber gutgläubiger Erwerb? - teils: 1257 verweist nur für Rechtsfolgen auf 1204 ff., nicht für Entstehungstatbestand (aa wohl h.m.) - Erwerbstatbestand hier tatsächlich mit Besitzübergang auf Unternehmer (anders als im Mietrecht) - Besitzerwerb des Unternehmers muss bestimmungsgemäß sein (Fälle der gegenseitigen Eigenmacht hier zu prüfen) - Vergütung erst ab Abnahme (Sonderregel zu 320) - Teilvergütungsanspruch ( 645, Modifikation von 326 bei fehlendem Verschulden des Bestellers, sonst ja 326 II) - Vollvergütungsanspruch unter Abzügen ( 649) - Kostenvoranschlag ( 650) - Wesentliche Überschreitung nicht gemeldet -> Voranschlag bestimmt Preis - Wesentliche Überschreitung gemeldet -> Kündigungsrecht und Anwendbarkeit des 645 - denkbar auch: verbindlicher Kostenvoranschlag (Preisgarantie): Auslegungsfrage ob dies oder 650 - Herstellung und Lieferung (Unternehmerverpflichtung) - Vollständiges Rechtsbehelfsarsenal des Kaufrechts, aber zusätzlich: - Mangel bei Erstlieferung idr bereits verschuldet - zusätzliches Selbstvornahmerecht ( 637) - Fristsetzungserfordernis (Entbehrlichkeit der Fristsetzung bei Unzumutbarkeit hier etwas leichter angenommen), aber - kein Verschuldenserfordernis - konkurriert mit allgemeinem Schadensersatzanspruch II. Vergütungsanspruch (Besonderheiten gegenüber Kaufrecht) 1. Vergütung erst ab Abnahme (Sonderregel zu 320) - Abnahme ( 640) - Anspruch des Unternehmers ( 640 I) - vertragsgemäß hergestelltem Werk - unwesentlicher Mangel ist irrelevant (S. 2)
- Ersetzungsmöglichkeit: 646, 641a (bis 1.1.2009) Hauptpflicht, weil:) - Rechtsfolgen der Abnahme: - Vergütungsanspruch des Unternehmers ( 641 I 1) -> Primärleistungsanspruch des Unternehmers anders aufzubauen 1. (Werk-)Vertrag - 632: auch ohne Abrede 2. Abnahme ( 640 I) oder Entbehrlichkeit derselben - Ausschlussgrund für die Vergütung: vorbehaltsloser Abnahme trotz Kenntnis des Mangels ( 640 II) -> Ausschlussgrund für Gewährleistungsrecht unter den Voraussetzungen - Abnahme - Kenntnis des Mangels - keine Erklärung eines Vorbehalts - 442 härter: weil auch Kennenmüssen Ausschlussgrund -> Vergütungsanspruch besteht jetzt ohne Einreden (keine Einrede der Mangelhaftigkeit) - h.m. Gefahrübergang - nach Gefahrübergang Vergütungspflicht vollständig entstanden und Untergang lässt diese nicht mehr entfallen - vor Gefahrübergang - 326-645 - ggf. Teilvergütung und nochmalige Herstellung (soweit diese nicht unmöglich) - h.m. Zeitpunkt der Anwendung der 633 ff. (d.h. des Sonderregimes Gewährleistungsrecht (unten III., wie im Kaufrecht) - überwiegende Meinung: 633 ff. schon vor Abnahme analog (zugunsten des Bestellers) anwendbar -> Fristsetzung ggf. prophylaktisch, wenn Werk mangelhaft und daher nicht abgenommen 2. Teilvergütungsanspruch ( 645, Modifikation von 326 bei fehlendem Verschulden des Bestellers, sonst ja 326 II) - Szenario: noch kein Gefahrübergang, d.h. noch keine Abnahme a) 326 - anwendbar neben und sogar vor 645 - Unmöglichkeit des Werkes (nachträglich [vorher: 311a], zwischen Vertragsschluss und Abnahme)
- hier zu prüfen: ob nicht neuerliche Herstellung möglich - Hauptfall: Das Substrat existiert nicht mehr - denkbar auch: keine realistische Zeitmöglichkeit mehr für neuerliche Herstellung - grds. Wegfall auch der Vergütungspflicht - Ausnahme (und volle Vergütungspflicht) bei 326 II - (ganz überwiegendes) Vertretenmüssen des Gläubigers (etwa: Besteller liefert einen für ihn erkennbar ungeeigneten Stoff), oder - Gläubigerverzug b) 645 (Teilvergütungsanspruch) - Stoff oder Anweisung des Bestellers ungeeignet - analoge Anwendung, wenn Leistungssubstrat ganz untergeht: lange str., bei Schürmannbau (Bundestag, Bonn) dann auch vom BGH analoge Anwendung befürwortet: BGH JZ 1998, 410 - Untergang kausal darauf zurückzuführen - kein Vertretenmüssen des Unternehmers (Erkennenmüssen der Ungeeignetheit des Stoffs) - nicht nötig: Vertretenmüssen des Bestellers (bei Vertretenmüssen: 326, günstiger für Unternehmer) 3. Vollvergütungsanspruch unter Abzügen ( 649) - außerordentliches Kündigungsrecht - aber volle Vergütungsanspruch (nur gemindert um Ersparnisse) III. Gewährleistungsrechte (Ansprüche und Rechte des Bestellers) - Pflicht des Unternehmers zu Herstellung und Lieferung - Vollständiges Rechtsbehelfsarsenal des Kaufrechts, aber zusätzlich: - Mangel bei Erstlieferung idr bereits verschuldet - zusätzliches Selbstvornahmerecht ( 637): Kosten dafür (nicht Verzögerungsschaden, der durch Nacherfüllungsnotwendigkeit entsteht -> rein nach 280 I) - Fristsetzungserfordernis (Entbehrlichkeit der Fristsetzung, 637 II, 323 II anwendbar, zusätzlich: Unzumutbarkeit, diese hier etwas leichter angenommen), aber - kein Verschuldenserfordernis - konkurriert mit allgemeinem Schadensersatzanspruch ( 280 I, III, 281, 283) -> Rechtsfolge: - Aufwendungsersatzanspruch (vergleichbar 670) - Anspruch auf Vorschuss ( 637 III, vergleichbar 669)
- Verjährungsregelung ähnlich, aber etwas anders als im Kaufrecht ( 634a) - bewegliche Sachen -> Nr. 1: 2 Jahre ab Abnahme (Abs. 2) - Immobilien -> Nr. 2: 5 Jahre ab Abnahme (Abs. 2) - geistige Werke -> Nr. 3 -> allgemeines Verjährungsrecht: 3 Jahre ab Kennenmüssen des Mangels (Abs. 2 e contrario), wenn nicht kenntnisunabhängige Verjährung kürzer Reisevertrag (Grundzüge) - Reisevertrag - Werkvertrag - Typusdefinition - Gesamtheit von Reisedienstleistungen (mindestens 2) - allerdings analog Anwendung der 651a ff. auf Vermittlung einer bloßen Ferienwohnung durch einen gewerblichen Anbieter (BGH NJW 1995, 2629, 2630) - erbringen (nicht nur vermitteln): tatsächliches Gesamtbild entscheidet -> typische Vermittler vermitteln ohnehin nur einen Leistungstypus; -> eine Ausnahme: Reisebüros, die selbst Reiseveranstalter vermitteln (sind selbst nicht Erbringer der Gesamtheit von Leistungen) -> 651a ff. leges speziales, hilfsweise auch 631 ff. - 651m: grds. zwingend, mit wenigen Ausnahmen -> insoweit dann keine AGB-Kontrolle -> AGB-Kontrolle nur in den Ausnahmebereichen -> 651h I Nr. 2: BGH NJW 1987, 1931: Privilegierung in dieser Norm gegenüber dem AGB-Recht ( 309 Nr. 7) angenommen - grds. Modell wie allgemeines Leistungsstörungsrecht, aber Terminologie eine andere: - z.b. Nacherfüllung heißt Abhilfe; - z.b. Mischung aus Kündigung und Rücktritt heißt Kündigung ( 651e, 651i, 651j) - bis zum Reiseantritt: Kündigung und Rücktritt nebeneinander möglich, alle drei Normen anwendbar - ab Reiseantritt nur Kündigung, aber auch Rückabwicklung darauf zu stützen: 651j geht 651e vor - statt Fristsetzung nur Anzeige - wichtig für 651f. (Schadensersatz: gemeint ist Schadensersatz neben und statt der Leistung): dort ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zumindest Anzeige oder Abhilfeverlangen, obwohl 651f das nicht ausdrücklich sagt (so schon BGH NJW
1985, 132, 132 f. und Struktur der heutigen Leistungstörungsrechts, das ja im Reiserecht aus Zeitmangel nicht fortgeschrieben wurde) - Teilvergütung für bereits Erbrachtes