Artenschutzprüfung zu den Fledermäusen im Bereich von vier geplanten Windkraft-Vorrangzonen im Stadtgebiet Iserlohn

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Transkript:

Oktober 2012 Artenschutzprüfung zu den Fledermäusen im Bereich von vier geplanten Windkraft-Vorrangzonen im Stadtgebiet Iserlohn Im Auftrag der Stadt Iserlohn in Kooperation mit grünplan, Büro für Landschaftsplanung, Dortmund Büro für angewandte Ökologie und Landschaftsplanung Dense & Lorenz GbR Kollegienwall 12d 49074 Osnabrück fon 0541 / 27233 fax 0541 / 260902 mail@dense-lorenz.de Dense & Lorenz GbR, Osnabrück

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Aufgabenstellung... 1 2 Rechtliche Rahmenbedingungen... 1 3 Erfassungsmethodik... 3 3.1 Grundsätzliche Vorüberlegungen... 3 3.2 Kartierung der Fledermäuse mittels Ultraschalldetektor und Sichtbeobachtung... 4 3.3 Horchkisten... 5 3.4 Fang mit Netzen... 6 4 Stadtwald... 7 4.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik... 7 4.2 Ergebnisse... 8 4.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung... 8 4.2.2 Horchkisten... 8 4.2.3 Fang mit Netzen... 10 4.2.4 Gesamtartenspektrum... 11 4.3 Charakterisierung und Bewertung... 12 4.4 Auswirkungsprognose, artenschutzrechtliche Einschätzung... 13 5 Schälker Heide... 15 5.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik... 15 5.2 Ergebnisse... 16 5.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung... 16 5.2.2 Horchkisten... 16 5.2.3 Fang mit Netzen... 17 5.2.4 Gesamtartenspektrum... 18 5.3 Charakterisierung und Bewertung... 19 5.4 Auswirkungsprognose, artenschutzrechtliche Einschätzung... 19 6 Seilerwald... 20 6.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik... 20 6.2 Ergebnisse... 21 6.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung... 21 6.2.2 Horchkisten... 21 6.2.3 Fang mit Netzen... 22 6.2.4 Gesamtartenspektrum... 23 6.3 Charakterisierung und Bewertung... 24 7 Wixberg... 25 7.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik... 25 7.2 Ergebnisse... 26 7.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung... 26 7.2.2 Horchkisten... 26 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück

7.2.3 Fang mit Netzen... 27 7.2.4 Gesamtartenspektrum... 27 7.3 Charakterisierung und Bewertung... 28 8 Zusammenfassung... 29 9 Literatur... 30 Anhang... 31 Karte 1: Stadtwald Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Karte 2: Schälker Heide Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Karte 3: Seilerwald Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Karte 4: Wixberg Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Stadtwald 7 Abb. 2: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Schälker Heide 15 Abb. 3: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Seilerwald 21 Abb. 4: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Wixberg 25 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht 9 und Standort im UG Stadtwald Tab. 2: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Stadtwald 10 Tab. 3: Gesamtliste der im UG Stadtwald nachgewiesenen Fledermausarten mit 11 Gefährdungs- und Schutzstatus Tab. 4: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht 17 und Standort im UG Schälker Heide Tab. 5: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Schälker Heide 18 Tab. 6: Gesamtliste der im UG Schälker Heide nachgewiesenen Fledermausarten 18 mit Gefährdungs- und Schutzstatus Tab. 7: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht 22 und Standort im UG Seilerwald Tab. 8: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Seilerwald 23 Tab. 9: Gesamtliste der im UG Seilerwald nachgewiesenen Fledermausarten mit Gefährdungs- und Schutzstatus 23 Tab. 10: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht 27 und Standort im UG Wixberg Tab. 11: Gesamtliste der im UG Wixberg nachgewiesenen Fledermausarten mit 28 Gefährdungs- und Schutzstatus Bearbeitung: Dipl.-Biol. Carsten Dense Dipl.-Biol. Regina Klüppel-Hellmann Ing. (B. eng.) Landschaftsarchitektur Thaisen Schwering Dense & Lorenz GbR, Osnabrück

1 Einleitung und Aufgabenstellung Die Stadt Iserlohn plant die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans. In diesem Rahmen sollen auch Vorrangflächen für die Windenergienutzung ausgewiesen werden. Nach einer Restriktionsanalyse blieben vier potentiell geeignete Gebiete übrig: Stadtwald, Schälker Heide, Seilerwald und Wixberg (zwei Teilflächen). Es handelt sich bei allen Gebieten um Waldflächen, Offenlandbereiche sind nur in geringen Flächenanteilen enthalten. Alle Gebiete wiesen ausgedehnte Windwurfflächen auf, die in absehbarer Zeit noch nicht wieder Hochwaldcharakter haben werden. Erklärtes Ziel der Stadt Iserlohn ist es, innerhalb der Vorrangzonen als Standorte für Windenergieanlagen (WEA) nur die Windwurfflächen zu wählen. Die noch vorhandenen Waldbestände sollen unangetastet bleiben. Bei den Planungen sind die Bestimmungen des BNatSchG ( 44 und 45) insbesondere zu den streng geschützten Arten und den europäischen Vogelarten zu beachten. Um zu klären, inwieweit artenschutzrechtlich relevante ( planungsrelevante ) Fledermausarten von den Planungen betroffen sind, wurde 2011 zunächst nur eine Untersuchung des Gebietes Stadtwald beauftragt. Für die Flächen Seilerwald, Wixberg und Schälker Heide erging der Auftrag im Frühjahr 2012. Wegen des Zeitdrucks im Flächennutzungsplanverfahren und unter dem Aspekt der möglichst frühen Beendigung der Freilandarbeiten wurde auf den Flächen Seilerwald und Wixberg bereits im September 2011 eine erste Begehung durchgeführt. 2 Rechtliche Rahmenbedingungen Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten sind auf europäischer und nationaler Ebene zahlreiche Vorschriften erlassen worden. Im nationalen deutschen Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz, BNatSchG, Neufassung vom 29.07.2009, seit 01.03.2010 in Kraft) ist der Artenschutz in den Bestimmungen der 44 und 45 rechtlich verankert. Nach den beiden Gesetzesänderungen vom 12.12.2007 und 29.07.2009 fallen ab dem 01.03.2010 in Planungsverfahren nur noch die FFH-Anhang IV-Arten und europäischen Vogelarten, sowie durch eine Rechtsverordnung nach 54 Abs. 1-2 BNatSchG geschützte Tier- und Pflanzenarten unter die Artenschutzbestimmungen und müssen bei Eingriffsplanungen speziell berücksichtigt werden. Alle anderen lediglich besonders geschützten Arten sind nach 44 (5) BNatSchG bei Planungen von den Verbotstatbeständen generell freigestellt und werden im Rahmen der Eingriffsregelung pauschal bearbeitet. Die Schutzkategorien der Artengruppen werden im BNatSchG in 7 Abs. 2 Nr. 12 bis 14 definiert. Grundlagen bilden die FFH-Richtlinie (FFH-RL), die Vogelschutz-Richtlinie (VS- RL), die EG-Artenschutzverordnung sowie die Bundesartenschutzverordnung. Im konkreten Fall ist zu ermitteln und darzustellen, ob Verbotstatbestände bezüglich der streng geschützten Fledermausarten erfüllt werden, sowie zu prüfen, ob bei dem Vorliegen eines Verbotstatbestandes die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von den Verboten gegeben sind. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 1

Nach 44 (1) BNatSchG ist es verboten: 1) wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2) wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. 3) Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Weiterhin findet einschränkend 44 (5) BNatSchG Anwendung, nach dem ein Verbotstatbestand des 44 (1) Nr. 3 BNatSchG (und in dessen Folge bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen ggf. auch des 44 (1) Nr. 1 BNatSchG) nur dann vorliegt, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang nicht mehr erfüllt wird und dies auch nicht durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) erreicht werden kann. Sollten einer oder mehrere Verbotstatbestände erfüllt werden, so ist eine Ausnahmeprüfung nach 45 (7) BNatSchG erforderlich. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 2

3 Erfassungsmethodik 3.1 Grundsätzliche Vorüberlegungen Für die Beurteilung des Schlagrisikos für Fledermäuse sind Daueraufzeichnungen der Aktivität im Rotorbereich die Methode, mit der die verlässlichsten Ergebnisse gewonnen werden können. Diese Methode kann aber nur beim Repowering an bestehenden Altanlagen oder im Rahmen eines Monitorings an bereits genehmigten und im Betrieb befindlichen Neuanlagen eingesetzt werden. Über die Fledermausaktivität oberhalb der Baumkronen von Wäldern gibt es bislang kaum Untersuchungen. Eine teure und wenig praktikable Methode, zumindest stichprobenartig die Aktivität in größeren Höhen zu registrieren, ist der Einsatz eines Heliumballons, der einen Detektor mit Datenspeicher trägt. Eine wesentlich kostengünstigere und einfachere Methode ist es, einen Datenlogger mit Hilfe eines Drachens in die Höhe zu transportieren. Diese Methode ist aber nicht im Wald einsetzbar. Eine aufwendige, prinzipiell aber durchführbare Methode, die vom Boden aus die aussagekräftigsten Ergebnisse erwarten ließe, wäre die Befestigung mehrerer Datenlogger in Baumkronenhöhe. Damit könnte zumindest ein Teil der konfliktträchtigen Fledermausaktivität der lauter rufenden Abendseglerarten oberhalb der Baumkronen im Rotorbereich erfasst werden, die leiser rufenden und ebenfalls stärker schlaggefährdeten Arten (Zwerg- und Rauhhautfledermaus) aber nicht. Eine abschließende Einschätzung des artenschutzrechtlichen Konfliktpotentials eines Waldstandortes erscheint daher auch mit dieser Methode nicht möglich. Aus mehreren Untersuchungen ist zudem abzuleiten, dass aus der Fledermausaktivität am Boden nicht unbedingt auf die Aktivität in Nabenhöhe geschlossen werden kann. Aktivitätsuntersuchungen und Beobachtungen ausschließlich vom Boden aus können daher höchstens Hinweise auf ein mögliches Konfliktpotential geben, sie lassen aber keine gesicherte Beurteilung der Schlaggefährdung zu. Belastbare Daten, die im konkreten Fall eine definitive Aussage zum Konfliktpotential bestimmter Flächen ermöglichen, sind mit Erfassungen vom Boden nach unserer Einschätzung nicht zu erhalten. Vorabuntersuchungen von Fledermäusen können deshalb nicht oder nur in Ausnahmefällen den Verzicht auf WEA- Standorte begründen (s. u.). Die Vermeidung des Eintretens des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes der Tötung lässt sich nach aktuellem Kenntnisstand am besten durch ein zweijähriges Monitoring der Fledermausaktivität auf Nabenhöhe erreichen. Dazu wird ein Ultraschall-Mikrofon an der Gondel angebracht, welches mit einem Aufzeichnungsgerät am Boden verbunden ist. Zwischen Mitte April und Ende Oktober werden alle Fledermausrufe aufgezeichnet. Anhand der Ergebnisse können die vorab in der BImSchG-Genehmigung als Vermeidungsmaßnahme festgelegten maximalen Abschaltzeiten auf ihre Notwendigkeit hin überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden. Noch weitgehend ungeklärt ist, inwieweit Fledermausarten, die üblicherweise nicht im freien Luftraum fliegen, durch WEA im Wald gefährdet werden. Diskutiert wird, ob Arten, die vorwiegend strukturgebunden und im Wald fliegen und dadurch im Offenland durch WEA ungefährdet sind, im Wald möglicherweise erst durch die Errichtung einer WEA dazu motiviert Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 3

werden, in Folge von Neugierverhalten oder Nahrungssuche an den warmen, Insekten anziehenden Masten in den potentiellen Kollisionsbereich aufzusteigen. Bei im Wald geplanten WEA kommen im Gegensatz zu Offenlandstandorten zwei weitere artenschutzrechtliche Aspekte zum Tragen: Durch Rodungsmaßnahmen bzw. die strukturelle Veränderungen können auch Quartierbäume betroffen sein und Jagdgebiete beeinträchtigt werden. Das bedeutet, dass, wiederum im Gegensatz zu Offenlandstandorten mit ihrer begrenzten Anzahl potentiell betroffener Fledermausarten, im Wald alle vorkommenden Arten betroffen sein können und für eine artenschutzrechtliche Bewertung erfasst werden müssen. Untersuchungen zu Artenspektrum, Quartieren und Jagdgebieten können unter dem Aspekt der Vermeidung der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten Argumente für oder gegen die Ausweisung bestimmter Waldflächen als Vorranggebiet für Windenergienutzung liefern. Im konkreten Fall der geplanten Vorrangflächen in Iserlohn sollen nur Standorte auf Windwurfflächen gewählt oder genehmigt werden. Der Quartieraspekt als Entscheidungskriterium für die Flächenausweisung spielt in diesem Fall dann nur eine geringe Rolle. Dementsprechend wurde die Methodik so gewählt, dass schwerpunktmäßig die Aktivität der besonders schlaggefährdeten Abendseglerarten sowie der Zwerg- und Rauhhautfledermaus auf den Windwurfflächen erfasst werden konnte. Indirekt haben in den Baumbeständen des UG liegende Paarungsquartiere der vorgenannten Arten artenschutzrechtlich eine Bedeutung. Sie sind zwar nicht direkt betroffen, sodass keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte zerstört wird, haben aber für die Einschätzung des Schlagrisikos eine Bedeutung. Die Männchen in den Paarungsquartieren locken durchziehende Weibchen an. Paarungsquartiere sind daher ein Indiz für die Lage eines Gebietes in einem Zugkorridor und eine saisonal erhöhte Aktivität stärker schlaggefährdeter ziehender Fledermausarten. Durch Fänge in den Waldbereichen wurde versucht, das komplette Artenspektrum zu erfassen. Begehungen mit dem Detektor ergaben einen Eindruck von der Aktivität auf der Gesamtfläche. Es war geplant, die Fledermausfauna je Untersuchungsgebiet an fünf Terminen mittels einer Kombination verschiedener Methoden zu erfassen, die in den folgenden Kapiteln näher erläutert werden. In den Gebieten Wixberg und Seilerwald ergaben sich aus den Vogeluntersuchungen Ausschlusskriterien für die Eignung als WEA-Standorte (s. Vogelgutachten, BIOCONSULT 2012), sodass die Fledermausuntersuchungen nach vier Untersuchungsterminen im Juni 2012 eingestellt wurden. Die bis dahin erhobenen Daten werden dargestellt, können aber nicht abschließend bewertet werden. 3.2 Kartierung der Fledermäuse mittels Ultraschalldetektor und Sichtbeobachtung Zur Erfassung von Fledermausarten, die an ihren spezifischen Ultraschall-Ortungslauten gut zu unterscheiden sind, wurden Detektoren vom Typ Pettersson D200 und 240x eingesetzt. Hauptsächlich bei den Arten, die quasi-konstant-frequente (qcf-) Anteile im Ruf aufweisen, sind sichere Artbestimmungen im Gelände möglich. Dies gilt für den Großen Abendsegler Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 4

(Nyctalus noctula), den Kleinen Abendsegler (Nyctalus leisleri), die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) sowie die Zwerg- (Pipistrellus pipistrellus), Mücken- (Pipistrellus pygmaeus) und Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii). Von den Arten der Gattungen Myotis und Plecotus, die fast ausschließlich rein frequenzmodulierte (fm-) Laute ausstoßen, sind nicht alle eindeutig bestimmbar (AHLÉN 1981, WEID 1988, LIMPENS & ROSCHEN 1996, SKIBA 2003). Als nicht mittels Detektor unterscheidbar sind die Kleine Bartfledermaus (Myotis mystacinus) und die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii), sowie die Langohrfledermäuse (Plecotus auritus/ austriacus) anzusehen. Die Myotis-Arten Großes Mausohr, Teichfledermaus und Wasserfledermaus sind unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Detektor bestimmbar. Die sichere Bestimmung der übrigen Myotis-Arten ist mit dieser Methode in der Regel nicht möglich. Zusätzlich zum Verhören der Rufe können Sichtbeobachtungen (Größe, Flugbild) bei der Bestimmung herangezogen werden. Auch die Raumnutzung (Jagdgebiete, Flugrouten) und somit für Fledermäuse wichtige Strukturen werden über Sichtbeobachtungen ermittelt. Insbesondere Zwerg- und Breitflügelfledermäuse sowie die beiden Abendsegler-Arten sind auf diese Weise gut zu erfassen, da deren Aktivitätsschwerpunkt am Abend und in der frühen Nacht und häufiger auch in der Morgendämmerung liegt. Durch Begehungen mit dem Detektor können zur entsprechenden Jahreszeit Paarungsquartiere der Zwerg- und Rauhhautfledermaus, sowie des Großen und Kleinen Abendseglers nachgewiesen werden. Anders als bei den Tagesschlafquartieren, an denen Fledermausaktivitäten nur beim Verlassen bzw. Aufsuchen beobachtet werden können, sind Balzaktivitäten an Paarungsquartieren meist mehr oder weniger kontinuierlich über die gesamte Nacht zu hören. Während die beiden Abendsegler-Arten und Rauhhautfledermäuse Baumhöhlen als Paarungsquartiere besetzen, verhalten sich Zwergfledermäuse flexibler. Sie nutzen Paarungsquartiere sowohl an Gebäuden als auch in bzw. an Bäumen. 3.3 Horchkisten Die Jagdgebietsfunktion wurde durch automatische Ultraschallaufzeichnungsgeräte, sogenannte Horchkisten, ermittelt. Die Geräte dienen der kontinuierlichen Erfassung von Fledermausaktivitäten an einem Ort. Es handelt sich um Ultraschall-Detektoren (CIEL Typ CDB-101box bzw. CDP 102 R3), die in Kombination mit ereignisgesteuerten Aufzeichnungsgeräten (MP3-Rekorder Typ TrekStor ibeat organix 2.0, Olympus VN713 PC) in einem Gehäuse untergebracht sind. Sämtliche erfassten Ereignisse werden mitsamt Zeitstempel gespeichert. Je nach im Detektor voreingestellten Frequenzfenster und dessen Bandbreite ist eine akustische Artdifferenzierung bzw. eine Eingrenzung auf Gattungsniveau möglich. Eine sichere Bestimmung auf Artniveau ist anhand der aufgezeichneten Laute nur bei wenigen Arten möglich (Großer Abendsegler und Breitflügelfledermaus, z. T. Zwergfledermaus und Kleiner Abendsegler), doch erlaubt der Einsatz dieser Geräte im Gegensatz zu der bisher dargestellten Methode die automatisierte Ermittlung von Aktivitätsdichten und bedingt auch von Flugrichtungen am Aufstellungsort. Eine kontinuierliche Überwachung mit Horchkisten ermöglicht es, eine unregelmäßig über die Nacht verteilte Rufaktivität und entsprechende Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 5

Flugaktivität zu erfassen, während dies bei einer stichprobenartigen Begehung mit dem Detektor einen gewissen Zufallscharakter hat. Bei der Auswertung kann neben der reinen Zählung der Lautsequenzen noch notiert werden, ob es sich um lange Sequenzen handelt und feeding-buzzes enthalten sind (charakteristische Rufsequenz, die unmittelbar vor Beutefang abgegeben wird) und ob mehrere Individuen gleichzeitig flogen. Ein Nachteil der Horchkisten besteht darin, dass sie die Aktivität nur in einem relativ kleinen Umfeld des Aufstellungsortes erfassen. Große Abendsegler können über eine Distanz von ca. 100 m registriert werden, Braune Langohren unter Umständen nur über wenige Meter. Die vergleichsweise leise rufenden Fledermausarten der Gattungen Myotis und Plecotus sind daher in den Aufzeichnungen tendenziell unterrepräsentiert. Die Frequenzeinstellungen wurden mit 23 und 45 khz so gewählt, dass sie das gesamte Frequenzspektrum der vorkommenden Arten erfassten. In Abhängigkeit von der Untersuchungsgebietsgröße wurden zwischen drei und sechs Horchkisten gestellt. 3.4 Fang mit Netzen Zur Ermittlung des Artenspektrums bei Fledermäusen sind je nach Habitatstruktur verschiedene Nachweismethoden oder deren Kombination geeignet. An Standorten mit hohem Wald- bzw. Gehölzanteil ist in jedem Fall der Fang mit Netzen angezeigt, da der Nachweis bzw. eine sichere Bestimmung über akustische Methoden und/oder Sichtbeobachtung insbesondere bei den Gattungen Myotis und Plecotus nicht möglich ist. Über die Artbestimmung hinaus lässt diese Methode Aussagen über das Geschlecht und den Fortpflanzungsstatus (ggf. Nachweis der Reproduktion über den Fang von laktierenden Weibchen oder von Jungtieren) zu. Es kamen Haarnetze aus ostdeutscher Produktion mit Breiten von 5 bis 13 m bei Höhen von 2,5 bis 6 m zum Einsatz. Beim Fang wurde ein Gerät (Autobat) eingesetzt, welches Soziallaute verschiedener Fledermausarten über einen Ultraschall-Lautsprecher abstrahlt und über eine damit verbundene Lockwirkung den Fangerfolg erhöhen kann. Eine Fernwirkung ist durch dieses Gerät aufgrund der geringen Reichweite hochfrequenter Töne nicht zu erzielen und auch nicht beabsichtigt. Der Standort des Autobat wurde im Verlauf der Nacht zwischen den Netzen variiert. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 6

4 Stadtwald Die ca. 180 ha große Fläche liegt südlich Iserlohn-Wermingsen in einer Höhenlage zwischen ca. 330 und 441 m und besteht größtenteils aus Windwurfflächen (s. Abbildung 1). Buchendominierte Laubwaldparzellen sind randlich vorhanden, Altholzbestände haben nur geringe Flächenanteile. Im Gebiet existieren mehrere Wasserstollen, die aber mit Ausnahme eines aufgebrochenen Stollens dicht vermauert sind und somit keine Winterquartierfunktion für Fledermäuse haben können. Abb. 1: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Stadtwald (unmaßstäblich) 4.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik Untersuchungsnächte waren der 02./03.08. und 21./22.09.2011 sowie der 09./10.05., 22./23.05. und 13./14.06.2012. Es wurden sechs Horchkisten an immer denselben Stellen eingesetzt (s. Karte 1). Während die Begehungen mit dem Detektor auf den vorhandenen Wegen stattfanden, standen die Horchkisten abseits der Wege inmitten der Windwurfflächen. In der letzten Untersuchungsnacht wurde eine zusätzliche Horchkiste am Rand eines Buchenaltholzes gestellt (Stelle 7 in Karte 1), um Hinweise auf evtl. dort vorhandene Abendseglerquartiere zu bekommen. Wegen der Größe des Gebiets erfolgte die Untersuchung mit zwei Bearbeitern. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 7

4.2 Ergebnisse 4.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung Die mit Abstand häufigste mit dem Detektor erfasste Art war die Zwergfledermaus. Sie kam flächendeckend im UG vor, wobei die Aktivität an windgeschützten Stellen in Wegschneisen und an Gehölzrändern am höchsten war. Aber auch die relativ offenen Windwurfflächen mit noch niedrigem Gehölzaufwuchs und die lichteren Waldbestände wurden bejagt. Große Abendsegler wurden während der Begehungen nur sporadisch und nicht in allen Untersuchungsnächten registriert. Jagdflug wurde nicht beobachtet. Die Tiere flogen ohne längeren Aufenthalt im freien Luftraum über den Windwurfflächen. Die frühen Beobachtungen am Abend und morgens in der späten Dämmerung können ein Hinweis auf Quartiere in Bäumen gewesen sein. Die Suche nach an Baumquartieren schwärmenden Abendseglern in der Morgendämmerung blieb allerdings erfolglos. Während der Begehungen mit dem Detektor ergaben sich keine Nachweise der Breitflügelfledermaus. Fledermausarten aus den Gattungen Myotis oder Plecotus wurden bei allen Begehungen erfasst, die Anzahl der Nachweise lag aber insgesamt niedrig. Ein Jagdgebiet lag in einer Wegschneise, die auf regelmäßigen Bahnen (wahrscheinlich von einer Bartfledermaus) beflogen wurde. Nachweispunkte der verschiedenen Fledermausarten sowie abgegrenzte Jagdbereiche und Quartiere lassen sich anhand von Karte 1 nachvollziehen. Hinweise auf das Vorhandensein von Paarungsquartieren Großer oder Kleiner Abendsegler sowie Rauhhautfledermäusen ergaben sich nicht. 4.2.2 Horchkisten Einen Überblick über die mit Hilfe der Horchkisten nachgewiesenen Fledermausaktivitäten gibt Tabelle 1. Die Horchkisten zeichneten insgesamt 3815 Rufsequenzen auf, wobei die artbezogene Aktivität an den einzelnen Standorten und Terminen sehr unterschiedlich war. An den Standorten 1, 4 und 5 wurde mit 87-223 Rufsequenzen, was etwa 2-6 Rufsequenzen/Stunde entspricht, nur eine geringe Aktivität festgestellt. An den Standorten 2 und 6 lag die Aktivität mit 30-45 Rufsequenzen/Stunde vergleichsweise hoch. Die Schwankungsbreite der Anzahl Rufsequenzen an einem Standort war im Untersuchungszeitraum hoch (z. B. zwischen 0 und 1128 Rufsequenzen an Standort 6). Ca 97 % aller aufgezeichneten Rufsequenzen stammten von Zwergfledermäusen. Von diesen wurden sowohl ausgiebige Jagdaktivität als auch Balzflüge registriert. An allen Standorten erfassten die Horchkisten Große Abendsegler. Etwas längerer Jagdflug wurde aber nur am 22.05.2012 an den HK-Standorten 1 und 4 dokumentiert. Die meisten Rufsequenzen, die nur in die Kategorie Nyctaloid eingestuft werden konnten, stammten wahrscheinlich von Großen und Kleinen Abendseglern. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Rufsequenzen von Breitflügelfledermäusen darunter waren, eine eindeutige Bestimmung dieser Art war aber nicht möglich. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 8

Nachweise von Arten aus den Gattungen Myotis und Plecotus gelangen an allen Stellen, überwiegend handelte es sich aber nur um einzelne Rufsequenzen pro Nacht. Lediglich einmal wurden am 13.06.2012 am HK-Standort 1 mehrere Rufsequenzen mit Hinweis auf Jagdaktivität registriert. Tab. 1: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht und Standort im UG Stadtwald Datum Ort/HK Abendsegler Breitflügelflm. Nyctaloid Pipistrellus Myotis / Plecotus? Summe 02.08.2011 21.09.2011 09.05.2012 22.05.2012 13.06.2012 1 22 22 2 4 # 2 210 # * + 3 219 3 1 1 36 38 4 2 18 20 5 4 # * 15 # 1 20 6 11 # 1 12 1 3 16 # 19 2 7 7 3 2 2 4 1 3 # 4 5 108 # * + 108 6 1 1127 # * + 1128 1 3 3 2 1 2 37 # 1 41 3 0 4 12 1 13 5 13 # 13 6 3 3 1 13 # 15 28 2 3 2 1 417 # + 2 425 3 1 6 181 # * + 3 191 4 22 # * + 1 35 # 59 5 11 1 48 # + 60 6 1 1 14 # + 16 1 9 6 # 15 2 2 * 1 527 # * + 2 532 3 127 # * + 1 128 4 21 2 23 5 22 # + 22 6 0 7 2 # * 633 # * + 9 644 Gesamtsumme 65 2 23 3692 32 3815 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 9

HK = Horchkistenstandort? = unbestimmbar Nyctaloid = nicht sicher bestimmbare Sequenzen von Breitflügelfledermäusen/ Abendseglern * = lange Rufsequenzen # = Jagdflug + = mehrere Individuen gleichzeitig = Balzrufe der Zwergfledermaus 4.2.3 Fang mit Netzen In den fünf Fangnächten wurden insgesamt 29 Fledermäuse von fünf Arten gefangen (s. Tabelle 2). Bei einer Fledermaus aus der Gattung Myotis, welche vor Zugriff und Artbestimmung aus dem Netz entkommen konnte, kann es sich um eine sechste Art gehandelt haben. Bei Zwerg- und Kleiner Bartfledermaus ergaben sich indirekte Fortpflanzungsnachweise durch den Fang trächtiger Weibchen. Tab. 2: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Stadtwald (zur Lage der Fangplätze vgl. Karte 1) m Männchen w Weibchen t- trächtig Fangplatz (FP) 1 2 1 3 4 Art / Datum 02.08.11 m w 21.09.11 m w 09.05.12 m w 22.05.12 m w 13.06.12 m w Großes Mausohr 1 0 Myotis myotis Wasserfledermaus 2 0 Myotis daubentonii Kleine Bartfledermaus Myotis mystacinus Braunes Langohr Plecotus auritus Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus 0 1 0 2, t 2 0 4 6 0 1 2 1 3 3, t Myotis sp. 1 Summe 11 0 2 4 12 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 10

4.2.4 Gesamtartenspektrum Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet sechs Fledermausarten sicher nachgewiesen. Wahrscheinlich kommt mindestens eine weitere Art aus der Gattung Myotis vor. Einen Überblick über das Artenspektrum der Fledermäuse gibt Tabelle 3. Zusätzlich sind Gefährdungs- und Schutzstatus angegeben. Tab. 3: Gesamtliste der im UG Stadtwald nachgewiesenen Fledermausarten mit Gefährdungs- und Schutzstatus 1 2 3 4 5 6 Artname Myotis myotis Großes Mausohr Myotis mystacinus Kleine Bartfledermaus Myotis daubentonii Wasserfledermaus Plecotus auritus Braunes Langohr Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Nyctalus noctula Großer Abendsegler Gefährdungs-/ Schutzstatus RL BRD/NRW FFH-Anhang V / 2 II + IV V / 3 IV - / G IV V / G IV - / - IV V / V IV 1 Rote Liste der in der BRD (MEINIG et al. 2009), bzw. in NRW gefährdeten Säugetierarten (MEINIG et al. 2010) Gefährdungskategorien: 2 = stark gefährdet 3 = gefährdet - = nicht gefährdet V = Vorwarnliste G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes = streng geschützt nach 7 (2) BNatSchG, Fassung vom 29.07.2009 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 11

4.3 Charakterisierung und Bewertung Die dominante Art im UG ist die Zwergfledermaus. Sie ist zwar auch im Flachland die häufigste Art, bekanntermaßen ist ihre Dominanz im Sauerland aber noch deutlicher ausgeprägt. Die Wochenstubenquartiere liegen in Gebäuden, die Jagdgebiete an Gewässern, im Wald und dort vor allem an inneren und äußeren Grenzlinien. Die Windwurfflächen haben möglicherweise eine höhere Attraktion als Nahrungsgebiet, als die vorher dort stockenden Nadelforste. Bei den Transektbegehungen war die Anzahl Kontakte mit Zwergfledermäusen gering, an bestimmten Stellen war aber konzentriert eine kontinuierliche Jagdaktivität festzustellen. Die Horchkisten zeichneten teilweise sehr hohe Aktivitäten auf. Im Fall des Horchkistenstandorts 6 hat die sehr hohe Aktivität am 21.09.2011 möglicherweise damit zu tun, dass sich an dem dort befindlichen Hochsitz ein Paarungsquartier einer Zwergfledermaus befunden hat. Eine weitere typische Art für das UG ist die Kleine Bartfledermaus, von der Jagdgebiete im lichteren Laubwald und in Wegschneisen lagen. Wochenstubenquartiere befinden sich in der Regel an Gebäuden, sodass die im UG gefangenen Wochenstubentiere ihr Quartier wahrscheinlich in einem Haus an der Lägerbachstraße hatten. Große Abendsegler kommen offenbar während der gesamten Saison vor, allerdings in geringer Dichte. Nur an einem Termin im Mai zeichneten die Horchkisten an zwei Stellen eine etwas höhere (Jagd-)Aktivität auf. Ein gehäuftes Auftreten im August/September zur Zugzeit, wie es im Flachland oft zu beobachten ist, war nicht festzustellen. Wochenstuben sind aus dem Bergland nicht bekannt, sodass es sich bei den im Sommer beobachteten Tieren wahrscheinlich um Männchen gehandelt hat, die ebenso wie die Weibchen in Gruppen Baumquartiere nutzen. Insbesondere in den älteren Buchenbeständen am Rand des UG können solche Männchenquartiere vorhanden gewesen sein, konkrete Hinweise darauf gab es aber nicht. Geeignete Winterquartiere für Große Abendsegler (Altbäume mit ausreichend dimensionierten Höhlen) können im UG vorhanden sein. Braune Langohren gehören zum Basisartenspektrum von Wäldern. Da nur zwei Männchen gefangen wurden, ergab sich kein Hinweis auf eine Wochenstube. Die im UG gefangenen Männchen der Wasserfledermaus haben kurzzeitig über den Teichen gejagt. Es ist nicht auszuschließen, dass sich auch Baumquartiere im UG befinden. Mausohren jagen hauptsächlich in unterwuchsarmen Laubwäldern. Zumindest die Männchen dürften in allen strukturell geeigneten Waldflächen des UG nachweisbar sein und können dort auch Quartiere haben (typischerweise z. B. Stammrisse in Buchen). Mit höherer Untersuchungsintensität wäre vermutlich auch der Kleine Abendsegler nachweisbar gewesen, von dem aus zwei anderen Untersuchungsgebieten im Stadtgebiet von Iserlohn Beobachtungen vorlagen. Er jagt häufig an inneren Grenzlinien im Wald. Durch die Windwurfflächen haben sich die Habitatbedingungen für diese Art u. U. verbessert. Zumindest auf dem Zug könnten auch Rauhhautfledermäuse auftreten. Eine weitere Art, von der im Umfeld des UG zumindest Männchen vorkommen dürften, ist die Fransenfledermaus. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 12

Bei der Untersuchung ergaben sich keine Hinweise auf das Vorhandensein von Wochenstubenquartieren im UG. Dass Einzelquartiere von Fledermäusen innerhalb der Fläche liegen, kann nicht ausgeschlossen werden, da methodisch bedingt lediglich eine geringe Erfassungswahrscheinlichkeit von nur kurzzeitig schwärmenden Einzeltieren besteht. Insgesamt wurde das zu erwartende Artenspektrum weitgehend nachgewiesen, wobei es aber für keine Art einen Hinweis auf Fortpflanzung im Gebiet gab. Auf den Windwurfflächen jagen fast ausschließlich Zwergfledermäuse und sporadisch Abendsegler. Die übrigen Arten fliegen vorwiegend in den noch verbliebenen geschlossenen Waldbeständen. 4.4 Auswirkungsprognose, artenschutzrechtliche Einschätzung Im Folgenden wird die Betroffenheit der nachgewiesenen Fledermausarten durch die geplante Errichtung von WEA vor dem Hintergrund der artenschutzrechtlichen Bestimmungen diskutiert. Verbot einer Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten Die WEA sollen ausschließlich im Bereich der Windwurfflächen errichtet werden. Die sich dort entwickelnden Gehölze haben noch kein Quartierpotential. Verbotstatbestände nach 44 (1) Nr. 3) BNatSchG können daher ausgeschlossen werden. Tötungsverbot Ein Verstoß gegen 44 (1) Nr. 1 BNatSchG ist für Fledermäuse u. a. zu erwarten, wenn besetzte Quartierbäume gefällt werden. Da die WEA auf Flächen errichtet werden sollen, die wegen fehlender Bäume kein Quartierpotential aufweisen, kann sich diesbezüglich kein Verbotstatbestand ergeben. Inwieweit sich ein signifikant erhöhtes Schlagrisiko durch die WEA ergibt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden (vgl. Kap. 3.1.1). Die Untersuchung ergab nur eine geringe Aktivität der besonders gefährdeten Abendseglerarten und keine Hinweise auf Zuggeschehen. Mit Vorbehalt lässt sich daraus ein geringes Kollisionsrisiko ableiten. Ob Abendsegler zur Zugzeit oder bei bestimmten Wetterlagen gehäuft in größeren Höhen fliegen und einem erhöhten Kollisionsrisko ausgesetzt sind, kann aber auf Grundlage der vom Boden aus erhobenen Daten nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden. Ein Monitoring auf Gondelhöhe wird daher als notwendig erachtet, um ggf. gezielt Vermeidungsmaßnahmen (Abschaltzeiten) formulieren zu können. U. U. sind die Zwergfledermäuse sogar einem höheren Risiko ausgesetzt als die Abendsegler. Sowohl im Offenland als auch an Waldstandorten machen Zwergfledermäuse einen hohen Anteil der Schlagopfer aus (DÜRR 2012, PLANUNGSBÜRO BRINKMANN 2006). Im UG Stadtwald entfallen fast 100 % der Aktivität auf Zwergfledermäuse. Selbst wenn diese normalerweise kaum in größerer Höhe im freien Luftraum fliegen, kann sich dies ändern, wenn die WEA errichtet sind und erkundet werden. Was tatsächlich passieren wird, kann nur über ein Gondelmonitoring geklärt werden. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 13

Die Braunen Langohren und die Arten der Gattung Myotis treten wegen ihrer stärker waldoder strukturgebundenen Lebensweise kaum als Schlagopfer in Erscheinung (DÜRR 2012), wobei diese Aussage im Wesentlichen für WEA an Offenlandstandorten gilt. Bei Anlagen auf Windwurfflächen, die von diesen Fledermausarten nur in geringem Umfang beflogen werden, ist zunächst von vergleichbaren Verhältnissen auszugehen. Es liegen allerdings zur Zeit noch keine Erkenntnisse dazu vor, wie sich diese Arten gegenüber WEA verhalten, die direkt in den Lebensraum Wald gebaut werden. Mit zunehmender Aufwuchshöhe der Vegetation auf den Windwurfflächen, aus Neugierverhalten oder einer erhöhten Attraktivität als Nahrungsgebiet infolge der Insekten anlockenden Wärmeabstrahlung der WEA kann sich u. U. auch für diese Fledermausarten ein erhöhtes Konfliktpotential ergeben. Ob dies tatsächlich passieren wird, kann ebenfalls nur über ein Gondelmonitoring geklärt werden. Zusammengefasst lassen die Ergebnisse der Untersuchung kein erhöhtes Schlagrisiko erwarten und somit auch keinen Verbotstatbestand nach 44(1) Nr. 1 BNatSchG. Es gibt allerdings Prognoseunsicherheiten. Sollte sich während eines Monitorings herausstellen, dass diese Einschätzung vom Boden aus nicht korrekt war, kann das Eintreten des Verbotstatbestands noch durch Vermeidungsmaßnahmen (Abschaltzeiten) verhindert werden. Störungsverbot Voraussetzung für eine erhebliche Störung im Sinne von 44 (1) Nr. 2 BNatSchG ist die Betroffenheit eines essentiellen Habitatbestandteils oder Quartiers. Da die Windwurfflächen im UG für keine der nachgewiesenen Arten als essentieller Habitatbestandteil einzuschätzen sind, wird nach 44 (1) Nr. 2 BNatSchG kein Verbotstatbestand erfüllt. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 14

5 Schälker Heide Das Untersuchungsgebiet (UG) befindet sich nordwestlich von Iserlohn unmittelbar an der Grenze zwischen Iserlohn und Schwerte, nördlich der K 19 beidseits der K 22 (Bürenbrucher Weg) und umfasst eine Fläche von ca. 50 ha (s. Abbildung 2). Zwischen Nord- und Südostrand liegt eine Höhendifferenz von etwa 60 m. Im Osten fließt der Lollenbach in einem tiefen Einschnitt durch das Untersuchungsgebiet. Vor allem im Norden befinden sich größere Windwurfflächen. Ansonsten dominieren Fichten und Kiefernforste. Ältere Laubwaldparzellen haben nur geringe Flächenanteile. Abb. 2: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Schälker Heide (unmaßstäblich) 5.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik Untersuchungsnächte waren der 09./10.05., 22./23.05., 13./14.06., 07.08. und 28./29.08.2012. Es wurden drei Horchkisten an vier verschiedenen Stellen eingesetzt. In der zweiten Untersuchungsnacht lag der Schwerpunkt auf dem Fang. In der Abend- und Morgendämmerung wurden die Freiflächen mit dem Detektor speziell zum Nachweis evtl. vorkommender Abendsegler kontrolliert, eine flächige Begehung des UG erfolgte während der Nacht jedoch nicht. In der letzten Untersuchungsnacht ermöglichte der Einsatz eines zweiten Bearbeiters die zeitgleiche Durchführung von Fang und einer Begehung des UG mit dem Detektor. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 15

5.2 Ergebnisse 5.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung Die häufigste mit dem Detektor erfasste Art war die Zwergfledermaus. Im UG jagte sie, häufiger auch mit mehreren Exemplaren gleichzeitig, vor allem in den Wegschneisen, speziell am Wanderweg entlang des Lollenbachs. Die meisten und regelmäßigsten Nachweise gelangen in der Nähe des Horchkistenstandortes 1. Ebenfalls an diesem Wanderweg balzten im Juni und August 2012 im Nordosten und im Südosten des Untersuchungsgebietes Zwergfledermäuse, die wahrscheinlich im näheren Umfeld ein Paarungsquartier besetzten. Eine Abendseglerart konnte in der ersten Nachthälfte vom Bürenbrucher Weg im Norden des UG s nachgewiesen werden. In den restlichen Kartierzeiten erfolgten keine weiteren Nachweise dieser Arten. Arten der Gattungen Myotis / Plecotus wurden sporadisch über das gesamte UG verteilt erfasst. Nachweispunkte der verschiedenen Arten sowie abgegrenzte Jagdbereiche und Quartiere lassen sich anhand von Karte 2 nachvollziehen. 5.2.2 Horchkisten Einen Überblick über die mit Hilfe der Horchkisten nachgewiesenen Fledermausaktivitäten gibt Tabelle 4. Die Horchkisten zeichneten insgesamt 884 Sequenzen auf. Im August waren aufgrund von Störungen der Aufnahmen durch Heuschreckenlaute vier Geräte nicht oder nur eingeschränkt auswertbar. Durch den Einsatz der Horchkisten konnten insgesamt zwei Arten sicher bestimmt werden, wenn man annimmt, dass es sich bei den aufgenommenen Rufsequenzen, die der Gattung Pipistrellus zugeordnet werden konnten, ausschließlich um solche der Zwergfledermaus gehandelt hat. Eine weitere sicher bestimmte Art ist der Große Abendsegler. Auch die meisten der in der Spalte Nyctaloid zusammengefassten Rufsequenzen stammen wahrscheinlich vom Großen Abendsegler. Der Hauptanteil aller aufgezeichneten Rufsequenzen stammte von Zwergfledermäusen. Deren Aktivität erstreckte sich über die gesamten Nächte. Dabei wurden sowohl ausgiebige Jagdaktivität als auch Balzflüge registriert. Die meisten Rufsequenzen der Zwergfledermaus zeichnete die Horchkiste am Standort 1 in der Nähe des Baches auf. Vom Großen Abendsegler wurden insgesamt nur wenige Rufsequenzen aufgezeichnet. Jagende Tiere konnten nicht nachgewiesen werden. Eine Art der Gattung Myotis oder Plecotus wurde nur einmal am Horchkistenstandort 1 aufgenommen. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 16

Tab. 4: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht und Standort im UG Schälker Heide Datum 2012 Ort/HK Abendsegler Breitflügelflm. Nyctaloid Pipistrellus Myotis / Plecotus? Summe 09./10.05 22./23.05. 13./14.06. 07./08.08. 28./29.08 1 1 161 # 162 2 53 + 53 3 1 3 4 1 1 49 50 2 35 # 35 3 2 1 2 1 6 1 109 # 1 110 2 1 32 1 34 3 1 1 1 240 # + 240 2 127 # + * 127 3 2) 1 1 17 18 4 1) 1 41 42 2 1) 2 2 3 ² ) Gesamtsumme 7 2 872 1 2 884 HK = Horchkistenstandort? = unbestimmbar Nyctaloid = nicht sicher bestimmbare Sequenzen von Breitflügelfledermäusen/ Abendseglern * = lange Rufsequenzen # = Jagdflug + = mehrere Individuen gleichzeitig = Balzrufe der Zwergfledermaus 1) 2) Wegen Störungen durch Heuschreckenlaute nur eingeschränkt auswertbar Wegen massiver Störungen der Aufnahmen durch Heuschreckenlaute nicht auswertbar 5.2.3 Fang mit Netzen An den Untersuchungsterminen 22./23.05 und 28./29.08.2012 wurden Fänge mit Netzen durchgeführt. Als Fangplätze wurden zwei Stellen in Waldbereichen östlich (Standort 1) und westlich (Standort 2) des Bürenbrucher Weges ausgewählt (vgl. Karte 2). Insgesamt gelang der Fang von fünf Individuen von drei Arten (vgl. Tabelle 5). Am ersten Fangtermin wurde die erste Zwergfledermaus kurz vor 22:00 Uhr, also direkt nach der Ausflugsphase aus dem Quartier gefangen. Mit Ausnahme eines trächtigen Zwergfledermaus-Weibchens bezogen sich alle anderen Nachweise auf männliche Tiere. Am Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 17

zweiten Fangtermin gelang zwei Stunden nach Sonnenuntergang lediglich der Fang eines weiteren Fransenfledermaus-Männchens. Tab. 5: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Schälker Heide (zur Lage der Fangplätze vgl. Karte 2) m = Männchen w = Weibchen t = trächtig Fangplatz 1 2 Art/Datum Geschlecht Fransenfledermaus Myotis nattereri Braunes Langohr Plecotus auritus Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus 22./23.05.12 m w 28./29.05.12 m w 1 0 1 0 1 0 1 1, t Summe 4 1 5.2.4 Gesamtartenspektrum Im UG Schälker Heide wurden insgesamt vier Fledermausarten sicher nachgewiesen (s. Tabelle 6). Tab. 6: Gesamtliste der nachgewiesenen Fledermausarten im UG Schälker Heide mit Gefährdungs- und Schutzstatus 1 2 3 4 Artname Myotis nattereri Fransenfledermaus Plecotus auritus Braunes Langohr Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Nyctalus noctula Großer Abendsegler Gefährdungs-/ Schutzstatus RL BRD/NRW FFH-Anhang - / V IV V / G IV - / - IV V / V IV 1 Rote Liste der in der BRD (MEINIG et al. 2009), bzw. in NRW gefährdeten Säugetierarten (MEINIG et al. 2010) Gefährdungskategorien: 2 = stark gefährdet 3 = gefährdet - = nicht gefährdet V = Vorwarnliste G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes = streng geschützt nach 7 (2) BNatSchG, Fassung vom 29.07.2009 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 18

5.3 Charakterisierung und Bewertung Die nachgewiesenen Fledermausarten stellen nur einen Teil des in der Region vorkommenden Artenspektrums dar. Eine zumindest sporadische Nutzung durch weitere Arten aus der Gattung Myotis ist allerdings wahrscheinlich und hätte im Rahmen einer umfangreicheren Untersuchung mit häufigeren Fängen vermutlich auch belegt werden können. Fragestellungsbezogen war dies im vorliegenden Fall jedoch nicht erforderlich, weil diese Arten aufgrund ihrer Flug- und Lebensweise nur ausnahmsweise mit WEA kollidieren. Durch den Fang eines trächtigen Weibchens der Zwergfledermaus ergab sich ein Hinweis auf ein Wochenstubenquartier. Zwergfledermäuse nutzen fast ausschließlich Gebäude als Wochenstubenquartier, sodass das Weibchen vermutlich aus dem nördlich liegenden Siedlungsbereich zur Nahrungssuche in das UG geflogen ist. Der sehr frühe Fang eines Zwergfledermaus-Männchens, das auch Baumquartiere nutzt, deutet dagegen auf ein Quartier in der Nähe, möglicherweise im UG, hin. Auch von anderen Arten können Quartiere einzelner Individuen innerhalb der Fläche liegen. Dies gilt insbesondere für Männchenquartiere der Fransenfledermaus und des Braunen Langohrs. Im Norden und Süden des im UG befindlichen Verlaufs des Lollenbachs ergaben sich an zwei Stellen Hinweise auf Paarungsquartiere von Zwergfledermäusen. Eine genaue Lokalisierung derartiger Quartiere ist methodisch kaum möglich, da die Männchen während des Fluges in einem Radius von ca. 50 m um ihr Quartier balzen. Die Gesamtaktivität lag niedrig. Lediglich am Horchkistenstandort 1 war sie höher, vermutlich wegen des dortigen Paarungsreviers einer Zwergfledermaus. 5.4 Auswirkungsprognose, artenschutzrechtliche Einschätzung Verbot einer Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten Die WEA sollen ausschließlich im Bereich der Windwurfflächen errichtet werden. Die sich dort entwickelnden Gehölze haben noch kein Quartierpotential. Verbotstatbestände nach 44 (1) Nr. 3) BNatSchG können daher ausgeschlossen werden. Tötungsverbot Ein Verstoß gegen 44 (1) Nr. 1 BNatSchG ist für Fledermäuse u. a. zu erwarten, wenn besetzte Baumquartiere beseitigt werden. Da die WEA auf Flächen errichtet werden sollen, die wegen fehlender Bäume kein Quartierpotential aufweisen, kann sich diesbezüglich kein Verbotstatbestand ergeben. Inwieweit sich ein signifikant erhöhtes Schlagrisiko durch die WEA ergibt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden (vgl. Kap. 3.1 und 4.4). Die Untersuchung ergab eine sehr geringe Aktivität der besonders gefährdeten Abendseglerarten und keine Hinweise auf Zuggeschehen. Die Aktivität von Zwergfledermäusen war mit punktuellen Ausnahmen ebenfalls gering. Mit Vorbehalt lässt sich ein noch geringeres Kollisionsrisiko als im UG Stadtwald prognostizieren. Ob Abendsegler zur Zugzeit oder bei bestimmten Wetterlagen gehäuft in Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 19

größeren Höhen fliegen und einem erhöhten Kollisionsrisko ausgesetzt sind, kann aber auf Grundlage der vom Boden aus erhobenen Daten nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden. Zu den Zwergfledermäusen und den übrigen Arten sei auf die Ausführungen im Kapitel 4.4 verwiesen. Ein Monitoring auf Gondelhöhe wird daher empfohlen, um ggf. gezielt Vermeidungsmaßnahmen (Abschaltzeiten) formulieren zu können. Zusammengefasst lassen die Ergebnisse der Untersuchung kein erhöhtes Schlagrisiko erwarten und somit auch keinen Verbotstatbestand nach 44(1) Nr. 1 BNatSchG. Es gibt allerdings Prognoseunsicherheiten. Sollte sich während eines Monitorings herausstellen, dass diese Einschätzung vom Boden aus nicht korrekt war, kann das Eintreten des Verbotstatbestands durch Vermeidungsmaßnahmen (Abschaltzeiten) verhindert werden. Störungsverbot Voraussetzung für eine erhebliche Störung im Sinne von 44 (1) Nr. 2 BNatSchG ist die Betroffenheit eines essentiellen Habitatbestandteils oder Quartiers. Da die Windwurfflächen im UG für keine der nachgewiesenen Arten als essentieller Habitatbestandteil einzuschätzen sind, wird nach 44 (1) Nr. 2 BNatSchG kein Verbotstatbestand erfüllt. 6 Seilerwald Das ca. 21,5 ha große Untersuchungsgebiet (UG) befindet sich an der nordöstlichen Stadtgrenze von Iserlohn, nördlich der A 46, und ist Teil des Seilerwaldes (s. Abbildung 3). Der Seilerwald erstreckt sich vom Seilersee (Callerbachtalsperre) bis auf die 338 m ü. N.N. gelegene Seilerkuppe, auf deren Spitze der Bismarckturm, ein 1911 erbauter quadratischer Denkmalsturm aus Stein mit einer Höhe von 15 m steht. Dieses Bauwerk liegt innerhalb des UG. Zwischen dem südlich gelegenen Seilersee und der Kuppe liegt eine Höhendifferenz von etwa 130 m. Entsprechend der Vegetationsstruktur des gesamten Seilerwaldes war das UG ursprünglich geprägt von alt- und höhlenbaumreichen Buchenwaldbeständen. Aktuell haben Windwurfflächen große Anteile am UG. 6.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik Insgesamt wurden vier Begehungen durchgeführt. Untersuchungstermine waren der 22./ 23. 09.2011 und der 10./11.05., 21./22.05. und 12./13.06.2012. Als Standorte für die Horchkisten wurden Windwurfflächen ausgewählt. Während die Standorte 1 und 2 frei von älteren Bäumen waren, stockten auf der Fläche des Horchkistenstandortes 3 noch alte Buchen, so dass die Fläche als lichter Buchenaltholzbestand zu charakterisieren ist. Die genauen Positionen der Horchkisten lassen sich anhand von Karte 3 nachvollziehen. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 20

Abb. 3: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Seilerwald (unmaßstäblich) 6.2 Ergebnisse 6.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung Die häufigste mit dem Detektor erfasste Art war die Zwergfledermaus. Im UG jagte sie vor allem an den Wegrändern, häufiger auch mit mehreren Exemplaren. Die meisten und regelmäßigsten Nachweise gelangen im Bereich des Bismarckturms. Sowohl am Bismarckturm als auch an dem Wasserhochbehälter konnten im September 2011 balzende Zwergfledermäuse festgestellt werden, die Hinweise auf dort vorhandene Paarungsquartiere geben. Die beiden Abendseglerarten wurden mehrfach festgestellt. Dabei beschränkten sich die Beobachtungen auf die ersten Nachtstunden, in den restlichen Kartierzeiten erfolgten keine weiteren Nachweise dieser Arten. Jagdaktivitäten des Großen Abendseglers konzentrierten sich auf die Freiflächen um den Bismarckturm, ein jagender Kleiner Abendsegler konnte am 10.05. an einer Wegkreuzung und am 20.05. nördlich des Bismarckturms erfasst werden. Arten der Gattungen Myotis / Plecotus wurden sporadisch über das gesamte UG verteilt erfasst. Dabei handelte es sich aufgrund der unterschiedlichen Höreindrücke mindestens um zwei unterschiedliche Arten. Nachweispunkte der unterschiedlichen Arten sowie abgegrenzte Jagdbereiche und Quartiere lassen sich anhand von Karte 3 nachvollziehen. 6.2.2 Horchkisten Die Horchkisten zeichneten insgesamt 927 Sequenzen auf, wobei die artbezogene Aktivität an den einzelnen Standorten und Terminen sehr unterschiedlich war. Eine Horchkiste fiel aufgrund eines technischen Defektes am 10./11.05.2012 aus (vgl. Tab. 7). Ein wesentlicher Anteil aller aufgezeichneten Sequenzen entfiel auf Ereignisse von Zwergfledermäusen. Die höchste Aktivität konnte am Horchkistenstandort 3, dem lichten Buchenaltholzbestand, aufgezeichnet werden. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 21

Die Aktivität der Abendsegler konzentrierte sich an allen Terminen auf die erste Abendstunde. Die meisten Ereignisse wurden am 21.05. und 12.06. wiederum am Horchkistenstandort 3 registriert. Nennenswerte Nachweise von Arten der Gattung Myotis/ Plecotus gelangen nur am 12./ 13.06.2012 am Horchkistenstandort 2. Tab. 7: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht und Standort im UG Seilerwald Datum 2012 Ort/HK Abendsegler Breitflügelflm. Nyctaloid Pipistrellus Myotis / Plecotus? Summe 10./11.05.. 21./22.05. 12./13.06. 1 - - 4 90*#+ 1 2 97 2 3# - - 16*# 2 5 26 3 Technischer Defekt 1 16# - 33# 69#+ 1 1 120 2 34# - 3 53#+ - - 90 3 3 - - 142#+ 1-146 1 23* - 12 64#* - 3 102 2 35*#+ - - 1 10-46 3 128*#+ - 2 161*#+ 3 6 300 Gesamtsumme 242-54 596 18 17 927 HK = Horchkistenstandort? = unbestimmbar Nyctaloid = nicht sicher bestimmbare Sequenzen von Breitflügelfledermäusen/ Abendseglern * = lange Rufsequenzen # = Jagdflug + = mehrere Individuen gleichzeitig = Balzrufe der Zwergfledermaus 6.2.3 Fang mit Netzen Ein Fledermausfang erfolgte in der Nacht vom 21. auf den 22.05.2012. in einem unterwuchsreichen Buchenwald westlich des Wasserhochbehälters. Es konnten zwölf Fledermäuse von vier Arten nachgewiesen werden, wobei ein Großes Mausohr vor der Bearbeitung entkam und so nicht in der Tabelle 8 mit aufgeführt wird. Alle weiteren Details können der Tabelle 8 entnommen werden. Sowohl die Zwergfledermäuse als auch die Großen Mausohren wurden noch vor 22:00 Uhr, also direkt nach der Ausflugsphase aus dem Quartier gefangen, die Großen Mausohren innerhalb einer Zeitspanne von 5 Minuten. Im Gegensatz dazu verteilten sich die Nachweise der Wasserfledermäuse gleichmäßig über die Nacht. Die beiden Abendsegler wurden in der zweiten Nachthälfte gefangen. Trächtige Weibchen wurden von den Zwergfledermäusen und den Wasserfledermäusen nachgewiesen, alle anderen Nachweise bezogen sich auf männliche Tiere. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 22

Tab. 8: Detaillierte Ergebnisse der Fänge im UG Seilerwald (zur Lage des Fangplatzes vgl. Karte 3) m Männchen w Weibchen t- trächtig Art / Datum 21./22.05.12 m w Großes Mausohr 2 0 Wasserfledermaus 1 2 t Zwergfledermaus 1 3 t Großer Abendsegler 2 0 Summe 11 6.2.4 Gesamtartenspektrum Einen Überblick über das im UG nachgewiesene Artenspektrum der Fledermäuse gibt Tabelle 9. Zusätzlich sind Gefährdungs- und Schutzstatus angegeben. Tab. 9: Gesamtliste der nachgewiesenen Fledermausarten im UG Seilerwald mit Gefährdungs- und Schutzstatus 1 2 3 4 5? Artname Myotis myotis Großes Mausohr Myotis daubentonii Wasserfledermaus Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Nyctalus noctula Großer Abendsegler Nyctalus leisleri Kleiner Abendsegler Myotis sp./ Plecotus auritus Gefährdungs-/ Schutzstatus RL BRD/NDS 1 FFH-Anhang V / 2 II, IV - / G IV - / - IV V / V IV D / V IV IV 1 Rote Liste der in der BRD (MEINIG et al. 2009), bzw. in NRW gefährdeten Säugetierarten (MEINIG et al. 2010)) Gefährdungskategorien: 2 = stark gefährdet 3 = gefährdet - = nicht gefährdet V = Vorwarnliste G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes = streng geschützt nach 7 (2) BNatSchG, Fassung vom 29.07.2009 Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 23

6.3 Charakterisierung und Bewertung Die folgende Bewertung ist noch nicht abschließend, weil nach Abbruch der Untersuchung wesentliche jahreszeitliche Aspekte nicht mehr erfasst werden konnten. Durch den Fang von zwei trächtigen Weibchen der Wasserfledermaus ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von Wochenstubenquartieren dieser Art im UG. Allerdings kann sich dieses Quartier auch in angrenzenden, ähnlich strukturierten Bereichen befinden. Einzelquartiere von Fledermäusen innerhalb der Fläche können nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere für Männchenquartiere des Großen Mausohrs, da mehrere männliche Tiere dieser Art in der Ausflugsphase gefangen wurden. Ebenso können Winterquartiere von Großen Abendseglern vorhanden sein, die Altbäume mit ausreichend dimensionierten Höhlen für die Überwinterung nutzten. Über ein Vorhandensein von Paarungsquartieren der Abendseglerarten oder Rauhhautfledermäusen kann keine Aussage getroffen werden, weil deren zeitliche Nachweismöglichkeit auf die Monate August bis Oktober beschränkt ist und dieser Zeitraum von der Untersuchung nicht ausreichend abgedeckt wurde. Quartierpotential ist im UG in jedem Fall vorhanden, da die Baumbestände sehr höhlenreich sind. Gemessen an den Erfahrungswerten, die in den parallel laufenden Untersuchungen in anderen Waldgebieten in Iserlohn gewonnen wurden, ist das UG als bedeutend für die regionale Fledermausfauna einzustufen. Diese Einschätzung beruht insbesondere auf der für diese Region hohen Aktivität der beiden Abendseglerarten sowie dem vielfältigen, sicherlich noch nicht vollständig nachgewiesenem Artenspektrum. Hinweise auf Quartiere mehrerer Arten innerhalb des UG unterstützen diese Einschätzung. Die besondere Bedeutung steht vermutlich in Zusammenhang mit der räumlichen Nähe zum Seilersee, der für viele Arten in der Region, wie etwa Wasserfledermaus und die beiden Abendseglerarten, eines der Hauptjagdgebiete darstellt. Als wichtiges Qualitätsmerkmal ist das günstige Quartierangebot für alle Baumhöhlen bewohnenden Fledermausarten zu nennen. Wenn die Untersuchung zu Ende geführt worden wäre, hätte sich für das Gebiet Seilerwald wahrscheinlich das höchste Konfliktpotential aller vier UG ergeben. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 24

7 Wixberg Diese geplante Vorrangfläche besteht aus zwei 2 bzw. 21 ha großen Teilflächen (s. Karte 4) in einer Höhenlage zwischen 280 und 440 m, die an der Südwestgrenze des Stadtgebiets liegen. Die kleine östliche Fläche umfasst eine Windwurffläche in Kuppenlage sowie Nadelwald und Wiesenflächen in Hanglage. Die große westliche Fläche beinhaltet große Windwurfflächen am steilen Westhang und auf einer Kuppe im Norden. Im Osten sind ebene Acker- und Grünlandflächen enthalten. Im Süden stehen auf größerer Fläche noch Nadel- und Laubmischwälder. Abb. 4: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Wixberg (unmaßstäblich) 7.1 Untersuchungstermine und gebietsspezifische Methodik Untersuchungsnächte waren der 22./23.09.2011 und der 10./11.05., 21./22.05. und 12./13.06.2012. Im Jahr 2012 wurden drei Horchkisten an vier verschiedenen Stellen eingesetzt. Die Begehungen mit dem Detektor beschränkten sich im Wesentlichen auf den oberen Hangbereich und die Kuppen, weil nur hier geeignete Standorte für WEA vorhanden sind, nicht aber am steilen Westhang. Die Aufstellorte der Horchkisten wurden ebenfalls in diesem Bereich gewählt Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 25

7.2 Ergebnisse 7.2.1 Detektor und Sichtbeobachtung Die mit Abstand am häufigsten mit dem Detektor erfasste Art war die Zwergfledermaus. Während in der Fläche insgesamt die Aktivität eher gering war, wurden bestimmte Gehölzstrukturen im UG sehr konzentriert und z. T. ausdauernd von mehreren Individuen bejagt (s. Karte 4). Große Abendsegler wurden an drei Untersuchungsterminen registriert, jeweils nur kurz vorbeifliegend, ohne längeren Jagdflug. Am 22.09.2011 wurde ein Kleiner Abendsegler über Detektor und Sicht bestimmt. Am 10.05.2012 flog eine Fledermaus vorbei, bei der es sich höchstwahrscheinlich um ein Großes Mausohr gehandelt hat. Es kam zudem mindestens eine weitere Fledermausart aus der Gattung Myotis oder Plecotus vor (wahrscheinlich Fransenfledermaus oder Braunes Langohr). Bei der Untersuchung ergaben sich keine Hinweise auf das Vorhandensein von Wochenstubenquartieren im UG. Ein Paarungsrevier einer Zwergfledermaus befand sich im Bereich eines in der Windwurffläche stehengebliebenen Laubholzbestands. Dass weitere Quartiere innerhalb des UG liegen, kann nicht ausgeschlossen werden, da methodisch bedingt lediglich eine geringe Erfassungswahrscheinlichkeit von nur kurzzeitig schwärmenden Einzeltieren besteht und nach solchen Quartieren im Wald auch nicht gezielt gesucht wurde. 7.2.2 Horchkisten Einen Überblick über die mit Hilfe der Horchkisten nachgewiesenen Fledermausaktivitäten gibt Tabelle 10. Die Horchkisten zeichneten insgesamt 2059 Sequenzen auf, wobei die artbezogene Aktivität an den einzelnen Standorten und Terminen sehr unterschiedlich war (vgl. Tab. 10). Fast 98 % aller aufgezeichneten Sequenzen stammten von Zwergfledermäusen. Insbesondere an windgeschützten Gehölzrändern wurde eine intensive Jagdaktivität registriert. Am 21.05.2012 kam die besonders hohe Anzahl Rufsequenzen an den Horchkistenstandorten 1 und 2 dadurch zustande, dass mehrere Zwergfledermäuse dort während der gesamten Nacht fast kontinuierlich jagten. Im Bereich der östlichen Teilfläche (Horchkistenstandort 3) lag die Aktivität vergleichsweise wesentlich niedriger als an den Probestellen der westlichen Teilfläche. In den Horchkistenaufzeichnungen findet sich keine Sequenz, die eindeutig einer Breitflügelfledermaus zuzuordnen wäre. Die unter Nytaloid zusammengefassten Rufsequenzen stammen wahrscheinlich überwiegend von Großen Abendseglern und möglicherweise auch von Kleinen Abendseglern. Nachweise von Arten der Gattung Myotis/ Plecotus gelangen überwiegend im Waldrandbereich. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 26

Tab. 10: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art, Untersuchungsnacht und Standort Datum Ort/HK Abendsegler Breitflügelflm. Nyctaloid Pipistrellus Myotis / Plecotus Summe 10.05.2012 21.05.2012 12.06.2012 1 3 # * 3 140 # * + 2 148 2 2 # 15 # * 17 3 4 1 5 1 1 1 728 # * + 1 731 2 5 # * 659 # * + 9 673 3 2 2 73 # * + 77 1 1 236 # * + 1 238 2 3 # * 3 * 110 # * + 4 120 4 3 * 1 46 # + 50 Gesamtsumme 13 17 2011 18 2059 HK = Horchkistenstandort? = unbestimmbar Nyctaloid = nicht sicher bestimmbare Sequenzen von Breitflügelfledermäusen/ Abendseglern * = lange Rufsequenzen # = Jagdflug + = mehrere Individuen gleichzeitig = Balzrufe der Zwergfledermaus 7.2.3 Fang mit Netzen Am 12.06.2012 wurde ein Fangversuch im Wald am Südwestrand des UG unternommen. Bei nicht optimaler Witterung (kühl, Nebelbildung, auffrischender Wind) war die Fledermausaktivität generell niedrig und es wurde kein Tier gefangen. 7.2.4 Gesamtartenspektrum Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet vier Fledermausarten sicher nachgewiesenen (s. Tabelle 11). Es kam zudem mindestens eine Art aus der Gattung Myotis oder Plecotus vor, die akustisch nicht eindeutig bestimmt und auch nicht gefangen werden konnte. Eine Nutzung des UG durch mehrere Arten aus diesen Gattungen ist wahrscheinlich und hätte im Rahmen einer vollständigen Untersuchung mit weiteren Fängen vermutlich auch belegt werden können. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 27

Tab. 11: Gesamtliste der nachgewiesenen Fledermausarten mit Gefährdungs- und Schutzstatus 1 2 3 4 Artname Myotis myotis Großes Mausohr Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Nyctalus noctula Großer Abendsegler Nyctalus leisleri Kleiner Abendsegler Gefährdungs-/ Schutzstatus RL BRD/NRW FFH-Anhang V / 2 II + IV - / - IV V / V IV D / V IV 1 Rote Liste der in der BRD (MEINIG et al. 2009), bzw. in NRW gefährdeten Säugetierarten (MEINIG et al. 2010) Gefährdungskategorien: 2 = stark gefährdet 3 = gefährdet - = nicht gefährdet V = Vorwarnliste D = Gefährdung unbekannten Ausmaßes = streng geschützt nach 7 (2) BNatSchG, Fassung vom 29.07.2009 7.3 Charakterisierung und Bewertung Das Artenspektrum im UG ist zweifellos noch nicht vollständig erfasst. Wie in den anderen UG dominierte auch im Gebiet Wixberg die Zwergfledermaus. Die Abendsegleraktivität war gering, wobei der Spätsommer-/Herbstaspekt wegen des Abbruchs der Untersuchung noch sehr unzureichend erfasst wurde. Insgesamt ist die Datenlage noch zu lückenhaft, um das Gebiet charakterisieren und bewerten zu können. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 28

8 Zusammenfassung Im Stadtgebiet von Iserlohn wurden als Ergebnis einer Restriktionsanalyse vier potentielle Vorrangflächen für Windenergienutzung ermittelt, für die eine Artenschutzprüfung zu den Fledermäusen beauftragt wurde. In den Gebieten Stadtwald und Schälker Heide fand eine komplette Untersuchung über einen Zeitraum von einem Jahr statt. In den Gebieten Seilerwald und Wixberg wurden die Untersuchungen im Juni 2012 gestoppt, weil sich aus den Vogeluntersuchungen ergeben hatte, dass die Flächen für eine Windenergienutzung nicht geeignet sind. Für die Flächen Seilerwald und Wixberg werden die Daten dargestellt und soweit dies schon möglich ist, bewertet. Im Gebiet Stadtwald deuten die Ergebnisse der Untersuchungen auf ein eher geringes Kollisionsrisiko der besonders schlaggefährdeten Abendseglerarten. Der Verbotstatbestand der Tötung ( 44(1) Nr. 1 BNatSchG) würde wahrscheinlich nicht erfüllt. Es wird begründet, warum bezüglich dieser Arten, aber auch der Zwergfledermaus, eine größere Prognoseunsicherheit besteht und deshalb ein Monitoring für notwendig gehalten wird, um das tatsächliche Verhalten der Fledermäuse in Gondelhöhe nach Errichtung der WEA zu erfassen. Sollte sich dann ein Konfliktpotential ergeben, kann das Eintreten eines Verbotstatbestands durch Abschaltzeiten vermieden werden, die aus dem Monitoring abgeleitet werden können. Im Gebiet Schälker Heide deuteten die Untersuchungsergebnisse auf ein noch geringeres Kollisionsrisko als im Gebiet Stadtwald hin. Aber auch hier gibt es Prognoseunsicherheiten, die die Empfehlung eines Monitorings begründen. In allen Gebieten kann der Verbotstatbestand der Zerstörung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte ( 44(1) Nr. 3 BNatSchG) nicht erfüllt werden, weil bei Errichtung der WEA auf Windwurfflächen keine Bäume betroffen sind. Störwirkungen auf evtl. vorhandene Fledermausquartiere in angrenzenden Waldbeständen können ausgeschlossen werden, sodass auch Verbotstatbestände nach ( 44(1) Nr. 2 BNatSchG) nicht erfüllt werden. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 29

9 Literatur AHLÉN, I. (1981): Identification of Scandinavian bats by their sounds. - Department of Wildlife Ecology, 51. BÜRO BRINKMANN (2006): Untersuchungen zu möglichen betriebsbedingten Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Fledermäuse im Regierunsgbezirk Freiburg. Gutachten im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg. DÜRR, T. (2012): Fledermausverluste an Windenergieanlagen in Deutschland. Bundesweite zentrale Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im LUGV Brandenburg, Stand Mai 2012. (http://www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.2334.de/wka_fmaus_de.xls) LIMPENS, H. & A. ROSCHEN (1996): Bausteine einer systematischen Fledermauserfassung Teil 1 - Grundlagen. - Nyctalus 6(1): 52-60. MEINIG, H., P. BOYE & R. HUTTERER (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. in: BUNDESAMT F. NATURSCHUTZ (HRSG): Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(1): 115-153. MEINIG, H., H. VIERHAUS, C. TRAPPMANN & R. HUTTERER (2010): Rote Liste und Artenverzeichnis der Säugetiere Mammalia- in Nordrhein-Westfalen. http://www.lanuv.nrw.de/natur/arten/rote_liste/pdf/rl-nw10-saeugetiere.pdf SKIBA, R. (2003): Europäische Fledermäuse. Neue Brehm Bücherei 648. WEID, R. (1988): Bestimmungshilfe für das Erkennen europäischer Fledermäuse - insbesondere anhand der Ortungsrufe. - Schriftenreihe des Bayerischen Landesamt für Umweltschutz 81: 63-71. Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 30

Anhang Dense & Lorenz GbR, Osnabrück 31

Tab. 1: Detaillierte Ergebnisse der Netzfänge Karte 1 - Stadtwald Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Methodik 4 7 4 Standorte der Horchkisten (mit Bezeichnung) Fangplätze (mit Bezeichnung) Ergebnisse t trächtig m Männchen w Weibchen 3 3 Punktuelle Nachweise Großer Abendsegler Gattung Myotis / Plecotus 4 Zwergfledermaus Balzquartier Zwergfledermaus Jagdgebiete 2 Zwergfledermaus 1 Großer Abendsegler Gattung Myotis / Plecotus 7 6 Sonstige Informationen 1 2 Geplante Vorrangzone für Windkraft 5 M 1 : 10.000 m 0 50 100 200 300 400 500

Karte 2 - Schälker Heide Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Methodik 3 2 Tab. 1: Detaillierte Ergebnisse der Netzfänge 4 2 Standorte der Horchkisten (mit Bezeichnung) Fangplätze (mit Bezeichnung) Ergebnisse Punktuelle Nachweise Großer oder Kleiner Abendsegler Großer Abendsegler 2 1 t trächtig m Männchen w Weibchen Gattung Myotis / Plecotus Zwergfledermaus 4 Balzquartier Zwergfledermaus Jagdgebiete 1 Zwergfledermaus Flugstraßen Zwergfledermaus (geringe Bedeutung) Sonstige Informationen Geplante Vorrangzone für Windkraft M 1 : 6.000 m 0 25 50 100 150 200 250 300

Tab. 1: Detaillierte Ergebnisse des Netzfanges Karte 3 - Seilerwald Methodik und Ergebnisse der Fledermauserfassung Methodik 3 Standorte der Horchkisten (mit Bezeichnung) t trächtig m Männchen w Weibchen Fangplatz Ergebnisse Punktuelle Nachweise Gattung Myotis / Plecotus Zwergfledermaus Balzquartier Zwergfledermaus 3 2 1 Jagdgebiete Großer Abendsegler Kleiner Abendsegler Zwergfledermaus Sonstige Informationen Geplante Vorrangzone für Windkraft M 1 : 5.000 m 0 25 50 100 150 200 250