Jura Online - Fall: Benzinlager in der Garage - Lösung E möchte wissen, ob er im Recht ist, d.h., ob das Handeln der Behörde, hier die Zwangsgeldfestsetzung rechtmäßig war. Dies wäre der Fall, wenn sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell und materiell rechtmäßig wäre. A. Ermächtigungsgrundlage Ermächtigungsgrundlage für die Zwangsgeldfestsetzung sind 3, 8, 11 I Nr. 2, 14 HmbVwVG. B. Formelle Rechtmäßigkeit Die Festsetzung des Zwangsgeldes müsste auch formell ordnungsgemäß erfolgt sein. I. Zuständigkeit Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit bestehen nicht. II. Verfahren Fraglich ist, ob bei der Zwangsgeldfestsetzung Verfahrenserfordernisse einzuhalten sind. Gemäß 28 I VwVfG ist eine Anhörung vor dem Erlass eines belastenden VA erforderlich. Die Zwangsgeldfestsetzung ist ein VA im Sinne des 35 S. 1 VwVfG. Es könnte jedoch eine Ausnahme nach 28 II Nr. 5 VwVfG vorliegen. Danach kann von der Anhörung bei Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung abgesehen werden. Die Zwangsgeldfestsetzung ist eine Vollstreckungsmaßnahme. Damit war hier eine Anhörung nicht erforderlich. III. Form Besondere Formerfordernisse für die Zwangsgeldfestsetzung sind nicht ersichtlich. Für schriftliche Bescheide gilt aber das Begründungserfordernis des 39 I 1 VwVfG. Die Behörde hat hier als Grund angegeben, dass E das Benzin in der insoweit näher bezeichneten Garage nicht fristgerecht beseitigt habe und immer noch dort lagere. Darin liegt eine Begründung für die Festsetzung, so dass dem Begründungserfordernis des 39 I 1 VwVfG genügt wurde. Die Ersatzvornahme war damit formell rechtmäßig. C. Materielle Rechtmäßigkeit Die Zwangsgeldfestsetzung wäre rechtmäßig, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, E der richtige Vollstreckungsschuldner ist und die Vollstreckung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. I.Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen Zunächst müssten die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, d.h. es müsste ein Grund-VA
vorliegen, der wirksam und vollstreckbar und ggf. auch rechtmäßig sein müsste. 1. Grund-VA Der Grund-VA liegt hier in dem gegenüber dem B ergangenen Bescheid vom 20.08.2013. Fraglich ist, ob dieser auf E übergegangen ist. Dazu bedarf es eines Übergangstatbestands und der Übergangsfähigkeit. a.übergangstatbestand Zunächst bedürfte es eines Übergangstatbestands. Als solche kommen grundsätzlich nur solche Tatbestände in Betracht, die die Rechtsnachfolge bzw. den Rechtsübergang regeln. Dies sind für die Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge) insbesondere 1922, 1967 BGB und für die Singularsukzession (Einzelrechtsnachfolge) u.a. 398, 873, 929 BGB. Hier hat E das Grundstück mit der Garage von B geerbt, so dass der Übergangstatbestand des 1922 BGB gegeben ist. b.übergangsfähigkeit Ferner müsste die Ordnungsverfügung übergangsfähig sein. Ob und wann dies der Fall ist, ist umstritten. aa. Andere Ansicht Nach einer Ansicht sind Ordnungsverfügungen als Verpflichtung mit höchstpersönlichem Charakter anzusehen, da ihnen regelmäßig eine Ermessensentscheidung zugrunde liegt und daher, also aufgrund der Höchstpersönlichkeit, seien sie nicht übergangsfähig. Danach wäre die mit Bescheid vom 20.08.2013 gegenüber dem B ergangene Ordnungsverfügung nicht übergangsfähig und damit auch nicht auf E übergegangen. bb. Andere Ansicht Nach anderer Ansicht ist bzgl. der Übergangsfähigkeit danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Ordnungsverfügung handelt, die auf einer Verhaltensverantwortlichkeit basiert, oder ob sich um eine solche handelt, die auf einer Zustandsverantwortlichkeit beruht. Letztere sollen danach als objektgebundene Verfügungen übergangsfähig sein, während bei Verhaltensverantwortlichkeit danach zu differenzieren sei, ob das verlangte Verhalten vertretbar ist oder nicht. Im Falle der Vertretbarkeit soll Übergangsfähigkeit gegeben sein, andernfalls nicht. Hier knüpft die Ordnungsverfügung zum einen an eine Verhaltensverantwortlichkeit im Sinne des 8 I HmbSOG an, da das fortgesetzte Lagern von größeren Mengen an Benzin als Verhalten, die Gefahrgrenze unmittelbar überschreitet (vgl. 81 HBauO i.v.m. 20 II 2 und 23 Nr. 3 GarVO). Daneben knüpft sie auch an eine Zustandsverantwortlichkeit im Sinne des 9 I HmbSOG an, da der jeweilige Eigentümer der Sachen, die die Gefahrgrenze überschreiten, hier das Benzin in der Garage, ebenfalls verantwortlich ist. Hinsichtlich der Zustandsverantwortlichkeit ist die Übergangsfähigkeit nach dieser Ansicht gegeben, so dass die Ordnungsverfügung insoweit übergeht. Hinsichtlich der Verhaltensverantwortlichkeit, also der verlangten Handlung, ist zu fragen, ob diese, hier das Entfernen des Benzins aus der Garage auch von einem Dritten vorgenommen werden kann. Dies ist
vorliegend der Fall, weil jeder Dritte in der Lage wäre, das Benzin aus der Garage zu verbringen. Damit ist die verlangte Handlung vertretbar und damit ebenfalls übergangsfähig. cc.stellungnahme Für die letztgenannte Ansicht spricht zunächst, dass die Zustandsverantwortlichkeit ausschließlich an die Sache und die von ihr ausgehende Gefährlichkeit anknüpft. Insofern liegt insoweit keine Höchstpersönlichkeit vor, die einem Übergang entgegenstünde. Hinzukommt, dass es auch aus Gründen der Effektivität erforderlich ist, Ordnungsverfügungen soweit es geht, als übergangsfähig anzusehen, denn andernfalls könnte bspw. durch einen gewillkürten Wechsel des Eigentümers nahezu jede Ordnungsverfügung, die auf Zustandshaftung basiert, erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht werden. Dies widerspräche der Effektivität als Grundprinzip der Gefahrabwehr. Der zweiten Ansicht ist daher Vorzug zu geben. Damit ist der Grund-VA, die Ordnungsverfügung vom 20.08.2013, auf E übergegangen. 2.Wirksamkeit Der Grund-VA ist auch wirksam, da er dem B seinerzeit bekanntgegeben wurde, 43 I VwVfG. 3.Vollstreckbarkeit, 3 III HmbVwVG Der Grund-VA müsste auch vollstreckbar sein. Nach 3 III HmbVwVG dürfen Zwangsmittel erst angewendet werden, wenn der durchzusetzende VA unanfechtbar geworden (Nr. 1) oder die sofortige Vollziehung schriftlich angeordnet worden ist (Nr. 2) oder dem Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist (Nr. 3). Die Ordnungsverfügung wurde hier am 20.08.2013 erlassen. Ein Widerspruch wurde nicht eingelegt, so dass die Verfügung zwischenzeitlich unanfechtbar geworden ist. Die Vollstreckbarkeit folgt daher hier aus 3 III Nr. 1 HmbVwVG. 4.Rechtmäßigkeit Grundsätzlich ist umstritten, ob der zu vollstreckende Grund-VA auch rechtmäßig sein muss oder ob auch ein rechtswidriger VA vollstreckt werden kann. Unstreitig kommt es auf die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des VA aber nicht mehr an, wenn er unanfechtbar geworden ist. Dies ist vorliegend der Fall (s.o.), so dass der Streit hier dahinstehen kann. Damit liegen die Vollstreckungsvoraussetzungen vor. II.Richtiger Vollstreckungsschuldner/Pflichtiger, 9 HmbVwVG Die Vollstreckung müsste sich gegen den richtigen Pflichtigen richten. Nach 9 I HmbVwVG ist Pflichtiger derjenige, gegen den sich der Verwaltungsakt richtet (Nr. 1) bzw. sein Rechtsnachfolger, soweit der Verwaltungsakt auch gegen ihn wirkt (Nr. 2). Hier richtete sich die Ordnungsverfügung zunächst an den B, ist dann aber übergegangen auf E. Damit wirkt die Ordnungsverfügung auch gegen E (s.o.). E ist damit richtiger Pflichtiger im Sinne des 9 I Nr. 2 HmbVwVG. III.Ordnungsgemäße Durchführung
Die Vollstreckung müsste ferner auch ordnungsgemäß durchgeführt worden sein, d.h. es müsste das richtige Zwangsmittel gewählt worden sein, es müssten grundsätzlich Hinweis und Fristsetzung erfolgt sein und es müssten die weiteren Voraussetzungen der Vollstreckung gewahrt sein, insbesondere muss die Vollstreckung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. 1.Richtiges Zwangsmittel, 11 HmbVwVG Die Behörde müsste das richtige Zwangsmittel gewählt haben. Die zulässigen Zwangsmittel ergeben sich aus 11 I Nr. 1-4 HmbVwVG. Hier wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Sinne des 11 I Nr. 2 HmbVwVG, mithin ein richtiges Zwangsmittel gewählt. 2. Hinweis und Fristsetzung, 8 I, 14 HmbVwVG Nach 8 I HmbVwVG darf die Vollstreckung grundsätzlich erst beginnen, wenn eine für die Befolgung des Verwaltungsakts gesetzte Frist verstrichen und der Pflichtige darauf hingewiesen worden ist, dass die nach 11 HmbVwVG zulässigen Zwangsmittel gegen ihn angewendet werden können. Ergänzend gilt für die Festsetzung des Zwangsgeldes 14 II HmbVwVG. Danach kann die Festsetzung des Zwangsgeldes (schon) mit dem Verwaltungsakt, hier der Untersagungsverfügung, verbunden werden. Dies war vorliegend der Fall, so dass es grundsätzlich keines gesonderten Hinweises nebst Fristsetzung (vgl. insoweit 14 II 2 HmbVwVG) bedurfte. Fraglich ist jedoch, ob dies auch gegenüber E gelten kann, denn er wusste von der Ordnungsverfügung und damit auch von Hinweis und Fristsetzung nichts. Insoweit konnte bereits festgestellt werden, dass zwar die Ordnungsverfügung selbst übergegangen ist. Noch offen ist jedoch, ob dies auch für Hinweis und Fristsetzung gilt. Dafür müssten die Voraussetzungen für eine Rechtsnachfolge auch insoweit vorliegen, d.h. es bedürfte auch insoweit eines Übergangstatbestands und der Übergangsfähigkeit. a. Übergangstatbestand Übergangstatbestand ist auch diesbezüglich 1922 BGB. b. Übergangsfähigkeit Fraglich ist indes, ob Hinweis und Fristsetzung auch übergangsfähig sind. Dagegen spricht, dass sie eine Hinweis- und Warnfunktion für den Adressaten des VA haben und darüber bezwecken, dass Verhalten des Pflichtigen in Richtung Erfüllung der Vorgaben des VA zu lenken. Hinweis und Fristsetzung sind damit auf den Adressaten des VA bezogen und damit höchstpersönlich. Aus der Höchstpersönlichkeit folgt, dass ein Übergang von Hinweis und Fristsetzung und darüber hinaus von Vollstreckungsmaßnahmen generell nicht in Betracht kommt. Hinweis und Fristsetzung sind hier auch nicht nach 27 HmbVwVG entbehrlich. Danach kann u.a. von den Erfordernissen des 8 I HmbVwVG abgewichen werden, wenn eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auf andere Weise nicht beseitigt werden kann. Zwar liegt hier eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der Vorschrift vor (s.o.), aber die Störung kann anders als durch die Festsetzung des Zwangsgeldes beseitigt werden. So wäre es bspw. möglich, ggü. E die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung nach 80 II Nr. 4 VwGO anzuordnen, wenn man jetzt von einer besonderen Dringlichkeit ausgeht oder Hinweis und Fristsetzung nachzuholen, wenn die Situation als nicht so dringend eingeschätzt wird. Jedenfalls ist es nicht ohne weiteres erforderlich, auf Hinweis
und Fristsetzung ggü. E zu verzichten, so dass damit die Störung auch anders abgewendet werden kann. Damit fehlt es hier an der Übergangsfähigkeit bzgl. Hinweis und Fristsetzung und damit an der ordnungsgemäßen Durchführung. Damit ist die Festsetzung des Zwangsgeldes rechtswidrig.