Sprachen Rainer Kohlhaupt Der Status der Einheit Wort im Französischen Studienarbeit
Der Status der Einheit Wort im Französischen von Rainer Kohlhaupt Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 2 2. Verschiedene Wortbegriffe... 3 2.1 Der semantische Wortbegriff... 3 2.1.1 Aristoteles... 3 2.1.2 Nachfolger von Aristoteles... 4 2.1.3 Die Problematik des semantischen Wortbegriffs... 5 2.2 Der grammatische Wortbegriff... 6 2.2.1 Dionysios Thrax... 6 2.2.2 Thomas von Erfurt... 7 2.2.3 Neuere Sprachwissenschaft... 8 2.2.4 Die Word and Paradigm Grammar... 8 2.2.5 Die Problematik des grammatischen Wortbegriffs... 9 2.3 Der operationelle Wortbegriff... 10 2.3.1 Vorbemerkungen... 10 2.3.2 Kriterien für die Bestimmung des Wortes im Sinne des operationellen Wortbegriffs... 10 2.4 Der pragmatische Wortbegriff... 11 3. Probleme im Französischen bei der Definition des Wortes... 12 4. Das Wort als Zeichen und Wirklichkeit... 15 4.1 Das mot morphologique... 15 4.2 Das mot phonétique... 17 4.2.1 Typologie des Akzents und des mot phonétique... 17 4.2.2 Die Entstehung des mot phonétique... 19 5. Zusammenfassung... 20 6. Bibliographie... 21
1. Einleitung Geschichtlich betrachtet, gilt das Wort in der Sprachwissenschaft seit jeher als ein wichtiger Baustein der Sprache. Umso verwunderlicher ist es, dass die Identifizierung des Wortes in größeren sprachlichen Ausdrücken eine relativ späte Entdeckung in der kulturellen Entwicklung war. Dies ist der Grund, warum es weder im Griechischen, noch im Lateinischen ein Wort mit der sprachwissenschaftlichen Bedeutung Einzelwort gibt. 1 So bedeutet ónoma im Griechischen neben Wort auch Name und im Lateinischen bedeutet verbum neben Wort auch Rede und Sprichwort. Grundannahme war, dass die Kategorie Wort allen Angehörigen einer Sprachgemeinschaft bekannt ist, das heißt, dass auch der Analphabet die Fähigkeit besitzt, in einer zusammenhängend gesprochenen Rede nachträglich diejenigen Lautfolgen voneinander zu trennen, die der Sprachwissenschaftler unter der Kategorie des Wortes eingereiht hat. Die Aufgabe des Sprachwissenschaftlers liegt nun darin, herauszufinden, woher wir das Wissen haben, eine Lautfolge unter die Kategorie Wort einzureihen. Es gibt jedoch keinen anderen Gegenstand, der in der Wissenschaft so wenig erforscht worden ist, wie der des Wortes. Daher liegt die Vermutung nahe, dass für etwas vermeintlich Selbstverständliches keine wissenschaftliche Klärung und Fundierung mehr notwendig sei. In der Geschichte der Sprachwissenschaft hat sich immer wieder herausgestellt, dass die ergiebigsten Fragestellungen gerade bei denjenigen Erscheinungen lagen, die aus mangelnder Distanz für selbstverständlich angesehen wurden. Eine solche Distanzierung zum Wort ist für uns als Sprecher europäischer Sprachen sehr schwierig, da in der Schrift Lautkomplexe als Wörter voneinander getrennt werden. Dem Wissenschaftler wird das Wort vielleicht erst dann zum Problem, wenn er sich mit einer noch nicht schriftlich fixierten Sprache auseinandersetzt. Merkwürdig ist, dass auch die strukturalistische Sprachwissenschaft in Amerika, die gerade solche Situationen schwerpunktmäßig untersucht, sich mit der Definition des Wortes äußerst schwer tut. Sie rechnet wohl mit ihm als Element, aber es wird an keiner Stelle in der Literatur klar, wo der prinzipielle Unterschied zwischen Wort und Morphem liegt. 1 Vennemann, Th et al.: Sprache und Grammatik. Grundprobleme der linguistischen Sprachbeschreibung, Darmstadt 1982, S.1 2
2. Verschiedene Wortbegriffe In der Geschichte der Sprachwissenschaft haben bisher drei Gesichtspunkte bei der Definition der Einheit Wort eine Rolle gespielt. Der älteste ist der semantische. Er geht auf Aristoteles zurück und dominiert in der traditionellen Logik, der Lexikographie und der Semantik. 2 Der grammatische Wortbegriff wurde von der alexandrinischen Grammatik ausgearbeitet. Dieser bildet die Grundlage für nahezu alle traditionellen Grammatiken. Das Hauptaugenmerk der amerikanischen Deskriptivisten liegt auf dem operationellen Wortbegriff, da auf semantischer und grammatischer Ebene das Morphem an die Stelle des Wortes getreten ist. Die oben vorgeschlagenen Möglichkeiten das Wort zu definieren entsprechen der traditionellen Einteilung der Sprachwissenschaft. Der grammatische Wortbegriff, der die formale Wortstruktur untersucht, ist Gegenstand der Wortsyntax. Der semantische Wortbegriff hingegen, welcher sich auf das bezieht, was durch ein Wort bezeichnet wird, ist Gegenstand der Wortsemantik. Der Wortbegriff der amerikanischen Deskriptivisten entspricht dem pragmatischen Wortbegriff, welcher sich mit den verschiedenen Kommunikationssituationen auf verbaler und nonverbaler Ebene auseinandersetzt. Im Folgenden sollen nun die verschiedenen Wortbegriffe dargelegt werden. 2.1 Der semantische Wortbegriff 2.1.1 Aristoteles Wie bereits erwähnt wurde der semantische Wortbegriff von Aristoteles grundlegend bestimmt. Zu seiner Zeit war die Sprache in ihrer grammatischen Struktur noch nicht erfasst. Des weiteren grenzte man die Wörter in der Schrift üblicherweise noch nicht ab, weshalb nur eine semantische Definition des Wortes möglich war. Bei der Definition verwendet Aristoteles entweder den sehr eng gefassten Ausdruck Name oder er gebraucht Umschreibungen. Die wichtigsten Äußerungen von Aristoteles finden sich in den Kategorien der Hermeneutik und der Poetik. 3 Darin differenziert Aristoteles zwischen verbundenen und unverbundenen Äußerungen. Erstere ist laut Aristoteles Definition ein Satz, letztere ein einzelnes Wort. Die unverbundenen Äußerungen teilt Aristoteles ihrerseits noch einmal in zehn Unterkategorien ein. Die Zuteilung eines Wortes in eine Kategorie hängt davon ab, was es bezeichnet. Eine Definition des Wortes unter den Gesichtspunkten der Kategorien könnte 2 Weber, H.: Zur Systematik und Geschichte des Wortbegriffs, In: H. Weber: Aristotelische Sprachwissenschaft, Tübingen 1981.161 3 Weber, H.: Zur Systematik und Geschichte des Wortbegriffs, In: H. Weber: Aristotelische Sprachwissenschaft, Tübingen 1981. 163 3