Bilanzrecht zwischen Wettbewerb und Regulierung eine ökonomische Analyse



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Transkript:

Bilanzrecht zwischen Wettbewerb und Regulierung eine ökonomische Analyse Wolfgang Ballwieser Bayerische Akademie der Wissenschaften 4. Februar 2005

Gliederung Das Problem Gründe für ein einheitliches und obligatorisches Bilanzrecht Gründe für ein vielfältiges und zu wählendes Bilanzrecht Entwicklungsprozesse und empirische Resultate Thesen 2

Das Problem Bilanzrecht hat (weitgehend) öffentlich-rechtlichen Charakter; dennoch kann der Kaufmann sein Bilanzierungssystem wählen: Nicht kapitalmarktorientierte Konzerne dürfen nach IFRS (International Financial Reporting Standards) oder HGB bilanzieren Gesellschaften dürfen nach HGB oder IFRS informieren; Ausschüttungen bemessen sich nach HGB Für kapitalmarktorientierte Konzerne gelten grundsätzlich ab 2005 IFRS 3

Nur ein Rechtsunterschied HGB mit vorsichtiger Gewinnermittlung verbietet die Aktivierung von unentgeltlich erworbenen (z.b. selbst erstellten) immateriellen Anlagewerten ( 248 Abs. 2) Entwicklungskosten sind Aufwand, kein Vermögensgegenstand IFRS erzwingen unter bestimmten Bedingungen die Aktivierung von Entwicklungskosten (IAS 38.57); Entwicklungskosten sind ein asset VW 2001: Aktivierte Entwicklungskosten 5,7 Mrd. Euro; 5,4 % der Bilanzsumme; 24 % des Eigenkapitals 2003: 6,3 % der Bilanzsumme, 30 % des Eigenkapitals Werthaltigkeit? 4

Bilanzrechtsherkunft Bisher national: BMJ Bundestag/Bundesrat In der EU harmonisiert durch 4. und 7. EG- Richtlinie von 1978 bzw. 1983 (Rahmenvorgabe) Jetzt international: IASB in London 14 Mitglieder, 1 Deutscher due process EU-Kommission in Brüssel ( endorsement ) Unmittelbare Wirkung in Deutschland (Komitologieverfahren) Einflußnahme? Auslegung? 5

Anreize durch Bilanzrecht (1) Aktienoptionen für Manager Optionswert nie kleiner null Kein Aufwand nach HGB oder US-GAAP, keine Gewinnminderung (anders IFRS) Einblickshürde Enron Steigende Gewinne über 20 Quartale seit 1991 Börsenwertsteigerung um 50 Mrd. $ seit 1996 Dez. 2001 Gläubigerschutz Verlust von 618 Mio. $ Senkung Eigenkapital um 1,2 Mrd. $ Korrektur der Betriebsergebnisse der letzten vier Jahre um 586 Mio. $ Bereinigungssumme 2,4 Mrd. $ 6

Anreize durch Bilanzrecht (2) Unternehmenserwerb zu hohem Kaufpreis (zu zu hohem Kaufpreis?) Aufpreis gegenüber Vermögensgegenständen und Schulden des Kaufobjekts nach Verkehrswerten (=> Goodwill) mit Rücklagen verrechnet; heute nach US-GAAP und IFRS verboten, noch erlaubt nach HGB Keine Abschreibung nach Kaufjahr: Gewinn wird nicht gemindert Alternative Bilanzierung: Aktivierung von Goodwill und Abschreibung 7

Goodwill zu Eigenkapital 2000 Deutsche Telekom 50 % Adidas-Salomon 74 % Preussag 170 % 2002 TUI 149 % Deutsche Telekom 183 % RWE 249 % Werthaltigkeit? 8

Gesellschaften im DAX vom Oktober 2003 Geschäftsjahr 2002 GW Mio. Aktiva Mio. EK Mio. GW / Aktiva GW / EK Adidas-Salomon IFRS 639 4.261 1.081 15 % 59 % Allianz IFRS 13.786 852.056 21.772 2 % 63 % Altana IFRS 67 2.269 1.250 3 % 5 % BASF US-GAAP 2.073 35.086 16.942 6 % 12 % Bayer IFRS 2.864 41.692 15.335 7 % 19 % Bayerische Hypo-Vereinsbank IFRS 2.957 691.157 14.230 0 % 21 % BMW IFRS 0 55.511 13.871 0 % 0 % Commerzbank IFRS 1.040 422.134 8.808 0 % 2 % Continental US-GAAP 1.478 8.197 1.715 18 % 86 % DaimlerChrysler US-GAAP 2.071 187.327 34.914 1 % 6 % Deutsche Bank US-GAAP 8.372 758.355 29.991 1 % 28 % Deutsche Börse IFRS 1.249 2.656 2.152 47 % 58 % Deutsche Post IFRS 4.374 156.701 5.353 3 % 82 % Deutsche Telekom HGB 46.875 125.821 35.416 37 % 183 % E.ON US-GAAP 17.661 113.065 25.653 16 % 69 % Fresenius Medical Care (in $) US-GAAP 3.193 6.780 2.807 47 % 114 % Henkel IFRS 1.609 8.513 3.279 19 % 49 % Infineon Technologies US-GAAP 356 10.918 6.158 3 % 6 % Linde IFRS 3.021 12.206 4.086 25 % 74 % Lufthansa IFRS 1.522 19.137 4.125 8 % 53 % MAN IFRS 479 11.692 2.891 4 % 17 % Metro IFRS 4.070 22.923 4.141 18 % 98 % Münchener Rück IFRS 4.441 196.441 13.948 2 % 32 % RWE IFRS 16.007 100.273 6.429 16 % 249 % SAP US-GAAP 331 5.610 2.872 6 % 11 % Schering IFRS 426 5.392 2.934 8 % 14 % Siemens US-GAAP 6.459 77.939 23.521 8 % 27 % ThyssenKrupp US-GAAP 3.298 31.160 8.287 11 % 40 % TUI IFRS 4.754 15.517 3.181 31 % 149 % Volkswagen IFRS 292 108.896 24.634 0 % 1 % Eigenkapital ohne Minderheitsanteil Quelle: Esser (2005), S. 18 (verkürzt). 9

Gründe für obligatorisches und einheitliches Bilanzrecht Individual- und Funktionenschutz Informationsfunktion: Selbstinformation, Rechenschaft, Entscheidungsunterstützung Ausschüttungsbemessungsfunktion: Gesellschafter (HGB), Fiskus (EStG) Netzwerkeffekte bei einheitlichem Recht 10

Gründe für vielfältiges und zu wählendes Bilanzrecht Unterschiedliche Eignung des Rechts für verschiedene Geschäftsmodelle Signaling von Managementgüte; Auswirkung auf Kapitalkosten Wettbewerb als Entdeckungsverfahren für Regulierer und race to the top Präferenz für vollständige Marktlösung ; alleiniger Ordnungsrahmen Privatrecht 11

Entwicklungsprozesse 1998: 292a HGB läßt im Konzernabschluß die Wahl zwischen US-GAAP, IFRS und HGB (bis Ende 2004) 1997-2003: Unternehmen am Neuen Markt müssen aufgrund Vertrags mit Deutsche Börse AG nach US-GAAP oder IFRS bilanzieren Ab 2003: Im Prime Standard wie vorher 2005: 315a Abs. 2 erlaubt nicht kapitalmarktorientierten Konzernen Abschluß nach IFRS oder HGB 325 Abs. 2a erlaubt für Offenlegung Einzelabschluß nach IFRS statt Jahresabschluß nach HGB 12

IASC / IASC 1973 gegründet (Abwehr UK gegen EU) 1973-1979: IAS allgemein gehalten und für unstrittige Punkte entwickelt; 1980-1989: Entwicklung detaillierter IAS mit Wahlrechten Seither: Wahlrechtseliminierung 2000: IOSCO empfiehlt Akzeptanz von IAS- Abschlüssen für cross-border listings 2002: EU verlangt IFRS für bestimmte Konzerne Konvergenzprojekt mit USA 13

Empirische Auswirkungen (1) Hypothesen: Besserer statistischer Zusammenhang von Gewinn nach IFRS statt Gewinn nach HGB mit Aktienkurs / Aktienkursrendite: value relevance Senkung von Eigen- und Fremdkapitalkosten; Gründe: Weniger explizite Wahlrechte Bessere Abbildung der Sachverhalte Geringeres Rauschen bei Kommunikation mit Kapitalmarkt Geringere Unsicherheit und niedrigere Risikoprämie 14

Empirische Auswirkungen (2) Rechtsverstöße am Neuen Markt Kein besserer statistischer Zusammenhang (Harris/Lang/Möller 1994) Daske 2004: 735 Gesellschaften 1993 bis 2002; 377 HGB, 207 IFRS, 151 US-GAAP Mittlere Eigenkapitalkosten der HGB-Bilanzierer 10 % bis 11 % der IFRS- Bilanzierer 13 % bis 14 % der US-GAAP-Bilanzierer 13 % bis 15 % 15

Empirische Auswirkungen (3) Nach Bereinigung um Risikofaktoren: kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit Rechnungslegungssystem Bei Wechsel von HGB auf IFRS / US-GAAP Anstieg der absoluten Risikoprämie Bei Wechsel gemischte Ergebnisse für relative Risikoprämie, definiert als absolute Risikoprämie abzüglich Durchschnitt der Risikoprämien des Marktes 16

Berechnung Eigenkapitalkosten Aktienkurs = Barwert erwarteter Dividenden Gewinnschätzung von Finanzanalysten Prognose der Ausschüttungsquote Modell über zeitliche Struktur der Dividenden Lösung der Gleichung: Kurs (in t = 0) = D t t t= 1(1+ r) r = sicherer Zins + Risikoprämie Überführbarkeit dieses Modells in Residualgewinnmodell bei erfülltem Kongruenzprinzip 17

Empirische Auswirkungen (4) Ähnliche Negativergebnisse bei Möller/ Hüfner/Kavermann 2004 Stichprobe: alle im Amtlichen Handel und am Neuen Markt notierten Aktien 1996 bis 2002 Untersuchung von Geld-Brief-Spanne Volatilität von Aktienrenditen Volatilität von Residualrendite gegenüber Marktmodell 18

Empirische Auswirkungen (5) Möller/Hüfner/Kavermann 2004, S. 840: Die Ergebnisse geben keinen Anlass, die Vermutung von der Überlegenheit der IFRS/IAS oder der U.S.-GAAP für den deutschen Aktienmarkt weiterhin aufrechtzuerhalten. 19

Entwicklungen Konvergenzprojekt USA (FASB) / IASB Einheitliches (konvergentes) System schafft mächtigen Regulierer ohne Wettbewerb Anhaltspunkte für ungute Entwicklungen IFRS 2004 auf rd. 2.200 Seiten Principle-based IFRS (IASB)? Unklares Gewinnkonzept Full IFRS vs. IFRS für kleine / mittlere Unternehmen Induktive Regelermittlung 20

Thesen (1) Rechnungslegung bildet nicht nur Sachverhalte ab, sondern schafft auch Anreize zu ihrer Gestaltung. Deutschland läßt bestimmten Konzernen und allen Gesellschaften die Wahl der Rechnungslegung für Zwecke der Information. Das trägt zu einem Wettbewerb von Bilanzierungssystemen bei. Für einen Wettbewerb spricht aus Sicht von Unternehmen, daß sie mit der Wahl des Systems Signale an Adressaten senden können, die ihre Managementgüte indizieren sollen. Möglicherweise können sie auch ihre Geschäfte besser darstellen. 21

Thesen (2) Für einen Wettbewerb spricht aus Sicht der Regulierer, dass ein Kampf um das beste System entbrennen kann, das aus der Synthese verschiedener Systeme nach Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile der Einzelregelungen entsteht. Gegen einen Wettbewerb sprechen die Schutzfunktion der Rechnungslegung, die beeinträchtigte Vergleichbarkeit von Unternehmen, die verschieden bilanzieren, und die Behinderung von Netzwerkeffekten. 22

Thesen (3) Nach dem Verständnis des IASB und zahlreicher Anwender der IFRS senkt der Wechsel vom HGB auf IFRS Kapitalkosten, weil die IFRS weniger explizite Wahlrechte enthalten, mehr Informationen als das HGB fordern und Geschäfte zutreffender abbilden. Großzahlige empirische Untersuchungen können diese Vermutung für die Eigenkapitalkosten nicht stützen, sondern legen sogar das Gegenteil nahe. Für die Wirkung auf Fremdkapitalkosten fehlen uns empirische Ergebnisse. 23

Thesen (4) Die IFRS sind noch nicht in den USA anerkannt. Das ist aus Wettbewerbssicht vorteilhaft, für die Unternehmen nachteilig. Sollten der amerikanische Regulierer und das IASB eine Konvergenzlösung entwickeln, die von allen Industrienationen übernommen wird, droht die Gefahr, vom Regulierer vereinnahmt zu werden. Man weiß von großen und machtvollen Organisationen, daß sich diese nach einer gewissen Zeit mit sich selbst und u.u. zu Lasten Dritter beschäftigen. Das IASB liefert verschiedene Anhaltspunkte für diese Entwicklung. 24

Wichtige Literatur Daske, Holger (2004), Economic Benefits of Adopting IFRS or US-GAAP Have the Expected Costs of Equity Capital really decreased? Working Paper No. 131, Johann Wolfgang Goethe- Universität Frankfurt am Main. Esser, Maik (2005), Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 - Eine ökonomische Analyse, Frankfurt am Main (Peter Lang). Möller, Hans Peter/Hüfner, Bernd/Kavermann, Markus (2004), Zur Aktienmarktwirkung international anerkannter Rechnungslegung in Deutschland, in: Wildemann, Horst (Hrsg.), Personal und Organisation, Festschrift für Rolf Bühner, München (TCW Transfer Centrum), S. 817-843. 25