Examinatorium Sachenrecht. Vertiefungskurs Immobiliarsachenrecht. Max Kübler-Wachendorff. Lösungshinweise Fall 1: Immer Ärger mit der GbR

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Transkript:

Examinatorium Sachenrecht Vertiefungskurs Immobiliarsachenrecht Max Kübler-Wachendorff Lösungshinweise Fall 1: Immer Ärger mit der GbR A) Anspruch 1: Anspruch der V-GbR gegen K auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs aus 894 I. Unrichtigkeit des Grundbuchs 1. (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR 2. Einigung in Form der Auflassung nach 873 I, 925 I a) Vertretungsmacht gemäß 714, 709 I b) Vermutung der Vertretungsbefugnis der eingetragenen Gesellschafter gemäß 899a S. 2 i.v.m. 892 Vermutung gemäß 899a S. 1 Voraussetzungen gemäß 899a S. 2, 892 I Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß 899a S. 2, 892 I Grundsatz: Voraussetzungen gemäß 892 I müssen im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen Grundsatz: 892 II gilt nur in Bezug auf Kenntnis Keine ausnahmsweise Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts in Bezug auf einen Widerspruch aufgrund der Besonderheit des 899a c) Zwischenergebnis d) Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für den guten Glauben der 899a S. 2, 892 I auf Eintragung der Vormerkung Gutgläubiger Vormerkungserwerb des K gemäß 899a S.2 i.v.m. 893 Alt. 2, 892 Bewilligung durch V-GbR, 885 I 1 (+) Rechtsgeschäft und Grundbuchinhalt Recht an einem Grundstück Gutgläubigkeit des K und fehlender Widerspruch Eintragung der Vormerkung zugunsten des K 1

Berechtigung der V-GbR Sicherungsfähiger Anspruch gemäß 883 I 1 e.a.: keine Anwendung auf schuldrechtlicher Ebene a.a.: Anwendung auch auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft, das der dinglichen Verfügung zugrunde liegt Streitentscheidung 3. Ergebnis: wirksame Auflassung zwischen V-GbR und K 4. K wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. 5. Die V-GbR war Eigentümerin und somit berechtigt zur Übereignung des Grundstücks. B) Anspruch 2: Anspruch der V-GbR gegen K auf Herausgabe des Grundstücks aus 812 I 1 Var. 1 2

Ansprüche der V-GbR A) Anspruch 1: Anspruch der V-GbR gegen K auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs aus 894 1 Fraglich ist, ob die V-GbR von K die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs verlangen kann. Die Zustimmung entspricht der Bewilligung i.s.d. 19 GBO, d.h. der grundbuchrechtlichen Bewilligung der berichtigenden Eintragung. I. Unrichtigkeit des Grundbuchs Voraussetzung des Anspruchs aus 894 ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn sein Inhalt nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt, wenn also der im Grundbuch eingetragene K nicht Eigentümer ist. Ursprünglich war die V-GbR Eigentümerin. Dieses Eigentum könnt die V-GbR jedoch durch Übereignung an den K nach 873 I, 925 I verloren haben. 1. (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR Die Teilrechtsfähigkeit einer nach außen im Rechtsverkehr in Erscheinung tretenden GbR ist inzwischen anerkannt. Zwar ging der historische Gesetzgeber vom Gegenteil aus, wie schon 54, 718, 719 BGB und ein Umkehrschluss zu 124 I HGB zeigen. Jedoch ist der Gesetzgeber den Bedürfnissen der Praxis gefolgt und hat inzwischen die Teilrechtsfähigkeit der GbR in 11 II Nr. 1 InsO, 191 II UmwG, 162 I 2 HGB anerkannt. Hinweis: Dies ist inzwischen auch vom BGH so anerkannt worden, sodass sich dieser Streit erledigt hat. Deshalb sollten Sie sich in der Klausur dazu kurz halten. 2. Einigung in Form der Auflassung nach 873 I, 925 I A, B und C haben sich mit K über die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück geeinigt. Fraglich ist, ob die Erklärung von A, B und C der V-GbR gemäß 164 I 1 zugerechnet werden kann. A, B und C haben eine eigene Willenserklärung im Namen der V-GbR abgegeben. Sie müssten ferner mit Vertretungsmacht gehandelt haben. a) Vertretungsmacht gemäß 714, 709 I Mangels abweichender Vereinbarung wird die V-GbR von allen Gesellschaftern im Wege der Gesamtvertretung gemäß 714, 709 I vertreten. D war an der Einigung aber nicht beteiligt, so dass diese ohne Vertretungsmacht geschlossen wurde. 1 ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB. 3

b) Vermutung der Vertretungsbefugnis der eingetragenen Gesellschafter gemäß 899a S. 2 i.v.m. 892 Vermutung gemäß 899a S. 1 Nach 899a S. 1 gilt das Grundbuch als richtig in Bezug auf die Gesellschafterstellung der eingetragenen Personen und in Bezug auf die Tatsache, dass darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter existieren. Handeln die eingetragenen Gesellschafter gemeinschaftlich, besteht die Vermutung der ordnungsgemäßen Vertretung der GbR. Gemäß 899a S. 2 kann sich der andere Teil nur auf diese Vermutung unter den Voraussetzungen von 892 I berufen: Voraussetzungen gemäß 899a S. 2, 892 I Es liegt ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts vor. Das Grundbuch weist C als Gesellschafter aus. K hatte keine positive Kenntnis vom Gesellschafterwechsel, sodass die Voraussetzungen der 899a S. 2, 892 I zunächst vorlagen. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen der 899a S. 2, 892 I Im Zeitpunkt der Eintragung des K als Eigentümer ist allerdings ein Widerspruch gegen die Gesellschafterstellung des C eingetragen. Fraglich ist, in welchen Zeitpunkt die Voraussetzungen gemäß 892 I, 899a S. 2 vorliegen müssen. Grundsatz: Voraussetzungen gemäß 892 I müssen im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen Nach allgemeinen Grundsätzen müssen die Voraussetzungen des Gutglaubenserwerbs im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestands vorliegen. Dies wäre hier die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch. Grundsatz: 892 II gilt nur in Bezug auf Kenntnis 892 II verlagert den maßgeblichen Zeitpunkt für die Gutgläubigkeit des Erwerbers auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Eintragung vor. Die Norm gilt aber nur in Bezug auf die Kenntnis des Erwerbers und gerade nicht bei eingetragenem Widerspruch. Keine ausnahmsweise Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts in Bezug auf einen Widerspruch aufgrund der Besonderheit des 899a Im Rahmen von 899a S. 2, 892 ist umstritten, ob der maßgebliche Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit noch weiter nach vorne zu verlagern ist und nicht die Antragstellung gemäß 899a S.2 i.v.m. 892 II, sondern die Vornahme des Vertretergeschäfts der maßgebliche 4

Zeitpunkt sein soll. 2 Das wäre hier die Erklärung der Auflassung. Diskutiert wird eine solche weitere Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts aber nur in Bezug auf die Kenntnis des Erwerbers. Vorliegend ist aber ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen. Ungeachtet der Argumente dieser Ansichten, kommt eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts in Bezug auf einen im Grundbuch eigetragenen Widerspruch nicht in Betracht. Ein eingetragener Widerspruch zerstört den öffentlichen Glauben des Grundbuchs und damit die Vermutung der Richtigkeit seines Inhalts. Eine Ausnahme dieser Regel kann nur durch Gesetz angeordnet werden. 892 II verlagert nur den maßgeblichen Zeitpunkt der Bösgläubigkeit hinsichtlich der Kenntnis des Erwerbers vor. Daraus folgt, dass das Gesetz eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts in Bezug auf die Eintragung eines Widerspruch gerade nicht vorsieht, auch nicht im Falle von 899a S. 2, 892. c) Zwischenergebnis Grundsätzlich ist der Zeitpunkt der Eintragung des Rechts für das Vorliegen eines Widerspruchs maßgeblich. Aufgrund der Eintragung des Widerspruchs vor Eintragung des K im Grundbuch lagen die Voraussetzungen gemäß 892 I i.v.m. 899a S. 2 nicht vor, so dass es grundsätzlich an einer wirksamen Auflassung fehlt. d) Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für den guten Glauben der 899a S. 2, 892 I auf Eintragung der Vormerkung Etwas anderes könnte sich durch die Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts der Gutgläubigkeit im Sinne von 899a S. 2, 892 I auf die Eintragung der Vormerkung, die vor der Eintragung des Widerspruchs erfolgte, ergeben. Fraglich ist, ob die Vormerkung eine Vorwirkung für einen späteren gutgläubigen Erwerb hat. Nach einer früher vertretenen Ansicht, sollte die Vormerkung lediglich dem Schutz bestehender Ansprüche vor künftigen Verfügungen dienen. 3 Nach h.m. 4 ist die Vormerkung ein zuverlässiges Sicherungsmittel für Ansprüche auf den Erwerb eintragungsfähiger Rechte und bietet vollumfänglichen Erwerbsschutz. Spätere Erwerbshindernisse wie Bösgläubigkeit und die Eintragung eines Widerspruchs sollen nach Eintragung der Vormerkung dem eigentlichen Rechtserwerb nicht mehr schaden. Die Schutzwirkung der relativen Unwirksamkeit der Vormerkung gemäß 883 II 1 besteht daher 2 Lieder, JURA 2012, 335, 339 f.; Witt, BB 2011, 259, 260. A.A. Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 169, 190; Wellenhofer, JuS 2010, 1048, 1049. 3 Knöpfle, JuS 1981, 157, 165; Wiegand, JuS 1975, 205, 211. 4 BGH NJW 1981, 446, 447; BGH NJW 1972, 434; Palandt-Herrler, 76. Aufl. 2017, 885 BGB Rn. 13. 5

auch gegenüber einer späteren Eintragung eines Widerspruchs, obwohl dies keine echte Verfügung im Sinne dieser Vorschrift ist. Hierzu müsste K wirksam eine Vormerkung erworben haben. Gutgläubiger Vormerkungserwerb des K gemäß 899a S.2 i.v.m. 893 Alt. 2, 892 Bewilligung durch V-GbR, 885 I 1 (+) Die Bewilligung ist eine einseitige empfangsbedürftige und materiellrechtlich wirkende Willenserklärung. Die V-GbR wurde aber auch bei Abgabe der Bewilligung nicht wirksam von ihren wahren Gesellschaftern vertreten, da D nicht beteiligt war. Hier könnte aber wiederum 899a S. 2 i.v.m. 892 I greifen. Die Voraussetzungen müssen in Bezug auf das Vormerkungsrecht vorliegen. Rechtsgeschäft und Grundbuchinhalt Die Vormerkung wurde durch ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts bestellt. Das Grundbuch weist C als Gesellschafter aus. Recht an einem Grundstück Für die direkte Anwendung des 892 I müsste die Vormerkung ein dingliches Recht ( Recht an einem Grundstück ) darstellen, da 892 nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb dinglicher Rechte schützt. Allerdings ist die Vormerkung ein Sicherungsmittel eigener Art, auf welches 892 mangels Begründung einer unmittelbaren Beziehung zwischen Person und Sache nicht direkt angewendet werden kann. Die Vormerkung kann allerdings aufgrund ihrer Sicherungswirkung als eine Verfügung i.s.v. 893 Alt. 2 oder zumindest als verfügungsähnlich, 893 Alt. 2 analog, betrachtet werden. Die Regelung des 893 Alt. 2 ist weit auszulegen, so dass auch die Bewilligung erfasst wird. 892 I ist daher über 893 Alt. 2 anwendbar. Hinweis: Ein gutgläubiger Vormerkungserwerb ist daher nicht möglich bei Eintragung einer Vormerkung durch einstweilige Verfügung gemäß 885 I 1 Alt. 1. Gutgläubigkeit des K und fehlender Widerspruch K müsste gutgläubig in Bezug auf die Gesellschafterstellung des im Grundbuch eingetragenen C und die Nichtexistenz weiterer Gesellschafter sein. K ging davon aus, dass C Mitgesellschafter war, von der Gesellschaftersteller des D hatte er keine Kenntnis. Er war also gutgläubig in Bezug auf die Gesellschafterstellungen. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen nach 892 I beim gutgläubigen Erwerb ist die Vollendung des konkreten Rechtserwerbs, somit vorliegend der Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung. 6

Zwar wurde ein Widerspruch gegen die Gesellschafterstellung des C im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung des Widerspruchs erfolgte allerdings erst nach Eintragung der Vormerkung. Die Bewilligung ist somit gemäß 899a S. 2, i.v.m. 893 Alt. 2, 892 wirksam. Eintragung der Vormerkung zugunsten des K Die Vormerkung wurde zugunsten des K im Grundbuch eingetragen. Berechtigung der V-GbR Die V-GbR war als Eigentümerin des Grundstücks dazu berechtigt, eine Vormerkung in Bezug auf dieses Recht zu bestellen. 892 spielt hier nicht wie üblich bei der fehlenden Berechtigung des Veräußerers eine Rolle, sondern über 899a S. 2 im Rahmen der Stellvertretung der V-GbR an folgenden Stellen: Auflassung über Grundstück; Bewilligung Vormerkung; wirksamer Kaufvertrag wegen sicherungsfähigen Anspruchs (dazu gleich im Folgenden!). Sicherungsfähiger Anspruch gemäß 883 I 1 Voraussetzung für die wirksame Bestellung einer Vormerkung ist aufgrund ihrer Akzessorietät das Bestehen eines sicherungsfähigen Anspruchs. In Betracht kommt hier der Anspruch des K auf Übertragung des Grundstücks aus 433 I 1. Das Formerfordernis gemäß 311b I wurde gewahrt. Problematisch ist hier aber wiederum, dass die V-GbR von A, B und C bei Abschluss des Kaufvertrags nicht wirksam vertreten wurde (s.o.). Fraglich ist, ob die Vermutung nach 899a auch auf schuldrechtlicher Ebene zur Anwendung gelangt und daher auch für die Stellvertretung bei Abschluss des Kaufvertrags gilt. e.a.: keine Anwendung auf schuldrechtlicher Ebene Eine Ansicht verneint die Anwendung von 899a S. 2 auf der schuldrechtlichen Ebene. 5 Der Wortlaut in Ansehung des eingetragenen Rechts und die systematische Stellung der Vorschrift im Sachenrecht würden für eine Anwendung nur auf sachenrechtlicher Ebene sprechen. Auch habe 899a allein den Zweck, Klarheit in Eigentumsfragen zu schaffen und damit die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken im Eigentum von GbRs zu erhalten. Dafür genüge eine Anwendung des 899a allein auf dinglicher Ebene. 5 Beck-OnlineKomm/Eckert, Stand Februar 2017, 899a BGB Rn. 5; Palandt/Herrler, 76. Aufl. 2017, 899a BGB Rn 6, 9; Kesseler, NJW 2011, 1909, 1913. 7

a.a.: Anwendung auch auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft, das der dinglichen Verfügung zugrunde liegt Eine andere Ansicht bejaht die Anwendung auch auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft. 6 Für diese Ansicht spricht, dass andernfalls der Erwerber Eigentum erwirbt, es aber nach Bereicherungsrecht mangels Rechtsgrund herausgeben muss. Streitentscheidung Eine h.m. lässt sich zu diesem Problem nicht bestimmen. Beide Ansichten werden gleich stark vertreten. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt zu diesem Problem noch nicht vor. Für die Anwendung von 899a S. 2 auch auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft spricht der Gedanke des vollumfänglichen Erwerbsschutzes der Vormerkung. Lehnt man die Anwendung von 899a auf den Grundstückskaufvertrag ab, so entfällt wie es vorliegend deutlich wird auch der Schutz einer Vormerkung, da diese mangels sicherungsfähigen Anspruchs nicht wirksam entstehen kann. Deshalb ist eine Anwendung von 899a S. 2 zumindest in den Fällen anzunehmen, in den die Entstehung einer Vormerkung von dem schuldrechtlichen Kausalgeschäft abhängt. Hinweis: Folgt man der a.a. und lehnt die Anwendbarkeit des 899a auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ab, muss man als nächstes prüfen, ob nicht eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zu Gunsten des Erwerbers (hier K) greift, insbesondere da es die Gesellschafter entgegen 82 S. 3, 1 GBO unterlassen haben, das Grundbuch zu berichtigen. 7 Daraus könnte sich die Vertretungsmacht von A, B und C ergeben. 3. Ergebnis: wirksame Auflassung zwischen V-GbR und K Nach der hier vertretenen Auffassung erwirbt K wirksam eine Vormerkung. Der spätere Widerspruch steht der Realisierung des gesicherten Anspruchs entgegenstehen und ist daher vormerkungswidrig im Sinne von 883 II 1. Maßgeblich für das Vorliegen der Voraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb des Eigentums durch K nach 892 I ist demnach der Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung. Zu diesem Zeitpunkt war kein Widerspruch eingetragen. Die spätere Eintragung schadet nicht. K war gutgläubig in Bezug auf die Vertretungsbefugnis von A, B und C bei der Auflassung gemäß 899a S. 2, 892 I. Eine wirksame Auflassung liegt somit vor. 4. K wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. 6 Böttcher, NJW 2010, 1647, 1655.; Heßeler/Kleinhenz, WM 2010, 446, 449. 7 MüKo/Kohler, 7. Aufl. 2017, 899a BGB Rn. 16. 8

5. Die V-GbR war Eigentümerin und somit berechtigt zur Übereignung des Grundstücks. Das Grundbuch ist richtig. Es besteht kein Anspruch aus 894 gegen K. Hinweis: Lehnt man die Anwendung von 899a S. 2 auf den Kaufvertrag und auch eine Duldungsoder Anscheinsvollmacht von A, B und C ab, erwirbt K mangels sicherungsfähigen Anspruchs keine Vormerkung. In diesem Fall entfaltet der Widerspruch, der vor der Eintragung des K als Eigentümer des Grundstücks eingetragen wird, seine Wirkung und verhindert einen gutgläubigen Erwerb des K. Das Grundbuch ist somit unrichtig, da die V-GbR Eigentümerin geblieben ist. Sie kann von K Zustimmung zur Grundbuchberichtigung aus 894 verlangen. Die Geltendmachung des Anspruchs der V-GbR kann nur durch A, B und D gemeinschaftlich beschlossen werden. Dies dürfte aber machbar sein, da A und B den Verkauf bereuen. B) Anspruch 2: Anspruch der V-GbR gegen K auf Herausgabe des Grundstücks aus 812 I 1 Var. 1 Die V-GbR könnte gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks aus 812 I 1 Var. 1 haben. K hat das Eigentum an dem Grundstück durch einseitige, zweckgerichtete Vermögensvermehrung der V-GbR, also durch Leistung, erlangt. Da wie bereits erörtert jedoch auch das schuldrechtliche Rechtsgeschäft, der Kaufvertrag, wegen der Anwendung des 899a wirksam ist, hat K einen Grund für das Behaltendürfen des Grundstücks, mithin einen Rechtsgrund i.s.d. 812 I 1 Var. 1. Daher hat die V-GbR auch keinen Anspruch aus 812 I 1 Var. 1. Hinweis: Wenn man der Auffassung folgt, dass hier ein wirksames schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft mangels Anwendbarkeit des 899a und mangels Rechtsscheinvollmacht nicht vorliegt, könnte die V-GbR das Grundstück von K gemäß 812 I 1 Var. 1 auch dann herausverlangen, wenn anders als hier das dingliche Rechtsgeschäft, also die Eigentumsübertragung, wirksam gewesen wäre (und damit ein Anspruch aus 894 nicht bestünde). Das Eigentum des Erwerbers ist nach dieser Ansicht also nicht kondiktionsfest, sondern muss zumindest nach Bereicherungsrecht stets zurückübertragen werden. 9