verdienstlich im Dienste zweier Herren



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FACHZEITSCHRIFT FÜR WIRTSCHAFTS APRIL 2011 04 www.ecolex.at 281 380 Immobilien-Makelei oder verdienstlich im Dienste zweier Herren Vertragsanpassung nach Zuschlagsverzögerung Verfall statt Bereicherungs-Abschöpfung im Wirtschaftsstrafrecht Kostenrecht Neues, nicht nur Erfreuliches Spezialisierte Kammern für Internationale Handelssachen Einlagenrückgewähr durch Besicherung Abfall Besitzer, Erzeuger, Sammler, Behandler

Voreinzahlungen auf Kapitalerhöhungen Benötigt eine Kapitalgesellschaft weiteres Eigenkapital, besteht der klassische Weg der Kapitalaufbringung in einer Kapitalerhöhung. Die dafür notwendigen Schritte sind im Gesetz klar vorgegeben. In den meisten Fällen ist es auch unproblematisch, diesen Ablauf einzuhalten. Schwierigkeiten ergeben sich aber dann, wenn die Gesellschaft das frische Geld sehr rasch benötigt. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, auf die Kapitalerhöhung Vorauszahlungen zu leisten. GESELLSCHAFTS- GELEITET VON J. REICH-ROHRWIG CHRISTOPHER SCHRANK / GERNOT WILFLING A. Einleitung In Folge der Finanzkrise ist va für finanzschwache Unternehmen die Aufnahme von Fremdkapital schwieriger geworden, weshalb in letzter Zeit die Unternehmenssanierung durch Zuführung von frischem Eigenkapital an Bedeutung gewonnen hat. Zur Ausstattung von Kapitalgesellschaften mit Eigenkapital stehen im Wesentlichen zwei Alternativen zur Verfügung, nämlich die Leistung eines (nicht rückzahlbaren) Gesellschafterzuschusses oder die Zeichnung einer Kapitalerhöhung. Die Zuführung von frischem Eigenkapital mittels Gesellschafterzuschuss ist weil es zu keiner Firmenbucheintragung kommt einfach. Es reicht aus, dass der Gesellschafter das Geld an die Gesellschaft überweist und erklärt, diese Zahlung als nicht rückzahlbaren Gesellschafterzuschuss zu tätigen. Da keine neuen Anteile ausgegeben werden, ist der Gesellschafterzuschuss in Folge der sonst eintretenden Verwässerung in der Regel aber nur bei Gesellschaften mit einem Alleingesellschafter oder dort, wo alle Gesellschafter im Ausmaß ihrer Beteiligung neues Kapital zuführen, ein taugliches Mittel der Kapitalausstattung. MMag. Dr. Christopher Schrank ist Rechtsanwalt und Mag. Gernot Wilfling Rechtsanwaltsanwärter der Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, office@btp.at, www.btp.at 1) Diese betragen sofern die Satzung nicht längere Fristen vorsieht bei der GmbH zumindest sieben Tage ( 38 Abs 1 GmbHG), bei der AG aber zumindest 21 Tage ( 107 AktG). Immer dann, wenn lediglich einzelne Gesellschafter oder ein Dritter der Gesellschaft (weiteres) Eigenkapital zur Verfügung stellen, erfordert die Ausgabe neuer Anteile von hier nicht zu behandelnden Ausnahmen abgesehen eine ordentliche Kapitalerhöhung unter Einhaltung der dafür gesetzlich vorgesehenen Regelungen ( 149 ff AktG, 52 ff GmbHG). Bereits durch die einzuhaltenden Fristen für die Einberufung der Haupt- bzw Generalversammlung 1 ) geht daher (sofern keine Vollversammlung möglich ist) wertvolle Zeit verloren, was den Zufluss des frischen Kapitals verzögert. Dies kann va in Zeiten der Krise der Gesellschaft zu Schwierigkeiten führen. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Durchbrechung des gesetzlich vorgezeichneten Ablaufs bei der Kapitalerhöhung dahingehend möglich ist, dass die Einlage eines Gesellschafters auch dann schuldtilecolex 2011 329

GESELLSCHAFTS- 330 ecolex 2011 gend erfolgt, wenn sie bereits vor dem förmlichen Kapitalerhöhungsbeschluss an die Gesellschaft geleistet wurde und im Zeitpunkt der Beschlussfassung allenfalls nicht mehr (vollständig) im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. B. Aktuelle Rechtslage Weder im AktG noch im GmbHG ist explizit festgeschrieben, bis zu welchem Zeitpunkt ein Kapitalerhöhungsbetrag unvermindert im Vermögen der Gesellschaft zur Verfügung stehen muss. Bei Gesellschaftsgründungen gilt nach 29 AktG bzw 10 GmbHG, dass die Geschäftsführung den Nachweis zu erbringen hat, dass die Einzahlungsbeträge geleistet wurden und die Geschäftsführung in der Verfügung über die eingezahlten Beträge nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt ist. Dieser Nachweis ist durch Vorlage einer Bankbestätigung zu erbringen. Die Firmenbuchpraxis verlangt eine Bankbestätigung, welche zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht älter als ein bis zwei Wochen ist. 2 ) Überdies muss die Geschäftsführung bei der Bargründung in der Firmenbuchanmeldung erklären, dass das Kapital im vorgesehenen Ausmaß bar eingezahlt ist und sich der eingezahlte Betrag in der freien und unbeschränkten Verfügung der Geschäftsführung befindet (vgl 10 Abs 3 GmbHG). Die Literatur leitet daraus ab, dass bei Gesellschaftsgründungen die Bareinzahlungsbeträge zumindest zum Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zum FB noch unvermindert vorhanden sein müssen. 3 ) Die Rsp hat bisher einen etwas strengeren Ansatz vertreten: Es wird verlangt, dass sich der Bareinzahlungsbetrag auch noch zum Zeitpunkt des Einlangens der Anmeldung beim Gericht auf dem Konto befindet. 4 ) Seit Firmenbuchanträge via web-erv eingebracht werden, ist dieser Zeitpunkt freilich identisch mit dem Zeitpunkt der Anmeldung, sodass die Differenzierung hinfällig wird. Für Kapitalerhöhungen gelten 29 AktG bzw 10 GmbHG grundsätzlich analog. 5 ) Die Frage, wie lange der Kapitalerhöhungsbetrag real vorhanden sein muss, wird hier jedoch weniger streng gesehen als bei der Gründung. Die überwiegende Lehre 6 ) vertritt dem BGH 7 ) folgend, dass die freie Verfügung der Geschäftsführung über den Erhöhungsbetrag zu irgendeinem Zeitpunkt nach der Beschlussfassung genügt. Mit anderen Worten: Bei Kapitalerhöhungen ist anerkannt, dass die Gesellschaft das Geld gleich nach Beschlussfassung verbrauchen kann und nicht die Eintragung im Firmenbuch abwarten muss. Besonders brisant sind bei der Kapitalerhöhung jedoch jene Situationen, in denen Gesellschafter den Erhöhungsbetrag bereits vor der förmlichen Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung auf ein Gesellschaftskonto einzahlen ( Voreinzahlung ). Dies ist zwar dann unproblematisch, wenn der Einzahlungsbetrag zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung beim FB oder zumindest nach der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung noch unvermindert vorhanden ist. Umstritten ist jedoch, ob einer Voreinzahlung schuldtilgende Wirkung zukommen kann, wenn der Voreinzahlungsbetrag im Zeitpunkt der förmlichen Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung bereits verbraucht ist. 8 ) C. Schuldtilgende Wirkung von Voreinzahlungen Die Bestimmungen in den 10 GmbHG und 29 AktG dienen dem Gläubigerschutz bei der Kapitalaufbringung. Der Gläubigerschutz soll ua durch die Erklärung der Geschäftsführung und die Bestätigung eines Kreditinstituts sowie der damit einhergehenden Haftung der Geschäftsführung bzw des Kreditinstituts für Falscherklärungen erreicht werden. 9 ) Der Schutz der Gläubiger bei der Kapitalaufbringung erfordert es jedoch nicht unbedingt, Voreinzahlungen auf künftig zu beschließende Kapitalerhöhungen die schuldtilgende Wirkung in jedem Fall zu versagen, wenn die Voreinzahlung im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits verbraucht wurde. Weder im GmbHG noch im AktG gibt es gesetzliche Bestimmungen, die das Leisten von Voreinzahlungen explizit verbieten. 10 ) Die nach herrschender Lehre und Rsp zwingende gesetzliche Abfolge (die bei der Voreinzahlung durchbrochen wird) sieht jedoch zuerst einen Kapitalerhöhungsbeschluss vor, auf den dann die Übernahmeerklärung hinsichtlich der neuen Einlagen folgt; 11 ) erst danach sollen die Leistung der Einlagen erbracht und die Anmeldung beim Firmenbuchgericht eingebracht werden. 12 ) Dennoch gibt es gute Gründe dafür, eine Durchbrechung des gesetzlich vorgesehenen Ablaufs zuzulassen, wenn dies zum Wohl der Gesellschaft erforderlich ist (zb wenn die Gesellschaft sofort frisches Eigenkapital benötigt, um den Fortgang des Geschäftsbetriebs zu gewährleisten). Dringender Kapitalbedarf kann auch zur Sanierung von Tochtergesellschaften, für Akquisitionen, für dringend erforderliche Investitionen oder in sonstigen Fällen, in denen der Gesellschaft ein Schaden entstehen kann, wenn nicht schnell frisches Kapital in die Gesellschaft gelangt, gegeben sein. 2) Gruber, ÖBA 2003, 735. 3) Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I 2 Rz 1/593, 606; weitere Nachweise bei Koppensteiner/Rüffler, GmbHG 3 10 Rz 17, die jedoch selbst der Ansicht sind, dass es ausreicht, wenn das Kapital zum Zeitpunkt der Anmeldung wertmäßig (also entweder in bar oder in Vermögenswerten) noch vorhanden ist. 4) OGH ecolex 1994, 819; OGH RdW 1990, 13; auf den Zeitpunkt der Anmeldung abstellend OLG Wien 20. 5. 1994, 6 R 22/94. 5) Koppensteiner/Rüffler, GmbHG 3 53 Rz4; Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 155 Rz 18 mwn. 6) Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, AktG 5 155 Rz 3; Winner in Doralt/ Nowotny/Kalss, AktG 155 Rz 21; Pfeifer in Kropff/Semmler, Münch- Komm AktG 2 188 Rz 15. 7) BGH 18. 3. 2002, ZIP 2002, 799; Rechtsprechung des OGH zu dieser Frage gibt es soweit ersichtlich nicht. 8) Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 155 Rz 24. 9) Van Husen in Straube, Wiener Komm GmbHG 10 Rz 52 ff. 10) Für die vergleichbare deutsche Rechtslage Ulmer, Die Voreinzahlung auf Barkapitalerhöhungen im GmbH-Recht Von Fallstricken und Fußangeln, in FS Westermann 1576. 11) OGH 25. 9. 1997, 6 Ob 264/97 k; BGH GmbHR 1995, 113 f; Karollus, DStR 1995, 1065 f; Groß, GmbHR 1995, 848. 12) Ähnlich Karollus, DStR 1995, 1065; Ehlke, ZGR 1995, 427 f; Wülfing, GmbHR 2007, 1124.

13) Ebenso zum dgmbhg Priester, Voreinzahlung auf Stammeinlagen bei sanierender Kapitalerhöhung, in FS Fleck 237. 14) Ebenso Fellner/Kaindl, ÖBA 2006, 114; Winner, AktG 155 Rz 24; Lutter in Zöllner, Kölner Komm AktG 2 188 Rz 25; Hüffer, AktG 9 188 Rz 8; ähnlich Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Großkomm 56 a Rz 33, 33 a. 15) Vgl nur Ulmer in FS Westermann 1583. 16) Ähnlich Lutter in Zöllner, Kölner Komm AktG 2 188 Rz 24. 17) Ebenso Ehlke, ZIP 2007, 752. 18) Ebenso Pfeifer in Kropff/Semmler, MünchKomm AktG 2 188 Rz 19. 19) Groß, GmbHR 1995, 846; Ehlke, ZIP 2007, 752. 20) Ebenso auf das Erfordernis des dringenden Kapitalbedarfs abstellend Lutter/Hommelhof/Timm, DB 1980, 750. 21) BGH ZIP 2006, 2216. 22) Ebenso Ehlke, ZGR 1995, 446; Groß, GmbHR 1995, 849; Kort, DStR 2002, 1226; aa BGH ZIP 2006, 2216; Priester in FS Fleck 231, 237 ff; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG 3 63Rz22a;Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 16 56aRz6a. 23) AA der BGH (ZIP 2006, 2216) und die hl, vgl nur Winner in Doralt/ Nowotny/Kalss, AktG 155 Rz 24; Karollus, DStR 1995, 1065; Pfeifer in Kropff/Semmler, MünchKomm AktG 2 188 Rz 18 f; Veil in Schmidt/Lutter, AktG 188 Rz 14. GESELLSCHAFTS- Aus den Gesetzesmaterialien geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung des gesetzlichen Ablaufs solche Fälle bedacht hätte, weshalb insofern vom Vorliegen einer Regelungslücke ausgegangen werden kann. 13 ) Diese Lücke ist durch zweckmäßige Interpretation im Hinblick auf einen effektiven Gläubigerschutz zu schließen. Um einen effektiven Gläubigerschutz zu gewährleisten, ist in Situationen, in denen die Gesellschaft einen dringenden Kapitalbedarf hat (sei es aufgrund einer Krisensituation oder aus anderen Gründen), Voreinzahlungen schuldtilgende Wirkung zuzuerkennen. 14 ) Das starre Einhalten des gesetzlich vorgezeichneten Ablaufs auch in solchen Situationen würde nämlich die Zufuhr von Liquidität erschweren und zu einer (nachhaltigen) Schädigung der Gesellschaft führen. Für Gläubiger ist es daher regelmäßig besser, es kommt Geld vor der förmlichen Beschlussfassung in die Gesellschaftskasse und wird zur Deckung des dringenden Kapitalbedarfs (schon vor der Beschlussfassung) verwendet, als die Gesellschafter halten sich an den vorgegebenen Ablauf und treiben die Gesellschaft dadurch allenfalls in die Insolvenz. Gerade die im Zeitpunkt der Voreinzahlung bereits bestehenden Gläubiger werden an einer möglichst raschen Zahlung interessiert sein. Die Einhaltung der gesetzlichen Abfolge ist daher zum Schutz von Altgläubigern keinesfalls erforderlich. UE erfordert auch der Schutz der Neugläubiger nicht, Ausnahmen vom gesetzlichen Ablauf abzulehnen. Potenzielle Neugläubiger werden in der Regel (wenn überhaupt) erst nach Eintragung im FB von der Kapitalerhöhung Kenntnis erlangen. Wie bereits erwähnt, kommt es nach der herrschenden Meinung jedoch darauf an, dass der Kapitalerhöhungsbetrag zu irgendeinem Zeitpunkt nach der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung vorhanden ist. Ein potenzieller Neugläubiger kann daher ohnedies nicht darauf vertrauen, dass der Kapitalerhöhungsbetrag zum Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das FB noch vorhanden ist, sondern lediglich darauf, dass in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung ein Mittelzufluss erfolgt ist. 15 ) Es besteht daher schon deshalb auch kein schutzwürdiges Interesse der Neugläubiger. Diese Auffassung wird dadurch gestützt, dass Kapitalerhöhungen auch bei schlechter Vermögenslage der Gesellschaft zulässig sind. Ein Gläubiger kann sich daher nicht auf eine bestimmte Vermögenslage oder Liquidität der Gesellschaft verlassen, nur weil diese gerade eine Kapitalerhöhung durchgeführt hat. In diesem Punkt weicht die Situation bei der Kapitalerhöhung auch erheblich von der Situation bei der Gründung ab, weshalb eine großzügigere Behandlung der Kapitalerhöhung geboten ist. 16 ) Während Voreinzahlungen die Interessen der Gesellschaftsgläubiger somit nicht beeinträchtigen, sprechen die Interessen der Übernehmer der Kapitalerhöhung klar für die Anerkennung der Voreinzahlung. Beim voreinzahlenden Gesellschafter handelt es sich in aller Regel um einen Gesellschafter, welcher im Interesse der Gesellschaft (und daher auch im Interesse der Gesellschaftsgläubiger) handelt. 17 ) Dieser müsste aber würde man die Voreinzahlung nicht anerkennen den Kapitalerhöhungsbetrag noch einmal leisten, während er gegenüber der Gesellschaft nur einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen der rechtsgrundlosen Zahlung geltend machen könnte. 18 ) Letzterer ist jedoch in der Insolvenz (Voreinzahlungen werden in der Regel in der Insolvenz durch den Masseverwalter aufgedeckt) Konkursforderung und würde daher nur mit der Konkursquote bedient. 19 ) Aus all diesen Gründen steht das Gebot des Gläubigerschutzes der Anerkennung von schuldtilgender Wirkung von Voreinzahlungen in Fällen, in denen die Gesellschaft ein dringendes Bedürfnis nach frischem Kapital hat, nicht entgegen. 20 ) Die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung muss jedoch ohne schuldhafte Verzögerung nachgeholt werden. 21 ) Es ist ue aber nicht notwendig, dass die Kapitalerhöhung im Zeitpunkt der Voreinzahlung insb durch Einberufung der Haupt- bzw Generalversammlung bereits in die Wege geleitet ist. 22 ) Freilich ist es notwendig, die Voreinzahlung gegenüber dem Firmenbuchgericht offen zu legen. Dies allein deshalb, weil es wegen des erfolgten (teilweisen) Verbrauchs des Geldes nicht möglich sein wird, dem FB eine nach der Beschlussfassung ausgestellte förmliche Bankbestätigung vorzulegen. Die Geschäftsführer werden daher gegenüber dem Firmenbuchgericht zu bestätigen haben, dass der Kapitalerhöhungsbetrag im Leistungszeitpunkt unbeschränkt, namentlich nicht durch Gegenforderungen beschränkt, zur Verfügung stand. Zusätzlich wäre es sinnvoll, durch Vorlage einer Überweisungsbestätigung bzw einer gesonderten Bestätigung der Bank zu dokumentieren, dass das Geld wenn auch vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss geleistet worden ist. Weitere Voraussetzungen für die schuldtilgende Wirkung einer Voreinzahlung bestehen ue nicht. Insbesondere sollte man sich nicht auf das Bestehen einer Krise versteifen, sondern wie zuvor erwähnt jede Art von dringendem Kapitalbedarf anerkennen. 23 ) Überdies wäre es nicht sachgerecht, die Voreinzahlung nur dann anzuerkennen, wenn die Sanierung ohne derselben scheitern würde. Dies schon deshalb, weil es für die handelnden Akteure im Zeitecolex 2011 331

GESELLSCHAFTS- punkt der Einzahlung oft nicht erkennbar ist, ob die Sanierung tatsächlich scheitern würde, wenn sie mit der Einzahlung noch zuwarten würden. 24 ) Ebenso kann es nicht auf eine objektive Sanierungsfähigkeit und Eignung der Voreinzahlung zur durchgreifenden Sanierung ankommen. 25 ) Aus der Sicht des einzahlenden Gesellschafters werden diese Kriterien in aller Regel erfüllt sein, da er andernfalls nicht bereit wäre, frisches Geld in die Gesellschaft einzuzahlen. Die Einholung einer objektiven Meinung, wie bspw das Gutachten eines Unternehmensberaters, wird in Konstellationen wie der hier fraglichen jedenfalls am zeitlichen Faktor scheitern. 26 ) D. Abgrenzung zur verdeckten Sacheinlage Sofern eine Zahlung im engen zeitlichen Zusammenhang vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss mit dem Zahlungszweck erfolgt, eine Bareinlage an die Gesellschaft zu leisten, liegt keine (verdeckte) Einlage von Forderungen vor. 27 ) Dies ist damit zu begründen, dass es bei der Voreinzahlung gar nicht erst zum Entstehen einer Forderung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft kommt. Mangels Vorliegen einer Forderung kann eine solche auch nicht als Sacheinlage eingebracht werden. 28 ) Wird jedoch eine Zahlung ohne zeitlichen Zusammenhang zur Kapitalerhöhung zuerst als Darlehen geleistet, auf das der Gesellschafter dann im Hinblick auf die geplante Kapitalerhöhung verzichtet, besteht eine (wenn auch vielleicht nicht fällige) Forderung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Die Einbringung dieser Forderung wäre als Sacheinlage zu qualifizieren. 29 ) 24) Ebenso Ehlke, ZIP 2007, 750. 25) Ebenso Priester in FS Fleck 249; Ehlke, ZIP 2007, 750; aa BGH ZIP 2006, 2216. 26) Ähnlich Ehlke, ZIP 2007, 750. 27) Lutter/Hommelhof, GmbHG 15 56 Rz 19; ähnlich Priester in FS Fleck 240; Groß, GmbHR 1995, 847; aa Wiedemann, GmbHR 1967, 146 (147). 28) Groß, GmbHR 1995, 849; ähnlich Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Großkomm 56 Rz 30; ders in FS Westermann 2578. 29) Vgl nur Koppensteiner/Rüffler, GmbHG 3 63 Rz 15. SCHLUSSSTRICH Hat eine Gesellschaft dringenden Kapitalbedarf, kommt einer Voreinzahlung auf eine künftig zu beschließende Kapitalerhöhung auch dann schuldtilgende Wirkung zu, wenn der Voreinzahlungsbetrag im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung bereits verbraucht war, sofern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Voreinzahlung und Kapitalerhöhungsbeschluss besteht. Aus praktischen Gründen wird eine Offenlegung der Voreinzahlung beim Firmenbuchgericht erforderlich sein. 332 ecolex 2011