(KOM(2011)

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Transkript:

Positionspapier V e r b a n d d e r d e u t sc h e n I n t e r n e t w i r t s c h a f t e. V. Berlin, den 26.03.2012 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 11.01.2012 (KOM(2011) 942 endg.); Arbeitspapier "Online- Dienste, einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt" vom 11.01.2012 eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e.v. versteht sich als Interessenvertreter und Förderer aller Unternehmen, die mit oder im Internet wirtschaftliche Wertschöpfung betreiben. Der Verband vertritt aktuell 600 Mitglieder. Hierzu zählen unter anderem ISP (Internet Service Provider), ASP (Application Service Provider), Carrier, Hard- und Softwarelieferanten, Content- und Service-Anbieter sowie Kommunikationsunternehmen. Der eco Verband ist damit der größte Internet Service Provider Verband Europas. Am 11.01.2012 hat die EU-Kommission eine Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr und andere Online-Dienste (KOM(2011) 942 endg.) der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen angenommen, die 16 konkrete Hauptmaßnahmen (Aktionsplan) beinhaltet und auf die Beseitigung sämtlicher Hemmnisse, die die Entwicklung der europäischen Internetwirtschaft bislang gebremst haben, abzielt. 1 Die zu diesem Thema bereits durchgeführten Konsultationen und Analysen würden zwar nach Ansicht der Kommission nicht darauf hindeuten, dass eine Überarbeitung der Richtlinie erforderlich sei. 2 Erforderlich seien jedoch Maßnahmen zur Verbesserung der Umsetzung der Richtlinie, Präzisierung einiger Punkte wie die Haftung der Internet-Vermittler und die Umsetzung weiterer Einzelmaßnahmen (s. Aktionsplan). 3 Eine dieser Maßnahmen (Nr. 12) bezieht sich auf die Verabschiedung einer horizontalen Initiative zu den Melde- und Abhilfemaßnahmen (sog. notice-and-action Verfahren) im Rahmen der Haftungsregelungen der ECRL. Sie soll noch im Jahr 2012 beschlossen werden und alle Arten von Online Services umfassen. 1 S. hierzu und zu den weiteren Aktionen der EU das Factsheet im Anhang I. 2 Mitteilung S. 6. 3 Mitteilung S. 6. 26.03.2012 Seite 1 von 8 eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.v. Marienstraße 12 10117 Berlin Fon +49 (0) 30-20 21 567-0 Fax +49 (0) 30-20 21 567-11 berlin@eco.de www.eco.de

eco begrüßt die Gelegenheit, angesichts der im Aktionsplan angekündigten Maßnahmen im Bereich der Online-Dienste im Binnenmarkt zu Einzelfragen Stellung nehmen zu dürfen. Kurzfassung der Positionen: - aus Sicht des eco besteht kein Handlungsbedarf, die Haftungsregeln für Internet-Vermittler gesetzgeberisch zu präzisieren - ebenso besteht kein Handlungsbedarf im Hinblick auf notice-and-action Verfahren im Rahmen der Haftung der Internet-Vermittler - allgemeine Überwachungs- und Filterverpflichtungen für Provider müssen ausgeschlossen bleiben - Beachtung des Grundsatzes der subsidiären Haftung von Access- und Host- Providern I. E-Commerce-Richtlinie Die EU-Kommission führt im Arbeitspapier Online-Dienste zur Mitteilung aus, dass die Antworten zu der im Jahr 2010 durchgeführten öffentlichen Konsultation zur Zukunft des E-Commerce im Binnenmarkt und zur Umsetzung der ECRL ergeben hätten, dass die Betroffenen sich im besonderen Maße mit regulatorischer Unsicherheit bezüglich der Anwendung des Haftungsregeln für Internet- Vermittler der E-Commerce-Richtlinie konfrontiert sähen. Die technischen Weiterentwicklungen und Innovationen der vergangenen Jahre sowie die unterschiedliche Rechtsprechung in den Mitgliedstaaten würden die Auslegung der Regeln der E-Commerce-Richtlinie weiter erschweren. Im Arbeitspapier Online-Dienste wird aus diesem Grund das Erfordernis einer Präzisierung der Haftungsregeln für Internet-Vermittler thematisiert (S. 24 ff.). Vier Bereiche werden hierbei hervorgehoben: Definition der Vermittlertätigkeiten in Art. 12-14 ECRL, die materiellen Voraussetzungen der Haftungsregeln in Art. 12-14 ECRL, die Ausgestaltung von notice-and-action Verfahren sowie das Überwachungsverbot in Art. 15 ECRL. eco bewertet die E-Commerce-RL aktuell als ein grundsätzlich sehr gutes und geeignetes Instrument, den elektronischen Rechtsverkehr zu fördern und zu gestalten. Die E-Commerce-RL hat für den elektronischen Rechtsverkehr einen funktionierenden Rechtsrahmen als entscheidende Grundlage geschaffen, sie bildet die Basis für die wirtschaftliche Tätigkeit der Internet Service Provider. Insbesondere die Regelungen zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter haben sich als zentrale Grundlage für die verschiedenen Geschäftsmodelle und deren Entwicklungen erwiesen. Sie bringen die verschiedenen Interessen in einen angemessenen Ausgleich und bieten dadurch einen ausgewogenen Rechtsrahmen. Generell sollten mögliche rechtliche Änderungen in diesem Umfeld unabhängig von der gewählten Rechtsform mit besonderer Sorgfalt und sehr gewissenhaft erfolgen. Im Bereich der Haftungsregeln für Internet-Vermittler sieht 26.03.2012 Seite 2 von 8

eco keinerlei gesetzgeberischen Handlungsbedarf. In Deutschland jedenfalls haben sich die bestehen Regelungen der Art. 12-15 ECRL (umgesetzt in deutsches Recht durch 7-10 TMG) weitgehend bewährt; trotz gewisser Auslegungsfragen sind die entsprechenden Haftungsnormen gelebte Praxis. Im Folgenden soll dennoch auf die vier erwähnten Bereiche bezüglich der Haftung der Internet-Vermittler einzeln eingegangen werden. II. Definition der Vermittlertätigkeiten in Art. 12-14 ECRL Im Hinblick auf die Einordnung neuer bzw. nicht ausdrücklich genannter Dienste wie Online-Verkaufs-Plattformen oder auch Suchmaschinenanbieter in das Haftungsregime der Art. 12 ff. ECRL sieht eco keinen Handlungsbedarf, die entsprechenden Regelungen in der E-Commerce-Richtlinie neu zu fassen. Vielmehr kann eine entsprechende Klarstellung durch sog. Soft Law (z.b. durch eine Empfehlung) erfolgen. Dies sollte im Lichte der schon bestehenden Ansätze im case law der Mitgliedstaaten oder spezifischer nationaler Umsetzungsakte geschehen. Hauptanwendungsbeispiel dürfte die Einbeziehung von Suchmaschinen und Web 2.0-Plattformen in das System der Art. 12-14 ECRL sein. III. Materielle Voraussetzungen der Haftungsregeln in Art. 12-14 ECRL Die EU-Kommission bezieht sich in ihren Ausführungen zu den materiellen Voraussetzungen in Art. 12-14 ECRL insbesondere auf die Merkmale tatsächliche Kenntnis und unverzüglich in Art. 14 ECRL, da die Antworten zur Konsultation zur E-Commerce-Richtlinie hier einen Mangel an Klarheit hätten erkennen lassen. 4 1. Tatsächliche Kenntnis Soweit es das Merkmal tatsächliche Kenntnis betrifft, werden die Ausführungen unter Punkt IV zu notice-and-action Verfahren vorgenommen. 2. Unverzüglich Der Begriff unverzüglich bezieht sich im Rahmen von Art. 14 Abs. 1b ECRL auf das Tätigwerden des Host-Providers. Nach deutscher Auslegung bedeutet unverzüglich ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern. Diese Ausgestaltung hat sich in der Praxis bewährt, eine konkrete Zeitvorgabe würde den verschiedenen Einzelfällen dagegen nicht gerecht werden und den Anbieter im Zweifel unverhältnismäßig belasten. Insbesondere ist der Begriff der Unverzüglichkeit notwendigerweise kontextabhängig weshalb eine Präzisierung der Anforderung nur anhand des konkreten Einzelfalls erfolgen kann. eco sieht insofern keinen Bedarf einer näheren Ausgestaltung des Reaktions-Zeitrahmens. 4 Arbeitspapier Online-Dienste, einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt", S. 32 ff. 26.03.2012 Seite 3 von 8

3. Subsidiäre Haftung von Access- und Host-Providern Unabhängig von den gewählten Begrifflichkeiten weist eco darauf hin, dass bei den Haftungsregeln der Art. 12-14 ECRL stets der Grundsatz der subsidiären Haftung der Access- und Host-Provider zu beachten ist. Maßnahmen sind zunächst stets an den Content-Provider bzw. den mutmaßlichen Verletzer zu richten. Access- und Host-Provider sind dagegen nur ausnahmsweise und in jedem Fall nachrangig in Anspruch zu nehmen. IV. Notice-and-action Verfahren, Art. 14 Abs. 1 ECRL Die EU-Kommission stellt in der Mitteilung u.a. fest, dass die bestehenden Mechanismen zur Beseitigung von Missbräuchen und illegalen Inhalten ( ) wirksamer gestaltet werden (müssen), wobei Rechtssicherheit, Verhältnismäßigkeit der für die Unternehmer geltenden Bestimmungen und Achtung der Grundrechte zu garantieren sind. 5 Darüber hinaus habe sich aus der Mehrheit der Antworten zur öffentlichen Konsultation zur E-Commerce-Richtlinie ergeben, dass die Fragmentierung der notice-and-action Verfahren im Rahmen von Art. 14 ECRL eine bedeutende Hürde für den Binnenmarkt darstelle und diese zur Rechtsunsicherheit insbesondere bei den Internet-Vermittlern beitrage. Eine Mehrheit der Teilnehmer der Konsultation habe daher ein europäisches noticeand-action Verfahren vorgeschlagen, entweder auf freiwilliger oder obligatorischer Basis. 6 Die EU-Kommission hat angekündigt, noch im Jahr 2012 eine horizontale Initiative zu notice-and-action Verfahren zu verabschieden. Im Vorfeld wird ein Impact Assessment erarbeitet, zu dessen Vorbereitung die EU-Kommission am 01.02.2012 Fragebögen an Online Intermediary Service Providers sowie an sog. Notice Provider (Rechteinhaber etc.) versendet hat. In der Initiative sollen folgende Hauptprobleme adressiert werden: der Mangel an Rechtsklarheit und Vorhersehbarkeit resultierend aus widersprüchlicher Rechtsprechung und der Fragmentierung der notice-and-action Verfahren in der EU; mutmaßlich zu begrenzte oder zu langsame Entfernung von illegalen Inhalten; Mangel an Transparenz der individuellen notice-and-action Verfahren der Host- Provider; mögliche Beeinträchtigungen von Grundrechten wie der Meinungsfreiheit, Schutz der Privatsphäre und dem Recht auf ein faires Verfahren. 7 1. Regelung des Art. 14 ECRL Gem. Art. 14 Abs. 1 ECRL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Diensteanbieter, der für einen Nutzer Informationen speichert (sog. Hosting), 5 Mitteilung S. 15. 6 Arbeitspapier Online-Dienste, einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt", S. 43. 7 Roadmap zur Initiative vom Oktober 2011. 26.03.2012 Seite 4 von 8

unter bestimmten Voraussetzungen nicht für die fremde Information verantwortlich ist. Der Host-Provider muss jedoch unverzüglich tätig werden, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information erlangt, und die Information entfernen oder den Zugang zu ihr sperren, Art. 14 Abs. 1b ECRL. Diese Vorschrift enthält somit einen Mechanismus zur Beseitigung von Missbräuchen und illegalen Inhalten im Internet. Nach entsprechender Inkenntnissetzung (notice) von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information muss der Host- Provider reagieren (action). 2. Beseitigung von Missbräuchen und illegalen Inhalten im Rahmen von Art. 14 ECRL eco begrüßt, dass die Kommission die Auswirkungen von notice-and-action Verfahren im Rahmen eines Impact Assessments eingehend überprüfen will. Die Ausführungen in der Mitteilung belegen bereits, dass im Rahmen entsprechender Verfahren letztlich umfangreiche Interessenabwägungen vorzunehmen sind, um zu verhindern, dass die Verfahren einzelne betroffene Akteure strukturell benachteiligen. Die Darstellung der zahlreichen Fragestellungen in der Mitteilung offenbart schon, dass es angesichts der Vielzahl der denkbaren Fallgestaltungen schwierig sein wird, ein einheitliches Verfahren vorzugeben, das allen Konstellationen gerecht wird. Aus Sicht des eco ist es daher nicht sinnvoll, notice-and-action Verfahren im Rahmen von Art. 14 ECRL zu präzisieren. Im Gegenteil bestünde die Gefahr, dass die Komplexität einer solchen für alle Fallgestaltungen anwendbaren Regel die Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten erhöhen würde. In Deutschland hat sich das bestehende Regelungssystem bewährt ( 10 TMG); illegale Inhalte werden faktisch schnell von den Host-Providern aus dem Internet entfernt dies gilt nicht nur für schwere strafrechtliche Fallgestaltungen wie Kinderpornografie, sondern auch für den Bereich der Urheberrechtsverletzungen. Gänzlich abzulehnen sind Forderungen der Rechteinhaber nach notice-and-staydown Verfahren oder auch notice-and-notice Verfahren. Siehe hierzu die Ausführungen in der eco Stellungnahme vom 05.11.2010 im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur Zukunft des E-Commerce im Binnenmarkt. 8 In der Mitteilung (S. 15) wird zwar insoweit ausgeführt: Ganz allgemein werden illegale Tätigkeiten allzu häufig nicht wirksam gestoppt und illegale Inhalte gar nicht oder nicht schnell genug aus dem Verkehr gezogen. Selbst offensichtlich strafbare Inhalte, wie Kinderpornographie, deren Präsenz im Internet ohnehin 8 Die Stellungnahmen sind abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/ecommerce/communication_2012_de.htm. 26.03.2012 Seite 5 von 8

außerordentlich schwer wiegt, werden mitunter zu langsam entfernt, was bei Bürgerinnen und Bürgern Empörung hervorruft. Dieser Darstellung kann jedoch so nicht gefolgt werden. eco hat mit seiner Beschwerdestelle zur Entgegennahme von Beschwerden über illegale und schädigende Internetinhalte gegenteilige Erfahrungen gemacht. Eine besonders wichtige Arbeit der eco Internet-Beschwerdestelle ist, gemeldete Seiten mit kinderpornografischen Inhalten so schnell wie möglich dekonnektieren zu lassen. Hierbei konnten gute Ergebnisse erzielt werden. Im Jahr 2011 hat die Beschwerdestelle bei der in der Regel werktäglichen Überprüfung der an Hostprovider gemeldeten Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten festgestellt, dass 97 Prozent der in Deutschland gehosteten URLs binnen einer Woche offline waren. Regelmäßig erfolgt die Herunternahme in Deutschland sogar binnen einem Werktag nach Notifizierung des ISP. Auch international arbeitet die eco Internet-Beschwerdestelle sehr erfolgreich. So konnte die Beschwerdestelle im Jahr 2011 feststellen, dass rund 70 Prozent der ins Ausland gemeldeten URLs mit kinderpornographischen Inhalten binnen fünf Werktagen offline waren. In einigen Ländern ist aufgrund von Wartefristen von mehreren Tagen zwischen Strafanzeige und Notifizierung eine schnelle Weiterleitung nicht immer möglich. Im Gegensatz dazu sind in Deutschland nur wenige Stunden Wartezeit zu veranschlagen. 3. Inkenntnissetzung des Providers Im Bereich der Beseitigung von illegalen Inhalten, die Urheberrechts- oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen beinhalten, kommt es in der Praxis insbesondere auf die Anforderungen der Inkenntnissetzung des Host-Providers an. Da eine Handlungspflicht des Providers ab dem Zeitpunkt der Erlangung der tatsächlichen Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information (Art. 14 Abs. 1a ECRL) besteht, ist dieses Kriterium von großer Bedeutung. Während bei einem Hinweis auf kinderpornographische Inhalte die Rechtswidrigkeit sich immer bereits aus dem Inhalt selbst ergibt, bedarf es bei Hinweisen auf Urheberrechtsverletzungen und bei Äußerungsdelikten (z.b. unwahren Tatsachenbehauptungen) der Darlegung weiterer Tatsachen oder Umstände, aus denen die rechtswidrige Handlung oder Information offensichtlich werden. Erst dann kann es sich um eine Inkenntnissetzung des Host-Providers von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information handeln. Der Rechtsverstoß muss vom Host-Provider nach deutscher Rechtsprechung auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne 26.03.2012 Seite 6 von 8

eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden können. 9 Bei entsprechender Inkenntnissetzung können die illegalen Inhalte durch den Provider unverzüglich entfernt werden. Kann der Rechtsverstoß nicht unschwer bejaht werden bzw. bestehen Zweifel an der Rechtswidrigkeit des Inhalts, sollte die Rechtswidrigkeit durch einen gerichtlichen Titel festgestellt werden, ehe der Provider tätig werden muss. Da der Provider in Grundrechte Dritter eingreift, bedarf es eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu seiner Absicherung; er darf hierbei nicht selbst in eine Richterrolle gedrängt werden. Dieser Aspekt der Anforderungen an die konkrete Kenntnis des Providers ist ein denkbarer Gegenstand für interpretierende Auslegungen der Kommission. Hierbei muss insbesondere die Frage Berücksichtigung finden, welche Anforderungen an die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit einer Handlung zu stellen sind. 4. Blocking Zunächst soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die EU-Kommission einen Begriffswechsel vorgenommen hat. Statt von notice-and-takedown procedures wird nun von notice-and-action procedures gesprochen. Die Änderung erfolge in Anlehnung an die Formulierung in Art. 14 Abs. 1b ECRL: to remove or to disable access to the information. 10 Der Begriff takedown habe bisher nur remove als Tätigkeit enthalten, der Begriff acting sei weiter und umfasse nun im Sinn des disable access auch das blocking of websites. 11 Hierzu wird im die Mitteilung begleitenden Arbeitspapier zu notice-and-action procedures im Rahmen von Art. 14 ECRL ausgeführt:: The liability regime of the E-Commerce Directive applies to all illegal activity or information and it provides for both removing and disabling access (blocking). Blocking is of particular importance when takedown is not possible because the illegal activity or information is stored outside the European Union. 12 Unklar ist, was die Kommission mit dem Begriff blocking im Zusammenhang mit der Haftung der Host-Provider im Rahmen des Art. 14 ECRL gemeint hat. Denn inländische Host Provider können gerade nicht ausländische Webseiten sperren. Sie können nur die illegalen Inhalte, die bei ihnen gespeichert sind, im Sinn des Art. 14 ECRL entfernen oder auch den Zugang zu ihnen sperren. Auf im Ausland gespeicherte Inhalte haben inländische Host-Provider jedoch keinen Zugriff. 9 So auch BGH-Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10. 10 Deutsche Fassung des Art. 14 Abs. 1b ECRL ( ) um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. 11 Im Original-Wortlaut: The term acting is broader than takedown of illegal content and includes also blocking of websites. (Arbeitspapier "Online-Dienste, einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt", S. 46, Fn. 137). 12 Arbeitspapier Online-Dienste, einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (SEC(2011) 1641), S. 39. 26.03.2012 Seite 7 von 8

Falls die Kommission im Zusammenhang mit dem Blocking of Websites auf das Sperren durch einen Access-Provider abzielt, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, warum diese Ausführung im Rahmen des Art. 14 ECRL, der sich nur auf Host- Provider bezieht, erfolgt. Hier sollte eine entsprechende Klarstellung der Kommission erfolgen. Notice-and-action Verfahren im Bereich des Access-Providing sind jedenfalls gänzlich ungeeignet, da diese reine Durchleiter der fraglichen Inhalte sind. 5. Vorgehen der Host-Provider Art. 14 ECRL bietet in der geltenden Ausgestaltung ausreichend Flexibilität, die den Unternehmen die jeweils angemessenen Handlungsmöglichkeiten eröffnet. So finden sich in den Unternehmen unterschiedliche Ausgestaltungen bezüglich der Einrichtung von Abuse-Abteilungen. Die Unternehmen verfügen über eine gesonderte Abuse-E-Mail-Adresse als Kontaktdatum für Hinweise, die jeweils dahinterstehende personelle Ausstattung variiert jedoch nach Unternehmensgröße, Geschäftsfeld etc. Dies gilt ebenso für das Verfahren, das intern nach einem Hinweis auf einen mutmaßlich illegalen Inhalt in Gang gesetzt wird. Übereinstimmend ist jedoch von einem unterschiedlichen Umgang mit den verschiedenen gemeldeten Rechtsverstößen auszugehen ein Fall von Kinderpornographie wird z.b. anders behandelt werden müssen als ein Fall von Beleidigung. Während bei Kinderpornographie der mutmaßliche Täter selbstverständlich nicht informiert wird (zugunsten der Strafverfolgung etc.), ist bei Äußerungsdelikten der mutmaßliche Täter anzuhören (BGH-Rspr. vom 25.10.2012). V. Überwachungsverbot in Art. 15 ECRL Art. 15 ECRL enthält ein Verbot der allgemeinen Überwachungspflicht. Anbieter von Diensten isd Art. 12-14 ECRL sollen nicht verpflichtet werden, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. eco tritt nachdrücklich dafür ein, das Verbot der allgemeinen Überwachungspflicht beizubehalten. Die Provider dürfen auch bei einem vorbeugenden Unterlassungsanspruch nicht zu einer proaktiven Inhaltskontrolle verpflichtet werden. Dies würde im offensichtlichen Widerspruch zu den in Art. 15 ECRL niedergelegten Grundsätzen stehen, die allgemeine Überwachungspflichten ablehnen. In Bezug auf Filterverpflichtungen wird auch auf die EuGH-Urteile SABAM/Scarlet und SABAM/Netlog verwiesen. 26.03.2012 Seite 8 von 8