Wozu braucht man eine Handlung? Was ist Fahrlässigkeit? Wie grenzt man aktives Tun von Unterlassen ab?



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Transkript:

ALPMANN SCHMIDT Strafrecht AT 1 13. Auflage 2008 Strafrecht AT 1 13., neu bearbeitete Auflage 2008 Dr. Rolf Krüger, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht 263 Seiten 39 Fälle 20,50 ISBN: 978-3-86752-000-3 Wozu braucht man eine Handlung? Prüft man in einer Strafrechtsklausur auch zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Vorschriften? Gibt es ungeschriebene Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe? Was ist Fahrlässigkeit? Darf der Staat zur Abwehr großer Gefahren foltern? Wie grenzt man aktives Tun von Unterlassen ab? Lieferbar ca. Mitte Dezember Leseprobe und Bestellung bequem im Internet www.alpmann-schmidt.de Was ist der Unterschied zwischen strafbegründenden und strafschärfenden Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen? Dieses Skript ist ein Schlüssel zum Verständnis des gesamten Strafrechtssystems von den verfassungsrechtlichen Elementarprinzipien bis zu den Feinstrukturen der allgemeinen Deliktsmerkmale. Der Autor ist seit vielen Jahren Repetitor und Strafverteidiger. Sein Ziel ist es, Sie für die spannende Rechtsmaterie des Strafrechts zu begeistern und Sie mit allem Wissenswerten auszurüsten, was Sie für eine erfolgreiche Strafrechtsarbeit brauchen. Alpmann Schmidt Annette-Allee 35 48149 Münster Tel. 0251 98109-33 www.alpmann-schmidt.de

ALPMANN SCHMIDT Strafrecht AT 1 13. Auflage 2008

STRAFRECHT AT 1 2008 Dr. Rolf Krüger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Münster ALPMANN UND SCHMIDT Juristische Lehrgänge Verlagsges. mbh & Co. KG 48149 Münster, Annette-Allee 35, 48001 Postfach 1169, Telefon (0251) 98109-33 AS-Online: www.alpmann-schmidt.de

Dr. Krüger, Rolf Strafrecht AT 1 13., neu bearbeitete Auflage 2008 ISBN: 978-3-86752-000-3 Verlag Alpmann und Schmidt Juristische Lehrgänge Verlagsgesellschaft mbh & Co. KG, Münster Die Vervielfältigung, insbesondere das Fotokopieren ist nicht gestattet ( 53, 54 UrhG) und strafbar ( 106 UrhG). Im Fall der Zuwiderhandlung wird Strafantrag gestellt.

Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS 1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen... 1 1. Begriff und Funktion des Strafrechts... 1 2. Strafe und Strafzwecke; Maßregeln... 2 3. Rechtsquellen des Strafrechts... 3 4. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts... 4. Übersicht: Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts... 6 5. Die Festlegung strafbaren Verhaltens... 6 5.1 Verbot und Straffolge; das Gesetzlichkeitsprinzip... 6 5.1.1 Reichweite... 7 5.1.2 Handlungsanweisungen aus Art. 103 Abs. 2 GG für den Gesetzgeber... 8 5.1.2.1 Strenger Gesetzesvorbehalt... 8 5.1.2.2 Rückwirkungsverbot... 9 5.1.2.3 Bestimmtheitsgrundsatz... 10 5.1.3 Handlungsrahmen aus Art. 103 Abs. 2 GG für die Rechtsanwendung... 11 5.1.3.1 Verbot rückwirkender und täterbelastender Rechtsanwendung... 11 5.1.3.2 Verbot täterbelastender Analogie; Auslegung... 12 5.1.4 Konsequenzen des Gesetzlichkeitsprinzips: Tatstrafrecht, aber fragmentarischer Strafrechtsschutz... 14 5.2 Das Schuldprinzip... 15. Übersicht: Strafrechtliche Grundprinzipien... 16 6. Deliktsarten... 17 6.1 Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte... 17 6.2 Erfolgsdelikte, schlichte Tätigkeitsdelikte... 17 6.3 Begehungs- und Unterlassungsdelikte... 18 6.4 Vollendung und Versuch... 19 6.5 Vergehen und Verbrechen... 19 6.6 Grundtatbestand, Qualifikation, Privilegierung... 20 6.7 Allgemeindelikte, Sonderdelikte, eigenhändige Delikte... 21. Übersicht: Deliktsarten... 22 7. Die für alle Delikte gültigen Haupt-Strafbarkeitsvoraussetzungen... 22 7.1 Handlung Tatbestandsmäßigkeit Rechtswidrigkeit Schuld... 23 7.2 Selbstständigkeit der Haupt-Strafbarkeitsvoraussetzungen... 25 7.3 Fortentwicklung der Tabestandsmäßigkeit als Strafbarkeitsvoraussetzung... 27 8. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen und Prüfungspunkte... 28 8.1 Objektive Strafbarkeitsbedingungen... 28 8.2 Strafausschließungsgründe; Strafaufhebungsgesichtspunkte... 29 I

Inhaltsverzeichnis 8.3 Verfahrensrechtliche Strafbarkeitsgesichtspunkte... 29 8.4 Strafzumessungsvorschriften... 29 8.5 Konkurrenzen... 30 2. Abschnitt: Das vollendete vorsätzliche Erfolgsdelikt als Begehungstat... 30. Prüfungsschema zur vorsätzlichen Begehungstat... 30 1. Tatbestandsmäßigkeit... 31 1.1 Objektive Tatbestandselemente... 31 1.1.1 Deliktsspezifische äußere Unrechtsmerkmale... 31 1.1.2 Tathandlung... 31 Fall 1: Handlung und Nichthandlung ; Unterlassen als Handlung... 32. Übersicht: Mindestvoraussetzungen der Handlung im strafrechtlichen Sinn (nach allen Handlungslehren)... 35 1.1.3 Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg... 35 1.1.3.1 Bedingungs- oder Äquivalenztheorie (conditio sine qua non-formel)... 35 1.1.3.2 Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung... 36 1.1.4 Der Risikozusammenhang zwischen einer kausalen Handlung und dem Erfolg (Lehre von der objektiven Zurechnung)... 37 1.1.4.1 Zurechnungsausschluss wegen fehlenden rechtlich relevanten Risikos... 39 1.1.4.2 Zurechnungsausschluss wegen fehlenden Risikozusammenhanges... 40 1.1.4.3 Zurückhaltende Rezeption der Zurechnungslehre durch die Rechtsprechung... 45 Fall 2: Erfolg vermittelndes Verhalten eines Dritten; Rechtsfigur der unwesentlichen Kausalabweichung; der in dubio pro reo-grundsatz... 45 Fall 3: Kausalität und Zurechnung bei kumulativ wirkenden Ursachen... 50 Fall 4: Ursächlichkeit und Zurechnung bei alternativen Bedingungen (Abwandlung des Falles 3)... 50. Übersicht: Kausalität, objektive und subjektive Erfolgszurechnung... 52 1.2 Subjektive Tatbestandselemente... 53 1.2.1 Tatbestandsvorsatz... 53 1.2.1.1 Sachliche Bezugspunkte und Konkretisierung des Vorsatzes... 53 1.2.1.2 Zeitliche Beziehung zwischen Tatverwirklichung und Vorsatz... 55 Fall 5: Simultanitäts-, Koinzidenzprinzip; dolus antecedens; dolus subsequens... 55 II

Inhaltsverzeichnis 1.2.1.3 Vorsatzformen und Vorsatzkombinationen... 58 Fall 6: Absicht, direkter Vorsatz, bedingter Vorsatz; Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit... 58 Fall 7: dolus alternativus; dolus cumulativus... 64 1.2.2 Deliktsspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale... 66. Übersicht: Subjektiver Tatbestand des vorsätzlichen Begehungsdelikts... 68 2. Rechtswidrigkeit... 69 2.1 Systematik der Erlaubnissätze... 69 2.1.1 Rechtswidrigkeit im Strafgesetz als Tatbestandsmerkmal und als deklaratorischer Hinweis auf das allgemeine Verbrechensmerkmal... 69 2.1.2 Die strafrechtlichen Unterschiede zwischen Rechtfertigungsund Schuldausschließungsgründen... 70 2.1.3 Tatbestandsbezogenheit der Rechtfertigungsgründe... 71 2.1.4 Rechtsquellen für Erlaubnissätze... 71 2.1.5 Gemeinsame Strukturen der Erlaubnistatbestände... 72 2.1.6 Übergreifende Auslegungsfragen... 72 2.1.6.1 Ex ante- oder ex post-perspektive bei der Konfliktlage... 72 2.1.6.2 Notwendigkeit und Inhalt subjektiver Rechtfertigungselemente... 73 2.1.7 Prüfungsreihenfolge bei mehreren möglichen Rechtfertigungsgründen... 74 2.2 Rechtfertigungsgründe zum Schutz von Interessen der Rechtsordnung... 76. Allgemeines Prüfungsschema bei Rechtfertigungsgründen... 76 2.2.1 Notwehr, 32, und notwehrähnliche Rechtfertigungsgründe... 77 2.2.1.1 Die Notwehrvoraussetzungen im Einzelnen... 77 Fall 8: Prüfungsfolge und Definitionen zu 32; Verhältnis zur Besitzkehr, 859 Abs. 2 BGB... 77 2.2.1.2 Notwehrbeschränkungen, speziell Notwehrprovokation... 85 Fall 9: Rechtfertigungsfähigkeit von Fahrlässigkeitsdelikten; Notwehrverkettungen; Erforderlichkeit bei Einsatz tödlich wirkender Verteidigungsmittel; actio illicita in causa... 85 2.2.1.3 Weitere Fallgruppen der Notwehrbeschränkung... 94 2.2.2 Nothilfe... 97 Fall 10: Androhung von Folter durch Polizeibeamten als Nothilfe... 99. Übersicht: Notwehr und Nothilfe, 32...105 III

Inhaltsverzeichnis 2.2.3 Jedermann-Festnahme und Selbsthilfe...106 Fall 11: Voraussetzungen und Grenzen der 127 Abs. 1 S. 1 StPO, 229, 230 BGB...106 2.2.4 Rechtfertigender Notstand...110 Fall 12: Prüfungsfolge und Definitionen zu 34...111 Fall 13: Notstandslage bei Dauergefahr; Abgrenzung zur Notwehr bei notwehrähnlicher Lage ; Interessenabwägung im Defensivnotstand...119. Übersicht: Rechtfertigender Notstand, 34...122 2.2.5 Erziehungsrecht...123 2.3 Unrechtsausschlussgründe wegen Handelns zum Schutz der Interessen des Rechtsgutträgers...124 2.3.1 Erklärte und mutmaßliche Einwilligung als Rechtfertigungsgründe...124 Fall 14: Voraussetzungen und Grenzen der erklärten Einwilligung; Sittenwidrigkeit i.s.v. 228...125 Fall 15: Hypothetische Einwilligung...129 Fall 16: Mutmaßliche Einwilligung...132 2.3.2 Die tatbestandsausschließende Einwilligung (Einverständnis)...136 Fall 17: Rechtfertigende Einwilligung und Einverständnis...138 2.3.3 Keine Anerkennung eines mutmaßlichen Einverständnisses...141 2.4 Rechtfertigung im Zusammenhang mit hoheitlichen Befugnissen...142 Fall 18: Rechtsguteingriff aufgrund eigener Entschließung und aufgrund dienstlicher Weisung...142. Übersicht: Rechtfertigung des Amtsträgers aufgrund öffentlichrechtlicher Eingriffsbefugnis...147 3. Schuld...147 3.1 Schuldfähigkeit...147. Übersicht: Systematik der 17, 20, 21...151 Fall 19: Indizwirkung von Blutalkoholwerten für die Schuldunfähigkeit; die Überwindung fehlender Schuldfähigkeit durch Vorverschulden bei Fahrlässigkeitsdelikten und bei Vorsatzdelikten mithilfe der actio libera in causa...151 Fall 20: Fortgeltung der actio libera in causa bei verhaltensneutralen Vorsatzdelikten...161 3.2 Spezielle Schuldmerkmale...163 3.3 Vorsatzschuld...164 3.4 Entschuldigungsgründe...164 3.4.1 Notwehrexzess, 33...164 Fall 21: Prüfungsfolge und Definitionen zu 33...164 IV

Inhaltsverzeichnis. Übersicht: Entschuldigungsgrund Notwehrexzess, 33...169 3.4.2 Entschuldigender Notstand, 35...169 Fall 22: Prüfungsfolge und Definitionen zu 35...169 Fall 23: Auswirkungen der vom Gefährdeten verschuldeten Notstandslage auf den Notstandshelfer (1. Abwandlung des Falles 22)...174 Fall 24: Auswirkungen der vom Notstandshelfer verschuldeten Notstandslage für den Gefährdeten (2. Abwandlung des Falles 22)...175. Übersicht: Entschuldigender Notstand...176 3.4.3 Übergesetzlicher entschuldigender Notstand...176 Fall 25: Quantitativer Lebensnotstand...176 3.4.4 Grenzen strafrechtlicher Entschuldigung...179 Fall 26: Gewissenstäter; Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens...179 3.5 Unrechtsbewusstsein...182. Übersicht: Unrechtsbewusstsein nach 17...184 4. Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe...184 5. Strafantrag; andere Strafverfolgungsvoraussetzungen oder -hindernisse...185. Übersicht: Wichtigste Strafverfolgungsvoraussetzung: Strafantrag...186 3. Abschnitt: Das fahrlässige Begehungsdelikt...186 1. Deliktsstruktur...186 1.1 Unterschiede zur Vorsatztat...187 1.2 Begriff der Fahrlässigkeit und Ermittlung in der Deliktsprüfung...188 1.3 Besonderheiten der objektiven Zurechnung...190 1.4 Besonderheiten der Rechtfertigung...192 1.5 Besonderheiten der Schuld...193. Prüfungsschema zum fahrlässigen Begehungs-(Erfolgs-)delikt...194 2. Typische Fahrlässigkeitsprobleme...195 Fall 27: Ermittlung des Sorgfaltsmaßstabes; Arten von Sorgfaltsverstößen; Behandlung von Sonderwissen...195 Fall 28: Kausalität und objektive Zurechenbarkeit bei pflichtgemäßem Alternativverhalten; Risikoerhöhungslehre...199 Fall 29: Einverständliche Fremdgefährdung und rechtfertigende Einwilligung bei Fahrlässigkeitstaten...203 Fall 30: Einwilligung in Lebensgefährdungen mit Todesfolge (Abwandlung des Falles 29)...206. Übersicht: Das fahrlässige Begehungs-(Erfolgs-)delikt...208 V

Inhaltsverzeichnis 4. Abschnitt: Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt...209 1. Deliktsstruktur...209 1.1 Arten der Unterlassungsdelikte...209 1.2 Unterscheidung zwischen aktivem Tun und Unterlassen...209 1.3 Die zusätzlichen Deliktsmerkmale des 13...210 1.4 Besonderheiten bei Kausalität und objektiver Zurechung...211 1.5 Besonderheiten bei der Rechtswidrigkeit...212. Prüfungsschema zur vorsätzlichen unechten Unterlassungstat...213 2. Typische Probleme beim unechten Unterlassungsdelikt...213 Fall 31: Abgenzung aktiven Tuns vom Unterlassen; Abbruch eigener Rettungshandlungen; Abhalten Rettungswilliger; Garantenstellung aus tatsächlicher Gewährübernahme...213. Übersicht: Abgrenzung aktives Tun/Unterlassen...218 Fall 32: Die verschiedenen Garantenstellungen; Erlöschen der Garantenpflicht; Kausalität; Zurechnung und Vorsatz beim unechten Unterlassungsdelikt...218 Fall 33: Garantenstellung aus Amtsträgereigenschaft (Fortführung des Falles 32)...226 Fall 34: Garantenstellung aus Ingerenz...229. Übersicht: Garantenstellungen...235 Fall 35: Kausalität und Zurechnung bei pflichtgemäßem Alternativverhalten; Unterlassungsvorsatz; Rechtfertigung der Unterlassungstat nach 34; Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens...235 Fall 36: Rechtmäßiges Alternativverhalten und Risikoverringerungslehre (Abwandlung des Falles 35)...239 Fall 37: Rechtfertigende Pflichtenkollision...241. Übersicht: Besonderheiten des vorsätzlichen unechten Unterlassungsdelikts...243 5. Abschnitt: Das fahrlässige Unterlassungsdelikt...244. Prüfungsschema zum fahrlässigen unechten Unterlassungsdelikt...245 Fall 38: Abgrenzung aktives Tun und Unterlassen bei der Fahrlässigkeitstat; Sorgfaltswidrigkeit bei Alltagsverhalten...246 6. Abschnitt: Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen, speziell: das erfolgsqualifizierte Delikt...247. Prüfungsschema zur Erfolgsqualifikation...250 Fall 39: Gefahrspezifischer Zusammenhang, sog. Unmittelbarkeitszusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge...250 Stichwortverzeichnis...255 VI

Quellenverzeichnis GESETZE ohne Gesetzesangabe StGB vom 15.05.1871, RGBl. 1871, 127; neu gefasst durch Bekanntmachung vom 13.11.1998, BGBl. I, 3322; zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.10.2007 (BGBl. I, 2523) GERICHTSENTSCHEIDUNGEN BGH, Entscheidung, Datum Az. BVerfG, Entscheidung, Datum Az. Gerichtsentscheidung @ Entscheidungen des BGH ohne Fundstellennachweis stehen im Volltext bereit unter www.bundesgerichtshof.de Entscheidungen des BVerfG ohne Fundstellennachweis stehen im Volltext bereit unter www.bundesverfassungsgericht.de Volltextversion zum kostenlosen Download unter www.alpmann-schmidt.de LITERATUR Baumann/Weber/Mitsch Bockelmann/Volk Gropp Jakobs Jescheck/Weigend Kindhäuser Krey Strafrecht, Allgemeiner Teil, 10. Auflage 1995 Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Auflage 1987 Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage 2001 Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage 1991 Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Auflage 1996 Strafrecht, Allgemeiner Teil, 1. Auflage 2005 Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band 1 und 2, 1. Auflage 2002 VII

Quellenverzeichnis Kühl Lackner/Kühl LK-Bearbeiter Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Auflage 2002 Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 26. Auflage 2007 Jähnke/Laufhütte/Odersky Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 11. Auflage 2003, Band 1, 2 Laufhütte/Rissing von Saan/Tiedemann, 12. Auflage 2006/2007, Band 1, 2 Maurach/Gössel AT 2 MünchKomm/Bearbeiter NK-Bearbeiter Otto Roxin Schmidhäuser Sch/Sch/Bearbeiter Maurach/Gössel/Zipf Strafrecht Allgemeiner Teil, Teilband 2: Erscheinungsformen des Verbrechens und Rechtsfolgen der Tat, 7. Auflage 1989 Joecks/Miebach Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 2003 Kindhäuser/Neumann/Paeffgen Nomos Kommentar Strafgesetzbuch, Band 1, 2. Auflage 2005 Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, 6. Auflage 2000 Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1: Grundlagen, Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Auflage 2006 Strafrecht, Allgemeiner Teil, Studienbuch, 2. Auflage 1984 Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, Kommentar, 27. Auflage 2006 Stratenwerth/Kuhlen Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Die Straftat, 5. Auflage 2004 VIII

Quellenverzeichnis SK-Bearbeiter Tröndle/Fischer Welzel Wessels/Beulke Rudolphi/Horn/Samson/Günther/Hoyer Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1: Allgemeiner Teil, 6. Auflage 2000, Loseblattsammlung: Stand: Oktober 2005 Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Auflage 2007 Das deutsche Strafrecht, 11. Auflage 1969 Strafrecht Allgemeiner Teil, 36. Auflage 2006 Besonders wichtiger Hinweis IX

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen 1. Begriff und Funktion; Strafen und Maßregeln 1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen 1. Begriff und Funktion des Strafrechts I) Das Strafrecht ist Teil des öffentlichen Rechts. Unter Strafrecht versteht man die Gesamtheit aller Rechtsnormen, die die Voraussetzungen und Folgen eines mit Strafe oder einer Maßregel der Sicherung und Besserung bedrohten Verhaltens regeln. Der Begriff Strafe meint in diesem Zusammenhang streng formal nur die Sanktionen, die auch ausdrücklich im Gesetz als Strafe bezeichnet werden, nämlich Freiheitsstrafe ( 38), Geldstrafe ( 40 ff.) und als Nebenstrafe das strafrechtliche Fahrverbot ( 44). Normen, die andere Rechtsnachteile zum Gegenstand haben, sind kein Strafrecht (vgl. Art. 5 EGStGB). Daher gehören Vorschriften, die als Sanktion Bußgeld verhängen z.b. 24 a StVG nicht zum Strafrecht, sondern zum Ordnungswidrigkeitenrecht. Auch Disziplinarmaßnahmen z.b. nach Beamtenrecht oder Ordnungsmittel zur Sicherung einer Gerichtsverhandlung Ordnungsgeld und Ordnungshaft sind keine Kriminalstrafen. Strafbarkeit (im kriminaljuristischen Sinn) ist gegeben, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, um gegen den Beteiligten einer Tat die in einer Strafvorschrift vorgesehene Strafe verhängen zu können. II) Funktion des Strafrechts ist nach h.m., sozialschädliches Verhalten zu bekämpfen und durch Schutz der Rechsgüter das freie und friedliche Zusammenleben der Menschen zu wahren. Was unter Rechtsgut zu verstehen ist, wird unterschiedlich gesehen. Einigkeit besteht in Folgendem: Rechtsgüter sind solche Gegebenheiten einer Person, eines Gegenstandes oder einer Institution, die für die freie Entfaltung des Einzelnen, die Verwirklichung seiner Grundrechte und ein funktionierendes staatliches Gemeinwesen notwendig sind, aber dem gesellschaftlichen Wandel unterliegen können. Umstritten ist, ob es darüber hinaus für den Begriff des Rechtsguts einer positiven Wertentscheidung durch die Rechtsordnung bedarf. Für diejenigen, die das annehmen, 1 ist die Strafrechtsordnung immer zugleich Rechtsgüterschutz. Beispielsweise schützt danach das Betäubungsmittelgesetz das Rechtsgut Volksgesundheit. Wer die Rechtsguteigenschaft unabhängig von einer wertsetzenden Entscheidung der Rechtsordnung sieht, 2 kann Divergenzen zwischen der bestehenden Strafrechtsordnung und dem notwendigen Rechtsgüterschutz ausmachen. Beispielsweise ist danach die Volksgesundheit kein Rechtsgut. Man unterscheidet die Rechtsgüter nach ihrem Träger. Die kollektiven Rechtsgüter oder auch Universalrechtsgüter stehen der Allgemeinheit zu (Sicherheit des Beweisverkehrs, Sicherheit des Straßenverkehrs, Funktionsfähigkeit der Rechtspflege u.v.a.). Die Individualrechtsgüter stehen dem einzelnen Rechts- 1 So die Vertreter eines methodischen oder systemimmanenten Rechtsgutbegriffs, vgl. Kindhäuser 2 Rdnr. 7; SK-Rudolphi Vor 1 Rdnr. 4. 2 So der systemkritische Rechtsgutbegriff von Roxin 2 Rdnr. 7 ff.; ähnlich NK-Hassemer/Neumann Vor 1 Rdnr. 62. 1

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen träger zu. Innerhalb der Individualrechtsgüter wird weiter unterschieden zwischen höchstpersönlichen Rechtsgütern, die nicht übertragbar sind (Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre), und nicht höchstpersönlichen Rechtsgütern, die übertragen werden können (Vermögen und Eigentum). 2. Strafe und Strafzwecke; Maßregeln I) Die Strafe ist das schärfste Sanktionsmittel unserer Rechtsordung und beinhaltet zugleich einen sozialen Tadel. Daher ist das Strafrecht in der Vielzahl staatlicher Steuerungsinstrumente nur das letzte Mittel (ultima ratio). Zudem unterliegt das Strafrecht in besonderem Maße dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit. Art und Höhe der Strafe werden durch die Strafzwecke bestimmt. Die früher vertretenen absoluten Straftheorien sahen den Sinn der Strafe losgelöst (deshalb: absolut ) von gesellschaftlichen Zwecksetzungen ausschließlich repressiv. Strafe sei allein Sühne oder Vergeltung für begangenes Unrecht. Nachteil dieser Theorien ist, dass sie in der Verneinung der gesellschaftlichen Bezüge des Strafens die Funktion des Strafrechts als Sicherungsmittel für den sozialen Frieden außer Acht lassen. Die sog. relativen Theorien sehen den Sinn des Strafens ausschließlich in Beziehung (daher: relativ ) zu dem sozialen Nutzen, weitere Straftaten zu verhindern. Nachteil einer allein auf Prävention ausgerichteten Strafe ist jedoch, dass aus Gründen der Sozialnützlichkeit oder Erziehung von der Täterschuld völlig unabhängige Strafen möglich wären. Die Nachteile beider Theorien vermeidet die heute herrschende Vereinigungstheorie. Strafzwecke sind danach Prävention und Schuldausgleich.. Die Spezialprävention zielt auf den Täter ab: Der sozial integrierte Täter soll vor weiteren Taten abgeschreckt und der sozial desintegrierte soll in die Gesellschaft wieder eingegliedert, d.h. resozialisiert werden.. Die Generalprävention richtet sich an die übrige Bevölkerung: Die negative Generalprävention durch Strafe soll bewirken, dass andere, die in Gefahr sind, ähnliche Straftaten zu begehen, abgeschreckt werden; die positive Generalprävention stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Bestands- und Durchsetzungskraft der Rechtsordnung. 3. Begrenzt wird die Bestrafung einer Tat durch den Vergeltungs- und Sühnegedanken. Wenn erst der in der Sühne liegende Schuldausgleich es dem Täter ermöglicht, das Strafübel auf sich zu nehmen und als Sühne zu verarbeiten, 4 muss die Strafe auch schuldangemessen sein. II) Neben Strafe gibt es als weitere Reaktion (= sog. Zweispurigkeit des Rechtsfolgensystems) Maßregeln der Besserung und Sicherung. Wichtigste Maßregeln sind die Entziehung der Fahrerlaubnis, 69 ff., die Unterbringung in einer 3 Vgl. Ambros/Steiner JuS 2001, 9, 12. 4 Vgl. Tröndle/Fischer 46 Rdnr. 3. 2

3. Rechtsquellen des Strafrechts Entziehungsanstalt ( 64) und die Unterbringung in Sicherungsverwahrung ( 66 ff.). Der Unterschied zu Strafen besteht in Folgendem: Maßregeln der Besserung und Sicherung sollen allein weiterem sozialschädlichen Verhalten des Täters vorbeugen. Sie setzen deshalb nur tatbestandsmäßige und rechtswidrige Anknüpfungstaten voraus, sind aber von der Schuld des Täters unabhängig. Sie können ggf. neben der Strafe verhängt werden. Eine Sonderstellung beanspruchen der Verfall, 73 ff., die Einziehung, 74 ff., und die Unbrauchbarmachung, 74 d. Diese Maßnahmen dienen sowohl repressiven als auch präventiven Zwecken. 3. Rechtsquellen des Strafrechts I) Wichtigste Rechtsquelle des materiellen Strafrechts ist das StGB, das als Reichsstrafgesetzbuch am 15.05.1871 in Kraft getreten ist und seither ständig novelliert wird. 5 Es beschreibt in seinem Besonderen Teil die einzelnen Straftaten ( 80 358). Im Allgemeinen Teil sind die für alle Straftaten gültigen Regeln der Strafbarkeitsvoraussetzungen ( 1 37), der Rechtsfolgen ( 38 76 a) und der Strafverfolgungsvoraussetzungen ( 77 79 b) zusammengefasst. II) Das StGB listet nur einen Teil aller Tatbestände auf. Eine Vielzahl weiterer findet sich in Spezialgesetzen, die entgegen ihrer tatsächlichen Bedeutung im Rechtsleben als strafrechtliche Nebengesetze bezeichnet werden, z.b. Abgabenordnung, BetäubungsmittelG, WirtschaftsstrafG, WehrstrafG, WaffenG. Der Allgemeine Teil des StGB gilt auch für diese Strafgesetze (Art. 1 EGStGB). Konsequenzen für die Lösung eines strafrechtlichen Falles:. Wird in einer Klausur oder Hausarbeit nach der Strafbarkeit des/der Beteiligten gefragt, so dürfen nur Vorschriften des StGB oder strafrechtlicher Nebengesetze angesprochen werden, in denen als Rechtsfolge ausdrücklich Geld- oder Freiheitsstrafe angedroht wird. Ordnungswidrigkeiten dürfen nicht thematisiert werden! Soweit eine Strafrechtsnorm durch Vorschriften anderer Teilrechtsgebiete ausgefüllt wird, müssen diese soweit zur Falllösung notwendig herangezogen werden. Beispiele: Ob eine Sache fremd ist i.s.v. 242, kann nur unter Berücksichtigung der 929 ff. BGB subsumiert werden. Ob eine Diensthandlung gemäß 113 Abs. 3 nicht rechtmäßig ist, lässt sich nicht ohne die einschlägigen Normen der StPO, ZPO oder des Polizeirechts klären.. Wird in der Aufgabenstellung nur die Strafbarkeit nach StGB erfragt, so ist auch die Untersuchung strafrechtlicher Nebengesetze unerwünscht und deshalb falsch! 5 Zur Entwicklung des Strafrechts AS-Skript Rechtsgeschichte, 7. Aufl. 2006. 3

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen 4. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts Die 3 7, ergänzt durch 9, bestimmen den Geltungsbereich des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland. Da sie die Frage regeln, unter welchen Voraussetzungen eine im Ausland begangene Tat oder die Tat eines Ausländers dem Strafrecht der Bundesrepublik unterliegt, werden die Bestimmungen auch als Internationales Strafrecht bezeichnet. Dieser Ausdruck ist missverständlich. Im Gegensatz zum internationalen Privatrecht geht es nämlich nicht um die Frage, inwieweit ein deutsches Gericht ausländisches Recht anzuwenden hat, sondern darum, ob der Strafrichter in der Bundesrepublik für die Tat mit Auslandsbezug deutsches Strafrecht anwenden kann. Ausländisches Strafrecht kann allenfalls mittelbar von Bedeutung sein, nämlich dort, wo das StGB darauf Bezug nimmt, z.b. 7, 51 Abs. 3. I) Ausgangspunkt ist 3, der den sog. Territorialitätsgrundsatz zum Ausdruck bringt: Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden. 3 wird ergänzt durch das sog. Flaggenprinzip des 4, wonach eine Straftat, die auf einem zum Führen der Bundesflagge oder des Staatszugehörigkeitszeichens der Bundesrepublik berechtigten Schiff oder Luftfahrzeug begangen wurde, so behandelt wird, als sei sie im Inland begangen worden. Inland ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Den Begriff des Tatorts präzisiert 9: Nach Abs. 1 kann der Tatort für Täter sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort einer Straftat sein. 1) Handlungsort ist die Stelle, an der die tatbestandsmäßige Tätigkeit (bzw. bei Unterlassungen: Untätigkeit) entfaltet wurde, ferner dort, wo der Versuch begonnen hat, und sogar dort, wo eine selbstständig strafbare Vorbereitungshandlung vollzogen wurde. 6 2) Erfolgsort ist da, wo der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist oder eintreten sollte. Unter Erfolg versteht die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang auch den Eintritt einer vom Tatbestand vorausgesetzten konkreten Gefährdung (zur Terminologie s. unten S. 18). 7 Nach 9 Abs. 2 bestimmt sich der Tatort für Teilnehmer sowohl nach dem Tatort der Haupttat als auch nach dem Ort der Teilnahmehandlung. Eine Tat kann somit mehrere Tatorte i.s.v. 9 haben. Liegt auch nur einer davon im Inland, so gilt deutsches Strafrecht, und zwar gleichgültig, ob die Tat von einem Deutschen oder einem Ausländer begangen worden ist. Beispiel: Der Niederländer N hat in Amsterdam den Türken T zu einem dann von T in Düsseldorf begangenen Betrug angestiftet. Sowohl für den Täter T als auch für den Anstifter N ist Tatort Düsseldorf, also Inland. II) Auch wenn eine Auslandstat vorliegt, kann sie unabhängig vom Tatortrecht nach deutschem Strafrecht abgeurteilt werden, und zwar 6 BGH NJW 1993, 1405. 7 BGH, Urt. v. 12.12.2000 1 StR 184/00; BGHSt 46, 212; NStZ 2001, 395 m. Anm. Kudlich; RÜ 2001, 123 @ zu Volksverhetzungen auf einem ausländischen Server im Internet. 4

4. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts 1) wenn durch die Tat Rechtsgüter i.s.d. 5 gefährdet oder verletzt worden sind, sog. Schutzprinzip, oder 2) wenn sich die Tat gegen die in 6 aufgeführten, international geschützten Rechtsgüter richtet, sog. Weltrechtsgrundsatz. 3) Für sonstige Auslandstaten gilt 7. a) 7 Abs. 1 setzt voraus, dass sich die Tat gegen einen Deutschen nur gegen eine natürliche Person, nicht gegen eine juristische Person mit Sitz in Deutschland 8 richtet, sog. passives Personalitätsprinzip, und entweder am Tatort unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt 9 mit Kriminalstrafe bedroht, wenn auch nicht verfolgbar 10 ist, oder der Tatort keinerlei Strafgewalt unterliegt, also nicht unter einer Staatshoheit steht (wie z.b. die Hohe See). b) Eine weitere Möglichkeit der Geltung deutschen Strafrechts regelt 7 Abs. 2. Danach muss die Auslandstat wiederum am Tatort mit Strafe bedroht sein oder keiner Strafgewalt unterliegen und aa) entweder der Täter zur Zeit der Tat Deutscher gewesen bzw. es nach der Tat geworden sein, sog. eingeschränktes aktives Personalitätsprinzip, 7 Abs. 2 Nr. 1, oder bb) der Täter zur Zeit der Tat Ausländer gewesen sein, aber im Inland betroffen und nicht ausgeliefert werden, sog. Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege, 7 Abs. 2 Nr. 2. 11 III) Auch wenn sich aus den 3 ff. ein Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ergibt und sich die Auslandstat begrifflich unter einen deutschen Straftatbestand subsumieren lässt, muss festgestellt werden, ob der konkrete Rechtsgutangriff überhaupt in den Schutzbereich der fraglichen Norm fällt. So weisen alle Straftaten zum Schutz der staatlichen Ordnung und ihrer Institutionen eine tatbestandsimmanente Inlandsbeschränkung auf, d.h. geschützt sind nur Angriffe gegen die deutsche Staats- und Regierungsgewalt sowie gegen inländische staatliche Einrichtungen oder Rechtspflegeorgane. 12 Beispiele: 170 (Verletzung der Unterhaltspflicht) ist nicht anwendbar, wenn ein im Inland lebender Ausländer seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber im Ausland lebenden Unterhaltsberechtigten nicht deutscher Staatsangehörigkeit verletzt. Anknüpfungsgrund für die Tat wären an sich die 3, 9 Abs. 1. Da 170 aber nur die deutschen Sozialbehörden vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme schützt, durch die Tat aber allein die Unterhaltssicherungsbehörden des ausländischen Staates betroffen sind, ist die Tat nicht nach 170 strafbar. 13 8 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2003 1 Ws 288/03, NStZ 2004, 402; AG Bremen, Beschl. v. 30.09.2004 74 Cs 230 Js 48049/03, NStZ-RR 2005, 87; Tröndle/Fischer 7 Rdnr. 6 ab 53. Aufl. 9 OLG Celle, Urt. v. 27.06.2001 33 Ss 131/00, JR 2002, 33 f. m.anm. Hoyer. 10 KG JR 1988, 346. 11 Hier verlangt die Rechtsprechung aber, dass die Tat am Tatort auch verfolgbar ist, OLG Zweibrücken, Beschl. v. 06.11.2002 1 Ws 484/02; OLGSt StGB 7 Nr. 7. 12 Sch/Sch/Eser Vorbem. 3 7 Rdnr. 18. 13 Vgl. BGHSt 29, 85, 88. 5

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen Zeigt ein Deutscher im Ausland wider besseres Wissen bei der Polizei einen tatsächlich nicht begangenen Diebstahl an, so ließe sich über 7 Abs. 2 Nr. 1 an eine Anwendung des 145 d denken. Da sich diese Vorschrift aber auf den Schutz innerstaatlicher Belange beschränkt und ausländische Staatsorgane nicht den Schutz des deutschen Strafrechts genießen, ist die Tat nicht nach deutschem Strafrecht zu ahnden. 14 In Strafrechtsklausuren sind Probleme der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts äußerst selten. Wenn doch, bitte die Geltung deutschen Strafrechts nach Benennung der zu prüfenden Strafnorm vor dem Einstieg in die eigentliche Deliktsprüfung ansprechen, und zwar für jede Strafvorschrift erneut, da sich die Anwendbarkeit von einem zum anderen Straftatbestand ändern kann. Deutsches Strafrecht ist anwendbar bei Taten, deren Tatort ( 9) allein im Ausland liegt, bei allen Straftaten, bei denen auch nur ein Tatort ( 9) im Inland ( 3, 4) liegt unabhängig vom Tatortrecht, wenn Rechtsgüter gemäß 5 betroffen sind international geschützte Rechtsgüter i.s.v. 6 betroffen sind unter Berücksichtigung des Tatortrechts, wenn sich die Tat gegen einen Deutschen richtet, 7 Abs. 1 der Täter Deutscher war oder es später wurde, 7 Abs. 2 Nr. 1 der Täter Ausländer war, im Inland betroffen und nicht ausgeliefert wurde, 7Abs. 2 Nr.2 und für den fraglichen Tatbestand keine tatbestandsimmanente Inlandsbeschränkung gilt 5. Die Festlegung strafbaren Verhaltens 5.1 Verbot und Straffolge; das Gesetzlichkeitsprinzip Art. 103 Abs. 2 GG, 1 lauten: Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. 2 Abs. 1: Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. Aus diesen Sätzen ergibt sich das erste Fundamentalprinzip unseres Strafrechts: Nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege, d.h. keine Straftat ohne Gesetz, keine Strafe ohne Gesetz. 15 Oder kurz: Gesetzlichkeitsprinzip. Das Gesetzlichkeitsprinzip ist stärker als die in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Garantieelemente des Rechtsstaatsprinzips. Es bezweckt einen erhöhten Schutz des Einzelnen vor strafrechtlichen Maßnahmen, mit denen der Staat auf schuldhaftes Unrecht reagiert. Dem Bürger sollen die Grenzen des straffreien Raums klar vor Augen geführt werden, damit er sein Verhalten daran orientieren 14 Vgl. BGH NStZ 1984, 360. 15 Zur Rechtsgeschichte Krey 3 Rdnr. 47 ff. 6

5. Die Festlegung strafbaren Verhaltens kann. 16 Er muss wissen, welche Handlungen verboten sind und mit welchen Sanktionen er bei einer Rechtsverletzung zu rechnen hat (Willkürverbot). Der Bürger soll ferner darauf vertrauen dürfen, dass er bei rechtskonformem Verhalten nicht mit Strafsanktionen rechnen muss (Vertrauensschutz). 17 5.1.1 Reichweite Art. 103 Abs. 2 GG bezieht sich auf die Strafbarkeit einer Tat. Im verfassungsrechtlichen Verständnis reicht dieser Begriff weiter als die oben genannte Definition der Strafbarkeit im kriminaljuristischen Sinn. Art. 103 Abs. 2 GG verbindet mit Strafbarkeit alle Regeln, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten beinhalten und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient. Andere staatliche Eingriffe wie z.b. die Untersuchungshaft, die nur der Sicherung des staatlichen Strafanspruchs dient, gehören nicht dazu. 18 I) Damit bezieht sich Art. 103 Abs. 2 GG zunächst auf alle Regelungen des Kernstrafrechts. 1) Dazu zählen die Vorschriften des Allgemeinen Teils des StGB, soweit sie die Voraussetzungen der Verhängung von Strafe beschreiben, 19 einschließlich der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts, 20 und soweit sie Strafen ( 38 ff.) und Nebenfolgen ( 45 ff.) betreffen. 21 Nicht dazu gehören die Strafverfolgungsvoraussetzungen des Strafantragsrechts ( 77 ff.) und der Verjährung ( 78 ff.). 22 Auch Maßregeln der Sicherung und Besserung werden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. 23 2) Alle Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB ( 80 358) einschließlich der darin enthaltenen Rechtsfolgenvorschriften unterfallen Art. 103 Abs. 2 GG. 24 II) Dasselbe gilt für alle Strafvorschriften des Nebenstrafrechts (z.b. die Steuerhinterziehung gemäß 370 Abgabenordnung, die Betäubungsmitteldelikte u.v.m). 16 BVerfG, Urt. v. 05.02.2004 2 BvR 2029/01 Rdnr. 143 zur Verfassungsmäßigkeit der zeitlich unbefristeten Sicherungsverwahrung. 17 Vgl. BVerfG, Urt. v. 20.03.2002 2 BvR 794/95; StV 2002, 247. 18 BVerfG, Urt. v. 05.02.2004 2 BvR 2029/01 Rdnr. 144 ff.; unter Strafrecht im Sinne der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG versteht das BVerG weitergehend alle staatlichen Reaktionen auf Straftaten, auch die Maßregeln der Sicherung und Besserung, vgl. BVerfG, Urt. v. 10.02.2004 2 BvR 834/02 und 2 BvR 1588/02 zur Verfassungswidrigkeit der Ländergesetze zur Unterbringung rückfallgefährdeter hochgefährlicher Straftäter. 19 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.02.2002 2 BvR 2202/01 zur Verfassungsmäßigkeit von 13. 20 Tröndle/Fischer 1 Rdnr. 2 a. 21 BVerfG, Urt. v. 20.03.2002 2 BvR 794/95 zur Verfassungswidrigkeit der aufgrund dieser Entscheidung aufgehobenen Vermögensstrafe, 43 a. 22 BVerfGE 25, 269, 286 f. 23 BVerfG, Urt. v. 05.02.2004 2 BvR 2029/01. 24 BGH, Urt. v. 17.10.2003 1 StR 274/03, RÜ 2004, 37 zum Regelbeispiel des 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2. 7

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen III) Art. 103 Abs. 2 GG erfasst darüber hinaus die Regeln zu ehrengerichtlichen Strafen, Disziplinarmaßnahmen sowie zur Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft. 25 Beugemittel des Verfahrensrechts (z.b. 77 StPO, 178 GVG) fallen heraus. 26 IV) Auch der gesamte Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts unterfällt zumindest über 3 OWiG dem Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2 GG. 5.1.2 Handlungsanweisungen aus Art. 103 Abs. 2 GG für den Gesetzgeber Aus dem Gesetzlichkeitsprinzip folgen drei Grundprinzipien, die der Gesetzgeber bei der Schaffung von Strafgesetzen beachten muss und deren Verletzung zur Verfassungswidrigkeit führt: nullum crimen sine lege scripta, sine lege praevia, sine lege certa, d.h. keine Straftat ohne geschriebenes Gesetz, ohne vorheriges (= zur Tatzeit gültiges) Gesetz, ohne sicheres (= inhaltlich bestimmtes) Gesetz. 5.1.2.1 Strenger Gesetzesvorbehalt Was strafbar ist und welche Strafe zu verhängen ist, hat allein der Gesetzgeber durch förmliches Gesetz oder Rechtsverordnung 27 festzulegen. Wird als Rechtsfolge Freiheitsstrafe angedroht, muss gemäß Art. 104 Abs. 1 GG ein förmliches Gesetz vorliegen. Hieraus folgt das Verbot täterbelastenden Gewohnheitsrechts: I) Straftatbestände oder Strafschärfungen können nicht durch gleichmäßige, lang andauernde und anerkannte Rechtsausübung geschaffen werden. Das ist in Theorie und Praxis unumstritten. II) Probleme bereitet der Allgemeine Teil des StGB, denn der Gesetzgeber hat die Klärung vieler zentraler Rechtsbegriffe der Literatur und Rechtsprechung überlassen. Einigkeit besteht darüber, dass bei Vorschriften, die der Gesetzgeber mit einem gewissen Regelungsrahmen ausgestattet hat, eine Präzisierung der Inhaltsgrenzen nach den Methoden der Auslegung (s. dazu unten S. 12 f.) zulässig ist und sich auch als Gewohnheitsrecht verfestigen kann. 28 Beispiele: Begriffe wie Vorsatz oder Fahrlässigkeit, Kausalität, Täterschaft, Irrtum über Rechtfertigungsgründe etc. Rechtsinstitute aber, deren gesetzliche Verankerung fehlt, können auch nicht durch lang andauernde Übung verfassungskonform werden. 25 Vgl. BVerfGE 26, 203 f. 26 MünchKomm/Schmitz 1 Rdnr. 18. 27 Vgl. BVerfGE 75, 329, 342. 28 Krey Rdnr. 134. 8

5. Die Festlegung strafbaren Verhaltens Beispiel: Aus diesem Grund ist 1994 die sog. Fortsetzungstat durch Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen beim BGH 29 abgeschafft worden. Dieses über Jahrzehnte anerkannte Konstrukt ermöglichte die Zusammenfassung von Serientaten zu einer Straftat mit der für den Täter nachteiligen Folge, dass, solange nicht der letzte Teilakt verjährt war, die Gesamttat verfolgbar blieb. III) Zulässig ist demgegenüber jede tätergünstige Einschränkung der Strafbarkeit durch Gewohnheitsrecht. Beispiele: Rechtfertigung durch mutmaßliche Einwilligung oder Pflichtenkollision, Entschuldigungsgrund des übergesetzlichen Notstands. 5.1.2.2 Rückwirkungsverbot Die gesetzliche Festlegung des Ob und Wie der materiellen Strafbarkeit unterliegt einem Rückwirkungsverbot. Eine Handlung, die im Zeitpunkt ihrer Begehung straffrei war, darf also nicht rückwirkend für strafbar erklärt werden. I) Im Bereich des materiellen Strafrechts ist sowohl die rückwirkende Strafbegründung als auch die rückwirkende Strafverschärfung verboten. 30 Das Rückwirkungsverbot gilt umfassend für das Ob und Wie der Strafbarkeit, insbesondere also für 1) Tatbestände, die neu geschaffen sind oder die die Strafbarkeit gegenüber dem bisherigen Recht erweitern, z.b. indem der bisher straflose Versuch unter Strafe gestellt oder bei einer bisherigen Vorsatztat auch die fahrlässige Begehung unter Strafe gestellt werden soll; 2) den Wegfall von Rechtfertigungsgründen, Schuldausschließungsgründen, Bedingungen der Strafbarkeit und persönlichen Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründen. 31 3) Die o.g. Grundsätze gelten auch für Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, 2 Abs. 5, dagegen grundsätzlich nicht für Maßregeln der Besserung und Sicherung, 2 Abs. 6. II) Umstritten ist, ob das Rückwirkungsverbot (entsprechend) gilt, wenn sich eine vordem gefestigte Rechtsprechung zur Auslegung eines Strafgesetzes ändert. Beispiel: Änderung der Rechtsprechung, die nunmehr Schreckschusspistolen mit Austrittsöffnung des Explosionsdrucks nach vorn aufgrund neuer Erkenntnisse der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin als Waffen i.s.d. 244 u. 250 einstuft. 32 Ein Teil der Lehre bejaht hier das Rückwirkungsverbot und erlaubt nur eine ex nunc wirkende Änderung, weil der in 2 enthaltene Vertrauensschutzgedanke 29 BGHSt 40, 138 @. 30 BVerfGE 25, 269. 31 Tröndle/Fischer 1 Rdnr. 15. 32 BGHGSSt, Beschl. v. 04.02.2003 GSSt 2/02; BGHSt 48, 197, 206; RÜ 2003, 270. 9

1. Abschnitt: Strafrechtliche Grundlagen durch eine geänderte Rechtsprechung genauso tangiert werde wie durch eine Novellierung des Gesetzes. 33 Die h.m. in Rspr. und Lit. lässt es dagegen zu, dass eine Tat aufgrund inzwischen geänderter Rechtsauffassung anders beurteilt wird, als dies zur Tatzeit geschehen wäre. Der Vertrauensschutz könne nicht dazu führen, dass die Gerichte an eine Rechtsansicht gebunden werden, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse als unhaltbar erwiesen habe. 34 Erst recht ist das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Auslegung von Strafgesetzen durch Art. 103 Abs. 2 GG nicht geschützt, wenn die zugrunde liegende Staatspraxis durch Aufforderungen zu schwerstem kriminellen Unrecht und seiner Begünstigung die in der Völkergemeinschaft anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise missachtet hat. 35 III) Nach Rechtsprechung und h.m. gilt das Rückwirkungsverbot auch nicht für Verfahrensvorschriften. 36 Die Frage ist bei der nachträglichen Verlängerung der Verjährungsfrist bei Mordtaten aus der Nazizeit kontrovers behandelt worden. Unabhängig von der Einordnung der Verjährungsregeln als materiell- oder verfahrensrechtliche Normen stellt das BVerfG 37 darauf ab, dass Art. 103 Abs. 2 GG nur die rückwirkende Strafbegründung und -verschärfung verbietet, jedoch nichts über die Dauer des Zeitraums besagt, in dem die Tat verfolgt und geahndet werden darf. Auch der Wegfall eines Strafantragserfordernisses nach Tatbegehung ist nach Auffassung des BGH zulässig, weil damit nicht die Strafdrohung als solche, sondern nur das Ob der Verfolgung berührt wird. 38 5.1.2.3 Bestimmtheitsgrundsatz Die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die daran anknüpfenden Folgen müssen so konkret umschrieben sein, dass der Normadressat anhand der gesetzlichen Vorschrift voraussehen kann, ob ein Verhalten strafbar ist oder ob zumindest das Risiko einer Bestrafung besteht. 39 Je schwerer die angedrohte Strafe, umso höher sind die Anforderungen an die gesetzliche Präzisierung. 40 Hier gelten aber weit reichende Einschränkungen: I) Zulässig sind Blanketttatbestände. Solche liegen vor, wenn die Strafnorm an die Verletzung eines in Bezug genommenen anderen Gesetzes oder einer anderen Rechtsverordnung oder von EU-Recht oder sogar nur eines Verwaltungsaktes anknüpft. Ist die Ausfüllungsnorm ein Gesetz, so genügt der einfache Ver- 33 Baumann/Weber/Mitsch 9 Rdnr. 38; Krahl NJW 1991, 808; Maurach/Zipf AT 1 12 Rdnr. 8; Schreiber JZ 1973, 713, 714, 718. 34 BVerfGE 18, 224, 240 f.; BVerfG NJW 1990, 3140; LK-Dannecker 1 Rdnr. 444. 35 BVerfG NJW 2000, 1480 @ zum Fall Krenz. 36 BVerfGE 25, 269, 286; Rudolphi in SK 1 Rdnr. 10; a.a. Arndt JZ 1965, 148; Schreiber ZStW 80, 365. 37 BVerfGE 25, 269, 286. 38 BGH, Urt. v. 05.03.2001 5 StR 454/00; BGHSt 46, 310, 317. 39 BVerfG, Beschl. v. 04.12.2003 2 BvR 1107/03. 40 BVerfGE 75, 329, 343. 10

Stichwortverzeichnis STICHWORTVERZEICHNIS Die Zahlen verweisen auf die Seiten. Abartigkeit, seelische... 149 Abbruch eigener Rettungshandlungen... 213, 215 Abgrenzung Tun / Unterlassen... 213 Energiekriterium... 214 Kausalitätskriterium... 214 naturalistischer Ansatz... 214 Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit... 214 Abhalten Rettungswilliger... 213 Absicht... 58, 67 Absichtsprovokation... 88 Abstrakte Gefährdungsdelikte... 18 Abwehrprovokation... 96 actio illicita in causa... 85, 92, 118 actio libera in causa... 150, 151, 153, 156 Anwendungsbereich... 163 Ausdehnungstheorie... 157 Ausnahmetheorie... 156 fahrlässige... 154 neue Rspr.... 155 Tatbestandslösung... 157 verhaltensgebundene Delikte... 160, 163 verhaltensneutrale Vorsatzdelikte... 161 vorsätzliche... 154 Vorverlegungstheorie... 157 Werkzeugtheorie... 158 Adäquanztheorie... 38 Affekte aggressive... 167 asthenische... 167 defensive... 167 sthenische... 167 Allgemeindelikte... 21 Allgemeine Deliktsmerkmale... 22 Alternativverhalten pflichtgemäßes... 199, 200 rechtmäßiges... 239 Amtsträger Rechtfertigung... 142 Amtsträgereigenschaft... 226 Analogie... 12 direkte... 13 indirekte... 14 Reduktionsverbot für täterentlastende Vorschriften... 14 zugunsten des Täters... 14 Angriff Gegenwärtigkeit... 80 Rechtswidrigkeit... 81 Tierverhalten... 80 Angriffe schuldlos Handelnder... 94 Äquivalenztheorie... 35, 199 Asthenische Affekte... 167 Atypische Schadensfolge... 40 Aufsichtspflicht... 221 Ausdehnungstheorie... 157 Auslandstat... 4 passives Personalitätsprinzip... 5 Schutzprinzip... 5 Weltrechtsgrundsatz... 5 Auslegung... 12 gemeinschaftskonforme... 13 grammatische... 12 objektiv-teleologische... 13 subjektiv-historische... 13 systematische... 13 verfassungskonforme... 13 Ausnahmetheorie... 156 Außerdienstliche Kenntnisnahme... 228 Auswahlpflicht... 196 Bagatellangriff... 94 Bedingter Vorsatz... 58, 60 Bedingungstheorie... 35 Befehlsnotstand... 172 Begehungsdelikt... 18 fahrlässiges... 186 Begehungstat... 30 Benannte Strafzumessungsnormen... 29 Beschützergarant... 219 Beschützergarantien aufgrund enger Lebensgemeinschaft... 219 aufgrund enger Vertrauensverhältnisse... 220 aufgrund spezieller Rechtssätze... 219 aufgrund tatsächlicher Übernahme von Schutzpflichten... 220 Besitzkehr... 77, 84 Bestimmtheitsgrundsatz... 10 Bewusstlosigkeit... 33 Bewusstseinsstörung, tief greifende... 148, 152 Billigungstheorie... 62 Biologische Defekte... 148 Biologisch-psychologische Methode... 148 255

Stichwortverzeichnis Blanketttatbestände... 10 Blutalkoholwerte... 151 Blutprobe... 153 conditio sine qua non... 35 conditio-formel, abgewandelte... 211, 222 Dauerdelikte... 18 Dauergefahr... 119, 120 Defensivnotstand... 111, 172 Interessenabwägung... 119 delicta sui generis... 20 Deliktsändernde Merkmale... 21 Deliktsarten abstrakte Gefährdungsdelikte... 18 Allgemeindelikte... 21 Begehungsdelikte... 18 Dauerdelikte... 18 eigenhändige Delikte... 21 Erfolgsdelikte... 17 Erfolgsqualifikation... 17 Fahrlässigkeitsdelikte... 17 Grundtatbestand... 20 Privilegierung... 20 Qualifikation... 20 schlichte Tätigkeitsdelikte... 17, 18 Sonderdelikte... 21 Unterlassungsdelikte... 18 Vorsatzdelikte... 17 Vorsatz-Fahrlässigkeits- Kombination... 17 Vorwerfbarkeitsform der Handlung... 17 Zustandsdelikte... 18 Deliktsmerkmale Konkurrenzen... 30 sonstige Voraussetzungen der Strafbarkeit... 28 Strafantrag... 29 Strafverfolgungsverjährung... 29 Deliktsspezifische äußere Unrechtsmerkmale... 31 Deliktsspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale... 66 Dichotomie... 19 Dienstliche Weisung... 142, 144 Direkter Vorsatz... 58, 59 dolus alternativus... 64, 65 dolus antecedens... 55 dolus cumulativus... 64, 66 dolus directus... 59, 67 dolus eventualis... 59, 60 dolus subsequens... 55 Doppelfunktion des Vorsatzes... 164 Dreistufiger Verbrechensaufbau... 26 Duldungspflichten, besondere... 117 Eigenhändige Delikte... 21 Eigenverantwortliche Selbstgefährdung... 192, 204 Einheitstäterbegriff... 187 Einschränkungen des Notwehrrechts... 83 Einverständnis... 138, 140 Einwilligung... 125 in Lebensgefährdungen mit Todesfolge... 206 mutmaßliche... 132, 134 rechtfertigende... 138 Sittenverstoß... 128 tatbestandsausschließende... 140 Unantastbarkeit fremden Lebens... 207 Einwilligung in lebensbedrohliche Fremdgefährdungen... 203 Einwilligungsfähigkeit... 126 Sittenverstoß... 206 subjektives Rechtfertigungselement... 206 Einwilligungstheorie... 62 Einziehung... 3 Elementarbegriffe, strafrechtliche... 1 Enschuldigungsgründe übergesetzliche... 176 Entschuldigender Notstand... 169 Definitionen... 169 Prüfungsfolge... 169 Entschuldigungsgründe... 164 Entziehung der Fahrerlaubnis... 2 Erfolg vermittelnde Anknüpfungshandlungen durch Dritte... 41 Erfolg vermittelnde Selbstgefährdungen... 42 Erfolg vermittelnde Zweithandlungen des Erstverursachers... 44 Erfolg vermittelndes Verhalten eines Dritten... 45 Erfolgsdelikt Begriff... 17 vollendetes vorsätzliches... 30 Erfolgsort... 4 Erfolgsqualifikation... 17 Fahrlässigkeit hinsichtlich der Folge... 252 objektive Vorhersehbarkeit des Erfolgs... 252 Prüfungsschema... 250 tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang... 249, 252 Unmittelbarkeitszusammenhang... 250 Erfolgsqualifiziertes Delikt... 247 Erforderlichkeit der Verteidigung... 82 Ermächtigung... 186 Erwachsene... 148 256

Stichwortverzeichnis Fahrlässiges Begehungsdelikt... 186 Kausalzusammenhang... 195 objektive Sorgfaltswidrigkeit... 195 Prüfungsschema... 194 Schuldvorwurf... 197 Sonderwissen... 195, 198 Fahrlässiges Unterlassungsdelikt objektiver Zurechnungszusammenhang... 245 Prüfungsschema... 245 Rechtswidrigkeit... 245 Schuld... 245 Fahrlässigkeit Außerachtlassung objektiv gebotener Sorgfalt... 190 Begriff... 187 bewusste... 189 Doppelfunktion... 190 eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers... 192 einstufige... 189 individuelle Vorwerfbarkeit... 190 objektiver Zurechnungszusammenhang... 190 Prinzip der abgegrenzten Verantwortungsbereiche... 191 Risikozusammenhang... 192 Schutzzweck der Norm... 192 unbewusste... 189 Vertrauensgrundsatz... 191 Zurechnungszusammenhang... 190 zweistufige... 189 Zweithandlung eines Dritten... 192 Fahrlässigkeitsdelikte Rechtfertigungsfähigkeit... 85 Fahrlässigkeitstat... 17 Rechtfertigung... 205 Strafbarkeit... 187 Tatbestandsirrtum... 187 Versuch... 187 Familientyrann, Tötung... 172 Festlegung strafbaren Verhaltens... 6 Festnahmerecht... 119 betroffen auf frischer Tat... 107 dringender Tatverdacht... 109 Fluchtverdacht... 107 Kenntnis der Umstände... 108 materielle Theorie... 108 prozessuale Theorie... 109 Verhältnismäßigkeit... 108 Finale Handlungslehre... 23, 27 Flaggenprinzip... 4 Folter zur Gefahrenabwehr... 116 Formel von der gesetzmäßigen Bedingung... 199 Fragmentarischer Strafrechtsschutz... 14 Freiheit i.s.d. 35... 170 Garantenpflicht Erlöschen... 218 Garantenstellung... 218 aufgrund enger häuslicher Gemeinschaft... 224 aufgrund enger persönlicher Verbundenheit... 223 aus Amtsträgereigenschaft... 226 Ermessensreduzierung auf Null... 227 aus Ingerenz... 229 Gefährdungstheorie... 62 Gefährlicher Zustand von Sachen... 171 Generalklauseln... 11 Generalprävention... 2 Geschäftsführung ohne Auftrag... 124 Geschehensablauf außerhalb aller Lebenserfahrung... 40 Gesetzesanalogie... 12 Gesetzlichkeitsprinzip... 6 Auslegung... 12 Bestimmtheitsgrundsatz... 10 Handlungsrahmen... 11 Kehrseite... 14 nullum crimen sine lege stricta... 12 Reichweite... 7 Rückwirkungsverbot... 9 strenge Gesetzesbindung... 12 strenger Gesetzesvorbehalt... 8 Verbot rückwirkender und täterbelastender Rechtsanwendung... 11 Verbot täterbelastenden Gewohnheitsrechts... 8 Verbot täterbelastender Analogie... 12 Gesinnungsmerkmale... 67, 163 Gewährübernahme, tatsächliche... 224 Gewissensentscheidung... 179 Gewissensfreiheit... 180 Gewissenstäter... 179 Glaubensfreiheit... 180 Gleichgültigkeitstheorie... 62 Gleichstellungsklausel... 211 Grenzen strafrechtlicher Entschuldigung... 179 Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit... 180 Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege... 5 Grundtatbestand... 20 Begriff... 20 Handlung... 32 aktives Tun... 32 äußerliches Verhalten... 32 257