Teubner StudienbOcher Mechanik. K. Magnus / K. Popp Schwingungen

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Teubner StudienbOcher Mechanik K. Magnus / K. Popp Schwingungen

Leitfaden der angewandten Mathematik und Mechanik LAMM Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. G. Hotz, SaarbrOcken Prof. Dr. P. Kall, ZOrich Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. K. Magnus, MOnchen Prof. Dr. E. Meister, Darmstadt Band 3 Die LehrbOcher dieser Reihe sind einerseits allen mathematischen Theorien und Methoden von grundsihzlicher Bedeutung for die Anwendung der Mathematik gewidmet; andererseits werden auch die Anwendungsgebiete selbst behandelt. Die Bande der Reihe sollen dem Ingenieur und Naturwissenschaftler die Kenntnis der mathematischen Methoden, dem Mathematiker die Kenntnisse der Anwendungsgebiete seiner Wissenschaft zuganglich machen. Die Werke sind for die angehenden Industrieund Wirtschaftsmathematiker, Ingenieure und Naturwissenschaftler bestimmt, darober hinaus aber sollen sie den im praktischen Beruf Ta.tigen zur Fortbildung im Zuge der fortschreitenden Wissenschaft dienen.

Schwingungen Eine EinfOhrung in physikalische Grundlagen und die theoretische Sehandlung von Schwingungsproblemen Von em. Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Kurt Magnus, Technische Universitat MOnchen und Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Popp, Universitat Hannover 5., vbllig neubearbeitete und erweiterte Auflage Mit 211 Figuren und 68 Aufgaben S. G. Teubner Stuttgart 1997

Professor Dr. rer. nat. habil. Dr.-Ing. E. h. Kurt Magnus Geboren 1912 in Magdeburg. Studium der Mathematik, Physik und Chemie, Promotion 1937, Habilitation 1942 an der Universitat Gottingen. Lehrtatigkeit an den Universitaten Gottingen, Freiburg und Lawrence/Kansas sowie an den Technischen Hochschulen (Universitaten) in Danzig, Stuttgart und MOnchen. Seit 1958 o. Professor fur Mechanik, von 1966 bis 1980 Inhaber des Lehrstuhls B for Mechanik in der Fakultat fur Maschinenwesen der Technischen Universitat MOnchen. Seit 1980 emeritiert. Professor Dr.-Ing. habil. Karl Popp Geboren 1942 in Regensburg. Studium des Maschinenbaus, Promotion 1972, Habilitation 1978 an der Technischen Universitat MOnchen. Gastwissenschaftler an der University of California Berkeley, USA, und an der Universidade Estadual de Campinas, Brasilien. 1980 kommissarische Leitung des Lehrstuhls B fur Mechanik der Technischen Universitat MOnchen. 1981 Professor fur Mechanik der Systeme und seit 1985 Professor fur Mechanik in der Fakultat for Maschinenwesen der Universitat Hannover. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Magnus, Kurt: Schwingungen : eine EinfUhrung in physikalische Grundlagen und die theoretische Behandlung von Schwingungsproblemen ; mit 68 Aufgaben / von Kurt Magnus und Karl Popp. - 5., v611ig neu bearb. und erw. Aufl. - Stuttgart: Teubner, 1997 (Leitfaden der angewandten Mathematik und Mechanik ; Bd. 3) (Teubner-Studienbucher: Mechanik) ISBN 978-3-519-32302-0 ISBN 978-3-322-94076-6 (ebook) DOI 10.1007/978-3-322-94076-6 Das Werk einschlieblich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auberhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt besonders fur Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. B. G. Teubner, Stuttgart 1997

Vorwort Das Vorwort zu dem vor mehr als dreibig Jahren veroffentlichten Buch "Schwingungen ", das als dritter Band der neu begrundeten Reihe "LeiWiden der angewandten Mathematik und Mechanik" (LAMM-Reihe) erschienen war, begann mit der Feststellung: Es besteht im deutschsprachigen Schrifttum kein Mangel an guten, ja ausgezeichneten Werken zur Schwingungslehre. Warum also soil das Biicherangebot auf diesem Gebiet noch vermehrt werden? Diese naheliegende Frage sei mit dem Hinweis beantwortet, dab fur die vorliegende Zusammenstellung die Stoffauswahl und eine Beschriinkung im Umfang entscheidend gewesen sind. Beides hiingt eng miteinander zusammen. Es sollte etwa die Stoffmenge gebracht werden, die in einer einsemestrigen Vorlesung bewiiltigt werden kann; gleichzeitig aber sollte ein nicht zu einseitig begrenzter Uberblick gegeben werden. Dieses Ziel verbot von vornherein jeden Gedanken an Vollstiindigkeit beziiglich der Ergebnisse der Schwingungslehre. Jedoch wurde eine gewisse Abrundung nicht nur hinsichtlich der Methoden, sondern auch beziiglich der wichtigsten Schwingungs-Erscheinungen angestrebt. Aus der Gliederung wird man erkennen, dab gegeniiber anderen Biichern mit iihnlicher Zielsetzung gewisse Schwerpunktsverschiebungen vorgenommen wurden. Leitender Grundgedanke war eine Einteilung der Schwingungstypen nach dem Mechanismus ihrer Entstehung. Neben den autonomen Eigenschwingungen und selbsterregten Schwingungen wurden die heteronomen parametererregten und erzwungenen Schwingungen behandelt. In beide Bereiche iibergreifend sind abschliebend Koppelschwingungen dargestellt worden. Das Buch erlebte vier Auflagen, von denen die zweite bis vierte durch Korrekturen, Umformulierungen und Erganzungen nur wenig gegenuber der ersten Auflage verandert worden sind. Das Konzept des Buches hatte sich als fur die Lehre geeignet erwiesen und ist angenommen worden - eine Tatsache, die auch durch Ubersetzungen in drei Sprachen unterstrichen wird. Mit dem Auslaufen der vierten Auflage wurde jedoch der Wunsch nach einer grundlicheren Uberarbeitung laut. Dafiir sollten nicht nur wichtige neuere Ergebnisse und Betrachtungen aufgenommen, sondern auch die inzwischen allgemein ublich gewordenen Formelsymbole verwendet werden. AuJ3erdem soli ten die weitreichenden Moglichkeiten berucksichtigt werden, die dank der Entwicklung der Computertechnik jetzt zur Verfiigung stehen. Sie haben

6 Vorwort Art und Bedeutung der jeweils eingesetzten Berechnungsverfahren erheblich beeinflubt. Natiirlich sind im Laufe der vergangenen dreibig Jahre eine Anzahl neuer Werke zur Schwingungslehre erschienen, in denen aktuelle Entwicklungen beriicksichtigt worden sind. Doch haben uns auch Anregungen aus dem Kreis der Leser davon iiberzeugt, dab das Konzept des Buches gerade auch fur den fachiibergreifenden Unterricht geeignet erscheint. Deshalb haben wir nun eine griindliche Uberarbeitung und Erganzung vorgenommen. Das freilich geschah jetzt durch ein Autoren-Duo, dessen beide Partner dank einer langjahrigen Zusammenarbeit aufeinander eingestellt sind. Wir haben wahrend der Uberarbeitung stets engen Kontakt gehalten, so dab ein Auseinanderfallen der Neuauflage in zwei Teile - so hoffen wir - vermieden werden konnte. Auch legen wir Wert auf die Feststellung, dab beide Autoren die Verantwortung fiir alle Teile des Buches gemeinsam iibernehmen. Die Gliederung ist im wesentlichen beibehalten worden, doch sind zwei Kapitel, iiber "Kontinuumsschwingungen" und "Chaotische Bewegungen ", neu hinzugekommen. Die Neubearbeitung und die Ubernahme einiger Beispie Ie aus den alten in die neuen Kapitel fiihrte zu einer strafferen Darstellung in den ersten Abschnitten. Hier konnte zugleich auf einige der zuvor ausfuhrlich dargestellten Falle verzichtet werden, ohne das angestrebte Ziel - Ubersicht zu grundlegenden Fragen der Entstehung und Berechnung von Schwingungen - aus den Augen zu verlieren. Nach wie vor wird besonderer Wert auf die enge Verbindung von anschaulich physikalischen Uberlegungen mit den mehr formal mathematischen Berechnungen gelegt; denn die Erfahrung zeigt immer wieder, dab das Transformieren einer physikalisch definierten Aufgabe in den mathematischen Bereich, und dann das Riicktransformieren, also die anschauliche Deutung mathematisch abgeleiteter Ergebnisse, den Studierenden Schwierigkeiten bereitet. Soweit es mit ertraglichem Aufwand moglich war, haben wir exakte mathematische Verfahren bevorzugt. Doch kann auf die verschiedenartigen Naherungsverfahren natiirlich nicht verzichtet werden. Hier kommt es vor ahem darauf an, die Anwendungsmoglichkeiten und die Grenzen der Naherungen sorgfaltig zu beachten. Auf Fehlerabschatzungen sowie auf Schwierigkeiten der mathematischen Begriindung konnte dabei verstandlicherweise nicht eingegangen werden. Schwingungen treten als niitzliche aber auch als storende Erscheinungen fast iiberah in N atur und Technik auf. Es kommt darauf an, sie zu verstehen, zu deuten oder auch in gewiinschter Weise zu beeinfiuben. Sowohl

Vorwort 7 phanomenologisch wie auch methodisch offenbart sich hier eine enge Verwandschaft der Begriffswelten von Schwingungslehre und Regelungstechnik. Daraus folgt, dab sich einige der in der Regelungstechnik allgemein ublichen Begriffe - wie Ubergangsfunktion, Ubertragungsverhalten, Frequenzgang und Ortskurven - auch bei Untersuchungen von Schwingern als zweckmabig erwiesen haben. Zudem ist die fur das Reglerverhalten weitgehend ausgebaute Stabilitatstheorie auch allgemein fur schwingungsfahige Systeme von grobem Nutzen. Auf eine methodische Begrundung mubte allerdings verzichtet werden. Die fur das Verstandnis so wichtigen Beispiele wurden, sofern sie als typisch anzusehen sind, ausfuhrlich durchgerechnet, anderenfalls ist der Losungsweg nur angedeutet. Der Charakter des Werkes als Lehrbuch soli durch Aufgaben unterstrichen werden, die den Kapiteln 1 bis 7 beigegeben wurden, und deren Losungen am Ende des Buches zu finden sind. Wir meinen, dab ein Leser, der diese Aufgaben gelost hat, etwas von den Grundgedanken der Schwingungslehre versteht. Zumindest wird es fur ihn nicht schwierig sein, von der gewonnenen Erkenntnisebene aus sich weiter in Spezialgebiete der Schwingungslehre einzuarbeiten. In das vorliegende Buch sind viele Anregungen von wissenschaftlichen Mitarbeitern und Horern unserer Vorlesungen eingeflossen. DafUr sei an dieser Stelle gedankt. Hinweise und Verbesserungsvorschlage verdanken wir auch Buchbesprechungen und zahlreichen Zuschriften zu fruheren Auflagen. Ein besonderer Dank gilt Frau A. Crohn fur das Schreiben des Manuskripts, Herrn W. Pietsch fur das Erstellen vieler Reinzeichnungen sowie den Herren Dipl.-Ing. N. Hinrichs und Dipl.-Math. M. Oestreich fur numerische Berechnungen und die sorgfaltige Durchsicht der Druckfahnen. SchlieBlich sind wir dem Verlag B. G. Teubner, insbesondere Herrn Dr. P. Spuhler, fur die erwiesene Geduld und fur die uberaus erfreuliche Zusammenarbeit zu Dank verpflichtet. Munchen/Hannover, November 1996 Kurt Magnus Karl Popp

Inhalt Vorwort 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 Grundbegriffe und Darstellungsmittel Schwingungen und ihre Bestimmungsstiicke Das Ausschlag-Zeit-Diagramm (x,t-bild) Vektorbild und komplexe Darstellung... Phasenkurven und Phasenportrat...... Ubergangsfunktion, Frequenzgang und Ortskurve M6g1ichkeiten einer Klassifikation von Schwingungen 2 Freie Schwingungen 35 2.1 Ungedampfte freie Schwingungen................ 35 2.1.1 Verschiedene Arten von Schwingern und ihre Differentialgleichungen... 35 2.1.2 Das Verhalten linearer Schwinger... 47 2.1.3 Das Verhalten nichtlinearer Schwinger 56 2.2 Gedampfte freie Schwingungen..... 76 2.2.1 Beriicksichtigung dampfender Einfliisse 76 2.2.2 Der lineare Schwinger. 79 2.2.3 Nichtlineare Schwinger 91 2.3 Aufgaben........ 101 3 Selbsterregte Schwingungen 104 3.1 Aufbau und Wirkungsweise selbsterregungsfahiger Systeme. 104 3.1.1 Schwinger- und Speicher-Typ... 104 3.1.2 Energiehaushalt und Phasenportrat 108 3.2 Berechnungsverfahren........ 112 3.2.1 Allgemeine Verfahren........ 113 3.2.2 Berechnung mit linearisierten Ausgangsgleichungen 114 3.2.3 Das Verfahren von Ritz und Galerkin........ 118 3.2.4 Die Methode der langsam veranderlichen Amplitude. 120 3.3 Beispiele von Schwingern mit Selbsterregung..... 123 5 13 13 14 17 22 27 31

10 Inhalt 3.3.1 Das Uhrenpendel 123 3.3.2 Der R6hren-Generator 129 3.3.3 Reibungsschwingungen 131 3.4 Kippschwingungen 137 3.4.1 Beispiele von Kippschwing-Systemen 137 3.4.2 Schwingungen in einem Relaisregelkreis. 141 3.5 Aufgaben.................. 145 4 Parametererregte Schwingungen 147 4.1 Beispiele von Schwingern mit Parametererregung... 148 4.1.1 Das Schwerependel mit periodisch bewegtem Aufhangepunkt. 148 4.1.2 Schwingungen in Kupplungsstangen-Antrieben....... 149 4.1.3 Der elektrische Schwingkreis mit periodischen Parametern 150 4.1.4 Nachbarbewegungen stationarer Schwingungen..... 150 4.1.5 Das ebene Fadenpendel mit veranderlicher Pendellange 151 4.2 Berechnung eines Schaukelschwingers.. 152 4.2.1 Das Anwachsen der Amplituden............ 153 4.2.2 Der EinfluB von Dampfung und Reibung....... 156 4.3 Parametererregte Schwingungen in linearen Systemen 158 4.3.1 Allgemeine mathematische Zusammenhange..... 158 4.3.2 Das Verhalten von Schwingern, die einer Mathieuschen Differentialgleichung geniigen............. 161 4.3.3 Methoden zur naherungsweisen Berechnung.. 166 4.4 Der Schaukelschwinger mit Parametererregung. 168 4.5 Aufgaben...................... 169 5 Erzwungene Schwingungen 171 5.1 Die Reaktion linearer Systeme auf nichtperiodische aubere Erregungen.............................. 172 5.1.1 Ubergangsfunktionen bei Erregung d urch eine Sprungfunktion 172 5.1.2 Ubergangsfunktionen bei Erregung durch eine StoBfunktion 175 5.1.3 Allgemeine Erregerfunktionen......... 176 5.2 Periodische Erregungen in linearen Systemen......... 179 5.2.1 Harmonische Erregerfunktionen................ 180 5.2.2 Allgemein periodische Erregung; Lasung mit Hilfe der Fourier- Zerlegung... 199 5.2.3 Allgemein periodische Erregung; das Anstiickelverfahren 201 5.3 Anwendungen der Resonanztheorie 204 5.3.1 SchwingungsmeBgerate... 204

Inhalt 11 5.3.2 Schwingungsisolierung von Maschinen und Gediten.. 210 5.4 Erzwungene Schwingungen von nichtlinearen Schwingern 215 5.4.1 Problemstellung und Losungsmoglichkeiten........ 216 5.4.2 Harmonische Erregung eines ungedampften Schwingers mit unstetiger Kennlinie... 219 5.4.3 Harmonische Erregung von gedampften nichtlinearen Schwin- 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.5 6 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5 6.1.6 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 gern... 226 Oberschwingungen, Kombinationsfrequenzen und Unterschwingungen... 234 Gleichrichterwirkungen... 237 Erzwungene Schwingungen in selbsterregungsfahigen Systemen 238 Aufgaben... 243 Koppelschwingungen Schwinger mit zwei Freiheitsgraden..... Freie Schwingungen eines ungedampften linearen schwingers....................... Eigenschwingungen und Hauptkoordinaten..... Koppel- 245 245 246 249 Eigenfrequenzen als Extremwerte eines Energieausdruckes 253 Das Schwerependel mit elastischem Faden... 255 Das Korperpendel mit drehbarer Platte........... 258 Erzwungene Schwingungen eines linearen Koppelschwingers 260 Lineare Schwingungssysteme mit endlich vielen Freiheitsgraden263 Freie ungedampte Schwingungen...... 264 Eigenschwingungen und Hauptkoordinaten 268 Schwingerketten......... 271 Freie gedampfte Schwingungen. 277 Erzwungene Schwingungen... 281 Allgemeine Schwingungssysteme 284 Verfahren zur Schwingungsanalyse am Beispiel einer Drehschwingerkette........... 286 Restgrof3enverfahren........ 289 Ubertragungsmatrizen-Verfahren 292 Methode der finiten Elemente 296 Aufgaben............ 299 7 Kontinuumsschwingungen 302 7.1 Saite, Dehn- und Torsionsstab................. 302 7.1.1 Bewegungsgleichungen fur freie, ungedampfte Schwingungen. 302

12 Inhalt 7.1.2 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3 7.3.1 7.3.2 7.4 7.4.1 7.4.2 7.5 8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.3 8.3.1 8.3.2 Lasung der Wellengleichung Balken.... Bewegungsgleichung fiir freie, ungedfunpfte Balkenschwingungen.... Lasung der Differentialgleichung fiir Balkenschwingungen.... Beispiele fur allgemeinere Balkenprobleme........... Zusammenfassung und Erweiterungen auf gedampfte und erzwungene Schwingungen.... Freie gedampfte Schwingungen. Erzwungene Schwingungen Naherungsverfahren... '. Diskretisierungsverfahren. Schrankenverfahren Aufgaben.... Chaotische Bewegungen Zeitdiskrete Systeme................ Die logistische Abbildung.... Konzept und Anwendung der Poincare-Abbildung Zeitkontinuierliche Systeme............. Konservative Systeme................ Homokline Punkte und die Methode von Melnikov. Dissipative Systeme und Attraktoren....... Merkmale regularer und chaotischer Bewegungen Beispiele.... Der Reibungsschwinger mit Fremderregung. Der Dulling-Schwinger............ Losungen der Aufgaben Literaturverzeichnis Sachverzeichnis 307 311 311 314 317 322 326 327 331 331 338 344 346 347 347 355 359 360 362 365 367 373 373 382 387 394 397

1 Grundbegriffe und Darstellungsmittel 1.1 Schwingungen und ihre Bestimmungsstiicke Als Schwingungen werden mehr oder weniger regelmiibig erfolgende zeitliche Schwankungen von ZustandsgroBen bezeichnet. Schwingungen konnen uberall in der Natur und in allen Bereichen der Technik beobachtet werden. So schwankt die Tageshelligkeit in 24 stiindigem Rhythmus; es pendelt der Arbeitskolben in einem Motor standig hin und her; schlieblich iindert sich der Winkel, den ein in einer vertikalen Ebene schwingendes Schwerependel mit der Vertikalen bildet, in stets sich wiederholender Weise. Der Zustand eines schwingenden Systems kann durch geeignet gewahlte ZustandsgroBen, z.b. Winkel, Druck, Temperatur, elektrische Spannung, Geschwindigkeit o. ii. gekennzeichnet werden. Sei x eine derartige ZustandsgroBe, so interessiert in der Schwingungslehre die zeitliche Veriinderung x = x(t). Eine besondere Rolle spielen Vorgiinge, bei denen sich x periodisch iindert. Fur sie gilt: x(t) = x(t + T). (1.1) Darin ist T ein fester Wert, der als Periode, als Schwingungsdauer oder als Schwingungszeit bezeichnet wird. Die Beziehung (1.1) sagt aus, dab die ZustandsgroBe x zu je zwei Zeitpunkten, die urn den Betrag T zeitlich auseinanderliegen, den gleichen Wert annimmt. Der reziproke Wert der Schwingungszeit T, (1.2) ist die Frequenz der Schwingung, also die Zahl der Schwingungen in einer Sekunde. Die Einheit der Frequenz ist das Hertz, abgekurzt Hz. Bei einer Schwingung von z.b. 6 Hz werden also 6 volle Period en in einer Sekunde durchlaufen.

14 1 Grundbegriffe und Darstellungsmittel Fiir die rechnerische Behandlung der Schwingungen wird neben der durch (1.2) definierten Frequenz f noch die sogenannte Kreisfrequenz w verwendet. Darunter wird die Zahl der Schwingungen in 211" Sekunden verstanden. Es gilt also: 21T w = 21Tf = r' (1.3) Schwingungszeit bzw. Frequenz bestimmen den Rhythmus einer Schwingung; ihre Starke ist durch die Amplitude x gegeben. Darunter versteht man den halben Wert der gesamten Schwingungsweite, also des Bereiches, den die ZustandsgroBe x im Verlaufe einer Periode durchlauft. Ist Xmax der GroBtwert und Xmin der Kleinstwert von x wahrend einer Periode, so gilt: (1.4) Der Wert der ZustandsgroBe x schwankt bei periodischen Schwingungen um eine Mittellage, die durch 1 Xm = 2 (xmax + Xmin) (1.5) definiert werden kann. Bei symmetrischen Schwingungen entspricht diese Mittellage zugleich der Ruhelage oder Gleichgewichtslage. Geniigt die Funktion x(t) nicht streng, sondern nur naherungsweise der Periodizitatsbedingung (1.1), so spricht man von fast periodischen Schwingun gen. Es gilt dann: Ix(t) - x(t + T)I < E (1.6) mit einem vorgegebenen kleinen Wert E. 1.2 Das Ausschlag-Zeit-Diagramm (x,t-bild) Zur anschaulichen Darstellung eines Schwingungsvorganges bedient man sich des x, t-bildes, also einer graphischen Darstellung, bei der die Zeit t als Abszisse und der Ausschlag als Ordinate verwendet werden. Wie das in Fig. 1 gezeichnete Beispiel fur eine periodische Schwingung zeigt, lassen sich aus dieser Darstellung unmittelbar die interessierenden Bestimmungsstucke der Schwingung, also die Schwingungszeit T, die Mittellage Xm und die Amplitude x ablesen.

1.2 Das Ausschlag-Zeit-Diagramm (x,t-bild) 15 X xmax Fig. 1 x, t-bild einer periodischen Schwingung Fig. 2 Zur Entstehung eines x, t-bildes Die dominierende Stellung, die das x, t-bild bei der Darstellung eines Schwingungsvorganges einnimmt, ist vor allem durch die Tatsache zu erkliiren, dab fast aile registrierenden SchwingungsmeBgerate (Schwingungsschreiber, Oszillographen) x, t-bilder aufzeichnen. Stets wird bei diesen Geraten mittelbar oder unmittelbar die Schwingung auf einem mit konstanter Geschwindigkeit bewegten Papier- bzw. Filmstreifen oder auf einer rotierenden Trommel aufgezeichnet - iihnlich, wie es in Fig. 2 fiir einen einfachen Fall skizziert ist. Das x, t-bild einer Schwingung liibt nicht nur die schon genannten Bestimmungsstiicke leicht erkennen, es gibt dariiber hinaus dem Fachmann einen manchmal sehr wichtigen Hinweis auf den allgemeinen Charakter der Schwingung, der sich in der Form des Kurvenzuges ausdriickt. In Fig. 3 sind einige typische Formen dargesteilt; es sind dies a) die gleichformige Dreieckschwingung, b) die Sagezahnschwingung (ungleichformige Dreieckschwingung), c) die Trapezschwingung, d) die Rechteckschwingung, e) die Sinusschwingung. Von den genannten Schwingungstypen ist ohne Zweifel die letztgenannte - die Sinusschwingung - die wichtigste; sie wird auch als harmonische Schwingung bezeichnet, wenn das Argument des Sinus eine lineare Funktion der Zeit ist. Viele in Natur und Technik vorkommende Schwingungen gehorchen mit sehr guter Annaherung dem Sinusgesetz. Selbst in Fallen, bei denen eine Schwingung nicht sinusformig veriiiuft, bietet sich die Sinusfunktion als bequemes Hilfsmittel zur naherungsweisen Beschreibung an.

16 1 Grundbegriffe und Darstellungsmittel x t Fig. 3 x, t-bilder einfacher Schwingungsformen Fig. 4 Ungedampfte, gedampfte und angefachte Schwingungen Fiir eine Sinusschwingung gilt: x = Xm + xsinwt, (1.7) wobei fur die Kreisfrequenz w der Wert von (1.3) einzusetzen ist. Die bisher betrachteten Schwingungen geniigen der Periodizitatsbedingung (1.1), so dab sich die K urvenstiicke des x, t-bildes fur die einzelnen Schwingungsperioden vollkommen zur Deckung bringen lassen. Fur jede Periode gelten die gleichen Werte Xmax und Xmin. Verbindet man einerseits die Punkte, an denen x den Wert X max, andererseits die Punkte, an denen x den Wert Xmin erreicht, so erhalt man zwei horizontale Gerade, die die eigentliche Schwingungskurve einhullen (Fig. 4a). Die Schwingungen sind ungedi=impft. Wird der Abstand der beiden Hullkurven mit wachsendem t kleiner, wie es Fig. 4b zeigt, dann spricht man von gedampften Schwingungen. Gehen die beiden Hiillkurven mit wachsendem t auseinander, so nennt man die Schwingungen aufschaukelnd oder angefacht (Fig. 4c). Obwohl fur angefachte oder gedampfte Schwingungen die Beziehung (1.1) nicht gilt, Ii=iBt sich dennoch eine Schwingungszeit T auch fur diese definiereno Man verwendet hierzu beispielsweise den zeitlichen Abstand, in dem die Schwingungskurve eine der beiden Hiillkurven aufeinanderfolgend beriihrt.

1.3 Vektorbild und komplexe Darstellung 17 Aber auch der Abstand zweier benachbarter in gleicher Richtung erfolgender Durchgange der Schwingungskurve durch die Mittellage kann als Schwingungszeit T verwendet werden. Die Mittellage ist in diesen Fallen einfach als Mittellinie zwischen den beiden Hiillkurven gegeben. Als MaE fur die jetzt von der Zeit abhangige Amplitude kann der jeweilige Abstand der Hiillkurven von der Mittellage verwendet werden. 1.3 Vektorbild und komplexe Darstellung Zur Darstellung von sinusf6rmigen Schwingungen kann das sehr anschauliche Vektorbild, auch Zeigerdiagramm genannt, verwendet werden. Bei seiner Konstruktion wird der enge Zusammenhang ausgeniitzt, der zwischen der Sinusschwingung und einer gleichf6rmigen Kreisbewegung besteht. Man erkennt diesen Zusammenhang unmittelbar an dem in Fig. 5 gezeichneten Kreuzschubkurbelgetriebe. Wird der Kurbelarm gleichf6rmig gedreht, dann vollfiihrt jeder Punkt der Schubstange eine reine Sinusbewegung, fur die x = x sinwt gilt. Fig. 5 Kreuzschubkurbeigetriebe nnd Sinnsschwingung i 21 i~ I ~i~ I I ~x=xsinwt Der Zusammenhang zwische_l dem gleichf6rmig umlaufenden Vektor x, dessen Betrag durch die Lange des Kurbelarmes gegeben ist, und dem x, t-bild der resultierenden Schwingung der Schubstange geht aus der geometrischen

18 1 Grundbegriffe und Darstellungsmittel 3 3 5 Fig. 6 Entstehung der Sinusschwingung aus der gleichformigen Kreisbewegung Konstruktion von Fig. 6 hervor. Der Endpunkt des Vektors x bewegt sich auf einer Kreisbahn und nimmt dabei nacheinander die Lagen 1 bis 9 ein. Projiziert man diese Lagen in eine x, t-ebene, bei der fur die Abszisseneinteilung an Stelle der Zeit t auch der zu ihr proportionale Winkel a aufgetragen werden kann, so ergibt sich eine Sinuskurve. Der linke Teil von Fig. 6 ist das Vektorbild einer einfachen Sinusschwingung. Ftir die Berechnung von harmonischen Schwingungen ist es haufig zweckmabig, die Ebene des Vektorbildes als komplexe ~-Ebene mit ~ = x + iy aufzufassen (komplexe GroBen werden hier unterstrichen). Der rotierende Vektor von der Lange x, auch Zeiger genannt, wird dann dargestellt durch ~ = xe iwt = x(coswt + isinwt). (1.8) Wenn tiber den Zeitnullpunkt frei verftigt werden kann, so labt sich jede harmonische Schwingung entweder als Sinus- oder als Cosinus-Schwingung darstellen. Liegt der Zeitpunkt aus irgendwelchen Grunden bereits fest, dann kann stets eine Darstellung von der Form x = x cos(wt - 4'0) (1.9) gefunden werden. Die GroBe 4'0, die im Vektorbild als Winkel eingetragen werden kann, heibt Nullphasenwinkel. Dieser Winkel gibt an, in welcher Bewegungsphase sich die Schwingung zum Zeitnullpunkt gerade befindet. Man kann eine Sinusschwingung mit beliebigem Nullphasenwinkel stets aus einer Sinus- und einer Cosinus-Komponente aufbauen. Aus (1.9) folgt namlich: x = x cos 4'0 cos wt + x sin 4'0 sin wt, x = Xl cos wt + X2 sin wt. (1.10)

1.3 Vektorbild und komplexe Darstellung 19 Fig. 7 Vektorzerlegung fur eine Schwingung mit dem Nullphasenwinkel 'Po Wegen :h = X cos 'PO; X2 = X sin 'Po gilt: (1.11) Dieser Zusammenhang kann auch unmittelbar aus der in Fig. 7 dargestellten Vektorzerlegung abgelesen werden. Auch bei der phasenverschobenen Schwingung (1.9) bewiihrt sich die komplexe Darstellung. Zu (1.9) gehort ein komplexer Ausschlag (1.12) Faf3t man darin das Produkt xe-i<po als komplexen Amplitudenfaktor auf, so kommt man wieder genau auf die friihere Darstellung (1.8) zuriick. Die Phasenverschiebung wirkt sich also in einem Komplexwerden des Amplitudenfaktors aus; in der komplexen Ebene bedeutet das aber eine Drehung des Vektors X um den festen Winkel 'Po, wie dies auch aus Fig. 7 zu ersehen ist. Die Beziehung (1.9) kann als Ergebnis der Addition der beiden um 90 0 phasenverschobenen Schwingungen von (1.10) aufgefaf3t werden. Eine Addition von zwei harmonischen Schwingungen, die die gleiche Kreisfrequenz w besitzen, liif3t sich auch ganz allgemein durchfiihren. Hierzu verwenden wir die komplexe Darstellung. Es seien die beiden Schwingungen mit gleicher Frequenz, aber verschiedenen Amplitudenfaktoren x und verschiedenen Phasenwinkeln. Durch Addition folgt nun: (1.13) Die Addition der beiden Schwingungen liiuft also auf eine Addition der beiden komplexen Amplitudenfaktoren hinaus, eine Operation, die man im

20 1 Grundbegriffe und Darstellungsmittel Fig. 8 Vektoraddition zweier Schwingungen gleicher Frequenz Zeigerdiagramm unmittelbar als Vektoraddition deuten kann (Fig. 8). Die Berechnung ergibt fur die neuen GroBen die Werte: x = J xi + x~ + 2X1X2 COS(<p2 - <pd, tan <Po = A Xl sin <PI + X2 sin <P2 A Xl cos <PI + X2 cos <P2 (1.14) Die Addition von zwei Schwingungen gleicher Frequenz ergibt somit wieder eine Schwingung derselben Frequenz, jedoch mit entsprechend veranderter Amplitude und Phase. Wenn man die Zeitabhangigkeit der Schwingung Gl. (1.13) im Vektorbild erkennen will, so mub man sich das Zeigerdiagramm von Fig. 8 als starres Gebilde um den Ursprung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w rotierend denken. Zu den festen Winkeln <Po, <PI, <P2, die die drei Vektoren mit der reellen Achse bilden, kommen noch die jeweils gleich groben, aber linear mit der Zeit anwachsenden Winkel wt. Die Projektion des Endpunktes von X auf die reelle Achse ist dann gleich dem Ausschlag X = x(t). Etwas umstandlicher als die Addition von zwei Schwingungen gleicher Frequenz ist die Addition (oder Subtraktion) zweier Schwingungen verschiedener Frequenz. Da hier die komplexe Rechnung keine Vorteile bietet, soll reell angesetzt werden: (1.15) Der Einfachheit halber ist dabei <PI = <P2 = 0 angenommen worden. Schon dieser Sonderfall labt die wesentlichsten Dinge erkennen. Wir erhalten zunachst durch Umformen:

1.3 Vektorbild und komplexe Darstellung 21 Daraus folgt durch Anwendung trigonometrischer Beziehungen: - W2 ] WI + W2 WI [ X = A A (Xl + X2) cos 2 t cos 2 t - W2]. WI + W2 [ - A A WI (Xl-x2)sm 2 t sm 2 t. (1.16) Oder zusammengefabt: X = x* cos(wmt + 'Po) mit den Abkiirzungen: (1.17) x* = J xi + x~ + 2XlX2 cos 2WDt, * Xl - X2 tan 'Po = A A tanwdt, Xl + X2 1 1 Wm = 2(Wl + W2), WD = 2(Wl - W2). (1.18) Wenn auch diese Darstellung erheblich komplizierter ist als die einfache Ausgangsbeziehung (1.15), so labt sie doch gerade fur einige technisch besonders interessierende Falle eine sehr anschauliche Deutung zu. Wenn die Frequenzen beider Teilschwingungen benachbart sind, gilt WD «Wm. Dann labt sich die Lasung Gl. (1.17) als Sinusschwingung mit der mittleren Kreisfrequenz Wm auffassen, deren Amplitudenfaktor x* und Phasenwinkel 'Po sich langsam mit der kleinen Differenz-Frequenz 2WD bzw. WD als Funktionen der Zeit andern. Das x, t-bild einer derartigen Schwingung hat das Aussehen von Fig. 9: die Hauptschwingung mit der Frequenz Wm wird von einer Hiillkurve eingeschlossen, die ihrerseits periodisch verlauft. Man erkennt sofort, dab der Abstand der Hiillkurve von der Mittellage der Schwingung zwischen den Grenzen x Fig. 9 x, t- Bild fur zwei iiberlagerte Schwingungen mit benachbarten Frequenzen