Grundbegriffe der Steuern 21

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Transkript:

Grundbegriffe der Steuern 21 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht steht als Ziel im Hinblick auf die Ausgestaltung des Besteuerungssystems die Abwesenheit von Steuereinflüssen (entscheidungsneutrale Besteuerung) oder zumindest die Planbarkeit der Besteuerung im Vordergrund. Diese könnte durch die Anknüpfung der Besteuerung an ökonomische Zielgrößen wie den Cashflow besser erreicht werden. Entscheidungsneutrale Besteuerung 1.3. Definitionen 1.3.1. Steuerschuldner, Steuersubjekt, Steuerzahler, Steuerträger Steuerschuldner ist die (natürliche oder juristische) Person oder Personenvereinigung, die den durch die Steuergesetze vorgesehenen Steuertatbestand erfüllt. Steuersubjekt ist der als Steuerschuldner Verpflichtete. Steuerzahler ist derjenige, der die Steuer entrichtet. Zur Entrichtung der Steuer können auch andere Personen als der Steuerschuldner verpflichtet sein (zb der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug; die Bank beim Kapitalertragsteuerabzug). Steuerträger bezeichnet denjenigen, der durch die Steuer letztlich belastet werden soll, dh diese wirtschaftlich trägt. Sofern die Steuer auf einen Dritten überwälzt werden kann (indirekte Steuern), fallen Steuerschuldner und Steuerträger auseinander. 1.3.2. Steuergläubiger Steuergläubiger ist die Gebietskörperschaft (Bund, Länder oder Gemeinden), die für die Erhebung einer Steuer zuständig ist. Welcher Gebietskörperschaft die Erträge zukommen, regelt für die Bundesabgaben das FAG. 1.3.3. Steuerobjekt Steuerobjekt ist der in den Steuergesetzen umschriebene Tatbestand (Vorgang, Zustand, Gegenstand), an dessen Verwirklichung die Steuerpflicht geknüpft ist (zb die Umsatzsteuer an die Lieferung eines Gegenstandes, die Einkommensteuer an die Erzielung von Einkommen). 1.3.4. Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage bezeichnet jene Wertgröße oder Menge, anhand derer durch Multiplikation mit dem festgelegten Steuersatz die Höhe der Steuerschuld ermittelt wird. Ein Freibetrag ist ein in den Steuergesetzen festgelegter Betrag, der von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird und daher stets steuerfrei bleibt. Bei Anwendung einer Freigrenze bleibt die Bemessungsgrundlage bis zu einem in den Steuergesetzen festgelegten Betrag steuerfrei. Wird dieser Betrag jedoch überschritten, unterliegt der gesamte Betrag der Steuerpflicht. Steuerschuldner Steuersubjekt Steuerzahler Steuerträger Steuergläubiger Steuerobjekt Bemessungsgrundlage Freibetrag Freigrenze

22 Grundbegriffe der Steuern Steuersatz Konstanter oder variabler Steuersatz Durchschnittssteuersatz Grenzsteuersatz Steuertarif formen 1.3.5. Steuersatz und Steuertarif Steuersatz ist jener Prozentsatz oder absolute Betrag, der mit der Bemessungsgrundlage multipliziert die Höhe der Steuerschuld ergibt. Der Steuersatz kann von der Höhe der Bemessungsgrundlage unabhängig (konstant) sein oder mit der Höhe der Bemessungsgrundlage variieren (variabel). Der Durchschnittssteuersatz (s) ergibt sich als Quotient von Steuerschuld und Bemessungsgrundlage. Der Grenzsteuersatz (s ) ist jener Steuersatz, mit dem die jeweils letzte Einheit der Bemessungsgrundlage belastet wird. Als Steuertarif wird die tabellarische oder formelmäßige Zusammenstellung bezeichnet, die für jede beliebige Höhe der Bemessungsgrundlage einer Steuerart den Steuersatz angibt. In Abhängigkeit vom Steuersatz ergeben sich unterschiedliche formen: Proportionaler (linearer) (konstanter Steuersatz) Progressiver (steigender Steuersatz) Degressiver (fallender Steuersatz) Regressiver (fallende Steuer bei steigender Bemessungsgrundlage) Fixer (gleichbleibender absoluter Steuerbetrag) Im österreichischen Steuersystem werden häufig proportionale, seltener aber auch progressive und fixe e angewandt. Die verläufe sind in einigen Fällen nicht idealtypisch, sondern weisen unterschiedliche Steigungen und Sprünge auf (zb Einkommensteuertarif). Abbildung: formen proportionaler s s = s progressiver s s s

Grundbegriffe der Steuern 23 degressiver s s s regressiver s s s = negativ! fixer s s s = null! Abb: Steuerverläufe in Abhängigkeit von der Bemessungsgrundlage 1.3.6. Steuerschuld Die Steuerschuld ergibt sich aufgrund des auf die Bemessungsgrundlage angewandten Steuertarifs. Die Steuerschuld wird entweder durch die Finanzbehörden ermittelt oder ist vom Steuerpflichtigen selbst zu bemessen. Auf die zukünftig ermittelte Steuerschuld sind oftmals Vorauszahlungen zu leisten. Die Vorauszahlungen werden entweder aufgrund von adaptierten Daten der Vergangenheit bemessen (zb Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen) oder aus vor Ende der Abrechnungsperiode ermittelten Ergebnissen abgeleitet (zb Umsatzsteuervoranmeldungen). Die Vorauszahlungen müssen vom Steuerschuldner selbst (zb Umsatzsteuer) oder von Dritten (zb Lohnsteuer- oder Kapitalertragsteuerabzug) an die Finanzbehörden entrichtet werden. Die Vorauszahlungen werden auf die letztlich ermittelte Steuerschuld automatisch oder auf Antrag angerechnet. Übersteigen die Vorauszahlungen die ermittelte Steuerschuld, so können diese idr auf andere Abgaben angerechnet oder erstattet werden. Ermittlung der Steuerschuld Vorauszahlungen Anrechnung

24 Grundbegriffe der Steuern

Grundbegriffe der Steuern 25 1.4. Steuerverfahren Als Steuerverfahren (oder Abgabenverfahren) werden sämtliche gesetzlich festgelegten Vollzugshandlungen bezeichnet, welche die Anwendung der Steuergesetze gewährleisten. Das Abgabenverfahren ergibt sich, soweit es nicht in den Einzelsteuergesetzen geregelt wird, im Wesentlichen aus den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO). Die BAO findet insbesondere auf bundesgesetzlich geregelte Steuern Anwendung. Die BAO gilt grundsätzlich auch für Gemeinde- oder Landesabgaben. Darüber hinaus werden verfahrensrechtliche Regelungen in Nebengesetzen (zb Abgabenexekutionsordnung, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, Zustellgesetz) getroffen. Steuerverfahren Abgabenverfahren Bundesabgabenordnung 1.4.1. Pflichten der Abgabepflichtigen Grundsätzlich haben die Finanzbehörden den Sachverhalt und in weiterer Folge die Steuerschuld von Amts wegen zu ermitteln (Offizialmaxime). 3 Amtswegigkeit bedeutet das selbständige Tätigwerden der Behörden ohne Antrag durch eine Partei. Den Abgabepflichtigen treffen jedoch trotz Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten. 4 Der Abgabepflichtige hat insbesondere alle für den Bestand und Umfang der Abgabenpflicht maßgebenden Umstände vollständig und wahrheitsgemäß gegenüber den Abgabenbehörden offenzulegen. Verletzungen der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht können einerseits zur Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung führen, anderseits aber auch finanzstrafrechtliche Konsequenzen haben. Die Abgabepflichtigen haben ihrem zuständigen Finanzamt alle Umstände anzuzeigen, die ihre persönliche Abgabenpflicht begründen, ändern oder beendigen. Dazu zählt insbesondere die Eröffnung oder Aufgabe eines Betriebes. Aufzeichnungspflichten ergeben sich für diejenigen, die nach unternehmensrechtlichen Vorschriften zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen sowie nach steuerlichen Vorschriften der BAO oder aufgrund der Regelungen von Einzelsteuergesetzen (zb UStG) verpflichtet sind. Bücher und Aufzeichnungen sowie die dazu gehörenden Belege sind grundsätzlich sieben Jahre aufzubewahren (längere Aufbewahrungspflicht von 22 Jahren gilt im UStG izm mit Grundstücken). Abgabenerklärungen (Steuererklärungen) müssen abgegeben werden, wenn dies durch die Einzelsteuergesetze vorgesehen ist. Die Steuererklärungen sind elektronisch oder auf amtlichen Vordrucken für die Einkommen-, Körperschaftsteuer oder Umsatzsteuer bis Ende des Monats April jedes Jahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monats Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch (mittels FINANZOnline) erfolgt. Der Finanzminister kann die Frist allgemein erstrecken. Eine allgemeine Erstreckung erfolgt regelmäßig für von Steuerberatern vertretene Steuerpflichtige. Darüber hinaus kann die Frist individuell auf begründeten Antrag verlängert werden. Amtswegige Ermittlung Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten Anzeigepflicht Aufzeichnungspflichten Abgabenerklärung Steuererklärung 3 vgl Doralt/Ruppe II, 7. Auflage, Tz 1273ff 4 vgl Doralt/Ruppe II, 7. Auflage, Tz 1284