AG-Titel Schnell oder langsam - bei welcher Geschwindigkeit ist der Verkehrsfluss an einer Autobahnbaustelle optimal? Schule Privates Franziskus-Gymnasium Vossenack AG-Leiter Mohren Thomas AG-Teilnehmer/innen Christof Beyel Ellen Martin Peter Nikola Michelle Simon Florian Daniela Michael Lukas Manuel Anna Fabian Céline Alexander Braun Breuer Breuer Discher Finner-Prével Haas Kreitz Laschet Meuthen Offermann Polis Röder Rosenstein Schwan Wildrath Fachrichtung Kurzbeschreibung des Inhaltes der AG Mathematik Ein komplexes realitätsnahes Extremwertproblem steht im Zentrum der AG. Ausgehend von der Fragestellung nach der optimalen Geschwindigkeit zur Vermeidung eines Verkehrsstaus werden wichtige Aspekte der mathematischen Modellierung angesprochen. Die konkrete Lösung führt auf eine systematische Untersuchung gebrochenrationaler Funktionen. Über den Horizont der Schulmathematik hinaus können hier ganz wesentliche Phänomene neu entdeckt werden. Bei der Bearbeitung wird das Computeralgebrasystem Derive eingesetzt. 1
Fahrzeugdurchsatz im Kolonnenverkehr Problemstellung: Baustelle auf der Autobahn. Der Verkehr muss einspurig geführt werden. Man möchte einen möglichst großen Fahrzeugdurchsatz erreichen. Kann man hier Empfehlungen geben? Modellierung: Wir gehen zunächst von folgenden vereinfachenden Annahmen aus: 1. Kolonnenfahrt: Alle Autos fahren mit gleicher Geschwindigkeit v. 2. Alle Autos halten den Sicherheitsabstand a. Die Länge L einer Autokolonne, die in einer Stunde eine Messstelle passiert, ist abhängig von der mittleren Geschwindigkeit, mit der sich diese Kolonne bewegt. Für die Zeiteinheit 1h erhalten wir damit: Die Anzahl D der Autos in dieser Kolonne ist dann ein Maß für den Fahrzeugdurchsatz. Um diese Anzahl zu bestimmen, benötigen wir den mittleren Abstand d zwischen zwei Autos. Dieser setzt sich zusammen aus dem Sicherheitsabstand A und der Autolänge a. 2
Jetzt benötigen wir Informationen über den Sicherheitsabstand (Internetrecherche): Optimierung des Fahrzeugdurchsatzes Möglichkeiten für den Sicherheitsabstand Faustregel math. Formel 1. Tacho-Halbe-Regel 2. Reaktionsweg 3. Anhalteweg 4. Bremsweg 5. 2-Sekundenregel 6....... Tacho-Halbe-Regel Der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ist nach der Tacho-Halbe- Regel die Strecke, die sich ergibt, wenn man die Maßzahl der Tachoanzeige halbiert und mit der Einheit Meter versieht, Faustregel: Reaktionsweg Vom Erkennen einer Gefahr bis zum Niedertreten des Bremspedals benötigt jeder eine gewisse Zeit, die sogenannte Reaktionszeit. Sie beträgt im Durchschnitt 1 Sekunde, d.h. nachdem die Gefahr erkannt wurde, bewegt sich das Fahrzeug noch 1 Sekunde lang mit gleicher Geschwindigkeit weiter. In dieser Sekunde wird je nach Geschwindigkeit ein bestimmter Weg, der sogenannte Reaktionsweg zurückgelegt. Wählt man als Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug den Reaktionsweg, so lässt sich der Sicherheitsabstand mit folgender Faustregel berechnen: 3
Anhalteweg Vom Erkennen einer Gefahr bis zum Niedertreten des Bremspedals benötigt jeder eine gewisse Zeit, die sogenannte Reaktionszeit. Sie beträgt im Durchschnitt 1 Sekunde, d.h. nachdem die Gefahr erkannt wurde, bewegt sich das Fahrzeug noch 1 Sekunde lang mit gleicher Geschwindigkeit weiter. In dieser Sekunde wird je nach Geschwindigkeit ein bestimmter Weg, der sogenannte Reaktionsweg zurückgelegt. Dieser beträgt nach einer Faustregel. Vom Niedertreten des Bremspedals bis zum Stillstand legt das Fahrzeug den sogenannten Bremsweg gemäß der Faustregel zurück. Der Anhalteweg ergibt sich also als Summe aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Wählt man als Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nun den Anhalteweg, so lässt sich der Sicherheitsabstand mit folgender Faustregel berechnen: Zusammenfassung für den Fahrzeugdurchsatz: Für die mittlere Fahrzeuglänge wird zunächst a = 6m angenommen. Für den Fahrzeugdurchsatz D (in Anzahl pro Stunde) ergibt sich damit 4
Tacho-Halbe-Regel Zentrale Lösungsschritte: (1) Extremalbedingung: (2) Nebenbedingung: (3) Grundmenge (für v): (4) Zielfunktion: (5) lokale Extrema: Ableitungen: notwendige Bedingung: keine lokalen Extrema (6) Absolute Extrema: Untersuchung der Randwerte unter Beachtung der Grundmenge: oder alternativ: Asymptote (7) Graph: D(v) 2100 2000 1900 1800 1700 1600 1500 1400 1300 1200 1100 1000 900 800 700 600 Empfehlung (Beispiel): Für einen möglichst großen Fahrzeugdurchsatz im Kolonnenverkehr wird eine Richtgeschwindigkeit von 80 km/h empfohlen mit einem Sicherheitsabstand von etwa 40 m. Der Fahrzeugdurchsatz liegt dann bei ca. 1739 Fz/h. 500 400 300 200 100 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 v (Ein unrealistischer Vergleich: Bei 200 km/h liegt er nur bei 1886 Fz/h.) 5
Reaktionsweg Zentrale Lösungsschritte: (1) Extremalbedingung: (2) Nebenbedingung: (3) Grundmenge (für v): (4) Zielfunktion: (5) lokale Extrema: Ableitungen: notwendige Bedingung: keine lokalen Extrema (6) Absolute Extrema: Untersuchung der Randwerte unter Beachtung der Grundmenge: oder alternativ: Asymptote (7) Graph: 3400 D(v) Empfehlung (Beispiel): 3000 2600 2200 1800 1400 Für einen möglichst großen Fahrzeugdurchsatz im Kolonnenverkehr wird eine Richtgeschwindigkeit von 80 km/h empfohlen mit einem Sicherheitsabstand von etwa 24 m. Der Fahrzeugdurchsatz liegt dann bei ca. 2666 Fz/h. 1000 600 200 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 v (Ein unrealistischer Vergleich: Bei 200 km/h liegt er nur bei 3030 Fz/h.) 6
Anhalteweg Zentrale Lösungsschritte: (1) Extremalbedingung: (2) Nebenbedingung: (3) Grundmenge (für v): (4) Zielfunktion: (5) lokale Extrema: Ableitungen: notwendige Bedingung: hinreichende Bedingung: ( ) lokales Maximum (6) Absolute Extrema: Untersuchung der Randwerte unter Beachtung der Grundmenge: oder alternativ: Asymptote v-achse Schlussfolgerung: Das lokale ist auch das absolute Maximum. 7
(7) Graph: D(v) 1400 1300 1200 1100 1000 900 800 700 600 500 400 Empfehlung (Beispiel): Erweiterungen Für einen möglichst großen Fahrzeugdurchsatz im Kolonnenverkehr wird eine Richtgeschwindigkeit von 25 km/h (!) empfohlen mit einem Sicherheitsabstand von etwa 14 m. Der Fahrzeugdurchsatz liegt dann bei 1265 Fz/h. 300 200 100 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 v (Bei schnelleren Geschwindigkeiten wird der Durchsatz kleiner!) Modellerweiterungen 1.Berücksichtigung der Bremsbeschleunigung der Autos Unter Einbeziehung der Bremsbeschleunigung ergibt sich die folgende Formel für den notwendigen Sicherheitsabstand A: mit r: Reaktionszeit in s v: Geschwindigkeit in m/s b 1 : maximaler Betrag der Bremsbeschleunigung für das eigene Fahrzeug in m/s² b 0 : maximaler Betrag der Bremsbeschleunigung für den Vordermann in m/s² Hinweise: Die Berücksichtigung der Bremsbeschleunigung in m/s² und der Geschwindigkeit in m/s verlangt eine Modifizierung Funktion D(v)! Der TÜV schreibt einen Mindestwert von 4 m/s² für ein Fahrzeug vor. a) Untersuchen Sie mithilfe von Derive die Auswirkungen auf die Geschwindigkeiten für den maximalen Fahrzeugdurchsatz bei einer Reaktionszeit von 1 s, wenn b 0 zwischen dem TÜV-Mindestwert von 4 m/s² und dem Höchstwert von 8 m/s² (gute Bremslage bei trockener, griffiger Fahrbahn) variiert und für die Bremsbeschleunigung des eigenen Fahrzeugs der TÜV-Mindestwert angenommen wird. Vergleichen Sie diesen Ansatz mit dem folgenden: (Beachten Sie hierbei, dass v in km/h angegeben wurde!) 8
Bewerten Sie die beiden unterschiedlichen Ansätze im Hinblick auf die erforderlichen Sicherheitsabstände. b) Untersuchen Sie unter Annahme b 1 = 4 m/s² und b 0 = 8 m/s² die Beeinflussung des Fahrbahndurchsatzes durch die Berücksichtigung verschiedener Reaktionszeiten r. 2. Variation der mittleren Autolänge Der optimale Fahrzeugdurchsatz im Kolonnenverkehr wurde u.a. unter Zuhilfenahme der Faustregel für den Anhalteweg untersucht. Wir nahmen in allen Fällen eine mittlere Fahrzeuglänge von 6 m an. Wenn wir letztere variabel lassen, ergibt sich folgender modifizierter Modellansatz: v: Geschwindigkeit in km/h D a (v): Fahrzeugdurchsatz in Fz/h a: mittlere Fahrzeuglänge in m (Beachten Sie, dass sich aus der Anhalteweg in m berechnen lässt, obwohl die Geschwindigkeit v in km/h angegeben wird (Faustregel).) a) Erläutern Sie, warum eine Variation von a sinnvoll sein kann. Geben Sie Beispiele für mögliche Situationen. Skizzieren Sie die Graphen von D a mithilfe von Derive für einige sinnvolle Werte von a. b) Untersuchen Sie mithilfe von Derive und einiger sinnvoller Werte für a, wie sich die Variation der mittleren Fahrzeuglänge auf den Fahrzeugdurchsatz auswirkt. Was bedeutet dies für die Empfehlungen hinsichtlich Geschwindigkeit und Sicherheitsabstand? c) Untersuchen Sie den Fahrzeugdurchsatz rein theoretisch für a und a 0. Welche Empfehlungen ergeben sich hierbei? Alle weiteren Extremwertprobleme, die in der Mathe-AG behandelt wurden, werden im Rahmen der Abschlussveranstaltung der VIV- Begabtenförderung am 21.06.2011 im Haus der Stadt Düren präsentiert. 9