Nicht-kooperative Spiele

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Transkript:

Kapitel 1 Nicht-kooperative Spiele 1.1 Zwei-Personen-Spiele Definition 1: Ein Zwei-Personen-Spiel Γ besteht aus einem Paar nichtleerer Mengen S T zwei reellwertigen Funktionen φ 1 φ 2 auf dem kartesischen Produkt S T. Wir schreiben dafür kurz: Γ = (S, T, φ 1, φ 2 ). Interpretation: In einem Spiel ist S die Strategiemenge eines Spielers P 1 T die Strategiemenge eines Spielers P 2. Wenn Spieler P 1 die Strategie s S Spieler P 2 die Strategie t T wählt, dann beschreibt φ 1 (s, t) die Auszahlung an den Spieler P 1 φ 2 (s, t) die Auszahlung an den Spieler P 2. Definition 2: Ein Spiel Γ = (S, T, φ 1, φ 2 ) heißt symmetrisch, wenn gilt: S = T φ 1 (s, t) = φ 2 (t, s) (s, t) S S. Beispiel 1: Das Spiel ist der ehemalige Ost-West-Konflikt. Der Spieler P 1 ist die USA der Spieler P 2 die UdSSR. Die gemeinsame Strategiemenge S = T besteht aus den beiden Strategien A = Aufrüsten D = Abrüsten. Die Werte der Auszahlungsfunktionen φ 1 bzw. φ 2 lassen sich durch die beiden Matrizen ( φ1 (A, A) φ 1 (A, D) φ 1 (D, A) φ 1 (D, D) ) bzw. ( φ2 (A, A) φ 2 (A, D) φ 2 (D, A) φ 2 (D, D) ) 1

darstellen, wobei gilt: φ 1 (A, A) = φ 2 (A, A), φ 1 (D, D) = φ 2 (D, D), φ 1 (A, D) = φ 2 (D, A), φ 1 (D, A) = φ 2 (A, D). Es liegt also ein symmetrisches Spiel vor. Jeder der beiden Spieler P 1 P 2 möchte seine Auszahlung maximieren. Das ist aber i.a. nicht simultan möglich. Daher muß ein Kompromiß gefen werden, der für beide Spieler in einem gewissen Sinne optimal ist. Definition 3: Ein Strategienpaar (ŝ, ˆt) S T heißt ein Nash-Gleichgewicht, wenn gilt φ 1 (ŝ, ˆt) φ 1 (s, ˆt) s S φ 2 (ŝ, ˆt) φ 2 (ŝ, t) t T. Beispiel 2: Das Gefangenendilemma: Zwei Täter, die gemeinschaftlich eine schwere Straftat begangen haben, werden verhaftet getrennt dem Haftrichter vorgeführt. Da es keine Tatzeugen gibt, kann nur das Geständnis wenigstens eines Täters zur Verurteilung führen. Gesteht nur ein Täter, geht er aufgr einer Kronzeugenregelung frei aus dem Verfahren heraus, während seinen Komplizen die volle Härte des Gesetzes trifft (10 Jahre Haft). Gestehen beide, so erhalten sie 8 Jahre Gefängnis wegen mildernder Umstände. Gesteht keiner, werden beide z.b. wegen illegalem Waffenbesitz zu einem Jahr Haft verurteilt. Beide Täter sind in getrennten Zellen untergebracht können nicht miteinander kommunizieren. Die Strategiemengen der Täter sind definiert durch S := {G, N}, wobei die Strategien G = Gestehen N = Nicht gestehen sind. Die Auszahlungsfunktionen φ 1 bzw. φ 2 werden durch die beiden Matrizen ( ) ( ) 8 0 8 10 bzw. 10 1 0 1 beschrieben. Die Auszahlungen werden in negativen Gefängnis-Jahren gemessen. Es gilt φ 1 (G, N) > φ 1 (N, N) > φ 1 (G, G) > φ 1 (N, G) φ 2 (N, G) > φ 2 (N, N) > φ 2 (G, G) > φ 2 (G, N). Das Strategienpaar (G,G) wäre ein Nash-Gleichgewicht. Jedoch würde das Strategienpaar (N,N) für beide Täter den besten Kompromiß darstellen. Aber das Paar (N,N) ist nicht stabil, da ein Abweichler eine Auszahlungsverbesserung erreichen würde. 2

Allgemein kann man sagen: Ein Nash-Gleichgewicht ist ein Strategienpaar derart, dass, wenn ein Spieler von der Strategie dieses Paares abweicht, während der andere an seiner Strategie in diesem Paar festhält, der Abweichler sich höchstens verschlechtern kann. Es erhebt sich jetzt die Frage, unter welchen Bedingungen die Existenz eines Nash-Gleichgewichtes sichergestellt werden kann. Dazu machen wir die folgenden Annahmen: 1. Die Strategiemenge S bzw. T sei eine konvexe kompakte Teilmenge eines R m bzw. R n. 2. Die Auszahlungsfunktionen φ 1 φ 2 seien stetig auf S T. Hilfssatz: Für den nachfolgenden Satz benötigen wir den Brouwerschen Fixpunktsatz: Sei S R n beschränkt, konvex offen sowie T : S S stetig auf S. Dann besitzt T einen Fixpunkt in S, d.h. es gibt ein s S mit T (s) = s. Auf den Beweis wird an dieser Stelle verzichtet, er kann nachgelesen werden in H. Jeggle, Nichtlineare Funktionalanalysis, Teubner Studienbücher, Stuttgart, 1979. Satz 1: Zusätzlich zu den Annahmen 1. 2. gelte die folgende Annahme: Zu jedem Paar (s, t ) S T gibt es genau ein s S ein t T mit φ 1 ( s, t ) φ 1 (s, t ) s S (1.1) φ 2 (s, t) φ 2 (s, t) t T. (1.2) Dann besitzt das Spiel Γ = (S, T, φ 1, φ 2 ) ein Nash-Gleichgewicht. Wir wollen hier nur die Beweisidee skizzieren. Dazu definieren wir eine Abbildung A = A 2 A 1 : S T S T mit Dann ist A 1 (s, t ) = ( s, t ), wobei s S die einzige Strategie mit (1.1) ist, A 2 (s, t ) = (s, t), wobei t T die einzige Strategie mit (1.2) ist. A(s, t ) = A 2 ( s, t ) = ( s, t) = (s, t ), d.h. (s, t ) ein Fixpunkt von A, genau dann, wenn gilt φ 1 (s, t ) φ 1 (s, t ) s S 3

φ 2 (s, t ) φ 2 (s, t) t T, d.h., wenn (s, t ) ein Nash-Gleichgewicht ist. Wenn man jetzt noch zeigt, dass die Abbildung A : S T S T stetig ist, so folgt aus dem Brouwerschen Fixpunktsatz, dass A in S T einen Fixpunkt besitzt, der dann zugleich ein Nash-Gleichgewicht ist. Die Beweisskizze von Satz 1 gibt Anlaß zur Aufstellung eines Iterationsverfahrens zur Berechnung von Nash-Gleichgewichten. Wir legen dazu wieder die beiden obigen Annahmen 1. 2. zugre. Ausgehend von einem Paar (s 0, t 0 ) S T konstruieren wir nun eine Folge ((s k, t k ) k N0 ) folgendermaßen: Ist (s k, t k ) S T für ein k N 0 vorgegeben, so wird zunächst ein s k+1 S so bestimmt, dass gilt dann ein t k+1 T so, dass gilt φ 1 (s k+1, t k ) φ 1 (s, t k ) s S φ 2 (s k, t k+1 ) φ 2 (s k, t) t T. Wir nehmen an, dass ein (ŝ, ˆt) S T existiert mit Dann folgt (ŝ, ˆt) = lim k (s k, t k ). φ 1 (ŝ, ˆt) = lim k φ 1(s k+1, t k ) lim k φ 1(s, t k ) = φ 1 (s, ˆt) s S φ 2 (ŝ, ˆt) = lim k φ 2(s k, t k+1 ) lim k φ 2(s k, t) = φ 2 (ŝ, t) t T d.h., (ŝ, ˆt) S T ist ein Nash-Gleichgewicht. 1.2 Nullsummen-Spiele Definition 4: Ein Zwei-Personen-Spiel Γ = (S, T, φ 1, φ 2 ) heißt Nullsummen- Spiel, wenn gilt: φ 1 + φ 2 0, d.h. wenn der Gewinn des einen Spielers gleich dem Verlust des anderen ist. Definiert man φ = φ 1, so ist φ 2 = φ. Ein Strategienpaar (ŝ, ˆt) S T ist genau dann ein Nash-Gleichgewicht, wenn gilt φ(s, ˆt) φ(ŝ, ˆt) φ(ŝ, t) (s, t) S T. (1.3) 4

Man nennt daher auch ein Nash-Gleichgewicht einen Sattelpunkt des Nullsummen- Spiels Γ = (S, T, φ, φ). Die Aussage (1.3) ist gleichbedeutend mit der Aussage Setzt man ω = φ(ŝ, ˆt), so folgt φ(ŝ, ˆt) = sup φ(s, ˆt) = inf φ(ŝ, t). s S t T ω φ(s, ˆt) s S (1.4) ω φ(ŝ, t) t T. Man nennt ω den Wert des Spieles Γ. Satz 2: Ein Nullsummen-Spiel Γ hat höchstens einen Wert. Beweis: Seien (ŝ 1, ˆt 1 ) (ŝ 2, ˆt 2 ) aus S T zwei Sattelpunkte. Dann folgt aus (1.4) ω 1 = φ(ŝ 1, ˆt 1 ) φ(ŝ 2, ˆt 1 ) φ(ŝ 2, ˆt 2 ) = ω 2 φ(ŝ 1, ˆt 2 ) φ(ŝ 1, ˆt 1 ) = ω 1 damit ω 1 = ω 2. Bemerkung: Der Wert eines Nullsummen-Spiels ist eindeutig, es können aber verschiedene Sattelpunkte existieren. Den Wert eines Nullsummen-Spieles kann man auch noch anders definieren. Dazu nehmen wir an, dass S T kompakte metrische Räume sind φ : S T R stetig ist. Dann gibt es für jedes Paar (s, t ) S T ein Paar ( s, t) S T mit Weiter sind die Funktionen s min t T stetig. Offenbar gilt für jedes s S φ(s, t) = min t T φ(s, t) φ( s, t ) = max s S φ(s, t ) φ(s, t), s S t max φ(s, t), t T s S min φ(s, t) φ(s, t) t T. t T Daraus folgt max min s S t T φ(s, t) max s S φ(s, t) t T 5

weiter max min s S t T φ(s, t) min max t T s S φ(s, t). (1.5) Satz 3: Gilt in (1.5) das Gleichheitszeichen, so ist ω = max min s S t T der Wert des Spieles Γ = (S, T, φ, φ). φ(s, t) = min max t T s S φ(s, t) (1.6) Beweis: Wir haben zu zeigen, dass es einen Sattelpunkt (ŝ, ˆt) S T gibt mit φ(ŝ, ˆt) = ω. Definiert man φ M (t) = max φ(s, t) t T s S wählt (ŝ, ˆt) S T so, dass gilt φ m (s) = min φ(s, t) s S t T φ M (ˆt) = min t T φ M(t) φ m (ŝ) = max s S φ m(s), so folgt aus (1.6), dass gilt φ M (ˆt) = φ m (ŝ) daraus φ(s, ˆt) φ M (ˆt) = φ m (ŝ) φ(ŝ, t) (s, t) S T. Damit ist (ŝ, ˆt) S T ein Sattelpunkt φ(ŝ, ˆt) = ω. Umgekehrt folgt aus der Existenz eines Sattelpunktes (ŝ, ˆt) S T die Aussage (1.6) mit ω = φ(ŝ, ˆt). Zunächst folgt aus der Sattelpunktseigenschaft Andererseits folgt aus (1.5) φ m (ŝ) φ(ŝ, ˆt) φ M (ˆt). φ m (s) φ M (t) s S t T. Damit ist φ m (ŝ) = φ M (ˆt) = φ(ŝ, ˆt) somit womit alles gezeigt ist. φ(ŝ, ˆt) = max s S φ m(s) = min t T φ M(t), Interpretation: Bei max-min hat der Minimierer (Spieler 2) den Vorteil, da er zuerst wählen darf. Bei min-max ist es genau andersherum. Wir nehmen jetzt zusätzlich an, dass S bzw. T eine konvexe kompakte Teilmenge eines R m bzw. R n ist φ : S T R wiederum stetig. Dann ergibt sich aus Satz 1: 6

Satz 4: Gibt es zusätzlich zu der obigen Annahme zu jedem Paar (s, t ) S T genau ein s S ein t T mit φ( s, t ) φ(s, t ) s S φ(s, t) φ(s, t) t T, so besitzt das Spiel Γ = (S, T, φ, φ) einen Sattelpunkt. Beweis: Analog zu Satz 1. Aus der Symmetrie-Definition für ein Zwei-Personen-Spiel ergibt sich für Nullsummen-Spiele: Definition 5: Ein Spiel Γ = (S, T, φ, φ) ist symmetrisch genau dann, wenn gilt S = T Daraus folgt insbesondere φ(s, t) = φ(t, s) (s, t) S S. φ(s, s) = 0 s S. Für symmetrische Nullsummen-Spiele gilt nun: Satz 5: Ein symmetrisches Spiel Γ = (S, T, φ, φ) besitzt genau dann einen Sattelpunkt, wenn eine Strategie s S existiert mit φ( s, s) 0 s S. (1.7) Beweis: 1. Sei ( s, s ) S S ein Sattelpunkt; dann gilt φ( s, s) φ(s, s ) s, s S insbesondere φ( s, s) φ( s, s ) = 0 s S. 2. Sei s S gegeben, so dass (1.7) gilt; dann folgt φ(s, s) 0 s S daher φ( s, s) φ( s, s) = 0 φ(s, s) s, s S. Damit ist ( s, s) ein Sattelpunkt ω = 0 der Wert des Spieles. 7

Definition 6: Ist Γ = (S, T, φ, φ) ein Nullsummen-Spiel, so heißt das Nullsummen-Spiel ˆΓ = (S T, S T, ˆφ, ˆφ) mit ˆφ((s, t), (s, t )) = φ(s, t ) φ(s, t) für (s, t), (s, t ) S T die Symmetrisierung von Γ. Sicher ist ˆΓ symmetrisch, denn es ist ˆφ((s, t), (s, t )) = φ(s, t ) φ(s, t) = (φ(s, t) φ(s, t )) = ˆφ((s, t ), (s, t)) für alle (s, t), (s, t ) S T. Satz 6: Das Spiel Γ besitzt einen Sattelpunkt genau dann, wenn ˆΓ einen Sattelpunkt besitzt. Beweis: Das Paar ( s, t) S T ist genau dann ein Sattelpunkt in Γ, wenn gilt φ( s, t) φ(s, t) (s, t) S T, was gleichbedeutend ist mit ˆφ(( s, t), (s, t)) = φ( s, t) φ(s, t) 0 (s, t) S T. Das wiederum ist nach Satz 5 äquivalent dazu, dass ˆΓ einen Sattelpunkt besitzt. Im folgenden benötigen wir den Begriff der gemischten Strategie. Dazu definieren wir: Definition 7: Eine gemischte Strategie auf S bzw. T ist eine reellwertige Funktion σ auf S bzw. τ auf T mit (i) σ(s) 0 s S, τ(t) 0 t T, (ii) σ(s) = 0 für fast alle s S (d.h. alle, bis auf endlich viele) (iii) τ(t) = 0 für fast alle t T (iv) s S σ(s) = 1, t T τ(t) = 1. Wir bezeichnen die Menge aller gemischten Strategien auf S bzw. T mit S bzw. T. Interpretation: Die Zahl σ(s) bzw. τ(t) stellt die Wahrscheinlichkeit dar, mit der der Spieler P 1 bzw. P 2 die Strategie s bzw. t wählt. Die Mengen S bzw. T der sog. reinen Strategien lassen sich in die Mengen S bzw. T der gemischten Strategien isomorph einbetten mit den Abbildungen s σ s mit σ s (s) = 1 σ s (s ) = 0 für alle s s bzw. t τ t mit 8

τ t (t) = 1 τ t (t ) = 0 für alle t t. Definiert man auf der Menge S T Auszahlungsfunktionen φ i (σ, τ) = σ(s)τ(t)φ i (s, t), (σ, τ) S T für i = 1, 2, so erhält man ein Zwei-Personen-Spiel Γ = ( S, T, φ 1, φ 2 ), die sog. gemischte Erweiterung von Γ = (S, T, φ 1, φ 2 ). Man wird erwarten, dass zu Satz 6 ein analoger Satz auch für die gemischte Erweiterung von Γ ˆΓ gilt: Satz 7: Sei Γ ein Nullsummen-Spiel. Dann besitzt seine gemischte Erweiterung Γ genau dann einen Sattelpunkt, wenn die gemischte Erweiterung ˆΓ von ˆΓ einen Sattelpunkt besitzt. Beweis: 1. Sei ( σ, τ) S T ein Sattelpunkt in Γ ; dann gilt φ( σ, t ) = s S σ(s)φ(s, t ) φ( σ, t) t T φ(s, τ) = t T τ(t)φ(s, t) φ( σ, τ) s S. ( ) Definiert man στ(s, t) = σ(s) τ(t) für (s, t) S T, so ist στ eine gemischte Strategie in ˆΓ ; denn στ(s, t) = σ(s) τ(t) = [ σ(s) ] τ(t) = σ(s) = 1. s S t T s S Daraus folgt für jede reine Strategie (s, t ) S T von Spieler P 2 in ˆΓ ˆφ(στ, (s, t )) = σ(s) τ(t) ˆφ((s, t), (s, t )) = = s S σ(s) τ(t)[φ(s, t ) φ(s, t)] σ(s)φ(s, t ) t T τ(t)φ(s, t) 0 als Folge von ( ). Dieselbe Ungleichung gilt auch, wenn man (s, t ) durch eine gemischte Strategie von P 2 in ˆΓ ersetzt. Nach Satz 5 besitzt daher ˆΓ einen Sattelpunkt. 9

2. Die gemischte Erweiterung ˆΓ von ˆΓ besitze einen Sattelpunkt. Dann gibt es nach Satz 5 eine Strategie ρ S T mit 0 ˆφ( ρ, (s, t )) = ρ(s, t)[φ(s, t ) φ(s, t)]. ( ) Definiert man σ(s) = t T ρ(s, t) τ(t) = s S ρ(s, t), so sind σ τ gemischte Strategien in Γ, d.h. σ S τ T, aus ( ) folgt 0 s S σ(s)φ(s, t ) t T τ(t)φ(s, t) oder φ( σ, t ) φ(s, τ) (s, t ) S T. Daraus folgt φ( σ, τ ) φ(σ, τ) (σ, τ ) S T. Damit ist ( σ, τ) ein Sattelpunkt von Γ. Vortrag: Stefan Schuh Literatur: W. Krabs, Spieltheorie, Teubner Verlag, Wiesbaden, 2005 10