Proseminar Mathematisches Problemlösen

Ähnliche Dokumente
Von Skalarprodukten induzierte Normen

Dualitätssätze der linearen Optimierung

Mathematik für Ökonomen 1

Vorkurs Mathematik und Informatik Mengen, natürliche Zahlen, Induktion

8 Summen von Quadraten

= k 0+k 0 ( ). Wir addieren (0 k) zu den Seiten der Gleichung ( ): 0 = k 0.

Kapitel 5 KONVERGENZ

18 Höhere Ableitungen und Taylorformel

KONSTRUKTION VON MASSEN

Mengen, Funktionen und Logik

4. Mathematik Olympiade 3. Stufe (Bezirksolympiade) Klasse 12 Saison 1964/1965 Aufgaben und Lösungen

Kapitel 1. Grundlegendes

Elemente der Algebra und Zahlentheorie Musterlösung, Serie 3, Wintersemester vom 15. Januar 2006

4 Messbare Funktionen

Cauchy-Folgen und Kompaktheit. 1 Cauchy-Folgen und Beschränktheit

Zahlen und metrische Räume

ε δ Definition der Stetigkeit.

Topologische Grundbegriffe I. 1 Offene und Abgeschlossene Mengen

Brückenkurs Mathematik

x, y 2 f(x)g(x) dµ(x). Es ist leicht nachzuprüfen, dass die x 2 setzen. Dann liefert (5.1) n=1 x ny n bzw. f, g = Ω

Übung zur Vorlesung Algorithmische Geometrie

Konvexe Funktionen und Legendre-Transformation

Konvexe Mengen. Kanglin,Chen. Universität Bremen, Proseminar WS 04/05

Zahlen und metrische Räume

Skript und Übungen Teil II

Konstruktion der reellen Zahlen

Satz 7. A sei eine Teilmenge des nichttrivialen Vektorraums (V,+, ). Dann sind die folgende Aussagen äquivalent.

11 Logarithmus und allgemeine Potenzen

Der Begriff der konvexen Menge ist bereits aus Definition 1.4, Teil I, bekannt.

Seminar Analysis Konvexe Funktionen und einige wichtige Ungleichungen

Affine Geometrie (Einfachere, konstruktive Version)

Fortgeschrittene Netzwerk- und Graph-Algorithmen

Proseminar Mathematik. Ungleichungen I Betreuung: Natalia Grinberg. Karlsruher Institut für Technologie

Theorie der Informatik

Aufgabe 4.2 Sei G = (V, E, l) ein ungerichteter, gewichteter und zusammenhängender Graph.

Von den rationalen zu den reellen Zahlen

Teil I. Lineare Optimierung

1.4 Die Ackermannfunktion

2 Die Dimension eines Vektorraums

1 Angeordnete Körper. 1.1 Anordnungen und Positivbereiche

Wie werden die Vorlesungen/Übungen organisiert?

Entscheidungsbäume. Definition Entscheidungsbaum. Frage: Gibt es einen Sortieralgorithmus mit o(n log n) Vergleichen?

Seminar Einführung in die Kunst mathematischer Ungleichungen

Konvexe Mengen. Def. Eine Teilmenge A R n heißt konvex, wenn sie mit je zwei Punkten x,y auch stets deren Verbindungsstrecke

7 KONVERGENTE FOLGEN 35. inf M = Infimum von M. bezeichnet haben. Definition. Sei (a n ) n N eine beschränkte Folge in R. Dann heißt.

1 3 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7 1є7

Lösen von Gleichungen mittels Ungleichungen

max{ x i a i : 1 i n} max{ x p a p, x r a r } max{a p x p, x r a r } d 2.

Vervollständigung Lateinischer Quadrate

II. Wissenschaftliche Argumentation

Proseminar: Primzahlen 1. Vortrag Der erweiterte euklidische Algorithmus

Das Multi Traveling Salesman Problem

5 Teilmengen von R und von R n

15 Hauptsätze über stetige Funktionen

Mathematische Grundlagen der Ökonomie Übungsblatt 8

Wiederholungsblatt Elementargeometrie LÖSUNGSSKIZZE

Geraden in der Ebene und Zerlegung von Graphen

Existenz des Lebesgue-Borel-Maßes

ist über C diagonalisierbar.

Das Schubfachprinzip

Vokabelliste FB Mathematik Vokabeln 7./8. Klasse // Vokabeln 9./10. Klasse // Vokabeln Sek II. Mengenbegriffe:

Vollständige Induktion

Serie 4. Analysis D-BAUG Dr. Cornelia Busch FS 2015

9. Geometrische Konstruktionen und Geometrische Zahlen.

Zusammenfassung der Vorlesung Einführung in die Analysis

Topologische Begriffe

Wir erinnern uns: Um eine Zufallsvariable mit N verschiedenen, gleichwahrscheinlichen Zuständen binär zu codieren, benötigen wir

20.4 Gleichmäßige Konvergenz von Folgen und Reihen von Funktionen

Formalisierung von Sudoku Formalisieren Sie das Sudoku-Problem:

1. Einleitung wichtige Begriffe

Übungsaufgaben zur Vorlesung ANALYSIS I (WS 12/13) Lösungsvorschlag Serie 12

Ebene und. Gerade, 2. Punkte A, B, C,..., die auf einer Geraden liegen, heißen kollinear.

4. Vektorräume und Gleichungssysteme

5 Stetigkeit und Differenzierbarkeit

Elementare Beweismethoden

Analysis I - Einige Lösungen und Ergänzungen

Wendepunkte. Jutta Schlumberger

Bestimmung einer ersten

WS 2009/10. Diskrete Strukturen

1 Der Simplex Algorithmus I

40. Österreichische Mathematik-Olympiade Kurswettbewerb Lösungen

Bäume und Wälder. Seminar: Graphentheorie Sommersemester 2015 Dozent: Dr. Thomas Timmermann

3. Der größte gemeinsame Teiler

8 Konvergenzkriterien und Häufungswerte von Folgen in R

Kapitel III. Aufbau des Zahlensystems

Vorlesung. Vollständige Induktion 1

Technische Universität München Zentrum Mathematik Propädeutikum Diskrete Mathematik. Weihnachtsblatt

Lösungen Klausur. k k (n + 1) n. für alle n N. Lösung: IA: Für n = 1 ist 1. k k + (n + 1) n+1. k k = k=1. k=1 kk = 1 1 = 1 2 = 2 1.

11. Folgen und Reihen.

Ferienkurs Analysis 1, SoSe Unendliche Reihen. Florian Beye August 15, 2008

Kapitel V. Folgen und Konvergenz. V.1 Konvergenz von Zahlenfolgen

Mathematische Grundlagen der Computerlinguistik Ordnungsrelationen

Grundlagen der Theoretischen Informatik

4. ggt und kgv. Chr.Nelius: Zahlentheorie (SS 2007) 9

Übung zur Vorlesung Multiagentensysteme

KAPITEL 4 FLÜSSE IN NETZWERKEN

Beschreibungskomplexität von Grammatiken Definitionen

Kapitel 6. Exponentialfunktion

5. Verschiedene Repräsentanten

Das Prinzip der Inklusion und Exklusion

Transkript:

Was bedeutet Konvexität? Konvexität ist die natürliche Fortsetzung des Linearitätsgedankens mit dem Zusatz der Positivität, d.h. ein Term heißt konvex, wenn alle Koeffizienten nichtnegativ sind. Aufgabe 1: Lösung: Ein sehr verwinkelter Museumsraum soll von drei Wächtern bewacht werden. Jeder soll sich an einen Ort stellen, von dem aus er den gesamten Raum beobachten kann. Zwei der Wächter finden nach kurzer Suche zwei (verschiedene) solche Plätze und lassen sich dort nieder. Der dritte Wächter irrt eine Zeit lang erfolglos im Raum umher. Kann man ihm einen Tipp geben, wo ein geeigneter Ort zu finden ist? Der dritte Wächter kann sich auf jeden Punkt auf der Verbindungsstrecke zwischen den anderen beiden Wächtern stellen. Seien zum Beispiel A und B die Positionen der ersten beiden Wächter und C ein Punkt auf der Verbindungsstrecke zwischen A und B.

Sei außerdem X ein beliebiger Punkt des Raumes. Da wir nun wissen, dass A den gesamten Raum sehen kann, kann er insbesondere den Punkt X sehen. Angenommen, Wächter C könnte diesen Punkt X nicht sehen. Dann gibt es auf der Verbindungsstrecke zwischen C und X ein Hindernis Y. Nun wissen wir aber, dass auch Wächter B den gesamten Raum sehen kann, also insbesondere den Punkt Z. Also muss die Strecke zwischen B und Z hindernisfrei sein. Also gibt es keinen solchen Punkt Y und somit kann Wächter C den Punkt X sehen. Da X ein beliebiger Punkt des Raumes ist, sieht C also den kompletten Raum. Die Menge aller Punkte, von denen aus man den gesamten Raum sehen kann, nennt man eine Konvexe Menge. Formal bedeutet das: Definition: Eine Menge K c Rⁿ heißt konvex : <=> für zwei beliebige Elemente x und y є K liegt auch die gesamte gerade Strecke [ x,y ] = { αx + βy : α,β 0, α+β =1 } in K. Beispiele:

Aufgabe 2: a) Seien K1,..., Kn c Rⁿ konvexe Mengen. Zeigen Sie, dass die Schnittmenge K = K1... Kn ebenfalls konvex ist. Beweis: Seien x1, x2 є K. Dann liegen x1 und x2 in jeder Menge Kj. Da die Mengen Kj konvex sind, liegt auch die gesamte Strecke [ x1, x2 ] wieder in jeder Menge Kj. Da diese Strecke nun aber in jeder Menge Kj liegt, liegt sie auch im Schnitt dieser Mengen, d.h. [ x1, x2 ] c K, und somit ist auch die Schnittmenge K von endlich vielen konvexen Mengen konvex. b) Gilt die Behauptung auch für die Vereinigung V = K1 υ... υ Kn? Gegenbeispiel: Seien z.b. die Intervalle [ -1,0 ] und [ 1,2 ] und V ihre Vereinigung. Dann sind beispielsweise 0 und 1 є V, aber ½ (0 + 1) = ½ liegt nicht in V. Aufgabe 3: Sei K c Rⁿ eine konvexe Menge. Zeigen Sie: Für alle x j Є K, j=1,...,n, und alle nichtnegativen Koeffizienten α1,...,αn mit α1+...+αn =1 gehört der Punkt α1x1+...+αnxn ebenfalls zu K. (Diesen Punkt nennt man auch den Schwerpunkt der Punktmassen (x1,α1),...,(xn,αn)) Beweis (durch Vollständige Induktion): IA: IV: n = 2: α1x1 + α2x2 Є K (Definition einer konvexen Menge) Die Behauptung sei für ein n Є N erfüllt. IS (n n+1): α1x1+...+αnxn + αn+1xn+1 = αn+1xn+1 + ( 1-αn+1) (α1/(1-αn+1)*x1 +... + αn/(1-αn+1)*xn )

= αn+1xn+1 + ( 1-αn+1)y mit y = α1/(1-αn+1)*x1 +... + αn/(1-αn+1)*xn Nun müssen wir noch zeigen, dass y Є K ist, also α1/(1-αn+1) +... + αn/(1-αn+1) = 1 α1/(1-αn+1) +... + αn/(1-αn+1) IV = α i /(1-αn+1) = (1-αn+1) / (1-αn+1) = 1 Als nächstes wollen wir einen wichtigen Satz der konvexen Geometrie beweisen: Der Satz von Helly (für Intervalle in R) Beweis: Seien Ij := [aj, bj] (j=1,...,n) Intervalle in R. Es gelte Ij Ik Ø für alle j,k = 1,...,n. Dann haben alle n Intervalle einen gemeinsamen Punkt. Wir zeigen zuerst, dass es Punkte in der Schnittmenge der Intervalle gibt: z.z.: A := max aj min bj =: B Wir nehmen an, dass aj > bk gelte für ein Paar (j,k). Wir wissen aber auch, dass aj bj und ak bk für beliebige j und k gilt. Aus diesen drei Ungleichungen folgt nun: ak bk < aj bj Aber das bedeutet nun, dass die rechte Intervallgrenze des Intervalls Ik echt kleiner als die linke Intervallgrenze des Intervalls I j ist, also dass der Schnitt der beiden Intervalle leer ist. Dies widerspricht aber der Voraussetzung. Somit haben wir gezeigt, dass es Punkte im Schnitt der Intervalle gibt. Nun muss noch gezeigt werden, dass in allen Schnittmengen die gleichen Punkte liegen.

Wir wissen, dass aj A B bj ist, d.h. in jedem Intervall Ij liegt das Maximum der rechten Intervallgrenzen, sowie das Minimum der linken Intervallgrenzen. Da Intervalle konvexe Mengen sind, liegt auch die Verbindungsstrecke [ A,B ] in jedem Intervall I j und somit auch im Schnitt aller Intervalle. Also haben alle Intervalle die Punkte der Strecke [ A,B ] gemeinsam. Aufgabe 4: An einem schwarzen Brett hängen ohne Überlappung endlich viele Anzeigen. Jeder dieser Anzeigenzettel sei konvex (aber nicht unbedingt rechteckig) und abgeschlossen. Zeigen Sie, dass es mindestens einen Zettel gibt, der, wenn man ihn loslässt, frei nach unten fällt, ohne die restlichen Zettel zu berühren. Lösung: Wir konstruieren einen gerichteten Graphen G mit n Knoten A1,..., An, die die n Zettel symbolisieren. Wir verbinden zwei Knoten Aj Ak miteinander, wenn gilt: Zettel Aj berührt Zettel Ak beim herunterfallen. Um die Behauptung zu beweisen, müssen wir nun also zeigen, dass es einen Knoten Ai gibt, von dem kein Pfeil ausgeht. Wir nehmen daher an, dass es keinen Knoten gibt, von dem kein Pfeil ausgeht. (Nun müssen wir zeigen, dass es einen guten Zyklus auf G gibt, d.h. es gibt einen Weg Ai1 Ai2... Aim Ai1, wobei alle Aij (j=1,...,m) unterschiedlich sind und es keine weiteren Pfeile zwischen diesen Knoten gibt.) Wir wählen uns also einen beliebigen Knoten Aj1. Dann wählen wir uns ein Aj2, sodass gilt: Aj1 Aj2 usw. wir einen Knoten Ajp erreichen, der bereits markiert wurde. Somit haben wir mit Ajp Ajp+1... Ajp einen Zyklus. Nun wählen wir uns nach dem Extremalprinzip einen minimalen Zyklus, also einen Zyklus Ai1... Aim Ai1 mit minimalem m. Wir wollen jetzt zeigen, dass es keine weitere Relation Aia Aib gibt. Also nehmen wir an, es gäbe eine solche Relation.

1.Fall: a < b Es gibt also einen noch kürzeren Zyklus Aib... Ai1... Aia Aib Analog zeigt man im 2. Fall, dass es einen kürzeren Zyklus Aib Aib+1... Aia Aib gibt. Dies ist aber ein Widerspruch zur Voraussetzung, dass der Zyklus minimal ist und wir haben somit gezeigt, dass es einen guten Zyklus gibt. Betrachten wir uns nun unser Schwarzes Brett. Wir projezieren dabei die Zettel A,B,C auf die x-achse und erhalten die Intervalle I(X).

Anhand der obigen Skizze sieht man, dass sich die Intervalle I(B) und I.C)schneiden, weil der Zettel B beim herunter fallen den Zettel C berühren würde. Formal bedeutet das: B C => I(B) I(C) Ø. Betrachten wir nun wieder unseren guten Zyklus. Dann gilt: I(A1) I(A2) Ø, I(A2) I(A3) Ø,..., I(Am) I(A1) Ø und alle anderen Schnittmengen I(Ak) I(Aj) sind leer, da unser guter Zyklus keine weiteren Pfeile enthält. Definieren wir uns jetzt (x -)i := linke Intervallgrenze von I(Ai) und (x +)i := rechte Intervallgrenze von I(Ai). Sei nun o.b.d.a. (x -)1= min { (x -)k : k=1,...,n } Man sieht nun, dass die Folgen { (x -)1,..., (x -)m } und { (x +)1,..., (x +)m } monoton steigend sind. Wie wir oben bereits gezeigt haben, gilt I(A1) I(A3) = Ø und daraus folgt, (x +)1 < (x -)3 (d.h. die rechte Intervallgrenze von A1 liegt links von der linken Intervallgrenze von A3, A1 und A3 schneiden sich also nicht). Analog folgt: (x +)1 < (x -)3... (x -)m-1 (x -)m und aus (x +)1 < (x -)m folgt I(A1) I(Am)= Ø, also gibt es keinen Pfeil von Am nach A1 und aus Am führt kein Pfeil heraus, d.h. Zettel M berührt beim Herunterfallen keinen Zettel. => Behauptung Isabel Helbig Literaturangaben Frau Dr. Grinberg : Mathematisches Problemlösen für Schüler, Lehrer und Studenten Mathematischer Korrespondenzzirkel der Universität Göttingen Wikipedia