Laryngektomierte Stimmprothesenträger

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Transkript:

HNO 2011 DOI 10.1007/s00106-010-2222-7 Springer-Verlag 2010 Redaktion P.K. Plinkert, Heidelberg K.J. Lorenz L. Grieser T. Ehrhart H. Maier Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm Laryngektomierte Stimmprothesenträger Einfluss eines supraösophagealen Refluxes auf Stimm- und Lebensqualität Die totale Laryngektomie bedeutet für die betroffenen Patienten eine einschneidende Veränderung der Lebenssituation. Der vermeintliche Verlust der Kommunikationsfähigkeit, die fehlende Konditionierung der Atemluft mit den konsekutiven Auswirkungen auf die pulmonale Funktion sowie die Einschränkung des Geruchsinns sind geeignet, die Lebensqualität der Betroffenen massiv einzuschränken [1, 3, 7, 8, 9, 17, 27]. Zwar können durch chirurgische und prothetische Maßnahmen die Funktionen des Kehlkopfes teilweise wieder hergestellt werden, Untersuchungen zur Lebensqualität zeigen jedoch deutlich Einschränkungen trotz forcierter rehabilitiver Bemühungen. Weiterhin besteht bei einem großen Teil der laryngektomierten Patienten, zum einen aufgrund des fortgesetzten Tabak- und Alkoholkonsums, zum anderen wegen der operationsbedingten anatomischen Veränderungen, eine manifeste supraösophageale Refluxsymptomatik [5, 13, 14, 28]. Bei einer Vielzahl von HNO-Krankheitsbildern konnte inzwischen eine Assoziation mit einem laryngopharyngealen oder supraösophagealen Reflux nachgewiesen werden [12, 25, 26]. Da ein laryngopharyngealer Reflux Ursache für Stimmveränderungen bei Patienten mit vorhandenem Kehlkopf sein kann und sogar als Ursache für Kehlkopfkrebs und andere Erkrankungen diskutiert wird [6, 25], liegt die Vermutung nahe, dass ein proximaler ösophagealer Reflux auch einen Einfluss auf die Stimmqualität, Lebensqualität und die Prothesenlebensdauer bei laryngektomierten Patienten hat. In der Literatur finden sich Hinweise, dass ein manifester supraösophagealer Reflux die Lebensdauer von Stimmprothesen deutlich verkürzen kann [2], darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass refluxbedingt sowohl ein Stimmfistelversagen aufgrund einer vermehrten Bildung von Granulationsgewebe möglich ist [21] als auch das Risiko für eine periprothetische Leckage und Stimmfistelerweiterung deutlich ansteigt [14]. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand einer prospektiven Untersuchung am Patientengut der Abteilung HNO-Heilkunde/Kopf- und Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, den Einfluss eines supraösophagealen Refluxes auf die subjektive Stimmqualität und Lebensqualität laryngektomierter Patienten zu untersuchen und mit einer Veränderung in der Einschätzung der subjektiven Stimmqualität und Lebensqualität, vor und nach erfolgreicher Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI), zu korrelieren. Patienten und Methoden Patientengruppe Insgesamt 60 laryngektomierte Patienten (8 Frauen, 52 Männer) wurden nach eingehender Aufklärung und Unterzeichnung einer Einverständniserklärung in die seitens der Ethikkommission der Universität Ulm positiv beschiedenen Studie (6/2006) von März 2006 bis November 2008 einbezogen. Die Patienten wurden zufällig aus den etwa 110 laryngektomierten Patienten ausgewählt, die in der onkologischen Sprechstunde unserer Klinik betreut werden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 61,9 (±8,8; Spanne: 40 81) Jahre, die mittlere Zeitspanne zwischen der Laryngektomie und der Aufnahme in die Studie lag bei 52,8 (±44,7) Monaten. 95% der Patienten waren bei seit mehr als zweieinhalb Jahren laryngektomiert und bestrahlt. Somit ist hinsichtlich des Heilungsstadiums und eventueller Einflüsse auf die Stimmund Lebensqualität von einer Vergleichbarkeit auszugehen. Alle Patienten waren primär mit einer Provox-I -Stimmprothese im Rahmen der Laryngektomie stimmrehabilitiert worden. Zu wurde von 58 Patienten eine Provox- II -Prothese und von 2 Patienten eine Provox-Activalve -Prothese verwendet. Bei 34 (56,7%) von 60 Patienten lag ein primäres Larynxkarzinom vor, bei 18 Patienten (30,0%) ein primäres Hypopharynxkarzinom. Drei Patienten (5,0%) erkrankten an einer Kombination aus Larynxkarzinom und Hypopharynxkarzinom und 2 Patienten (3,3%) an einer Kombination aus Oropharynxkarzinom und Hypopharynxkarzinom. Bei den übrigen 3 Patienten (5,0%) lagen jeweils ein adenozystisches Karzinom der Trachea, ein proximales Ösophaguskarzinom und ein Tonsillen-Zungengrund-Karzinom vor (. Tab. 1). Das Kollektiv ist bezüg- 1

Tab. 1 Merkmale der 60 in die Studie aufgenommenen Patienten Patientencharakteristik Geschlecht Männlich 52 Patienten Weiblich 8 Patienten Alter Mittelwert 61,9 (±8,8) Jahre Verteilung 40 81 Jahre Nachbeobachtungzeitraum nach Laryngektomie Median 52,8 (±44,7) Monate Verteilung 8 109 Monate Strahlentherapie Postoperativ 44 Patienten Keine 16 Patienten lich der Grunderkrankung zwar heterogen, jedoch weisen 52 Patienten mit Larynx-/Hypopharynxkarzinomen eine vergleichbare Diagnose auf. 56,7% der Patienten zeigten eine Metastasierung in die regionalen Lymphknoten. 44 Patienten erhielten eine postoperative Strahlentherapie (64 70 Gy Primärtumorgebiet, 54 Gy Lymphabflusswege). Kein Patient wurde mit einer primären Strahlen- oder Chemotherapie behandelt. Vier Patienten mit physiologischen Werten in der 24-h-pH-Metrie verweigerten die Teilnahme an der 2. Messung nach 6 Monaten. Methoden ph-metrie Bei allen Patienten wurde zu sowie nach 6 Monaten eine 24-h-2- Kanal-pH-Metrie unter Einsatz des Geräts Digitrapper (Fa. Medtronic Xomed, Jacksonville, USA) durchgeführt. Verwendet wurden Messsonden mit 2 Messpunkten im Abstand von 10 cm (Versaflex, Fa. Promedia, Siegen). Alle Patienten wurden initial in der Handhabung des Messgeräts geschult. Die Fixierung der Messsonden erfolgte unter fiberoptischer Kontrolle transnasal in Oberflächenanästhesie. Die Sondenlage wurde hierbei anhand des ph-umschlags sowie mittels einer transnasalen flexiblen Endoskopie überprüft. Hierbei wurde sichergestellt, dass der schwarz markierte obere Messsensor auf Höhe der tracheoösophagalen Fistel lokalisiert war. Die ph-werte wurden von der Messeinheit in Intervallen von 4 s über 24 h registriert. Die Zeitintervalle der Nahrungsaufnahme sowie die Zeiträume, in denen eine liegende oder sitzende Position eingenommen wurde, wurden vom Patienten sowohl durch Betätigen einer entsprechenden Taste am Messgerät registriert als auch durch handschriftliche Eintragungen in ein Protokollformular dokumentiert. Die Auswertung der Messwerte erfolgte mit Hilfe der Software Polygram- Net (Fa. Medtronic Xomed, Jacksonville, USA). Als Parameter zur Klassifizierung wurde der Refluxflächenindex ( reflux area index, RAI; ph<4) gewählt. Dieser Parameter hat sich seit seiner Beschreibung durch Vandenplas [29] zur Quantifizierung des supraösophagealen Refluxes durchgesetzt. Als physiologisch gelten Werte kleiner als 6,3. Der RAI beschreibt den Quotienten aus der Refluxfläche unter einem ph-wert von 4 im entsprechenden Zeitintervall der ph-kurve sowie der Dauer des entsprechenden Zeitintervalls und berücksichtigt damit sowohl die absolute Anzahl von proximalen Refluxereignissen als auch die Dauer der ph-abfälle und das Ausmaß des ph-abfalls. Anhand der erhobenen RAI der ersten Messung wurden die Patienten in 4 verschiedene Gruppen unterteilt. Zur Gruppe RAI 1 wurden alle Patienten zugeordnet, die einen physiologischen proximalen RAI zeigten, also Werte <6,3. Patienten mit pathologischem RAI wurden je nach Schweregrad in die Gruppen RAI 2 (6,3 50,0), RAI 3 (50,1 250,0) und RAI 4 (> 250,0) eingeteilt. Nach 3 Monaten erfolgte eine Kontrolluntersuchung mit Erhebung des HNO- Status und Kontrolle der Stimmfistel sowie sofern aus der Anamnese ersichtlich eine Anpassung der PPI-Dosis bzw. eine Umstellung des Präparats. Medikation Nach der ersten 24-h-2-Kanal-pH-Metrie erhielten 52 Patienten eine Therapie mit PPI. Die verwendeten Medikamente waren Pantoprazol, Esomeprazol oder Omeprazol. Die Dosierungen betrugen in Abhängigkeit vom Schweregrad der Refluxerkrankung 2-mal 20 mg (RAI-Gruppe 2) oder 2-mal 40 mg (RAI-Gruppe 3 und 4). Acht Patienten, die in der ersten Messung physiologische Werte zeigten, verweigerten eine prophylaktische Therapie mit PPI. Stimmqualitätsmessung Die subjektive Einschätzung der Stimmqualität wurde mit Hilfe der deutschen Fassung des Voice-Handicap-Index 10 (VHI10; Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie) ermittelt [20]. Dieser Fragebogen beinhaltet jeweils 10 Items zur Erfassung der physischen (P), funktionellen (F) und emotionalen (E) Aspekte der Stimmstörung. Die einzelnen Fragen hinsichtlich der funktionellen Aspekte der Stimmstörung befassen sich u. a. mit der subjektiv eingeschätzten Stimmdynamik (Lautstärkeumfang), der Sprachverständlichkeit und den daraus resultierenden Problemen im Beruf oder Privatleben. Die physischen Aspekte der Stimmstörung betreffen v. a. den Klang der Stimme und die maximale Phonationsdauer, während die emotionalen Aspekte der Stimmstörung sich mit der subjektiven Akzeptanz der Stimme befassen. Jedes Item wird vom Patienten auf einer Skala von 0 4 bewertet. Lebensqualitätsmessung Um die subjektive Einschätzung der Lebensqualität der laryngektomierten Patienten zu evaluieren, wurde der Fragebogen EORTC-QLQ-C30 (European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire) und das dazugehörige Modul QLQ-H&N-35 in deutscher Fassung verwendet. Aus der Kombination des QLQ-C30 und QLQ- H&N35 ergeben sich 65 Fragen. Von den insgesamt 65 Fragen können 58 Fragen auf einer Punkteskala von 1 4 bewertet werden. Dabei sind Abstufungen zwischen überhaupt nicht (1), wenig (2), mäßig (3) und sehr (4) möglich. Auf einer Skala von 1 6 können 2 Fragen beantwortet werden. Nach Beantwortung der Fragen wurden die angekreuzten Punktwerte summiert und ein Gesamtscore aus allen Fragen gebildet. Dieser Gesamtscore ermöglicht den interindividuellen Vergleich der Patienten bezüglich des allgemeinen und abstrakten Begriffs Lebensqualität. Zusätzlich kann jeweils ein weiterer Score für den QLQ-C30 und den QLQ-H&N35 berechnet werden. Für den QLQ-C30- Score können sich Werte zwischen 30 und 2 HNO 2010

Zusammenfassung Abstract 124 und für den QLQ-H&N35 Werte zwischen 35 und 130 ergeben. Aufgrund des insgesamt kleinen Kollektivs und der Subgruppierung in die einzelnen Refluxuntergruppen wurde auf eine Analyse der Subscores (emotionale Funktion, körperliche Funktion, Rollenfunktion, Schmerzen usw.) zugunsten aussagekräftiger Gruppengrößen verzichtet. Statistik Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Excel -Software-Paket (Fa. Microsoft, Seattle/WA, USA) und dem Statistikprogramm Instat 3.06 (Fa. Graphpad Software, San Diego/CA, USA). Der Vergleich der Patientengruppen erfolgte bei fehlender Normalverteilung mit dem Mann-Whitney-Test. Für die Anwendung des Testverfahrens wurde eine Irrtrumswahrscheinlichkeit von <5% akzeptiert. Untersucht wurden der Einfluss eines supraösophagealen Refluxes, eine medikamentösen Antirefluxtherapie mit PPI sowie einer postoperativen Strahlentherapie auf die subjektive Stimm- und Lebensqualität bei den laryngektomierten Patienten. Ergebnisse Vor der Therapie mit PPI zeigten 8 Patienten einen physiologischen RAI von 1,41 (±1,49); Median: 1. Einen mäßigen Reflux wiesen 16 Patienten auf: 24,11 (±13,41); Median: 22. Bei 19 Patienten konnte ein starker Reflux nachgewiesen werden: 106,42 (±56,58); Median: 86,5. Eine sehr schwere Refluxsymptomatik bestand bei 13 Patienten: 780,32 (±778,37); Median: 423,2. Nach 6-monatiger Therapie mit PPI konnte bei insgesamt 19 Patienten in der 24-h-pH-Metrie ein physiologischer RAI gemessen werden: 2,7 (±2,52); Median: 1,9. Da 8 Patienten bereits vor einen normalen RAI aufwiesen, konnte durch die PPI-Therapie folglich bei 11 Patienten eine Verbesserung erzielt werden. 21 Patienten wiesen noch mäßig erhöhte Refluxwerte in der RAI-Messung auf: 23,48 (±11,24); Median: 22,7. Bei 15 Patienten wurde trotz PPI-Therapie ein starker Reflux nachgewiesen: 100,25 (±39,15); Median: 95. Nur ein Patient zeigte auch unter PPI-Therapie noch sehr schwere Refluxsymptome: 486,7 (. Tab. 2). HNO 2011 [jvn]:[afp] [alp] Springer-Verlag 2010 K.J. Lorenz L. Grieser T. Ehrhart H. Maier Laryngektomierte Stimmprothesenträger. Einfluss eines supraösophagealen Refluxes auf Stimm- und Lebensqualität Zusammenfassung Ziel. Prospektive Studie zum Einfluss eines supraösophagealen Refluxes auf die Stimmund Lebensqualität bei laryngektomierten Stimmprothesenträgern. Patienten und Methoden. 60 laryngektomierte Patienten wurden mittels 24-h-2-Kanal-pH-Metrie zu sowie nach 6-monatiger oraler Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) untersucht. Die Lebensqualität wurde mit dem EORTC-QLQ- C30-Frageninventar (European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire) erhoben, die Stimmqualität mit dem VHI10-Fragebogen (Voice- Handicap-Index). Ergebnisse. Bei Patienten mit physiologischem RAI ( reflux area index ) betrug der VHI10 im Mittel 46,4 (±11,4) und stieg mit zunehmender Schwere der Refluxerkrankung auf bis zu 64,1 (±9,6; p=0,025). Der Gesamtscore der Lebensqualität lag zwischen 115,8 (±24,7) für einen physiologischen RAI und DOI 10.1007/s00106-010-2222-7 131,0 (±33,1) für einen hoch pathologischen RAI (p=0,047). Nach PPI-Therapie verbesserte sich der Gesamtwert des VHI10 auf 57,5 (±20,6; p=0,003), der EORTC-QLQ-Gesamtwert auf 123,3 (±29,0; p=0,045). Fazit. Die Stimm- und Lebensqualität bei laryngektomierten Stimmprothesenträgern wird durch supraösophagealen Reflux beeinflusst. Dies ist u. a. durch eine erhöhte Inzidenz von periprothetischen Leckagen, Ödembildung im pharyngoösophagealen (stimmgebenden) Segment sowie durch allgemeine Refluxsymptome zu erklären. Eine konsequente PPI-Therapie kann die objektivierbaren Refluxparameter (RAI) und die damit korrelierten Lebens- und Stimmqualitätsparameter verbessern und empfiehlt sich daher in solchen Fällen. Schlüsselwörter Reflux Laryngektomie Stimmprothese Lebensqualität Stimmqualität Laryngectomised patients with voice prostheses. Influence of supra-esophageal reflux on voice quality and quality of life Abstract Introduction. We conducted a prospective study to assess the influence of supra-esophageal reflux on voice quality and quality of life in patients who had undergone laryngectomy and prosthetic voice rehabilitation. Patients and methods. We investigated 60 laryngectomised patients using 24-h dualprobe ph monitoring before and 6 months after oral anti-reflux treatment with proton pump inhibitors (PPIs). Quality of life was assessed using the European Organisation for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire (EORTC QLQ) C30. Voice quality was quantified using the voice handicap index (VHI10). Quality of life and voice quality parameters were then correlated with the severity of reflux disease. Results. Patients with physiological reflux area index (RAI) scores had a mean VHI10 score of 46.4 (±11.4). VHI scores were found to increase to up to 64.1 (±9.6) with reflux severity (p=0.025). Total quality of life scores ranged from 115.8 (±24.7) in patients with physiological RAI scores to 131.0 (±33.1) in patients with highly pathological RAI scores (p=0.007). After 6 months of treatment with PPIs, VHI scores improved to a total score of 57.5 (±20.6, p=0.003). Quality of life scores improved to 123.3 (±29.0, p=0.045). Conclusion. Supra-esophageal reflux influences voice quality and quality of life in laryngectomised patients with voice prostheses. This can be explained, for example, by an increased incidence of periprosthetic leakage, the presence of edema in the pharyngoesophageal segment (where speech is produced), and general reflux symptoms. Rigorous treatment with anti-reflux medications leads to an improvement in reflux parameters that can be assessed objectively (RAI) and in correlated quality of life and voice quality parameters. For this reason, we recommend rigorous oral treatment with PPIs in laryngectomised patients with a confirmed diagnosis of supra-esophageal reflux. Keywords Laryngopharyngeal reflux Laryngectomy Voice prosthesis Quality of life Voice quality 3

Tab. 2 Darstellung des Therapieerfolgs einer 6-monatigen Therapie mit PPI Einteilung nach RAI RAI Anzahl Patienten Median Vor Therapie mit PPI Gruppe 1 <6,3 8 1,41 (±1,49) 1 Gruppe 2 6,4 50 16 24,11 (±13,41) 22 Gruppe 3 51 250 19 106,42 (±56,58) 86,5 Gruppe 4 >250 13 780,32 (±778,37) 423,2 Nach 6-monatiger Therapie mit PPI Gruppe 1 <6,3 19 2,7 (±2,52) 1,9 Gruppe 2 6,4 50 21 23,48 (±11,24) 22,7 Gruppe 3 51 250 15 100,25 (±39,15) 95 Gruppe 4 >250 1 486,7 486,7 Die Einteilung der Patienten erfolgte in Abhängigkeit von dem bei der 24-h-pH-Metrie gemessenen RAI. Gruppe 1: 0 6,3 (physiologischer Wert), Gruppe 2: 6,4 50 (mäßiger Reflux), Gruppe 3: 51 250 (starker Reflux) und Gruppe 4: >250 (sehr starker Reflux). PPI Protonenpumpeninhibitoren; RAI Refluxflächenindex; MW Mittelwert; SD Standardabweichung. Tab. 3 Subjektive Einschätzung der Gesprächigkeit und Stimme zu durch die Patienten Selbsteinschätzung der Stimme durch die Patienten Ich schätze meine Gesprächigkeit so ein Stiller Zuhörer Normaler Sprecher Äußerst gesprächig 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anzahl n 0 2 4 11 14 18 5 3 2 1 Anteil (%) 0,0 3,3 6,7 18,3 23,3 30,0 8,3 5,0 3,3 1,7 Wie schätzen Sie Ihre Stimme heute ein? Anzahl n Anteil (%) Normal 7 11,7 Leicht gestört 14 23,3 Mittelgradig gestört 34 56,7 Hochgradig gestört 5 8,3 Tab. 4 Stimmqualität für alle untersuchten laryngektomierten Patienten (n=60) zu Items MW SD Median Minimum Maximum Funktionell 19,8 6,8 21,0 0 34 Physisch 18,9 6,2 19,5 1 33 Emotional 17,4 7,5 17,0 0 39 VHI 56,0 18,6 57,5 3 103 Durchschnittlich errechneter VHI [20] mit Subscores. VHI Voice-Handicap-Index; MW Mittelwert; SD Standardabweichung. Tab. 5 Stimmqualität zu in Abhängigkeit von der Schwere der Refluxerkrankung Items RAI 1 RAI 2 RAI 3 RAI 4 Funktionell 16,9 (±4,8) 15,2 (±8,1) 23,4 (±2,7) 21,8 (±5,6) Physisch 17,5 (±3,8) 16,2 (±8,0) 20,8 (±5,5) 19,8 (±4,8) Emotional 12,0 (±4,2) 14,7 (±8,2) 19,9 (±4,6) 20,8 (±7,6) VHI 46,4 (±11,4) 46,1 (±23,1) 64,1 (±9,6) 62,5 (±16,1) Durchschnittlich errechneter VHI [20] mit Subscores. Bestimmung des Grades der Refluxerkrankung durch RAI (ph<4). RAI 1:<6,3; RAI 2: 6,4 50; RAI 3: 51 250; RAI 4: >250. Subscores und VHI für Patienten der RAI-Gruppen. VHI Voice-Handicap-Index; RAI Refluxflächenindex; MW Mittelwert; SD Standardabweichung. Als äußerst gesprächig bezeichneten sich nur 10,0% der Patienten, aber immerhin 79,9% der Patienten stuften sich auch nach der Laryngektomie als normale Sprecher ein. 11,7% der Patienten empfanden ihre Stimme als gänzlich normal, während 65,0% der Patienten ihre Stimme als mittel- bis hochgradig gestört bezeichneten (. Tab. 3). Berechnung des VHI Für alle Patienten Der durchschnittliche VHI10 betrug 56,0 Punkte; und die emotionalen Aspekte der Stimmstörung wurden mit durchschnittlich 17,4 Punkten besser bewertet als die funktionellen und physischen Aspekte. Der minimal berechnete VHI10 von insgesamt 3 Punkten lag deutlich unter dem maximal berechneten VHI10 von 103 Punkten (. Tab. 4). Bei 2 Patienten (3,3%) bestand nach der Nawka-Einteilung kein Handicap (0 14 Punkte), bei 2 Patienten (3,3%) ein geringes Handicap (15 28 Punkte), bei 17 Patienten (28,3%) ein mittelgradiges Handicap (29 50 Punkte) und bei 39 Patienten (65,0%) ein hochgradiges Handicap (über 51 Punkte). Nach Grad der Refluxerkrankung Zwischen den RAI-Gruppen 1 und 2 beträgt die Differenz der VHI-Werte 0,3 Punkte. Betrachtet man hingegen die durchschnittlichen VHI-Werte der Gruppen 3 und 4, so fallen deutlich schlechtere Werte auf (p=0,025). Schon allein bezüglich des Subscores der emotionalen Aspekte der Stimmstörung, besteht zwischen der RAI-Gruppe 1 und 4 eine Differenz von 8,8 Punkten (. Tab. 5). Vor und nach erfolgreicher Therapie In der zweiten 24-H-2-Kanal-pH-Metrie ergaben sich für 19 von 56 Personen physiologische proximale RAI. Eine Verbesserung um 1,5 Punkte konnte hinsichtlich emotionaler und physischer Aspekte der Stimmstörung durch die Therapie mit PPI erzielt werden. Insgesamt verbesserte sich der VHI von 62,5 auf 57,5 Punkte (p= nicht signifikant;. Tab. 6). Insbesondere die Patienten, bei denen sich eine Normalisierung des RAI erreichen ließ, zeigten deut- 4 HNO 2010

lich bessere Einschätzungen der Stimmqualität (. Tab. 7). Lebensqualität Einschätzung anhand des EORTC-QLQ-C30 und QLQ-H&N35 Hinsichtlich der subjektiven Einschätzung der Lebensqualität zeigten sich große interindividuelle Unterschiede. Der minimal erfasste Wert für den Gesamtscore betrug mit 80 Punkten weniger als die Hälfte des maximal erfassten Gesamtscores von 194 Punkten. Im Mittel ergab sich ein Gesamtscore von 123,6 (±25,4) für alle Patienten vor Therapie (. Tab. 8). Nach Grad der Refluxerkrankung Tendenziell ergaben sich parallel zu steigenden RAI steigende Gesamtscores bezüglich der subjektiven Einschätzung der Lebensqualität. Für die RAI-Gruppe 1 ergab sich ein Gesamtscore von 115,8 (±24,7) gegenüber einem Score von 131,0 (±33,1) in der RAI-Gruppe 4 (p=0,047). Bezüglich der Teilergebnisse des QLQ-C30 ist ebenfalls eine deutliche Zunahme zwischen der Gruppe RAI 1 und RAI 4 um 14,2 Punkte zu vermerken (. Tab. 9). Vor und nach erfolgreicher Therapie Für die Teilergebnisse des QLQ-C30 und QLQ-H&N35 konnte eine Senkung der durchschnittlichen Scores um 1,9 bzw. 1,2 Punkte erreicht werden. Damit ergab sich insgesamt eine Reduktion des Gesamtscores von 126,4 auf 123,3 Punkte unter PPI-Therapie (. Tab. 10). Auch zeigen besonders jene 11 Patienten, bei denen die PPI-Therapie zu normalen RAI in der 24- h-ph-metrie führte, bessere Lebensqualitätswerte in allen Items (. Tab. 11). Diskussion Eine totale Laryngektomie führt bei den betroffenen Patienten zu physischen und funktionellen Veränderungen, die das subjektive Wohlbefinden der Patienten sowie grundlegende Funktionen des täglichen Lebens wie Atmen, Schlucken und die Kommunikation massiv beeinträchtigen können. Etwa 5 15% aller laryngektomierten Patienten bleiben gänzlich aphon [8, 16]. Da die soziale Reintegration eine Tab. 6 Items Stimmqualität zu sowie nach 6-monatiger Therapie Funktionell 21,8 (±4,4) 19,8 (±5,5) Physisch 20,8 (±5,3) 19,3 (±7,6) Emotional 19,9 (±6,1) 18,4 (±8,9) VHI 62,5 (±14,2) 57,5 (±20,6) Nach 6 Monaten PPI-Therapie Durchschnittlich errechneter VHI [20] mit Subscores. VHI Voice-Handicap-Index, MW Mittelwert; SD Standardabweichung; PPI Protonenpumpeninhibitoren. Tab. 7 Stimmqualität bei den 11 Patienten, deren RAI sich durch die PPI-Therapie normalisiert hat Items Funktionell 23,4 (±5,23) 18,9 (±5,69) Physisch 21,8 (±6,12) 19,1 (±7,13) Emotional 20,7 (±5,87) 18,6 (±7,22) VHI 63,6 (±17,64) 56,7 (±23,38) Nach 6 Monaten PPI-Therapie Durchschnittlich errechneter VHI [20] mit Subscores zu sowie nach 6-monatiger Therapie. RAI Refluxflächenindex; PPI Protonenpumpeninhibitoren; VHI Voice-Handicap-Index; MW Mittelwert; SD Standardabweichung. Tab. 8 Lebensqualitätsindex aller Patienten zu MW SD Median Minimum Maximum C30 60,5 13,7 60,5 35 103 H&N35 63,1 14,4 61,5 42 99 Gesamt 123,6 25,4 121,0 80 194 Durchschnittlich errechnete Punktwerte des EORTC-QLQ-C30 und QLQ-H&N35 sowie des Gesamtscores für alle Studienpatienten zu. C Cancer; H&N Head and Neck; MW Mittelwert; SD Standardabweichung; EORTC European Organization for Research and Treatment of Cancer; QLQ Quality of Life Questionnaire. Tab. 9 Lebensqualitätsindex in Abhängigkeit von der Schwere der Refluxerkrankung RAI 1 RAI 2 RAI 3 RAI 4 C30 52,4 (±11,5) 61,1 (±12,3) 60,1 (±11,4) 66,6 (±16,9) H&N35 63,4 (±15,4) 60,7 (±9,7) 63,1 (±12,9) 64,4 (±18,7) Gesamt 115,8 (±24,7) 121,8 (±19,3) 123,2 (±22,7) 131,0 (±33,1) Durchschnittlich errechnete Punktwerte des EORTC-QLQ-C30 und QLQ-H&N35 sowie der Gesamtscore in Abhängigkeit von der Schwere der Refluxerkrankung (Bestimmung des Grades der Refluxerkrankung durch RAI (ph<4). RAI 1: <6,3; RAI 2: 6,4 50; RAI 3: 51 250; RAI 4: >250. C Cancer; H&N Head and Neck; RAI Refluxflächenindex; MW Mittelwert; SD Standardabweichung; EORTC: European Organization for Research and Treatment of Cancer; QLQ Quality of Life Questionnaire. Tab. 10 Lebensqualitätsindex vor und nach 6-monatiger Therapie mit PPI C30 62,4 (±10,1) 60,5 (±16,3) H&N35 64,0 (±13,0) 62,8 (±14,7) Gesamt 126,4 (±20,6) 123,3 (±29,0) Nach 6 Monaten PPI-Therapie Durchschnittlich errechnete Punktwerte des EORTC-QLQ-C30 und QLQ-H&N35 sowie der Gesamtscore für Patienten vor und nach erfolgreicher Therapie mit PPI. PPI Protonenpumpeninhibitoren; C Cancer; H&N Head and Neck; MW Mittelwert; SD Standardabweichung; EORTC: European Organization for Research and Treatment of Cancer; QLQ Quality of Life Questionnaire. 5

Tab. 11 Lebensqualitätsindex der 11 Patienten, bei denen sich durch die PPI-Therapie der RAI normalisiert hat C30 67,7 (±12,8) 59,3 (±17,2) H&N35 65,8 (±13,7) 60,7 (±13,9) Gesamt 129,1 (±22,4) 121,4 (±28,7) wesentliche Voraussetzung für die Rehabilitation laryngektomierter Patienten ist, muss die Wiederherstellung der Stimme als essenzieller Teil der Therapie nach Kehlkopfentfernung angesehen werden. Die Verwendung von Stimmprothesen zur Rehabilitation nach totaler Laryngektomie hat sich als ein ebenso erfolgreiches wie komplikationsarmes Verfahren etabliert. Bei geringem chirurgischem Aufwand lassen sich nach kurzer Zeit bereits sehr hohe Rehabilitationsquoten erreichen. Schwere perioperative Komplikationen existieren nur als Einzelfalldarstellung in der Literatur [16]. Wesentlich häufiger sind geringfügigere Komplikationen, wie Verborkung des Shuntventils, eine Candidabesiedlung sowie die Ausbildung von Granulationsgewebe mit peri- oder transprothetischer Leckage. Diese Probleme lassen sich i. d. R. relativ einfach durch einen Prothesenwechsel beheben. Etwa 5% der Patienten zeigen jedoch 1 4 Jahre nach Laryngektomie und Stimmprothesenanlage eine periprothetische Leckage bei deutlicher Erweiterung des tracheoösophagealen Stimmshunts. Bei diesen Patienten sind z. T. aufwendige Lappenplastiken zum Verschluss der Fistel notwendig. Eine Korrelation dieser Problematik mit einem suprösophagealen Reflux wurde von unserer Arbeitsgruppe bereits gezeigt [14]. Trotz der modernen Möglichkeiten der Stimmrehabilitation bleibt die Laryngektomie ein erheblicher Einschnitt im Leben eines Patienten, die ihn vor körperliche wie auch psychische und soziale Probleme stellt. Die Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit, die fehlende Konditionierungsleistung der Nase durch Trennung des Atem- und Speisewegs sowie das deutlich eingeschränkte Riech- Nach 6 Monaten PPI-Therapie Durchschnittlich errechnete Punktwerte des EORTC-QLQ-C30 und QLQ-H&N35 sowie der Gesamtscore für Patienten vor und nach erfolgreicher Therapie mit PPI. PPI Protonenpumpeninhibitoren; RAI Refluxflächenindex; C Cancer; H&N Head and Neck; MW Mittelwert; SD Standardabweichung; EORTC: European Organization for Research and Treatment of Cancer; QLQ Quality of Life Questionnaire. und Geschmacksvermögen beeinflussen in unterschiedlichem Maße die Lebensqualität, die Zufriedenheit sowie die Lebensperspektive und damit auch den Therapieerfolg der Rehabilitation. Neben den unmittelbaren Folgen der Operation können weitere Faktoren die Stimm- und Lebensqualität beeinflussen [1, 3, 8, 9, 16, 17, 24, 28]. So kann eine postoperative Strahlentherapie über eine Hyposalivation und postradiogene Vernarbungen zu einer Einschränkung der Schluck- und Sprachfähigkeit führen und die posttherapeutische Morbidität erhöhen [2, 5, 9, 10, 11, 16, 28]. Nicht wenige laryngektomierte Patienten leiden weiterhin an Refluxbeschwerden, die sich sowohl durch operationsbedingte anatomische Veränderungen mit Schwächung des oberen Ösohagussphinkters als auch teilweise durch die Lebensgewohnheiten mit fortgesetztem Tabak- und Alkoholkonsum erklären lassen [5, 9, 29]. Diese therapiebedingten Veränderungen bedingen den im Vergleich zu Normalkollektiven hohen Anteil von Patienten mit pathologischen Refluxwerten in unserer Studienpopulation. In unserem Patientenkollektiv lagen bei 86,6% (52 Patienten) pathologische Refluxwerte in der 24-h-pH-Metrie vor. Lediglich bei 8 Patienten (13,4%) wurden physiologische proximale RAI nachgewiesen. Eine erhöhte Inzidenz pathologischer Refluxwerte wurde ebenfalls von anderen Autorengruppen sowohl bei unbehandelten Larynxkarzinompatienten als auch bei laryngektomierten Patienten nachgewiesen [2, 6, 14, 21]. Mit dem QLQ-Fragebogen der EORTC sowie dem VHI wurden zur Erfassung der Lebensqualität und Stimmqualität 2 in zahlreichen Studien erprobte Instrumente eingesetzt. Eine Analyse des Einflusses verschiedener Faktoren wie eines proximalen ösophagealen Refluxes auf Lebensqualität und Stimmqualität laryngektomierter Patienten ist somit möglich. Bei allen Patienten mit pathologischen Werten in der 24-h-pH-Metrie erfolgte eine Therapie der Refluxerkrankung mit PPI. Diese haben sich als Goldstandard in der medikamentösen Therapie von Refluxerkrankungen durchgesetzt [12, 23]. PPI hemmen irreversibel die H + K + -AT- Pase, die für Transport von H + -Ionen ins Magenlumen verantwortlich ist [12]. Somit stehen für die Produktion von Salzsäure weniger H + -Ionen zur Verfügung. Um eine objektive Überprüfung der Effektivität der Antirefluxtherapie überprüfen zu können, ist die wiederholte 24-h- 2-Kanal-pH-Metrie ein geeignetes diagnostisches Verfahren [22]. Bezüglich des Wirkstoffs sowie der Dosierung bestehen in der aktuellen Literatur unterschiedliche Empfehlungen. In Anlehnung an die Empfehlung der American Academy of Otorhinolaryngology, Head & Neck Surgery wurden unsere Patienten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Refluxerkrankung über 6 Monate mit einer 2-maligen Dosis zwischen 20 und 40 mg behandelt [12]. In der vorliegenden Studie wurde ein Nachbeobachtungszeitraum von 6 Monaten gewählt, da nicht nur die messbare Reduktion der Säuresuppression, die bereits nach kurzer Zeit eintritt, im Vordergrund stand, sondern vielmehr die langfristigen Auswirkungen einer reduzierten Säureexposition auf die Schleimhaut von Ösophagus und tracheoösophagealer Fistel und damit verbundenen subjektiven Veränderungen möglicher Beschwerden, wie Veränderungen der Stimmqualität und Lebensqualität, beobachtet werden sollten. Da bei einem erheblichen Teil unserer Patienten die Tumortherapie bereits mehr als 2 Jahre zurücklag, ist davon auszugehen, dass Heilungsprozesse oder eine logopädische Therapie für die Veränderungen im Studienbeobachtungszeitraum von untergeordneter Bedeutung sind. Durch die konsequente Antirefluxtherapie mit PPI konnte in unserer Studie der durchschnittliche proximale RAI (Messung auf Höhe der tracheoösophagealen Stimmfistel) von 178,7 (±36,5) in der ersten Messung auf 45,3 (±10,01) in der 6 HNO 2010

zweiten Messung gesenkt werden. Außerdem wurde bei 11 Patienten eine Normalisierung in den Bereich physiologischer Refluxwerte erreicht. Ein normaler RAI konnte jedoch nur bei einem Viertel aller Patienten erreicht werden. Folglich scheint eine hochdosierte PPI-Therapie (2-mal 40 mg) bei allen laryngektomierten Patienten mit Reflux indiziert. Zur Beurteilung des Schweregrades der Refluxerkrankung wurde der RAI (ph<4) gewählt. Dieser Parameter hat sich zur Quantifizierung von Refluxen im Bereich der oberen Ösophagusspinkters im Zusammenhang mit laryngopharyngealen Refluxerkrankungen bewährt. Da Refluxereignisse in diesem Bereich sowohl hinsichtlich der Episodendauer als auch der Anzahl geringer als im distalen Ösophagus ausfallen, gelten die üblichen Refluxparameter und Scores für diesen Bereich als nur bedingt aussagekräftig [30]. Der RAI (ph<4) berücksichtigt allerdings nur Refluxepisoden mit einem ph-abfall unter 4; aktuelle Studien zeigen jedoch, dass Pepsin, einer der aggressivsten Bestandteile des Magensafts, bis zu einem ph-wert von 7 aktiv sein kann. Aus diesem Grund wird zunehmend ein weiterer Refluxindex für einen ph-wert <5, RAI (ph<5) propagiert [22]. Da wir für die vorliegende Studie eine Vergleichbarkeit mit der vorhandenen Literatur gewährleisten wollen, verwendeten wir den etablierten RAI-Score, für weitere Arbeiten sollte jedoch zusätzlich der RAI (ph<5) genutzt werden. Weiterhin berücksichtigt die 24- h-ph-metrie weder die Pepsin- noch die Gallensäurenkonzentration im Refluxat, sodass über die Auswirkung dieser Substanzen in der Messung keine Aussage gemacht werden kann. Stimmqualität Nach Laryngektomie Zur Evaluierung und subjektiven Einschätzung der Stimmqualität sowie der stimmbezogenen Lebensqualität wählten wir den durch Nawka et al. im deutschsprachigen Raum validierten VHI10 [20]. 79,9% unserer Patienten stuften sich als normale Sprecher ein, 10% bezeichneten sich als äußerst gesprächig. Hinsichtlich ihrer subjektiven Einschätzung der Stimmqualität gaben 65% der Patienten an, ihre Stimme als mittel- bis hochgradig gestört einzustufen. 11,7% empfanden ihre Stimme als gänzlich normal. Bei Betrachtung des Gesamtscores (VHI10) wurden 93,3% der Patienten mit einem VHI zwischen 29 und 125 gruppiert, was einer mittel- bis hochgradigen Stimmstörung entspricht. Die direkte Beurteilung der Patienten der eigenen Stimmqualität ist somit besser als in der indirekten Bewertung mittels VHI10. Der maximal errechnete VHI10 in unserer Studienpopulation betrug 103, der minimal errechnete 3. Außerdem zeigte sich eine große Standardabweichung von 18,6 Punkten. Offensichtlich unterliegt die Selbstbewertung der Betroffenen erheblichen interindividuellen Schwankungen, auch wenn die vordergründig relevanten Voraussetzungen, nämlich Tumorfreiheit und eine funktionierende Ersatzstimme, bei allen Patienten gegeben sind. Unter Betrachtung der Subscores fällt auf, dass neben physischen Aspekten (Score 18,9) v. a. die funktionellen Aspekte (Score 19,8) der Stimmstörung durchschnittlich etwas schlechter bewertet wurden als die emotionalen Aspekte. Offensichtlich sind die Patienten mit Kriterien wie Lautstärke, Sprachverständlichkeit, Klang und maximaler Phonationsdauer der Ersatzstimme noch nicht gänzlich zufrieden. Die subjektive Akzeptanz der Eigenstimme wird hingegen etwas besser bewertet. In unserer Untersuchung zeigte sich, dass durch die Behandlung der Refluxkrankheit mit PPI die Stimmqualität insgesamt verbessert werden konnte. Insbesondere die Patienten, bei denen durch die Magensäuresuppression normale RAI erreicht werden konnten, zeigte sich eine deutliche Verbesserung der der Stimmeinschätzung im VHI-Grading (. Tab. 7). Bei supraösophagealem Reflux Zur Untersuchung der Stimmqualität laryngektomierter Patienten in Abhängigkeit von einem hohen Reflux existieren bisher keine Studien. Studien an nicht laryngektomierten Patienten ergaben jedoch, dass ein laryngopharyngealer Reflux zu einer Verschlechterung der subjektiven Stimmeinschätzung im VHI10 führt [25]. Eine Behandlung des laryngopharyngealen Refluxes mit PPI konnte hierbei die Stimmstörung signifikant verbessern [25, 26]. Die Ergebnisse dieser Studien sind sicherlich nicht direkt auf Patienten nach totaler Laryngektomie übertragbar, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass das aggressive Refluxat nicht nur die Schleimhaut des Larynx, sondern auch die Schleimhaut im Bereich des pharyngoösphagealen Segments mit der Folge einer Stimmstörung schädigen kann. Eine chronische refluxbedingte Entzündung mit ggf. narbiger Veränderung der Schleimhaut im Bereich des pharyngoösphagealen Segments würde die Phonovibration und den Bernoulli-Effekt einschränken und somit die Stimmbildung erschweren [9, 29]. Die eingeschränkte Funktion der Speicheldrüsen nach Bestrahlung und die daraus resultierende fehlende Pufferwirkung des Bikarbonatsystems verstärkt die Wirkung einer Magensaftexposition erheblich [11]. Lebensqualität Nach Laryngektomie Die Evaluierung der subjektiven Einschätzung der Lebensqualität erfolgte mittels des EORTC-QLQ-C30-Fragebogens mit dem Kopf-Hals-Modul QLQ-H&N35. Insgesamt können Scores zwischen 65 und 254 Punkten erreicht werden, hierbei gilt: je höher die erreichte Punktzahl, desto schlechter die subjektive Einschätzung der Lebensqualität. Unser Kollektiv zeigte auch hierbei eine relativ große Standardabweichung von 25,4 Punkten. Aufgrund des kleinen Kollektivs und der zusätzlich erfolgten Subgruppierung in die RAI-Gruppen wurde auf eine Darstellung der QLQ-Subscores verzichtet. Der maximal errechnete Score betrug 194 Punkte, der minimal errechnete 80 Punkte. Insgesamt wurde ein mittlerer Score von 123,6 Punkten ermittelt, der eine zufriedenstellende Lebensqualität anzeigt. Der allgemeine Gesundheitszustand des Patientenkollektivs (QLQ-C30) wurde im Mittel mit 60,5 bewertet, für den QLQ-H&N35 ergab sich ein durchschnittlicher Wert von 63,1 Punkten. Die Werte aus unserem Patientenkollektiv sind mit Daten aus anderen Studien [9] vergleichbar, die mit identischem Frageninventar 36 laryngektomierte Patienten untersuchten. Die Ursachen für die von dem 7

Patienten gestellten Einschränkungen der Lebensqualität sind multifaktoriell. Einerseits kann eine als vermindert wahrgenommene körperliche Leistungsfähigkeit durch eine reaktiv depressive Grundstimmung verstärkt werden. Ähnliche Ergebnisse erbrachte eine Studie von Minovi et al. [18]. Im Rahmen einer Followup-Studie zeigte diese Gruppe, dass bei 28% der laryngektomierten Patienten eine moderate Depression vorlag. Auch die Patienten unseres Kollektivs beklagten zu 31,6% mäßig ausgeprägte bis starke Sorgen im Freundeskreis, in der Familie, bei Verwandten. Auch für die Lebensqualitätsmessung zeigte sich insbesondere für die Patienten, bei denen durch die PPI-Therapie physiologische Werte in der Refluxdiagnostik erreicht wurden, eine deutliche Verbesserung. 8 HNO 2010 Bei supraösophagealem Reflux Vergleicht man die Ergebnisse der einzelnen RAI-Gruppen, ergibt sich, dass Patienten mit physiologischen oder nur geringen Refluxwerten in der 24-h-pH-Metrie und einem durchschnittlichen Gesamtscore von 115,8 Punkten deutlich niedriger als die Patienten in der RAI-4-Gruppe mit den stärkeren Refluxbeschwerden (131,0 Punkte) liegen. Patienten mit pathologischem RAI schätzen ihre Lebensqualität also durchschnittlich deutlich schlechter ein als Patienten ohne Reflux. Diese Werte sind im Wesentlichen auf die Erhebung mit dem QLQ-C30 zurückzuführen. Dass eine Refluxkrankheit zu einer gesundheitsbezogenen Veränderung der Lebensqualität bei sonst gesunden Patienten führen kann, ist in der Literatur mehrfach belegt. Die meisten Studien beziehen sich jedoch auf eine gastroösophageale Refluxerkrankung, die von einem laryngopharyngealen Reflux unterschieden werden muss [4, 12, 23, 25, 27]. Dies gilt insbesondere, da typische Symptome wie Sodbrennen und Ösophagitis, die bei Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) krankheitsführend sind, bei hohen ösophagealen Refluxerkrankungen deutlich weniger auftreten. Bei der Betrachtung laryngektomierter Patienten mit Reflux kann jedoch davon ausgegangen werden, dass refluxinduzierte Symptome wie eine vermehrte Candidabesiedlung der Prothese mit erhöhten Wechselintervallen, Ausbildung einer periprothetischen Leckage oder eines Phonationsdefizits durch die Bildung von Granulationen, die in früheren Studien infolge eines hohen Refluxes identifiziert werden konnten, die Lebensqualität der betroffenen Patienten einschränken [2, 14, 21]. Außerdem besteht eine solide Datenbasis dahingehend, dass eine Therapie mit PPI bei Patienten mit supraösophagealem Reflux unabhängig vom Vorhandensein einer Ösophagitis die Lebensqualität verbessern kann [4, 12, 25, 27]. In der Literatur zeigen sich Hinweise, dass Patienten mit hohem ösophagealem Reflux sogar schlechtere Lebensqualitätswerte angeben als Patienten mit anderen chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck [4, 27]. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass laryngektomierte Patienten, die die Refluxereignisse wahrnehmen, eine größere Angst vor einem möglichen Rezidiv entwickeln. Die Ergebnisse unserer Studie lassen eine eindeutige Tendenz erkennen, dass Patienten mit supraösophagealem Reflux ihre Lebensqualität durchschnittlich geringer einschätzen als Patienten ohne Refluxsymptomatik. Eine Beeinflussung der Stimm- und Lebensqualität durch die zusätzlich Strahlentherapie ist nicht auszuschließen. Allerdings wurden 78% der Patienten postoperativ bestrahlt, und der Anteil der bestrahlten Patienten verteilte sich auf alle Refluxgruppen, sodass für diese auf die Refluxauswirkung fokussierte Studie der Einfluss der Strahlentherapie von nachgeordneter Bedeutung ist. Ausblick Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sowie die Datenlage in der Literatur zeigen deutliche Hinweise, dass die subjektive Stimmqualität und Lebensqualität bei Laryngektomierten multifaktoriell beeinflusst sind, und dass unter diesen Faktoren eine supraösophageale Refluxerkrankung maßgeblich beteiligt sein kann. Allerdings zeigt unsere Studie nur eine Tendenz auf, da die Populationsgröße in Hinblick auf das Gesamtkollektiv laryngektomierter Patient relativ klein ist. Mittels einer 24-h-pH-Metrie vor Laryngektomie könnten mögliche Risikopatienten aufgedeckt und einer prophylaktischen PPI- Therapie zugeführt werden. Langfristige multizentrische Studien müssen klären, ob eine derartige prophylaktische PPI- Therapie die Lebens- und Stimmqualität laryngektomierter Patienten dauerhaft verbessert. Fazit für die Praxis Die subjektive Einschätzung der Lebensqualität und der Stimmqualität bei mittels Stimmprothesen rehabilitierten laryngektomierten Patienten wird u. a. durch eine manifeste Refluxerkrankung beeinflusst. Daneben haben auch Probleme mit der Stimmprothese und der Stimmfistel sowie allgemeine tumorassoziierte Veränderungen Einfluss auf die Einschätzung der Lebensqualität. Die medikamentöse Behandlung der Refluxerkrankung kann zur Verbesserung der Lebensqualität und der Stimme in der Selbsteinschätzung der Patienten führen. Korrespondenzadresse Dr. K.J. Lorenz Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm kai.lorenz@extern.uni-ulm.de Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, Vortragshonorare von der Fa. Atos Medical GmbH Deutschland erhalten zu haben. Die Studie wurde aus einem Drittmittelprojekt der Fa. Atos Medical und dem Bundesministerium für Verteidigung finanziert. Literatur 1. Ackerstaff AH, Hilgers FJ, Aaronson NK, Balm AJ (1994) Communication functional disorders and lifestyle changes after total laryngectomy. Clin Otolaryngol Allied Sci 19:295 300 2. Boscolo-Rizzo P, Marchiori C, Gava A, Da Mosto MC (2008) The impact of radiotherapy and GERD on in situ lifetime of indwelling voice prostheses. Eur Arch Otorhinolaryngol 265:791 796 3. Carr MM, Schmidbauer JA, Majaess L, Smith RL (2000) Communication after laryngectomy: an assessment of quality of life. Otolaryngol Head Neck Surg 122:39 43 4. Carrau RL, Khidr A, Crawley JA et al (2004) The impact of laryngopharyngeal reflux on patient-reported quality of life. Laryngoscope 114:670 674 5. Choi EC, Hong WP, Kim CB et al (2003) Changes of esophageal motility after total laryngectomy. Otolaryngol Head Neck Surg 128:691 699

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