Phasenübergänge - Strukturbildung in der Natur. Prof. Dr. Clemens Laubschat TU Dresden

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Transkript:

Phasenübergänge - Strukturbildung in der Natur Prof. Dr. Clemens Laubschat TU Dresden

Phase: Durch Grenzflächen beschränkter homogener Bereich des materieerfüllten Raums mit charakteristischen Eigenschaften Aggregatzustände fest, flüssig, Gas nicht-mischbare Flüssigkeiten

Brownsche Molekularbewegung Fetttröpfchen in Wasser unter dem Mikroskop betrachtet Bewegung um so heftiger, je höher die Temperatur ist

Volumen V Temperatur T Gasphase: Teilchenzahl N 3 2 Druck p k BT = E kin Ludwig Boltzmann 1844-1906 Gasgleichung Idealer Gase: p = k B Boltzmann- Konstante alternativ: p = Nk V B T nrt V n Stoffmenge R Gaskonstante

Zustandsdiagramm: Ideales Gas: Isotherme: p = nrt V p T>T K T K T<T K V Reales Gas: van-der-waals-gleichung: Teilchen haben endliches Eigenvolumen: ( V nb) V Teilchen ziehen sich gegenseitig an und ändern damit den Druck: p + n p 2 V 2 a a

van-der-waals-zustandsdiagramm: unterhalb der kritischen Isotherme starker Druckantieg bei Kompression, Flüssigkeit oberhalb der grünen kritischen Isotherme keine kondensierte Phase thermische Energie größer als Kohäsion statt Oszillationen konstanter Druck bei Koexistenz von 2 Phasen, Gas und Flüssigkeit

p Gas T>T K (pt)-diagramm: Auftragung des Drucks in Abhängigkeit von der Temperatur flüssig fest Gas + Flüssigkeit flüssig T K T<T K V Linien beschreiben Übergänge zwischen den Phasen: Schmelzen, Verdampfen, Sublimieren auf den Linien Koexistenz zweier Phasen, darüber u. darunter jeweils nur eine Phase am Tripelpunkt Koexistenz aller drei Phasen gasförmig T krit T

p Sieden und Schmelzen: p krit p 0 Schmelzpunkt Siedepunkt eine Flüssigkeit siedet, wenn der Dampfdruck gleich dem Außendruck p 0 ist (Siedepunkt) ein Festkörper schmilzt, wenn bei p 0 die Schmelzkurve erreicht wird (Schmelzpunkt p p krit p 0 T Schmelz Schmelzpunkt Siedepunkt T Siede V T Änderung von p 0 verschiebt den Schmelz- und Siedepunkt (Drucktopf) normalerweise erhöht sich der Schmelzpunkt mit dem Druck bei Schmelzpunktanomalie (z. B. bei Wasser) nimmt er ab! T Schmelz T Siede T

Schmelzvorgang: Wasser: infolge Wasserstoffbrücken ringförmige offene Strukturen in fester Phase Zusammenbruch beim Schmelzen verursacht Volumenabnahme ( Schmelzanomalie ) Sauerstoff: dichte Packung der Moleküle in fester Phase Unordnung beim Schmelzen verursacht Volumenzunahme ( normales Verhalten )

p krit p 0 Warum bringt Salz Eis zum Schmelzen? p T Schmelz T Siede VT Dampfdruckerniedrigung durch nichtflüchtige Stoffe (Salz) p 0 Siedepunkt Schmelzpunkt Schmelzpunkt Siedepunkt T Schmelz T Siede VT senkt Schmelzpunkt und erhöht Siedepunkt!

Verdunstungskälte: Teilchen aus der kondensierten Phase (fest, flüssig) in den Gasraum zu bringen kostet i. Allgem. Arbeit die entsprechende Energie wird dem System entzogen, daher fällt die Temperatur p(bar) 73,8 Kohlensäureschnee: CO 2 ist in der Druckflasche flüssig 5,2 1,0 Sublim.- punkt 195 217 CO 2 304 T(K) V beim Öffnen des Hahns fällt der Druck, das System erreicht die Dampfdruckkurve weiterer Druckabfall führt zum Fallen der Temperatur bis zum Sublimationspunkt

Mischkristalle: häufig mischen sich zwei Stoffe in der Schmelze, bilden aber verschiedene Verbindungen in der festen Phase die höher schmelzende Phase fällt zuerst aus, dadurch ändert sich die Zusammensetzung der Schmelze

Viele Gesteine bestehen daher aus einer Mischung verschiedener Kristalle

Magnetische Phasenübergänge: Magnetismus atomares magnetisches Moment durch Bahnbewegung (Kreisstrom) und Rotation (Spin) der Elektronen ohne äußeres Magnetfeld zufällig ausgerichtet Paramagnetismus Magnetische Ordnung: sobald unterhalb einer kritischen Temperatur die Wechselwirkung zwischen den Momenten größer wird als die thermische Energie, richten sie sich zueinander aus parallel Ferromagnetismus

Magneto-Kraftmikroskopie: Beobachtung magn. Domänen Bereiche einheitlicher Magnetisierung

Granitplatte Ähnlichkeit zwischen magnetischen und kristallinen Strukturen! Schneekristall

Phasenübergang Isolator Metall: unter hohem Druck überlagern sich die äußeren Schalen der Atome Elektronen können sich fast frei im Festkörper bewegen Festkörper wird elektrisch leitfähig reflektiert Licht, metallischer Glanz

Phasenübergang Isolator Metall in Vanadiumdioxid 320 K 260 K 220 K S. Lupi et al., Nature Commun. 1, 105 (2010) metallisch isolierend mit abnehmender Temperatur zieht sich das Material zusammen Isolator-Metall-Übergang verursacht durch interne Druckzunahme (Beobachtet mit Photoelektronenmikroskop)

+ - - + - - + + Phasenübergang neutrales Gas Plasma: Gas aus positiven und negativen Ladungsträgern entsteht durch hochenergetische Stöße von Atomen dünne Plasmen leuchten infolge atomarer Anregung Blitze, Flammen, Gasentladungslampen dichte Plasmen verhindern Lichtausbreitung Sonne frühes Universum

10-43 s 10 32 K 10-34 s??? 10-5 s 10-10 s Plasma: Hadronen (Proton) und Leptonen (Elektron) Plasma: Quarks, Gluonen, Leptonen 10 27 K 10 15 K 10 10 K 3min 300.000 a 10 5 K Neutrale Atome, Universum durchsichtig Plasma: Ionen und Elektronen 6000 K 10 9 a 13 *10 9 a Sterne, Galaxien 18 K 3 K

Kosmische Hintergrundstrahlung 380.000 Jahre nach Urknall: Plasma neutrale Materie 3K-Hintergrundstrahlung zeigt Materieverteilung zu jener Zeit sehr homogen, doch mit Kondensationskeimen Galaxienhaufen Bildung? dark matter

Strukturbildung im Universum Milliarden von Einzelsternen bilden Galaxien Galaxien schließen sich zu Gruppen (~10) und Haufen (~1000) zusammen Haufen bilden Superhaufen (Millionen Einzelgalaxien)

Strukturbildung im Universum Beobachtung Simulation Superhaufen bilden filigrane Strukturen und umspannen riesige Leerräume Sichtbare Materie reicht nicht, um Ausbildung dieser Strukturen zu erklären Simulationen erfordern Annahme der fünffachen Menge an dark matter

Simulationsprogramme zum Thema: Dampfdruck und Phasengleichgewicht : http://www.phy.ntnu.edu.tw/ntnujava/htmltag.php?code=users.ntnu.fkh. evaporation_pkg.evaporationapplet.class&name=evaporation&muid=2 Ideales Gas und Gasgleichung: http://phet.colorado.edu/en/simulation/gas-properties Phasenumwandlungen: http://phet.colorado.edu/en/simulation/states-of-matter Weitere, interessante Simulationsprogramme aus den Bereichen Physik, Chemie, Biologie,... : http://phet.colorado.edu/en/simulations/category/physics Simulationsvideos: Gefrieren von Wasser: http://www.youtube.com/watch?v=gmjlxrmaftg&feature=related Schmelzen von Eis: http://www.youtube.com/watch?v=6s0b_keoiou

Ende