Ver ANTWORT ung bedeutet Antworten geben info@schmid-stiftung.org www.schmid-stiftung.org In diesem Text betrachten wir das Thema Verantwortung. Ein wichtiges Thema in allen Non- Profit-Organisationen, gerade in Zeiten der Unsicherheit, der Veränderung oder der Umstrukturierung. Wenn Sie diesen Text lesen, sind Sie vermutlich Mitglied einer Non- Profit-Organisation und interessieren sich dafür, wie diese Organisation weiterentwickelt werden kann. Mit Hilfe des vorliegenden Textes und den dazu gehörenden Übungen bekommen Sie einen ersten Einblick in unser Verständnis von Verantwortung und wie sie selber Verantwortung übernehmen können und wie Sie ein Verantwortungs-System in Ihrer Organisation aufbauen können. Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, haben Sie sich vielleicht den einen oder anderen der folgenden Gedanken zu Ihrer Organisation gemacht: Jemand, der aus meiner Perspektive für eine Aufgabe verantwortlich ist, nimmt diese Verantwortung nicht wahr. Jemand übernimmt Verantwortung für eine Aufgabe, die nach meinem Verständnis nicht in seinen Verantwortungsbereich gehört. Ich sehe ein wichtiges Thema, das aber von keinem angerührt wird. Ich sehe Potenzialfelder, die meiner Meinung nach entwickelt werden sollten aber niemand übernimmt die Verantwortung dafür. Vielleicht beobachten Sie auch eines der folgenden Phänomene bei sich oder anderen Organisations-Angehörigen: Sie fühlen ein Unbehagen bei sich oder bemerken dies an anderen. Organisationsmitglieder sind in einem Aktivitätsrausch, der sich jedoch nicht auf die Aufgaben bezieht, die Ihrer Meinung nach im Moment dringlich wären. Die Auseinandersetzung mit dem Unbehagen wird gemieden, weil vielleicht - Unklarheit über das dahinterliegende Thema herrscht - sich die Organisation in einem größeren Veränderungsprozess befindet - die Beteiligten die Harmonie bewahren wollen und Konflikte scheuen - Beteiligte ihre individuellen Vorteile wahren wollen oder aus anderen Gründen taktieren - eine Untersuchung des Themas Mängel und Fehler der Vergangenheit aufdecken würde All dies sind typische Dinge, die in gewissem Sinne normal sind und in vielen Organisationen zum Alltag gehören. Wenn Sie diesen Text bis hier hin gelesen haben, sind Sie mit der Situation in Ihrer Organisation vermutlich nicht vollkommen zufrieden und möchten selber
2 Verantwortung übernehmen. Das ist Ihnen sehr zu wünschen, denn die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen hilft sowohl Ihnen persönlich als auch Ihrer Organisation. Eine gute und einfache Übung, mit der Sie ein Gespür für das Thema Verantwortung auf persönlicher Ebene entwickeln können, finden Sie am Ende des Textes. So stärken Sie die Verantwortungskultur in Ihrer Organisation Wir erweitern nun die Perspektive und blicken darauf, was dazu gehört, eine Verantwortungskultur in Ihrer Non-Profit-Organisation aufzubauen. Je umfangreicher die Tätigkeiten Ihrer Organisation sind, desto häufiger ist es notwendig, Verantwortung situativ zu klären. Die hierzu nötigen Gespräche können Verantwortungsdialog genannt werden. Für die Klärung hat sich unser folgendes Verantwortungssystem bewährt: Nehmen wir an, Sie wollen das Thema Organisationsentwicklung in Ihrer Non-Profit- Organisation angehen und das bestehende Verantwortungssystem nachjustieren oder ein solches neu aufsetzen. Im Kern von Ver-Antwort-ung steht der Begriff Antwort. Verantwort-en heißt, dass Personen bezogen auf Ihre Funktion... antworten wollen: Das ist eine Frage der Werte-Orientierung. Wollen die Beteiligten die mit ihrer Rolle und Funktion verbundene Verantwortung übernehmen? Passt das zu ihrem Werteempfinden und ihrem Gestaltungsinteresse? antworten können: Dies bezieht sich auf die Qualifikation der Beteiligten, die sie dazu befähigt, Antworten auf bestimme Fragen zu geben. Sind sie beispielsweise im Bereich Organisationsentwicklung qualifiziert? Kann derjenige, der die Organisation weiterentwickeln will sein/ihr Wissen in dem spezifischen Kontext der Organisation anwenden? antworten dürfen: Hier stellt sich die Frage, ob die Beteiligten mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet sind, um die zu erwartenden Fragen zu beantworten. Wurden sie von
3 Ihrem Vorgesetzten, oder Ihrem Kontrollgremium formal zur Organisationsentwicklung autorisiert? Wurden sie mit den entsprechenden Befugnissen ausgestattet? Wer darf andere entsprechend anleiten? Und wurde den Beteiligten die für Ihre Arbeit benötigten Ressourcen zur Verfügung gestellt? antworten müssen: Dies betrifft die Frage nach der Zuständigkeit. Auf welche Fragen muss der Funktionsträger wem gegenüber Antworten geben? Bei welchen Mängeln wem gegenüber werden von wem Konsequenzen gezogen? Während antworten wollen und können mit der Person verbunden sind, beziehen sich antworten dürfen und müssen auf die Organisation. Die Funktion Organisationsentwicklung muss in den Kontext der gesamten Organisation eingebettet werden (Prozesse, Rollen, Verantwortungen) und angemessen mit Ressourcen ausgestattet werden. Darüber hinaus muss die Aufgabenerfüllung auch von der Organisation eingefordert werden (Führung). Es ist hilfreich, Verantwortung zu unterscheiden in Verantwortung für... : Z.B. eine Funktion oder Aufgaben und Leistungen. Jemand ist formal verantwortlich für etwas. Vernachlässigt die Person dies, muss sie auch mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen. Verantwortung bezogen auf... : Ein Zusammenwirken mit Kollegen, Kooperations-partnern und externen Interessengruppen im Sinne der Gesamtorganisation. Das eigene Tun muss zu dem der Anderen passen und integrierbar sein. Mit dem vierteiligen Verantwortungssystem und der Unterscheidung der Verantwortung in Verantwortung für... und Verantwortung bezogen auf... können Sie bereits viele der oben genannten Fragen für sich klären und mit Anderen in Ihrer Non-Profit-Organisation darüber sprechen. Wenn Sie einen Verantwortungsdialog aufsetzen möchten und sich dabei Unterstützung wünschen, helfen wir von der Schmid Stiftung Ihnen gerne dabei. Unsere erfahrenen ehrenamtlichen Dialogpartner helfen Ihnen, einen solchen Prozess lösungsorientiert und für alle Beteiligten wertschätzend zu gestalten.
4 ÜBUNG ZUR KLÄRUNG VON VERANTWORTLICHKEITEN Wer ist hier eigentlich verantwortlich? Mit dieser Übung können Sie das Verantwortungssystem in Ihrer Organisation reflektieren. Suchen Sie sich dazu einen Gesprächspartner, mit dem Sie vertrauensvoll sprechen können und der Sie in Ihrer Reflexion zu Ihrer Organisation unterstützt. Die Aufgabe ihres Partners besteht darin, Ihnen einfach zuzuhören und Sie respektvoll zu unterstützen, indem er Ihnen Fragen stellt, aktiv zuhört, Sie bei Bedarf darum bittet, Ihre Aussagen zu präzisieren und der die Zeit im Auge behält. Reflektieren Sie locker anhand der folgenden Fragen. Nehmen Sie sich für jede Frage ca. 5-7 min. Zeit. Wie ist die Situation in meinem Unternehmen? Fühle ich in mir Unbehagen? Wenn ja, wo fühle ich das? Und was vermute ich, wie das mit der Situation im Unternehmen zusammenhängt? Wer wirkt alles an der Situation mit? Wirken auch Leute mit, die meiner Meinung nach gar keine Verantwortung tragen? Wer trägt - bezogen auf meine Fragestellung - Verantwortung? Wer muss alles zusammen kommen, um die Verantwortung zu klären? Wer von denjenigen, die eigentlich Verantwortung tragen, hält sich bisher teilweise oder sogar ganz aus der Angelegenheit heraus? Wie ist meine Verantwortung bezogen auf das Thema? Bin ich von der Organisation mit der nötigen Verantwortung ausgestattet? D.h. bin ich dafür befugt und zuständig, zu diesem Thema etwas zu sagen? Bei wem der Verantwortlichen kann ich mein Anliegen gut platzieren? Und was kann ich dafür tun, dass mein Anliegen möglichst gut angenommen und versorgt wird? Wie gehe ich damit um, wenn sich nichts ändert? Wie kann ich dann gut mit der Situation leben? Welche Konsequenzen ziehe ich eventuell persönlich?
5 ÜBUNG ZUR ENTWICKLUNG DER EIGENEN VERANTWORTUNG Wenn ich ihn / sie nun mal nicht mag... Die folgende Übung ist etwas für Sie, wenn Sie sich mit ihrem persönlichen Anteil an Verantwortungsthemen auseinandersetzen möchten. Es ist eine durchaus anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe, die Ihnen einen großen Mehrwert bieten kann. Besonders fruchtbar wird eine solche Übung, wenn Sie sich dabei von einem Sparringspartner unterstützen lassen. 5 min. Wählen Sie eine Person aus Ihrem persönlichen (professionellen) Umfeld, mit der Sie Schwierigkeiten haben. Differenzieren Sie nun. Was konkret gefällt Ihnen nicht? (Frage 1) 25 min. Nehmen Sie nun die weiteren Perspektiven (Fragen 2 10) ein und versuchen Sie, so ehrlich wie möglich die Fragen zu beantworten. Ihr Gesprächspartner kann Sie dabei einfühlsam und respektvoll unterstützen (z.b. durch Fragen, Präzisierungen, aktives Zuhören...). Ihr Partner kann auch auf die Zeit achten. Wenn Sie etwa 3 min. pro Frage reflektieren, schaffen Sie die Übung in einer halben Stunde. Differenzierung: Was konkret gefällt mir nicht? Relativierung: Welche positiven Eigenschaften hat dieser Mensch? Aktivitäten: Was habe ich bisher getan, um das Verhältnis zu verbessern? Eigener Anteil: Was habe ich dazu beigetragen, dass es so ist wie es ist? Intention: Will der Andere mich wirklich verletzen? Eigenes Selbstwertgefühl: Bin ich (zur Zeit) besonders empfindlich? Projektion: Was hat er, was ich mir nicht gestatte? Sind wir uns besonders ähnlich? Übertragung: Erinnert er mich an Situationen oder andere Menschen aus meinem Leben, die mir nicht gutgetan haben? Perspektivenwechsel: Wie würde ich mich aus seiner Perspektive sehen? Lernfeld: Was kann ich aus der Situation lernen? Autor: Alexander von Bullion Quelle: isb / Schmid Stiftung - OE im Dialog Literatur: Schmid, B., Messmer, A. (2009). Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. EHP-Verlag. Bergisch Gladbach.