DNotI. Gutachten-Abruf-Dienst. Gutachten des Deutschen Notarinstituts Abruf-Nr.: 127809 letzte Aktualisierung: 25. November 2013



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Transkript:

DNotI Deutsches Notarinstitut Gutachten-Abruf-Dienst Gutachten des Deutschen Notarinstituts Abruf-Nr.: 127809 letzte Aktualisierung: 25. November 2013 EGBGB Art. 26 Großbritannien: Beurkundung eines Erbvertrags mit einem britischen Ehemann; Auswirkungen der Europäischen Erbrechtsverordnung; Umzug nach England I. Sachverhalt Es geht um die Beurkundung eines Erbvertrags. Die Vertragsparteien sind Eheleute. Der Ehemann ist britischer Staatsangehöriger, die Ehefrau ist Deutsche. Die Eheleute leben derzeit in Lüneburg. Das Vermögen (sowohl bewegliches als auch unbewegliches) ist sowohl in Deutschland als auch in England belegen. Die Eheleute wollen nun einen Erbvertrag abschließen, mit dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben und ihre beiden Kinder zu Schlusserben einsetzen. Nach Eintritt des Ehemannes in die Rente im Jahre 2018 ist geplant, nach England zu übersiedeln. II. Frage Nach welchem Recht richtet sich die Erbfolge? III. Zur Rechtslage 1. Erbstatut nach der aktuellen Rechtslage Das auf die Erbfolge anwendbare Recht wird gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB an die Staatsangehörigkeit des Erblassers angeknüpft. Dabei kommt es für die Wirksamkeit und Bindungswirkung eines Erbvertrags gem. Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB auf die Umstände an, wie sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrags darstellen. Auf Seiten der deutschen Ehefrau gelangt mithin ihr deutsches Erbrecht zur Anwendung. Dieses lässt den Abschluss des Erbvertrags im vorliegenden Fall zu. Auf Seiten des britischen Ehemannes verweist Art. 25 Abs. 1 EGBGB wegen der Staatsangehörigkeit auf das britische Recht. Da Großbritannien aus mehreren Teilrechtsordnungen besteht, ist gem. Art. 4 Abs. 3 EGBGB zunächst die einschlägige Teilrechtsordnung festzustellen. Dies ist mangels einer einheitlichen interlokalen Kollisionsrechtsordnung i. S. von Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB in Großbritannien gem. Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB das Recht des Staates, mit dem der Erblasser am engsten verbunden ist. Regelmäßig ist dies die Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon (0931) 35576-0 Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/2013/127809-fax.doc

Seite 2 Region, in der der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (vgl. Palandt/Thorn, 72. Aufl. 2013, Art. 4 EGBGB Rn. 14). Im vorliegenden Fall ist nicht mitgeteilt worden, zu welchem Landesteil er seine engsten Verbindungen hat. Aufgrund der Angabe im Sachverhalt, dass die Eheleute über Vermögen nicht nur in Deutschland, sondern auch in England verfügen und dass sie beabsichtigen, nach Eintritt des Ehemannes in den Ruhestand nach England zurückzukehren, vermuten wir allerdings, dass der Ehemann seine engsten Verbindungen zum Landesteil England und Wales hat. Im Übrigen kann dies jedoch regelmäßig dahingestellt bleiben, weil nämlich zumindest auf dem Gebiet des internationalen Kollisionsrechts die Anknüpfung des Erbstatuts in England und Wale, wie auch in den Landesteilen Schottland sowie Nordirland nach weitgehend übereinstimmenden Regeln erfolgt. Diese Verweisung auf das englische Recht erfasst gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB auch das englische Internationale Privatrecht. Insbesondere wäre eine Rückverweisung des englischen Kollisionsrechts auf das deutsche Recht zu beachten und dann unmittelbar das deutsche materielle Recht anzuwenden. Nach ungeschriebenen Regeln wird in England die Erbfolge des beweglichen und des unbeweglichen Nachlasses gesondert angeknüpft. So unterliegt die Rechtsnachfolge in den unbeweglichen Nachlass dem Recht des Lageortes (lex rei sitae; Staudinger/Dörner, Neubearb. 2007, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 281). Daher wäre für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen kraft Rückverweisung durch das englische bzw. schottische etc. Kollisionsrecht das deutsche Recht Erbstatut (Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Für das in England belegene Grundstücksvermögen wäre das englische Erbrecht anzuwenden. Für die Erbfolge des beweglichen Nachlasses verweist das englische Recht auf das Recht am letzten domicile des Erblassers (Staudinger/Dörner, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 281). Ein domicile im Sinne des englischen Rechts bezeichnet die Verbindung mit einem bestimmten Rechtsgebiet. Dieses wird zunächst durch Geburt begründet und ist bei ehelichen Kindern das domicile des Vaters (domicile of origin). Jede Person verfügt über ein eigenes domicile. Sie kann das domicile auch verlegen (domicile of choice). Erforderlich dafür ist die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in einem anderen Rechtsgebiet mit der Absicht, dort auf Dauer zu bleiben (animus manendi et non revertendi). Eine derartige Absicht liegt z. B. nicht vor, solange die Person plant, später einmal das Land wieder zu verlassen (Odersky, Die Abwicklung deutsch-englischer Erbfälle, 2001, S. 58 ff.). Insoweit ergeben sich aus dem mitgeteilten Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, wo sich das domicile des Ehemannes aktuell befinden könnte. Aus den Angaben, dass er die britische Staatsangehörigkeit besitzt, in England nicht nur unwesentliches Vermögen vorhanden ist und beabsichtigt, später mit seiner Ehefrau nach England zu übersiedeln, lässt sich vermuten, dass er ursprünglich aus England stammt und offenbar dort auch ein domicile of origin erworben hat. Ob dieses in der Zwischenzeit durch ein domicile of choice in Deutschland überlagert worden ist, ist unklar. Hierfür könnte sprechen, dass er in Deutschland eine Familie begründet hat und hier dauerhaft lebt etc. Diese Umstände müssten allerdings im vorliegenden Fall noch einmal genauer festgestellt werden. Die Absicht, später nach England zurückzukehren, deutet freilich darauf hin, dass er in seinem Herzen ein domicile in England beibehalten hat. Insoweit scheint es mithin nicht ausgeschlossen, dass auch für das bewegliche Vermögen englisches Recht zur Anwendung gelangt. Für die Testamentsgestaltung freilich spielt das domicile des Erblassers ohnehin nur eine untergeordnete Rolle: Der Anwendungsbereich des auf die Erbfolge (succession) anwendbaren Rechts wird nämlich wesentlich durch das Statut der administration eingeschränkt. Die administration betrifft z. B. die Frage, ob der Nachlass unmittelbar im Wege der Universal-

Seite 3 sukzession auf Erben übergeht oder aber, wie im englischen Recht, auf einen sog. personal representative, der die Nachlasswerte sammelt, Schulden tilgt und die Aktiva an die Letztbegünstigten (beneficiaries) auskehrt. Die administration unterliegt nicht dem Erbstatut, sondern der jeweiligen lex fori, d. h. dem Recht des Staates, der die Einsetzung des personal representative (also des testamentarisch benannten executor bzw. im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge eines vom Gericht nach Vorgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausgewählten administrator). Effektiv führt dies dazu, dass für diese Fragen das jeweilige Belegenheitsrecht gilt (ausführlich dazu Dörner, in: Staudinger, Neubearb. 2007, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 286). Bei einem über England und Deutschland verteilten Nachlass kann mithin der Erblasser ohnehin ausschließlich bezüglich des in Deutschland belegenen (beweglichen und unbeweglichen) Vermögens eine Erbeinsetzung vornehmen. Bezüglich des in England belegenen (beweglichen und unbeweglichen) Vermögens hingegen muss er einen executor, ggf. auch einen Ersatz-executor, einsetzen und kann allenfalls im Wege von Vermächtnissen oder trust-anordnungen verfügen. Das Gleiche gilt übrigens ebenfalls für die deutsche Ehefrau, da auch im Rahmen der Erbfolge nach ihrem Tod die englischen Nachlassgerichte von der vorrangigen Anwendung der lex fori auf die administration ausgehen werden. Aus deutscher Sicht dürfte sich insoweit dann ein vorrangiges Einzelstatut i. S. v. Art. 3a Abs. 2 EGBGB ergeben. Hilfreich könnte im vorliegenden Fall sein, in den Erbvertrag Angaben zu den Umständen aufzunehmen, die für die Bestimmung des domicile von Bedeutung sein könnten (Anlass und Dauer des Aufenthalts in Deutschland, fortbestehende finanzielle, persönliche und verwandtschaftliche Beziehungen nach England, Belegenheit von Vermögen, zukünftige Pläne für die Lebensgestaltung etc.). 2. Möglichkeit vertragsmäßiger Verfügungen nach englischem Recht Das englische Recht kennt Verfügungen von Todes wegen ausschließlich in Form testamentarischer Verfügungen. Der Erbvertrag ist dem englischen Recht nicht bekannt. Zwar gibt es die Möglichkeit, dass mehrere Personen hierbei muss es sich nicht unbedingt um Eheleute handeln im Rahmen eines einheitlichen Dokuments testieren. Bedenken sie sich in diesem Dokument gegenseitig, so spricht man von einem joint and mutual will. Nach englischem Recht hat allerdings die gemeinschaftliche Errichtung auch dann, wenn gegenseitige Verfügungen getroffen werden, keinerlei Bindungswirkung zur Folge. Auch der Abschluss eines sog. Testiervertrages (contract to make a will) führt nicht zur Bindungswirkung der Verfügung, sondern allenfalls zu einem Vertragsverstoß mit Schadensersatzpflicht etc. (vgl. dazu NomosKommBGB/Odersky, 3. Aufl. 2005, Länderbericht Großbritannien, Rn. 47). Soweit mithin im vorliegenden Fall auf Seiten des englischen Staatsangehörigen für das in England belegene Grundvermögen und mangels Begründung eines domicile in Deutschland bzw. aufgrund späterer Aufgabe des domicile of choice in Deutschland und Wiederaufleben des domicile of origin in England das bewegliche Vermögen englisches Recht auf die Wirksamkeit der Verfügung anwendbar sein sollte, so wäre die vertragsmäßig getroffene Verfügung allenfalls als testamentarische Verfügung wirksam. Eine Bindungswirkung würde nicht eintreten, vielmehr wäre ein Widerruf auch ohne Mitteilung gegenüber dem anderen Erbvertragspartner möglich. Auch nach dem Tode des anderen Erbvertragspartners würde keine Bindungswirkung eintreten.

Seite 4 Da das englische Recht erbvertragsmäßige Verfügungen nicht kennt, wäre darüber hinaus daran zu denken, in den Erbvertrag hilfsweise eine Vereinbarung aufzunehmen, wonach die Verfügungen, die mit vertragsmäßiger Bindung getroffen worden sind, für den Fall, dass eine vertragsmäßige Verfügung nicht möglich ist, als testamentarische Verfügungen gelten sollen. 3. Auf die Formwirksamkeit der Verfügungen anwendbares Recht Das auf die Testamentsform anwendbare Recht bestimmt aus deutscher Sicht wie auch aus der Sicht des Vereinigten Königreichs das Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5.10.1961 (BGBl 1995 II, S. 1145), dessen Bestimmungen in Art. 26 EGBGB inkorporiert worden sind. Dieses Abkommen ist am 1.1.1966 auch für das Vereinigte Königreich in Kraft getreten (BGBl 1966 II, S. 11). Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a dieses Übereinkommens (= Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) ist eine letztwillige Verfügung hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn sie dem innerstaatlichen Recht des Ortes entspricht, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat. Dies gilt gem. Art. 4 des Übereinkommens auch für letztwillige Verfügungen, die zwei oder mehrere Personen in derselben Urkunde errichtet haben, so dass ein gemeinschaftliches Testament, das in Deutschland den Formvorschriften des deutschen Ortsrechts entsprechend notariell beurkundet worden ist, aus deutscher wie auch aus englischer/schottischer Sicht formwirksam wäre. Für Erbverträge gilt das Abkommen nicht. Art. 26 Abs. 4 EGBGB ordnet aber aus deutscher Sicht die entsprechende Geltung für Erbverträge an. Auch für die vertragliche Vereinbarung, das Testament nicht zu widerrufen, greift das Abkommen nicht, da es sich um keine Verfügung von Todes wegen handelt. Nach englischem Recht genügt aber für den Abschluss eines solchen Vertrages bereits die Schriftform, die jedenfalls durch notarielle Beurkundung gewahrt würde. 4. Rechtsänderungen mit dem Anwendungsstichtag der Europäischen Erbrechtsverordnung Die bereits am 4.7.2012 verabschiedete Europäische Erbrechtsverordnung (vgl. dazu DNotI- Report 15/2012) wird erstmalig auf am 17.8.2015 eingetretene Erbfälle Anwendung finden (Art. 83 Abs. 1 EU-ErbVO). In diesem Fall wird dann auch die Wirksamkeit von vor dem Anwendungsstichtag errichteten Verfügungen von Todes wegen rückwirkend nach der Europäischen Erbrechtsverordnung beurteilt werden (Art. 83 Abs. 3 EU-ErbVO). Ein heute beurkundeter Erbvertrag wäre mithin nach dem gem. Art. 25 EU-ErbVO bestimmten Recht zu beurteilen. Es gilt also das Recht des Staates, in dem die Vertragsparteien, deren Nachlass von den Verfügungen betroffen ist, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrags ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Der gewöhnliche Aufenthalt ist dabei erbrechtsspezifisch zu bestimmen. Insbesondere soll bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und in seinem Zeitpunkt seines Todes vorgenommen werden, wobei die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts, die damit zusammenhängenden Umstände und die Gründe zu beachten sein sollen. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt soll eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen (Erwägungsgrund 23 zur Europäischen Erbrechtsverordnung). Insoweit dürfte sich allerdings selbst dann, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass der Ehemann kein domicile of choice in Deutschland begründet hat, dennoch ergeben können,

Seite 5 dass sie aktuell zumindest einen gewöhnlichen Aufenthalt auch nach den strengeren Maßstäben der Europäischen Erbrechtsverordnung in Deutschland begründet haben. Die Wirksamkeit und die Bindungswirkung des Erbvertrages wäre mithin in diesem Fall unmittelbar nach den Regeln des deutschen Rechts zu beurteilen. Auf eine Rückverweisung des englischen Rechts käme es auf Seiten des Ehemannes dann nicht mehr an. Das Gleiche würde gem. Art. 21 EU-ErbVO für die Erbfolge gelten. Ein vorrangiges Einzelstatut für das in England belegene bewegliche und unbewegliche Vermögen würde aus deutscher Sicht nicht mehr gem. Art. 3a Abs. 2 EGBGB berücksichtigt werden können. Auch Art. 30 EU- ErbVO lässt ein kollisionsrechtlich begründetes Einzelstatut unberücksichtigt und bezieht sich ausschließlich auf Sachnormen mit besonderer Zielsetzung. Das Vereinigte Königreich hat zur Europäischen Erbrechtsverordnung kein opt-in erklärt. Das bedeutet, dass aus englischer Sicht weiterhin von den bisherigen traditionellen common law-regeln auszugehen ist. Insoweit würden also die administration des gesamten Nachlasses, und in Bezug auf die in England belegenen Immobilien auch die der succession zuzuordnenden Fragen weiterhin nach englischem Recht zu beurteilen sein. An der Anwendbarkeit der Europäischen Erbrechtsverordnung aus deutscher Sicht ändert dies freilich nichts, da die Verweisungen gem. Art. 20 EU-ErbVO als loi universelle ausgestaltet sind, die Verordnung mithin auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedsstaaten bzw. solchen Mitgliedsstaaten der EU gilt, die kein opt-in erklärt haben. Die Anwendbarkeit des Haager Testamentsformübereinkommens vom 5.10.1961 auf die Form einseitiger und gemeinschaftlicher Testamente bleibt gem. Art. 75 Abs. 1 EU-ErbVO auch nach dem Anwendungsstichtag unberührt. Für die Formwirksamkeit anderer schriftlicher Verfügungen von Todes wegen (das erfasst dann gem. Art. 3 Abs. 1 lit. d EU-ErbVO auch den Erbvertrag) werden in Art. 27 Abs. 1 lit. a e die Kollisionsnormen des Haager Testamentsformübereinkommens für entsprechend anwendbar erklärt. 5. Rechtsänderungen nach einem Umzug nach England Sobald die Eheleute ihren langfristigen Lebensmittelpunkt und damit auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. Art. 21 EU-ErbVO im Jahre 2018 von Deutschland nach England verlegen, wird das auf die Erbfolge anwendbare Recht gem. Art. 21 EU-ErbVO nach dem neu begründeten gewöhnlichen Aufenthalt in England bestimmt werden. In diesem Fall ist gem. Art. 36 Abs. 1 EU-ErbVO, da in Großbritannien ein einheitliches Rechtssystem nicht existiert, gem. Art. 36 Abs. 1 EU-ErbVO vorrangig ein einheitliches interlokales Kollisionsrecht in Großbritannien anzuwenden. Mangels eines solchen (s.o.) gilt gem. Art. 36 Abs. 2 lit. a EU-ErbVO die Bezugnahme aufgrund einer Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers als Bezugnahme auf das Recht der Gebietseinheit, in der der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dementsprechend wäre hier also dann unmittelbar das englische Recht anzuwenden. Diese Verweisung erfasst gem. Art. 34 Abs. 1 EU-ErbVO auch das englische Internationale Privatrecht. Insbesondere wäre die Rückverweisung auf das Recht eines Mitgliedsstaats zu beachten. Sollte mithin im Fall des Todes noch Immobilienvermögen in Deutschland vorhanden sein, würde insoweit eine Rückverweisung des englischen auf das deutsche Recht eintreten und auf diesen Nachlassteil deutsches materielles Erbrecht anzuwenden sein. Im Übrigen würde es allerdings zur Geltung englischen materiellen Erbrechts kommen. Etwas anderes gilt allenfalls auf Seiten der deutschen Ehefrau, sollte diese gem. Art. 22 EU-ErbVO das deutsche Recht gewählt haben. Diese Rechtswahl wäre freilich aus englischer Sicht un-

Seite 6 beachtlich. Deutsches Recht bliebe auch auf Seiten der Ehefrau anwendbar, solange sie in England kein domicile of choice begründet hat. Für die Wirksamkeit des Erbvertrags würde es aufgrund der unwandelbaren Anknüpfung an die Umstände bei Erbvertragserrichtung gem. Art. 25 Abs. 2 EU-ErbVO auch nach dem Umzug nach England aus deutscher Sicht bei der Geltung des deutschen Erbrechts bleiben. Die Verfügung bliebe also bindend, auch wenn das englische Erbrecht eine erbrechtliche Bindungswirkung negiert. Aus englischer Sicht freilich wäre das nach den Umständen zum Zeitpunkt des Erbfalls zu bestimmende Erbrecht auch auf die Bindungswirkung und die Wirksamkeit des Erbvertrags anwendbar.