1 Innere Rotation von Alkanen

Ähnliche Dokumente
1 Innere Rotation von Alkanen

1 Translationszustandssumme

Einführung in die Physikalische Chemie Teil 1: Mikrostruktur der Materie

Ferienkurs Quantenmechanik I WKB-Näherung und Störungstheorie

Klausur-Musterlösungen

1 Halbwertszeit einer allgemeinen Reaktion m-ter Ordnung

Hier der Rest der Bearbeitungen zu den Übungsbeispielen. Viel Erfolg beim Test!

Übungen zur Vorlesung Physikalische Chemie 2 (B. Sc.) Lösungsvorschlag zu Blatt 12

1) Brillouin-Streuung zur Ermittlung der Schallgeschwindigkeit

Übungen zu Moderne Theoretischen Physik III SS Maxwell-Boltzmann-Gas: großkanonisches Ensemble (5+5+5=15 Punkte, schriftlich)

Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem

Lösungen 10 (Kinetik)

E 3. Ergänzungen zu Kapitel 3

Moderne Theoretische Physik III (Theorie F Statistische Mechanik) SS 17

Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS Lösung 7. Musterlösung zum Übungsblatt 7 vom

Verseifungsgeschwindigkeit eines Esters

Theorie der Wärme Musterlösung 11.

Die Rotationsterme werden im Folgenden wegen der geringen Auflösung des Gerätes nicht weiter betrachtet. Für kleine Schwingungsamplituden gilt näherun

Übungen zu Moderne Theoretischen Physik III SS Curie-Paramagnetismus ( =30 Punkte, schriftlich)

1 Berechnung einer Geschwindigkeitskonstanten mit der Theorie des Übergangszustandes

Moderne Theoretische Physik III (Theorie F Statistische Mechanik) SS 17

Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences. 20. April 2016 HSD. Energiespeicher Wärme

23. DIFFERENTIALRECHNUNG VON FUNKTIONEN VON MEHREREN VARIABLEN

Statistische Thermodynamik I Lösungen zur Serie 11

Mathematik verstehen 7 Lösungsblatt Aufgabe 6.67

5 Anwendung der Dichtefunktionaltheorie

Brownsche Bewegung Seminar - Weiche Materie

X.4 Elektromagnetische Wellen im Vakuum

Erreichte Punktzahlen: Die Bearbeitungszeit beträgt 3 Stunden.

Universität Ulm Grundpraktikum Physikalische Chemie Versuch Nr. 24 Temperaturabhängigkeit von Gleichgewichts- und Geschwindigkeitskonstanten

1 Molekularität vs. Reaktionsordnung

Einführung in die Schwingungsspektroskopie

Ferienkurs Quantenmechanik

Lösung 11. Allgemeine Chemie I Herbstsemester d[a] t. = k (1) Trennung der Variablen und Integration in den Randbedingungen führt auf: [A]

WKB-Methode. Jan Kirschbaum

Einführung in die Physikalische Chemie Teil 2: Makroskopische Phänomene und Thermodynamik

5. Boltzmann - Statistik

Klausur zur T1 (Klassische Mechanik)

Ferienkurs Experimentalphysik Übung 2 - Musterlösung

Erreichte Punktzahlen: Die Bearbeitungszeit beträgt 3 Stunden.

Moderne Theoretische Physik III (Theorie F Statistische Mechanik) SS 17

Klausur Bachelorstudiengang CBI / LSE. Physikalische Chemie

1 Michaelis-Menten-Kinetik

endotherme Reaktionen

Einführung in die numerische Mathematik

PC-Übung Nr.1 vom

PC II Kinetik M. Quack HS 2008

Praktikum Physikalische Chemie I 30. Januar Aktivierungsenergie. Guido Petri Anastasiya Knoch PC111/112, Gruppe 11

Dynamik von Molekülen. Rotationen und Schwingungen von Molekülen

Musterlösung 01/09/2014

1 Massenwirkungsgesetz

1 Lambert-Beersches Gesetz

Übungen zu Theoretische Physik IV

Übungen zu gewöhnlichen Differentialgleichungen Lösungen zu Übung 23

Gewöhnliche Differentialgleichungen am Beispiel des harmonischen Oszillators

T1: Wärmekapazität eines Kalorimeters

Klausur Mathematik I

15. April Energiespeicher Wärme

Übungen zu Einführung in die Numerische Mathematik (V2E2) Sommersemester 2016

Übungen zur Theoretischen Physik F SS Ideales Boltzmann-Gas: ( =25 Punkte, schriftlich)

z n z m e 2 WW-Kern-Kern H = H k + H e + H ek

Vorkurs Mathematik für Ingenieur Innen WS 2017/2018 Übung 4

Probeklausur zu Physikalische Chemie II für Lehramt

Lösung der harmonischen Oszillator-Gleichung

Ferienkurs Theoretische Mechanik 2009 Hamilton Formalismus und gekoppelte Systeme

Übungsblatt 6 ( ) mit Lösungen

ÜBUNGSBLATT 11 LÖSUNGEN MAT121/MAT131 ANALYSIS II FRÜHJAHRSSEMESTER 2011 PROF. DR. CAMILLO DE LELLIS

Klausur Bachelorstudiengang / Diplomstudiengang, Prüfung Modul Physikalische Chemie und Thermodynamik. Teil 1: Physikalische Chemie

Lösungen zu Übungsblatt 1

Kapitel 10. Potentiale Elektronen im Potentialtopf

Ferienkurs Experimentalphysik 4

I.1.3 b. (I.7a) I.1 Grundbegriffe der Newton schen Mechanik 9

Moderne Theoretische Physik II. V: Prof. Dr. D. Zeppenfeld, Ü: Dr. M. Rauch. Klausur 2 Lösung. 04. April 2017, 11:00-13:00 Uhr

(x, x + y 2, x y 2 + z 3. = e x sin y. sin y. Nach dem Umkehrsatz besitzt f dann genau auf der Menge

Übungsblatt 6 ( ) mit Lösungen

Wahrscheinlichkeit & Statistik Musterlösung Serie 7

Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences. 26. April 2017 HSD. Energiespeicher Wärme

13.5 Photonen und Phononen

1-D photonische Kristalle

Lösung zu den Testaufgaben zur Mathematik für Chemiker II (Analysis)

Seminar für Fragen der Festkörpertheorie. P.N. Racec

Übung 6. Allgemeine Chemie I Herbstsemester O(l) H 3. (g), (4) G 0 R = ( 32.89) kj/mol ( ) kj/mol (5) G 0 R = 101.

Theoretische Physik 25. Juli 2013 Thermodynamik und statistische Physik (T4) Prof. Dr. U. Schollwöck Sommersemester 2013

PC-Übung Nr.3 vom

Kapitel 4. Die Grundlagen der Kinetik

Grundlagen der Kinetik

Musterlösung Übung 5

Schriftliche Leistungsüberprüfung PC/CBI

5.4.2 Was man wissen muss

2.4 Stoßprozesse. entweder nicht interessiert o- der keine Möglichkeit hat, sie zu untersuchen oder zu beeinflussen.

1 Relaxationskinetik der Neutralisationsreaktion in Wasser

4.6.1 Übergangswahrscheinlichkeit für ein Teilchen in einem Potentialtopf

Theoretische Physik 4 - Blatt 1

Physikalische Chemie IV Statistische Thermodynamik, SS2013

Aufgabe1 EStrich ist Lennard Jones Potential mit Exponentialfunktion

konvergent falls Sei eine allgemeine ("gutmütige") Funktion. Frage: kann man sie in der Nähe des Punktes darstellen mittels einer Potenzreihe in

Höhere Mathematik III für die Fachrichtung Elektrotechnik und Informationstechnik

Theoretische Physik II Quantenmechanik

Outline. 1 Anwendungen. 2 Trennung der Variablen. 3 Variation der Konstanten. 4 Differentialgleichungssysteme

Transkript:

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 1 Innere Rotation von Alkanen a Unter Verwendung der Energieniveaus des harmonischen Oszillators schreibt sich die Zustandssumme Q = g n e εn/kbt = = e ω/2k BT = a x n e ωn+ 1 2 /k BT e ωn/kbt = e ω/2k BT e ω/k n BT 1 mit a = e ω/2k BT und x = e ω/k BT. Diese geometrische Reihe lässt sich umformulieren zu Q = a 1 x = e ω/2kbt 1 e ω/k BT = e ε/kbt 1 e ω/k BT. 2 Dabei ist ε = ω/2 die Nullpunktsenergie n =. Die obige Reihe konvergiert nur für x < 1, was bei ε/ > immer erfüllt ist. b Das Potential als Funktion des Diederwinkels ist in Abbildung 1 gezeigt. Die dreifache Symmetrie der Potentialkurve hat zur Folge, dass jeweils drei Konformere pro Energieniveau existieren. Abbildung 1: Potentialverlauf für die innere Rotation in Ethan mit harmonischer Näherung im Potentialminimum und den daraus berechneten 4 niedrigsten Energieniveaus der Torsionsschwingung. 1

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 c Die Wellenzahl ν = 28 cm 1 entspricht einer Energie von E = hc νn A = 3.35 kj mol 1. Dieser Wert entspricht im harmonischen Oszillator genau dem Abstand zwischen zwei benachbarten Schwingungsniveaus. Die Nullpunktsenergie beträgt somit E = 1 2 hc νn A = 1.68 kj mol 1. Die Energieniveaus sind in Abbildung 1 gezeigt. Die Zustandssumme für einen harmonischen Oszillator d. h. eines der drei Konformere unter Berücksichtigung des Ergebnisses aus Aufgabenteil a ist wie folgt: Q = e E / 1 e hc νn A/ =.6715 3 Für alle 3 Oszillatoren errechnet man somit einen Wert von = 3Q = 2.14. Wie man in Abbildung 1 erkennen kann, befindet sich bereits das Schwingungsniveau mit n = 3 oberhalb der Potentialbarriere. Damit können alle Ethanmoleküle, die sich bei Raumtemperatur auf einem Schwingungsniveau mit n 3 befinden, die innere Rotation ungehindert durchführen. d Die Besetzungswahrscheinlichkeit des niedrigsten Schwingungsniveaus n = bei T = 293 K berechnet sich mit Gleichung 2 der Aufgabenstellung. Die Entartung g ist 3, da es drei energiegleiche Konformere gibt. p = 1 3 exp E = 1Q exp E =.7472 = 74.7 % 4 Um den Anteil der Moleküle zu bestimmen, die bei Raumtemperatur genügend Energie haben, um die Rotationsbarriere zu überwinden, muss man die Besetzungen aller Niveaus mit n 3 bestimmen. Die Wahrscheinlichkeit p n 3 für die Besetzung der Energieniveaus mit genügend Energie im klassischen Bild zur freien inneren Rotation lässt sich aus der Besetzungswahrscheinlichkeit der ersten 3 Energieniveaus berechnen, da p n = 1 gilt. Somit errechnet sich p n 3 wie folgt: p n 3 = 1 p + p 1 + p 2 = 1 1 Q [ exp E + exp E 1 + exp E ] 2, 5 mit E = ω/2 = 1.68 kj mol 1, E 1 = 3 ω/2 = 5.3 kj mol 1 und E 2 = 5 ω/2 = 8.38 kj mol 1 ergibt sich für die Besetzungswahrscheinlichkeit der Zustände mit n 3 p n 3 = 1.7472 +.1889 +.477 =.162 = 1.6%. 6 Folglich können 1.6% der Ethanmoleküle bei Raumtemperatur die Rotation um die C C-Achse ungehindert ausführen. Bemerkung: Im Ethanmolekül führt die endlich hohe Potentialbarriere zu einer Tunnelaufspaltung sodass g 3 und nur in der harmonischen Näherung gilt g = 3. 2

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 e Der Potentialverlauf als Funktion des Diederwinkels für n-butan ist in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: Potentialverlauf bei der die innere Rotation von n-butan als Funktion des Diederwinkels ϕ aufgetragen ist. f Die Zustandssummen für die beiden Isomere sind verschieden, da einerseits die Energieminima unterschiedliche Werte aufweisen und andererseits die Zustandsdichten verschieden sind. In diesem Fall jedoch sollen die Schwingungsfrequenzen der beiden Isomere als identisch ν = 11 cm 1 genähert werden. Damit besitzen beide Isomere dieselbe Zustandsdichte, lediglich das Potentialminimum ist beim gauche-konformer um 3.8 kj mol 1 höher als beim anti-konformer. Die Zustandssummen der Konformere sind: Q gauche = Q anti = g gauche,n e εmin,gauche+ ωn+1/2 g anti,n e εmin,anti+ ωn+1/2 = 2e ε min,gauche = e ε min,anti e ωn+1/2 e ωn+1/2 7 3

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 Wie in der Aufgabenstellung erwähnt gilt für die Konformationen E min,gauche = ε min,gauche N A = 3.8 kj mol 1 und E min,anti = ε min,anti N A = kj mol 1. Der Entartungsfaktor 2 der gauche-konformation berücksichtigt die Existenz der beiden energiegleichen gauche-konformere. Somit ergibt sich für die Gleichgewichtskonstante und somit auch das Teilchenzahlverhältnis N gauche N anti = K c = Q gauche Q anti = 2e ε min,gauche ε min,anti = 2e E min,gauche. 8 Für T = 293 K ergibt sich damit eine Gleichgewichtskonstante von K c =.42. Für den zweiten Teil der Aufgabe ist die Temperatur gesucht, bei welcher die Teilchenzahlen beider Konformere gleich ist. In diesem Fall ist das Teilchenzahlverhältnis und somit auch die Gleichgewichtskonstante 1. Nach Umformung von Gleichung 8 finden wir den folgenden Ausdruck T = E min,gauche R ln2 9 Nach Einsetzen der Werte erhält man so einen Wert von T = 659 K. g Um von der gauche- in die anti-konformation übergehen zu können, muss ein n-butanmolekül die Potentialbarriere von 1.8 kj mol 1 überwinden. Zunächst wird das erste Schwingungsniveau oberhalb dieser Potentialbarriere gesucht. Mit ν gauche = 11 cm 1, ω gauche N A = 1.21 kj mol 1 und E = ω gauche N A /2 =.65 kj mol 1 findet sich, dass alle Schwingungsniveau der gauche-konformation mit n 9 oberhalb der Potentialbarriere liegen. Für den Rückweg, von der anti- in die gauche-konformation, benötigt ein n-butanmolekül eine Energie von 14.6 kj mol 1. Mit ν anti = 12 cm 1, ω anti N A = 1.22 kj mol 1 und E = ω anti N A /2 =.61 kj mol 1 folgt analog, dass alle Schwingungsniveaus mit n 12 über der Barriere liegen. Analog zu Gleichung 2 berechnen sich die Zustandssummen der beiden Konformere wie folgt: Q gauche = Q anti = 2 exp 1 exp exp 1 exp E min,gauche+e ω gauchen A E min,anti+e ω antin A =.8376 = 1.976 1 Als Nächstes definiert man den Anteil der Moleküle, die bei Raumtemperatur vom gauche- ins anti-konformer isomerisieren können, als p gauche,n 9, und den Anteil, welcher vom anti- ins gauche-konformer isomerisieren kann, als p anti,n 12. Für die Berechnung 4

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 dieser beiden Grössen wird zusätzlich die gesamte Zustandssumme des Systems benötigt. Diese kann berechnet werden als: = Q gauche + Q anti. 11 Somit ergibt sich für p gauche,n 9 und p anti,n 12 : 8 p gauche,n 9 = 1 p gauche,n p anti,n 8 = 1 1 = 1 1 2 exp g gauche,n exp }{{} = Q anti =.38 = 3.8% 11 p anti,n 12 = 1 p anti,n p gauche,n = 1 1 11 = 1 1 11 =.19 = 1.9% E min,gauche + ω gauche n + 1/2 Q anti E 8 min,gauche exp ω gauchen + 1/2 Q anti k B T }{{} = Q gauche g anti,n exp E min,anti + ω anti n + 1/2 exp ω antin + 1/2 Q gauche Q gauche Wie für ein chemisches Gleichgewicht erwartet vgl. Entartung im Gleichgewichtssystem, erfüllen die beiden Grössen p gauche,n 9 und p anti,n 12 die Beziehung: 12 p gauche,n 9 p anti,n 12 = g gauche g anti = 2. 13 2 Die Arrheniusparameter aus der Eyringschen Gleichungen a 1. Eyringsche Gleichung für unimolekulare Reaktionen vgl. Skript, Gl. 4.97: k uni T = k BT h q q exp E. 14 5

Physikalische Chemie II Lösung 1 25. November 216 Mit erhält man E A T = R dln k uni d 1/T = 2 dln k uni T dt E A T = 2 1 T + d ln q dt 15 d ln q dt + E 2. 16 Die Ableitungen sind unter der Randbedingung konstanten Volumens auszuführen, so dass die partielle Ableitung nach T einfach der gewöhnlichen Ableitung entspricht. Mit der in der Aufgabenstellung angegebenen Beziehung lässt sich Gl. 16 als U = 2 ln q T E A T = + N A U U + E schreiben. Für den Arrhenius-Vorfaktor AT gilt: V,n i 17 18 AT = k uni T exp [E A T / ] = k BT q h q exp E kb T + U U + E exp = k BT q h q exp kb T + U U. 19 b 1. Eyringsche Gleichung für bimolekulare Reaktionen: Als Nächstes werden die Arrhenius-Parameter für die 1. Eyringsche Gleichung für bimolekulare Reaktionen Gl. 4.99 im Skript bestimmt. Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante lautet in diesem Fall: k bi T = k BT h q exp E. 2 q A q B Analog zum in a besprochenen Lösungsweg ergibt sich: E A T = 2 1 T Hierbei wurde erneut die Beziehung + d ln q d T d ln q B d T = + N A U U A U B + E. U = 2 ln q T V,n i d ln q A d T + E 2 21 verwendet. Auch bei der Berechnung von AT wird wie in a vorgegangen. Es ergibt sich für den Arrhenius-Parameter AT AT = k BT q kb T + U U A U B exp. 22 h q A q B 6