Aspekte der Vertragsgestaltung bei Geschäften in Zusammenhang mit Russland. Ostinstitut Wismar Übersicht 1.2



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Transkript:

Aspekte der Vertragsgestaltung bei Geschäften in Zusammenhang mit Russland Ostinstitut Wismar Übersicht 1.2

Inhaltsübersicht Einleitung Teil 1: Theoretischen Grundlagen zum russischen Recht und Überblick zum russischen Zivilrecht Teil 2: zur konkreten Vertragsgestaltung Teil 3: Sonderthemen Gesellschaftsrecht Vertragsgestaltung am Beispiel Lizenz

Einleitung (1) Katastrophales Bild in Deutschland über die Rechtslage in Russland: Russlands Polizei beherrscht das Land Milizen schmieren, erpressen, foltern, töten, deformieren die ganze Gesellschaft (FAZ, 25 Juli 2009), Im Angesicht des Verbrechens, Kriminalität in Russland (FAZ am Sonntag, 28.11.2010) Thema diese Veranstaltung ist eigentlich die Vertragsgestaltung und nicht die Schreckensmeldungen der Medien über Chodorkowski und Politkovskaja Es wäre jedoch falsch, dieses mediale Bild zu ignorieren und so zu tun, als könne Vertragsgestaltung, die auch der Rechtssicherheit, bedarf isoliert betrachtet werden

Einleitung (2) Daher Versuch der unvoreingenommenen Betrachtung des russischen Rechts auf der Grundlage des Zivilrechts und praktischer Erfahrungen der Wirtschaft; Anmerkungen zu den folgenden Folien: Es sollen wesentliche Aspekte der Vertragsgestaltung beschrieben werden; Die Folien sind als eine Art Leitfaden in Form von Karteikarten als Anhaltspunkte und theoretische Grundlage für zukünftige Verträge mit russischen Partner zu verstehen es ist zu berücksichtigen, dass es im konkreten Fall in der Regel noch einer Konsultation bedarf

Teil 1: Überblick zum russischen Zivil- und Vertragsrecht (1) Grundsätze der Vertragsgestaltung weitgehend im russischen Zivilgesetzbuch (weiterhin: ZGB) geregelt Zivilgesetzbuch sehr jung: in einzelnen Teilen von 1994 bis 2008 in Kraft gesetzt; daher Rechtsprechung bislang nicht sonderlich gut entwickelt Zivilgesetzbuch bzw. Zivilrecht ist keinen Rechtskreis direkt zuzuordnen; allerdings enthält es in wesentlichen Teilen Ähnlichkeiten und gar Übereinstimmungen zum deutschen Recht; insbesondere die Art der Gliederung der Kapitel in einen allgemeinen Teil und besonderen Teil kommt dem deutschen Rechts sehr nahe, so dass es für einen deutschen Juristen leicht verständlich ist;

Teil 1: Überblick zum russischen Zivil- und Vertragsrecht (2) Allerdings existieren auch Einflüsse des niederländischen Zivilrechts und vor allem auch des in der Sowjetunion geltenden Zivilrechts; Viele Vorschriften des russischen Zivilgesetzbuches entspringen noch auch einer sozialistischen Grundvorstellung (so z.b. der Energiekauf oder der Kauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse) Insgesamt ist das ZGB ein Gemischen aus westliche geprägten Strukturen und russischen Eigenheiten Die regulative Ausgestaltung bisweilen besser als im deutschen Zivilrecht; das ZGB ist sehr lehrbuchhaft aufgebaut

Teil 1: Überblick zum russischen Zivil- und Vertragsrecht (3): Struktur des ZGB Vertragsrecht vor allem im russischen ZGB geregelt; grobe Struktur des ZGB: Allgemeiner Teil, Art. 1 bis 453 ZGB Allgemeines Vertragsrecht und Vertragsschluss Gesellschaftsrecht Sachenrecht Besonderes Schuldrecht, Art. 454 bis 1109 ZGB Enthält die verschiedenen Vertragsarten (Kauf, Miete, Werkvertrag etc.) Deliktsrecht und Bereicherungsrecht Erbrecht und Internationales Privatrecht, Art. 1110 bis 1224 ZGB Bestimmung des anwendbaren Rechts Gewerblicher Rechtsschutz, Art. 1225 bis 1551 ZGB

Teil 1: Regelungen des Vertragsschlusses nach russ. Recht (1) grundsätzliche Regelungen im Allgemeinen Teil des ZGB, Art. 420 ff. ZGB (Übersetzungen im Internet in Englisch und Deutsch gut auffindbar) wesentliches Prinzip ist wie im deutschen Recht die Vertragsfreiheit ebenfalls: Wie im deutschen Recht kommt der Vertrag zustande durch Angebot und Annahme; Mindestvoraussetzungen (siehe Art. 423 ff. ZGB) Vertragspartner Gegenstand des Vertrages Preis Vertrag kann konkludent geschlossen werden, also durch schlüssiges Verhalten; grundsätzlich also keine Schriftform erforderlich

Teil 1: Regelungen des Vertragsschlusses nach russ. Recht (2) Wichtig: Rechtsgeschäfte mit ausländischer Beteiligung sind im Gegensatz zum deutschen Recht auf jeden Fall schriftlich abzuschließen (Art. 162 ZGB) bei vielen Vertragsarten nicht nur die Schriftform, sondern auch notarielle Form sowie eine Registrierung bei der zuständigen Behörde notwendig, Beispiele: Gründung einer Gesellschaft Lizenzvertrag Besonderheit des russischen Zivilrechts: Starker Kontrahierungszwang bzw. Verbraucherschutz: Die Pflicht zur Eingehung eines Vertrages ist im russischen Recht stärker ausgeprägt, als im deutschen Recht, siehe z.b. Art. 445 ZGB Insgesamt starker Verbraucherschutz, der nicht nur Ansprüche gegenüber dem Verkäufer, sondern auch gegenüber dem Hersteller einräumt

Teil 1: Vertretung bei Vertragsschluss; Apostille Wie im deutschen Recht unterscheidet das russische bei der Vertretungsmacht zwischen gesetzlicher Vertretungsmacht (z.b. aufgrund der Position als Geschäftsführer) und der Vollmacht (durch Erteilung der Vollmacht) Sonderproblem: Erteilung einer Vollmacht vom Ausland aus: bei vielen Verträgen und Rechtshandlungen ist in Russland eine Vollmacht nachzuweisen; diese kann auch im Ausland erteilt werden nach folgenden Schritten: 1. Schritt: der Bevollmächtigende stellt vor einem deutschen Notar eine Vollmacht aus; der Notar beurkundet diese Vollmacht 2. Schritt: die notariell beurkundete Vollmacht wird von der zuständigen Stelle des Landgerichts mit einer Apostille versehen: die bedeutet, dass von offizieller Seite (hier dem Landgericht) bestätigt wird, dass der beurkundende Notar auf befähigt war, die Beurkundung vorzunehmen 3. Schritt: Versendung der Original-Vollmacht nach Russland und Übersetzung der Vollmacht; die Übersetzung muss wiederum von einem staatlich zugelassenen Übersetzer durchgeführt und beurkundet werden.

Teil 1: Vorstufen zum Vertrag In der Regel wird bei internationalen Geschäften nicht sofort ein Vertrag geschlossen, vielmehr nähern sich die Parteien dem Vertrag an: 1. Stufe: Memorandum of Understanding; Letter of intent: reine Absichtserklärungen, dass die Parteien einen Vertrag mit einem bestimmten Inhalt schließen wollen; keine Bindungswirkung (auch nicht nach russischem Recht), soweit erkennbar ist, dass es sich lediglich um eine Absichtserklärung handelt 2. Stufe Vorvertrag: bereits vollständiger Rohentwurf des Vertrages nach Vertragsverhandlungen: zumeist fehlt es lediglich an einer Vertragsbedingung (z.b. Preis); soweit diese genannt wird besteht Bindungswirkung 3. Hauptvertrag

Teil 1: Beispiel: Kaufvertrag bzw. Liefervertrag Im den Art. 454 ZGB ist der Kaufvertrag geregelt Es existieren 8 verschiedene Kaufvertragstypen, die teilweise noch sozialistischen Traditionen entspringen Beispiele: Energiekaufvertrag; Kaufvertrag über landwirtschaftliche Erzeugnisse Relevante Vorschriften jedoch: Allgemeine Vorschriften zum Kauf, Art. 454 bis 491 Liefervertrag (= Handelskauf), Art. 506 Immobilienkauf, Art. 549 ff. Unternehmenskauf, Art. 559 ff. Vertragsschluss ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften: Angebot und Annahmen (bei Verträgen mit ausländischen Unternehmen: schriftlich) Anspruch auf Übertragung der Kaufsache und Zahlung des Preises

Teil 1: Gewährleistung und Schlechterfüllung Grundsätzliche Regelungen entsprechen auch hier dem deutschem Recht: im Kaufrecht vor allem die Gewährleistung geregelt Gewährleistungsrecht (Art. 475 ff.) ermöglicht ähnliche Ansprüche bei Fehlerhaftigkeit der Kaufsache, wie im deutschen Recht: Nachbesserung bzw. Austausch der mangelhaften Ware, Minderung, Schadensersatz Bei sonstigen Leistungsstörungen (z.b. Verzug, Nebenpflichtverletzungen) kann vor allem die Generalklausel des Art. 393 ZGB eingesetzt werden, wonach bei der ein Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung des Vertrages Schadensersatz verlangt werden kann

Teil 1: Anmerkungen zu Gerichten in Russland In Russland zu unterscheiden zwischen ordentlichen Gerichten (Beteiligung natürlicher Personen) und Arbitragegerichten (bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen) Ordentliche Gerichten: Rechtsschutz schwieriger: Richter häufig unerfahren und beeinflussbar bei den Arbitragegerichten: Richter souveräner; grundsätzlich auch Tendenz, bei Berufungssachen die Entscheidungen der Patentstreitkammer des Rospatent zu bestätigen; aber Richter aufgrund ihrer Erfahrung in Wirtschaftssachen auch abweichender Meinung Ergebnis: insgesamt wäre es unseriös, Probleme der Gerichtsbarkeit im Zusammenhang mit gewerblichen Rechtsschutz zu verneinen; die Entscheidungspraxis ist jedoch deutlich besser, als der in westlichen Medien kolportierte Ruf

Teil 2: konkrete Vertragsgestaltung Zur Vertragsgestaltung bei Verträgen (insbesondere mit russischen Geschäftspartnern) sollte man in folgenden Schritten vorgehen: 1. Vorüberlegungen zum Inhalt des Vertrages und zum Willen der Vertragsparteien 2. Qualifikation, anwendbares Recht sowie Überlegungen zur Vollstreckbarkeit 3. Zusammenstellung der Vertragsregelungen 4. Rohentwurf

Teil 2: 1. Schritt: Vorüberlegungen, Informationsgewinnung Feststellung des Gegenstandes des Vertrages: Folglich muss geklärt werden, für welche Chemikalien das Gebäude errichtet werden soll Genauer Vertragspartner: dies ist teilweise bei Holding-Strukturen nicht ganz banal: Beispiel: Vertrag mit Herrn Ivanov selber, seiner Holding GmbH Ivanov Holding OOO oder seiner Tochtergesellschaft Invanov OOO Preis und Zahlungsbedingungen Gegenstand: bei umfangreichen Vertragsgegenständen sollten diese nicht direkt in der Vertrag aufgenommen, sondern in einer Anlage geregelt werden (Beispiel: Vertragsgegenstand ist umfangreiches Know-How, dass sich in einem separaten 100-seitigen Handbuch befindet: Parteien schließen Vertrag über Know-How gemäß Anlage 1 ) Geschäftspass Bei Verträgen über 5.000 Euro muss ein Geschäftspass eingerichtet werden, damit der russische Abnehmer auch seine Verpflichtungen überweisen kann. Zoll und Steuern; Lieferung Welche Partei soll für Zoll und Steuern aufkommen? Wie soll die Lieferung bzw. die Vertragsabwicklung ablaufen?

Teil 2: 2. Schritt (1): anwendbares Recht, Vollstreckbarkeit Im Vorfeld der Vertragsgestaltung muss geklärt werden, um welche Vertragsart es sich eigentlich handelt, damit man die richtigen rechtlichen Vorschriften anwenden kann; Hierzu ist aber auch die Identifikation des anwendbaren Rechts erforderlich: Bestimmung des anwendbaren Rechts Bestimmung des Gerichtsstandes und der Möglichkeiten der Vollstreckung auf der Grundlage des zu entwickelnden Vertrages Zu beachten: Grundsätzlich ist das Recht, dass für einen Vertrag zwischen einer deutschen und einer russischen Firma gelten soll, frei bestimmbar und sollte auch im Vertrag festgelegt werden; ferner müssen in solchen Konstellationen die zwingenden Normen des russischen Rechts beachtet werden Wichtig jedoch: der Vertrag muss in Russland vollstreckbar sein

Teil 2: 2. Schritt (2): Ermittlung des anwendbaren Rechts Grundsätzlich sollte das anwendbare Recht im Vertrag bestimmt werden, bevor man die anderen Fragen des Vertrages diskutiert; Kriterien: Soll der Vertrag in Russland vollstreckt werden und soll ein russisches staatliches Gericht im Zweifel entscheiden, sollte russisches Recht gewählt werden Prinzipiell ist auch die Wahl deutschen Rechts möglich, jedoch weniger praktikabel, da ein russischer Richter deutsches Recht anwenden müsste Soll ein Schiedsgericht an einer IHK (z.b. Moskau, Stockholm, Köln) über die Sache entscheiden, kann auch deutsches Recht gewählt werden Soweit kein Recht von den Parteien für den Vertrag gewählt wird, so findet in der Regel das Recht der Vertragspartei Anwendung, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt (z.b. beim Kauf der Verkäufer, beim Lizenzvertrag der Lizenzgeber, beim Dienstvertrag der Dienstleister etc.)

Teil 2: 2. Schritt (3): Problem der zwingenden Vorschriften Zwingende Vorschriften: sind solche, die sich trotz Wahl einer bestimmten Rechtsordnung durchsetzen. Es handelt sich vor allem um Vorschriften des jeweiligen Sachrechts, die bestimmte gesellschaftliche oder soziale Schutzfunktionen einnehmen; dies ist durch Auslegung zu ermitteln, vgl. Art. 9 Rom-Verordnung (Nachfolger-Vorschrift des EGBGB) Konsequenz: trotz Wahl deutschen Rechts ist es möglich, dass sich zwingende Vorschriften des russischen Rechts bei der Umsetzung des Vertrages gegen diesen durchsetzen Beispiel: Lizenzvertrag: Parteien vereinbaren deutsches Rechts, nach welchem ein Lizenzvertrag nicht registriert werden muss; die zwingende Vorschrift des russischen Rechts, welche eine Registrierung vorsieht, setzt sich hier jedoch trotz der Wahl deutschen Rechts durch, dass der Vertrag nicht beim russischen Patent- und Markenamt

Teil 2: 2. Schritt (4): Bestimmung des Gerichtsstandes und Vollstreckung Bestimmung des Gerichtsstandes ist entscheidend dafür, ob der Vertrag überhaupt seine Funktion erfüllen kann: Beispiel: deutscher Lieferant und russisches Unternehmen schließen Vertrag über die Lieferung von Waren; als streitentscheidendes Gericht wird das Landgericht München vereinbart: Problem: selbst wenn das LG München im Streitfall zugunsten des Lieferanten entscheiden sollte, ist dieses Urteil aufgrund fehlenden Vollstreckungsübereinkommens in Russland nicht vollstreckbar Daher nur zwei Möglichkeiten: Vereinbarung eines russischen staatlichen Gerichts für Streitfälle (in der Regel: so genannte Arbitragegerichte) Vereinbarung eines Schiedsgerichts an einer Industrie- und Handelskammer, dessen Urteile in Russland aufgrund des so genannten New Yorker-Übereinkommens vollstreckbar sind

Teil 2: 3. Schritt (1): Zusammenstellung der Vertragsregelungen Nach den Vorüberlegungen und der Zusammenstellung des anwendbaren Rechts, muss der Vertrag zusammengestellt werden Grundlage: Wille der Parteien und Abgleich des Willens an den Normen des gewählten Rechts Beispiel: Verkauf eines Robotorarmes nach Russland; der Roboterarm soll bis zum 30. Oktober 2010 geliefert wird, Ferner soll der Kaufpreis gesichert (eventuell durch Eigentumsvorbehalt) und Installationsarbeiten vorgenommen werden.

Teil 2: 3. Schritt (2): Zusammenstellung der Vertragsregelungen Wille der Parteien Erwerb eines Roboterarmes; Bezahlung desselben Lieferung bis zum 30. Oktober: Überlegung Fixgeschäft Normen des anwendbaren Rechts Als anwendbares Recht: russisches Recht gewählt, also: Art. 454 ff. ZGB und Art. 506 (Handelskauf) Resultat für die Vertragsgestaltung Essentialia negotii: Gegenstand genau umschreiben; nach Klärung der Ausstattungsmerkmale gegebenenfalls Anlage mit diesen Merkmalen erstellen Vertragspartner: Vertretungsverhältnisse genau klären und Partner bestimmen Preis: Verhandlung des Endpreises; gegebenenfalls Vertrag als Vorvertrag gestalten Art. 521 Festschreibung der Lieferung auf den 30. Oktober; Vereinbarung einer Vertragsstrafe

Teil 2: 3. Schritt (3): Zusammenstellung der Vertragsregelungen Wille der Parteien Eigentumsverschaffung an dem Roboterarm unter Eigentumsvorbehalt Normen des anwendbaren Rechts Grundsätzlich nach Art. 491 ZGB vorgesehen Resultat für die Vertragsgestaltung Möglichkeit der Einführung eines Eigentumsvorbehaltes gem. 491 ZGB Problematisch jedoch, ob sich der EV in der Praxis durchsetzen lässt; daher besser Akkreditiv oder Vorauszahlung vereinbaren Beratung und Installation als Nebenleistung Keine ausdrückliche Regelung im Gesetz Genaue Beschreibung der Beratungs- und Installationspflichten; gegebenenfalls auch anhand eines Handbuches in der Anlage

Teil 2: 3. Schritt (4): Zusammenstellung der Vertragsregelungen; Beispiel Leistungsstörungen mögliche Störfällle und Risiken Robotorarm wird nicht geliefert Robotorarm ist fehlerhaft Käufer zahlt nicht Normen des anwendbaren Rechts bzw. gesetzliche Regelungen Ursprünglicher Anspruch nach Art. 454 und 506 bleibt bestehen Ansprüche nach Art. 523, 521 (Vertragsstrafe) und Art. 475 auf Nachlieferung, Minderung, Schadensersatz Anspruch nach Art. 454 und 506 bleibt bestehen Resultat für die Vertragsgestaltung Keine zusätzliche Regelung erforderlich; Prinzipiell Regelungen ausreichend; eventuell Vertragsstrafe Keine zusätzliche Regelung erforderlich Käufer zahlt verspätet Anspruch nach Art. 393 (nicht gehörige Erfüllung) Keine zusätzliche Regelung, es sei den Vertragsstrafe

Teil 3: Sonderthemen, Gesellschaftsrecht Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion: Repräsentanzen nach Art. 55 ZGB waren das probate Mittel zur Investition in Russland; allerdings können diese nur repräsentieren und keine eigenen Verträge schließen Daher hat sich in den letzten 10 Jahren die OOO (also GmbH) durchgesetzt Bislang 10.000 Rubel Stammkapital: wird ab Sommer 2011 auf 500.000 Rubel erhöht Geeignete Rechtsform für Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in Russland Zumeist wird der Vertrieb über die OOO in Russland abgewickelt: d.h. die OOO importiert von der deutschen Mutterfirma die Waren Problem: Satzung der OOO muss so ausgestaltet sein, dass diese sich nicht verselbstständigt, sich also nicht von der Muttergesellschafts vollständig löst

Teil 3: Sonderthemen, typische Vertriebskonstellation Muttergesellschaft z.b. in Deutschland (Verkäufer, Lizenzgeber) Vertrieb der Waren über OOO; Nutzung einer Marke soll ermöglicht werden Tochtergesellschaft in Russland: soll Produkte vertreiben und Know-How und Marken nutzen Distributor 1 Distributor 3 Distributor 2

Teil 3: Sonderthemen, Lizenzvertrag (1) Gegenstand des Lizenzvertrages: alle möglichen gewerblichen Schutzrechte: Patent Geschmackmuster Gebrauchsmuster Marke Know-how, Goodwill Urheberrechte und Software Wichtig in der Praxis: zu lizenzierende Schutzrechte müssen überhaupt in Russland wirken (z.b. durch Registrierung); genaue Prüfung bei nicht registrierten Schutzrechten Schutzrechte müssen genau bezeichnet sein: soweit keine Registriernummer besteht, sollten diese zumindest in einer Anlage zum Vertrag genau beschrieben sein

Teil 3: Sonderthemen, Lizenzvertrag (2) Im Gegensatz zum deutschen Recht jeder Lizenzvertrag gemäß Artikel 1232 Pkt. 2 ZGB beim russischen Patent- und Markenamt zu registrieren: Lizenzverträge für alle Rechte, die selber der Registrierungspflicht unterliegen (also vor allem Patente, Gebrauchs- sowie Geschmacksmuster und Marken) sind registrierungspflichtig: Bei Unterlizenzierung der Marke wird ein Sublizenzvertrag nicht registriert, bevor der Hauptvertrag registriert wird, auch dann, wenn der Hauptlizenzvertrag zwischen ausländischen Unternehmen abgeschlossen ist und damit keine Verbindung zu Russland aufweist Achtung: dies gilt auch, wenn der Lizenzgeber sich im Ausland befindet (typisches Beispiel: Lizenzverträge zwischen Mutter- und Tochterfirma)

Teil 3: Sonderthemen, Lizenzvertrag (4) Lizenzvertrag oder Unterlizenzvertrag; häufig sind die ausländischen Firmen nicht selber Inhaber des Schutzrechts: Überprüfung des Vertrages zwischen Rechtsinhaber und Lizenznehmer erforderlich Frage, ob eine ausschließliche oder eine einfache Lizenz gewährt werden soll: Ausschließliche Lizenz: ausschließlich der Lizenznehmer hat das Recht, die Lizenz zu nutzen Einfache Lizenz: der Lizenzgeber kann auch an Dritte das Nutzungsrecht vergeben Laufzeit des Lizenzvertrages: grundsätzlich ist die Laufzeit durch die Wirkungsdauer des zu lizenzierenden Schutzrechtes beschränkt; entsprechende Festlegung im Lizenzvertrag allerdings zu empfehlen Wichtig: Beschreibung des Umfanges des Nutzungsrechts (wo und wie genau darf das Schutzrecht genutzt werden)

Teil 3: Sonderthemen, Lizenzvertrag (3) Problem: der beste Lizenzvertrag ist nutzlos, wenn er nicht vollstreckt werden kann; insofern Regelung im Lizenzvertrag erforderlich Anwendbares Recht: Grundsätzlich möglich, für einen in Russland geltenden Lizenzvertrag deutsches Recht für anwendbar zu erklären; jedoch russisches Rechts im Hinblick auf Lizenzverträge besser ausgestaltet. Internationale Vollstreckbarkeit: zwischen Russland und Deutschland kein Vollstreckungsübereinkommen, d.h. Ansprüche aus dem Vertrag, die in Deutschland geltend bemacht werden, nicht vollstreckbar; Lösungsmöglichkeit bei russischen Lizenznehmern: Schiedsgericht oder staatliches Arbitragegericht