Die Duration von Standard-Anleihen - Berechnungsverfahren und Einflussgrößen -
Gliederung Einleitendes Herleitung einer Berechnungsvorschrift Berechnungsvorschriften für Standardfälle Einflussgrößen und deren Wirkung Übungsaufgaben Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 2
Einleitendes Zur Erinnerung: Die Duration ist eine Sensitivitätskennzahl, welche die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer einer Geldanlage in einem festverzinslichen Wertpapier bezeichnet. Genauer genommen und allgemein formuliert ist die Duration der gewichtete Mittelwert der Zeitpunkte, zu denen der Anleger Zahlungen aus einem Wertpapier erhält. (Quelle: Wikipedia) Ziel dieses Vortrages ist es zunächst eine allgemeingültige Berechnungsvorschrift der Macaulay- Duration herzuleiten, im Anschluss auf die Standardfälle anzuwenden, und abschließend anhand von Veränderungen der einzelnen relevanten Parameter Aussagen über deren Wirkung auf die Duration abzuleiten. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 3
Herleitung einer Berechnungsvorschrift Um eine Übersichtlichkeit zu gewährleisten, müssen folgende Vorraussetzungen gegeben sein: Auf- und Abzinsungen erfolgen mit dem diskreten Jahreszins. Grundlage sind endfällige Kupon-Anleihen, wobei die erste Kuponzahlung (Z) ein Jahr nach dem Erwerb (t=0) beginnt. Die Restlaufzeit der Anleihe beträgt n Jahre. Am Ende der Restlaufzeit (t=n) wird die Anleihe zum Rücknahmekurs C n (meist zu pari, d.h. zu 100%) vollständig getilgt. Es wird ausschließlich die Macaulay-Duration betrachtet. Des Weiteren wird eine flache Zinskurve unterstellt, die sich bei Zinsänderung parallel verschiebt. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 4
Herleitung einer Berechnungsvorschrift (2) Ausgangslage ist die Macaulay-Duration wenn t 1 =1, t 2 =2,,t n =n sowie Z 1 =Z 2 = =Z n (wobei Z n =Z + C n ) können wir auch schreiben: *n Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 5
Herleitung einer Berechnungsvorschrift (3) Im Nenner steht als Kurs-Funktion C o (i) der Anleihen-Barwert (mit q=1+i) Im Zähler steht ohne Berücksichtigung des Rücknahmekurses der Summenterm, welcher eine arithmetisch veränderliche Rente darstellt und mit folgendem Endwert beschrieben werden kann: Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 6
Herleitung einer Berechnungsvorschrift (4) Addiert man nun noch den auf t=0 abgezinsten, gewichten Rücknahmekurs (n*c n ) ergibt sich nach Division durch C 0 (und gekürzten q -n ) und nach ein paar Umformungen schließlich die Macaulay-Duration (D): Durch weitere Umformungen (mit etwas mehr Aufwand) kann die Formel noch vereinfacht werden zu: Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 7
Herleitung einer Berechnungsvorschrift (5) Unterstellt man nun einen Rücknahmekurs zu pari und eine dezimale Schreibweise für den Kurs und den Kupon, kann die Formel auch verkürzt wie folgt dargestellt werden: Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 8
Berechnungsvorschriften für Standardfälle I. Zerobond (Z=0) Die Duration eines Zerobonds ist identisch mit ihrer (Rest-) Laufzeit. => Es besteht somit kein Zusammenhang mit der Höhe des Zinsniveaus oder der Rückzahlung. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 9
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (2) II. Annunitätische Bonds: C n = 0 Die Tilgung erfolgt (analog zum Annuitätenkredit) über die Annuitäten, so dass kein Rücknahmekurs gezahlt wird. Die Duration der annuitätischen Anleihe hängt also nur von der Höhe des Marktzinsniveaus und der Restlaufzeit ab. => Eine Abhängigkeit von der Höhe des Kupons besteht daher nicht. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 10
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (3) III. Verhalten der Duration für lange Anleihe-Laufzeiten: n Wenn die Laufzeit n - in unserer folgenden bekannten Formel - gegen unendlich läuft, so strebt der zweite Bruch gegen Null, aufgrund der Dominanz des exponentiellen Wachstums im Nenner gegenüber dem linearen im Zähler. Das hat zur Folge, dass sich die Berechnungsvorschrift - für die Duration von ewigen Anleihen - reduziert auf: Daher ist lediglich das Marktzinsniveau relevant. => Folglich unabhängig von Kuponhöhe oder Rücknahmekurs. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 11
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (4) IV. Verhalten der Duration für sinkendes Marktzinsniveau: i 0 (bzw. q 1) Die Darstellung der Macaulay-Duration in der vereinfachten Schreibweise ist für die Grenzwertbildung des Markzinsniveaus ungeeignet, so dass wir auf die Darstellung vor den durchgeführten Umformungen zurückgreifen. Der im Zähler stehende Bruch lässt sich auch als Summe 1+q+q 2 + + q n-1 schreiben und somit erhalten wir: Für i 0 bzw. q 1 erhalten wir den unbestimmten Ausdruck 0/0, so dass die Regel von (de) L Hôspital zur Anwendung kommt. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 12
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (5) Exkurs: Mit der Regel von (de) L Hôspital lassen sich Grenzwerte von Funktionen, die sich als Quotient zweier gegen 0 konvergierender oder bestimmt divergierender Funktionen schreiben lassen, mithilfe der ersten Ableitung dieser Funktionen berechnen. Differenzieren wir nun Zähler und Nenner getrennt nach q, so erhalten wir Für die im Zähler stehende Summe gilt: 1+2+ +n = [n * (n+1)] / 2 Bei beliebig sinken Marktzinsniveau gilt schließlich: Hinweis: für annuitätische Anleihen (C n =0) reduziert sich die Formel auf: 0,5 * (n+1) Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 13
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (6) V. Duration bei pari-notierten Anleihen Von pari-notierten Anleihen spricht man, wenn die Kuponhöhe (Z) und der Marktzinssatz (i) im Planungszeitpunkt übereinstimmen. Im Folgenden wird die dezimale Darstellung für Zins- und Kurswerte verwendet und eine Rücknahme zu pari (d.h. C n =1) unterstellt. Somit erhalten wir dann: Hinweis: Eine gesonderte Betrachtung der zu pari-notierten annuitätischen Anleihen ist wenig sinnvoll, da wir bereits wissen, dass die Duration einer solchen Anleihe unabhängig von der Kuponhöhe ist und daher mit der bereits bekannten Formel (vgl. Folie 10) berechnet wird. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 14
Berechnungsvorschriften für Standardfälle (7) VI. Duration bei zunehmender Kuponhöhe: Z Um den Grenzwert zu bestimmen, formen wir die Macaulay-Duration dahingehend um, dass im Zähler und Nenner die Kuponhöhe Z ausgeklammert wird. Als Grenzwert erhalten wir dann: Die Duration endfälliger Kuponanleihen wird mit wachsenden Kuponhöhen einer annuitätischen Anleihe immer ähnlicher. => Im Grenzfall überwiegen die Kupons (den relativ immer kleiner werdenden) Rücknahmekurs so stark, das sich die Duration einer annuitätischen Anleihe ergibt. (vgl. Folie 10) Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 15
Einflussgrößen und deren Wirkung Aus den Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Einflussgrößen (Kupon Z, Restlaufzeit n, Effektivzins i, Rücknahmekurs C n ) auf die Höhe D der Duration einer endfälligen Kuponanleihe, kann man auf das Verhalten von D bei Variation einer einzelnen Einflussgröße schließen. Da unsere Funktion (die Macaulay-Duration) D=D(Z,n,i,Cn) von vier unabhängigen Variablen abhängt, werden die Zusammenhänge anhand von Funktionsschaubildern im Folgenden erläutert. In allen Fällen wird ein Rücknahmekurs zu pari unterstellt (d.h. C n =100 bzw. C n =1). Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 16
Einflussgrößen und deren Wirkung (2) Eine zunehmende Kuponhöhe bewirkt eine abnehmende Duration Duration wächst (sinkt) wenn die Laufzeit wächst (sinkt) => Bei nicht zu großen Laufzeiten! Unter-pari-Kupons (Z < i) haben ein lokales Maximum und einen Grenzwert (1+i)/i (=> ewige Anleihe ) Bei stark wachsendem Kupon (Z ) verhält sich die Anleihe wie eine annuitätische Anleihe Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 17
Einflussgrößen und deren Wirkung (3) Mit steigendem (fallendem) Marktzins nimmt die Duration ab (zu). Man erkennt auch hier den Laufzeiteffekt für i k > Z an den lokalen Extremstellen, die sich für wachsende Marktzinssätze in Richtung kleinere Laufzeiten verschieben. Wenn i Z verwindet der Buckel Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 18
Einflussgrößen und deren Wirkung (4) Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 19
Einflussgrößen und deren Wirkung (5) Wenn die Restlaufzeit (hier: n=50 Jahre) fest vorgegeben ist, haben steigende Marktzinsen und zunehmende Kuponhöhe stets eine fallende Duration zur Folge. (Allerdings nicht linear.) Eine Ausnahme stellt hier jedoch der Zerobond dar! Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 20
Einflussgrößen und deren Wirkung (6) Hier gilt der gleich Grundsatz, wie in den Schaubild zuvor, jedoch ist diesmal der Marktzins die variable innerhalb der Funktion. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 21
Einflussgrößen und deren Wirkung (7) Auch dieses Schaubild demonstriert den Laufzeiteffekt. Für kleine Kupons (Z < i) kann die Duration im Gegensatz zum Normalfall bei langen Laufzeiten geringer sein als bei kürzeren Laufzeiten. Jede Durationskurve besitzt als Ordinatenschnittwert (d.h. Z=0) ihre eigene Laufzeit n k. Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 22
Einflussgrößen und deren Wirkung (8) Zusammenfassend können wir festhalten: Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 23
Übungsaufgaben Ausgangslage: Anleihe (Nennwert 100 ) mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren und einem Kupon in Höhe von 10, welcher erstmals nach einem Jahr gezahlt wird. Die Rücknahme erfolgt am Ende der Restlaufzeit zu pari. Der Marktzinssatz im Zeitpunkt t=0 beträgt 8% p.a. a) Ermitteln Sie die Macaulay-Duration dieser Stanardanleihe. b) Wie hoch wäre diese, wenn es sich um einen Zerobond handeln würde? c) Wie verändert sich die Duration im Fall einer annuitätischen Anleihe? d) Die Restlaufzeit strebt gegen unendlich, wie verändert sich die Duration? e) Angenommen das Marktzinsniveau in Fall d) steigt (i ) oder fällt (i 0). Welchen Effekt hat das auf die Duration? f) Wie hoch ist die Duartion im Fall einer pari-notierten Anleihe? g) Der Marktzinssatz strebt in der Ausgangssituation gegen 0%. Ermitteln Sie die Duration. h) Ist die Duration für annuitätische Anleihe im Fall g) höher oder niedriger? i) Der Kupon strebt gegen unendlich. Wie lautet die Durationsformel und welchen Wert erhält man? Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 24
Letzte Gelegenheit für. Fragen, Anregungen, oder Wünsche ;) Vielen Dank für Eure geduldige Aufmerksamkeit und gute Zusammenarbeit! Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 25
Quelle Tietze, J.: Einführung in die Finanzmathemathematik: Klassische Verfahren und neuere Entwicklungen: Effektivzins- und Renditeberechnung, Investitionsrechnung, Derivate Finanzinstrumente, 9 Aufl., Wiesbaden, 2011 Sebastian Staudenmaier / MAF BN 2011 26