Stellungnahme zum 6-Punkte-Papier der Bundesregierung Stand: 5. Mai 2011 Ad 3: Energieeffizienz konsequent steigern Die Energieeffizienz im Gebäudebereich zu erhöhen, ist angesichts des Anteils des Energieeinsatzes im Gebäudebereich ein wichtiger Ansatz. Denn 40 % des Primärenergieaufwands werden für den Gebäudebereich, im Wesentlichen für Heizung und Warmwasser aufgewandt. Dabei unterstützt das deutsche Baugewerbe den Ansatz des Forderns und Förderns, wenn es in einem vernünftigen Verhältnis zueinander steht! 1. Energieeinsparverordnung Die Energieeinsparverordnung bzw. als Vorgänger die Wärmeschutzverordnung waren stets gute Instrumente, um die Energieeffizienz der Gebäude zu erhöhen. Eine weitere ambitionierte Erhöhung des Effizienzstandards von Gebäuden durch eine Verschärfung der Energieeinsparverordnung halten wir im Hinblick auf eine wirtschaftlich vertretbare und ausgewogene Gesamtbetrachtung für problematisch. Dabei muss der Neubaubereich und der Gebäudebestand unterschiedlich bewertet werden. Im Neubau halten wir eine moderate Erhöhung des Effizienzstandards für möglich. Im Gebäudebestand wirkt sich die Energieeinsparverordnung EnEV 2009 jedoch bereits als Investitionshemmnis aus. Eine weitere Verschärfung würde dies verstärken oder zu einer erhöhten Anzahl von Befreiungsanträgen führen. Wenn im Neubaubereich ab 2020 der Passivhausstandard eingeführt werden soll, halten wir einerseits die Förderung für unabdingbar. Andererseits ist die Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken. Vorbehalte der Endverbraucher gegenüber Passivhäusern müssen ausgeräumt werden. Im Gebäudebestand sollten die Anforderungen nicht weiter verschärft werden. Hier gilt es, die finanzielle Förderung zu erhöhen und vor allem zu verstetigen. Die Forderung nach einer wirksameren Umsetzung der Energieeinsparverordnung darf nicht zu neuen Kontroll- bzw. Zertifizierungssystemen führen. Die vorhandenen Regelungen müssen angewendet werden. Neue Kontroll- und Zertifizierungssysteme würden die administrativen Kosten erhöhen. Gebäudeeigentümer werden hierfür wenig Verständnis aufbringen. 2. Heizung und Klimatisierung von Gebäuden Den Einsatz von Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energien in Gebäuden zu fördern halten wir für außerordentlich wichtig. Für den künftigen Energiebedarf von Gebäuden ist es erforderlich, Anlagen zu entwickeln, die unterschiedliche Energieträger berücksichtigen (Solar, Erdwärme, Nah- /Fernwärme und ggf. fossile Energieträger) und andererseits Warmwasser erzeugen und Heizungen bzw. kontrollierte Wohnungsbe- und entlüftungsanlangen versorgen. Derartige Anlagen müssen vom Planer sicher ausgeschrieben werden können und letztendlich vom Verbraucher einfach zu bedienen sein.
2 3. KfW-CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm a. Verstetigung der Neubudgetierung bei mindestens 2 Mrd. Im 6-Punkte-Papier wird anerkannt, dass die größten Energieeinsparpotentiale im Gebäudebereich zu heben sind. Diese Potentiale müssen erschlossen werden, um im Bereich der CO 2 -Reduzierung voranzukommen und um die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung umzusetzen. Die im Konzept angesprochene Ausweitung und Verstetigung des Budgets für Neubudgetierung auf jährlich mindestens 2 Mrd. wird vom deutschen Baugewerbe ausdrücklich unterstützt. Entsprechend hat sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes auch in verschiedenen Verbändeinitiativen positioniert. Für 2012 sind entgegen dieser Forderung in dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Eckpunkteentwurf des Bundeshaushalts keinerlei Haushaltsmittel für die Förderung der energetischen Gebäudesanierung eingestellt. Offensichtlich hat man hier ausschließlich auf den Energie- und Klimafonds gesetzt. Dieser Fonds soll sich u.a. aus Abgaben der Kernkraftwerksbetreiber speisen. Der Zufluss dieser Mittel ist vor dem Hintergrund des dreimonatigen Moratoriums zur Frage der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke ungewiss. Zudem sollen über den Klimafonds nur Zinsverbilligungen für Darlehen fließen, investive Zuschüsse aber nicht mehr geleistet werden können. Die nachgefragten Mittel im CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm sind in der Vergangenheit regelmäßig höher gewesen als die ursprüngliche Haushaltsplanung, so dass dieses Programm aufgestockt werden musste, im Jahr 2009 um 0,75 Mrd., im Jahr 2010 um 0,4 Mrd.. Damit stand im Jahr 2009 ein neuer Rahmen über 2,25 Mrd. zur Verfügung. Im Jahr 2010 konnte zumindest das für die Jahre 2009 bis 2011 als durchschnittlich angesetzte Budget von 1,5 Mrd. mit 1,35 Mrd. in etwa aufrecht erhalten werden. Derart stark schwankende Fördermittel wirken sich negativ auf die Planungs- und Investitionssicherheit der privaten Investoren aus. Nachrichten über nicht ausreichende KfW-Mittel für die energetische Sanierung (wenn auch nur für Einzelmaßnahmen) verunsichern Hauseigentümer und veranlassen diese, an sich geplante energetische Investitionen aufzuschieben. Auch die Unternehmen der Bauwirtschaft sind negativ von den volatilen Förderhöhen betroffen. Nur wenn die Rahmenbedingungen und die Höhe der Fördermittel mittelfristig feststehen, werden die Bauunternehmen in diesem Bereich in Know-how und neue Arbeitsgeräte investieren und dauerhaft Mitarbeiter einstellen. Daher ist es aus Sicht der Bauwirtschaft für das Erreichen der ehrgeizigen Klimaziele unerlässlich, dass mittelfristig unabhängig von den jeweiligen politischen Konstellationen Förderhöhen und voraussetzungen sowie die zu erfüllenden technischen Standards festgelegt sind. Durch die bereit gestellten Fördermittel hat sich das Sanierungstempo wesentlich beschleunigt, was angesichts von rund 25 Mio. sanierungsbedürftiger Wohnungen auch dringend geboten ist. Beleg für die stimulierende Wirkung der Fördermittel auf das Sanierungstempo ist die nach den Daten der KfW erreichte deutliche Steigerung der geförderten Wohneinheiten im Jahr 2009 gegenüber 2008 um 75 % allein in den Programmbereichen Energieeffizient Sanieren (ohne Sonderförderung). In 2010 wurde ein Ergebnis etwas unter dem Vorjahresniveau erreicht. Darüber hinaus wird mit dieser Förderung privates Kapital in erheblichem Umfang aktiviert. Ein Fördereuro bewirkte nach Analysen im Auftrag der KfW beim CO 2 -Gebäudesanierungspogramm private Investitionen in Höhe von rund neun. Eine Mrd. weniger Fördermittel, bedeutet auf neun Mrd. Investitionen zu verzichten. Mit dem im Jahr 2010 über die KfW-Mittel generierten Investitionsvolumen von 21,3 Mrd. wurden 342.000 Arbeitsplätze gesichert. Mehrere Studien belegen, dass die geförderten Maßnahmen nach Abzug der Programmkosten einen positiven Effekt auf den Staatshaushalt haben 1. Die Ausgaben für die Förderprogramme werden deutlich überkompensiert. Es wäre daher ökonomisch falsch, bei dem gesamtwirtschaftlich höchst effektiven Förderprogramm den Rotstift anzusetzen. 1 Jülich-Report 2009; Evaluierungsberichte Bremer Energieinstitut
3 b. Einbeziehung des Ersatzbaus in die Förderung Wohnungen, die in den 50iger bis Anfang der 70iger Jahre gebaut wurden - es handelt sich allein in den alten Bundesländern um rund 16 Mio. Wohneinheiten, davon etwa 8 Mio. in Mehrfamilienhäusern - sind zwar grundsätzlich sanierungsfähig, aber es stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme. Zudem entsprechen diese Wohneinheiten vom Grundriss und vom Schallschutz her in keiner Weise den heutigen Anforderungen. Um die anspruchsvollen Energieeffizienzsteigerungen des Energiekonzepts umzusetzen, ist der Bestandsersatz als eine Form der Modernisierung oft sinnvoller. Bestandsersatz erfasst den Abriss des alten Gebäudes, den Umzug der betroffenen Mieter und den eigentlichen Ersatzneubau. Bestandsersatz wird bislang nicht eigenständig gefördert. Er sollte aber als eine Variante der Sanierung und Modernisierung auf alle in der Sanierung und Modernisierung einsetzbaren Fördermöglichkeiten, wie z.b. Darlehen und Zuschüsse der KfW wie auch mögliche Sonderabschreibungen angewendet werden können, wenn auf einem bisher bereits von einem Wohngebäude genutzten Grundstück nach dem Abriss ein neues, energieeffizientes Wohngebäude errichtet wird. 4. Steuerliche Anreize zur energetischen Gebäudesanierung Da weithin Einigkeit darüber besteht, dass zur Sanierung des Gebäudebestandes private Investitionen dringend notwendig sind, bedarf es neben dem Instrumentarium der KfW-Förderung weiterer Anstöße. Dazu zählen sicherlich aktivierende steuerliche Anreize, wie sie in dem Sechs-Punkte- Papier besonders genannt sind. Auch im Energiekonzept der Bundesregierung vom Herbst vergangenen Jahres war zumindest ein Prüfauftrag für steuerliche Anreize niedergelegt. Das Deutsche Baugewerbe fordert vor diesem Hintergrund, konkrete Steueranreize für energetisch hochwertige oder hochwertig sanierte Gebäude zu setzen. Diese könnten unserer Auffassung nach wie folgt aussehen: a. Einführung einer Klimaschutzabschreibung für selbstgenutztes Wohneigentum analog der Denkmalschutzabschreibung ( 10 f EStG) Um die energetischen Sanierungsmaßnahmen auch für Eigennutzer attraktiv zu gestalten, halten wir die Einführung einer Klimaschutzabschreibung analog zum Denkmalschutz für unabdingbar. Die energetische Modernisierung von Gebäuden und Wohnungen, die für eigene Wohnzwecke genutzt werden, könnte dann durch eine steuerliche Abschreibung in Höhe von 10 % für das Jahr der Erstellung und für die darauf folgenden 9 Jahre gefördert werden. Das setzt voraus, dass die Energieeinsparung nach der Modernisierung das Neubauniveau der jeweils geltenden Energieeinsparverordnung erreicht. Eine Wiedereinführung des 82 a EStDV in alter Form halten wir für nicht zielführend. Denn dort wurden ausdrücklich nur Maßnahmen gefördert, die sich insbesondere auf Heizanlagen bzw. Energieanlagen beziehen. Es mag zwar richtig sein, dass viele Heizanlagen erneuerungsbedürftig sind; nur diese zu ersetzen, fördert jedoch in nur geringem Maße eine höhere Energieeffizienz. Denn durch die nicht isolierte Gebäudehülle wird immer noch zu viel Heizungswärme ins Freie abgegeben. Nur bei einer Sanierung, die sowohl die Gebäudehülle (Fassade, Fenster, Kellerdecke und Dach) wie auch die Heizanlage berücksichtigt, kann die gewünschte Energeieffizienzsteigerung erzielt werden.
4 b. Einführung einer erhöhten AfA in Höhe von 8 % in den ersten 8 Jahren bei energetischen Baumaßnahmen im Bestand Eine umfassende Sanierung des Gebäudes führt dazu, dass Anschaffungs- und Herstellungskosten entstehen, die über die gesamte Nutzungsdauer des Gebäudes mit momentan 2 % linear abgeschrieben werden. Durch die Neuregelung einer AfA in Höhe von 8 % sollen die Kosten einer energetischen Modernisierung mit 8 % abgesetzt werden können. c. Einführung einer erhöhten AfA in Höhe von 8 % in den ersten 8 Jahren bei energetischem Neubau Die Einführung der erhöhten AfA kann an die Unterschreitung der Höchstwerte der jeweils geltenden Energieeinsparverordnung geknüpft werden. Hinsichtlich der Abschreibungsmethode soll Wahlfreiheit bestehen, ob die Klimaabschreibung in den ersten 8 Jahren in Anspruch genommen oder die verdoppelte lineare Gebäude-AfA in Höhe von 4 % gewählt wird. d. Steuerbonus für Handwerkerleistungen für Bestandsgebäude ( 35 a EStG) Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, sind gemäß 35a Abs. 3 EStG steuerlich begünstigt; mit max. 20 Prozent nachgewiesener Arbeitskosten von 6.000, d.h. einem max. Steuerbonus von 1.200 im Kalenderjahr. Der Steuerbonus hat zu einer starken Zunahme der Nachfrage nach allgemeinen Instandhaltungsund Reparaturmaßnahmen geführt. Dies gilt jedoch nicht für größere energetische Sanierungsaufwendungen, da deren Kosten deutlich oberhalb des bisherigen Förderrahmens liegen. Der Steuerbonus für Handwerkerleistungen sollte zukünftig auf 20 % von 20.000 nachgewiesene Arbeitskosten, also auf max. 4.000 angepasst werden. Damit wird das Förderniveau wie bei den Fördertatbeständen des 35 a Abs. 2 EStG (allgemeine Haushaltsdienstleistungen, Pflegedienstleistungen) erreicht. Die Fördertatbestände können so zu einem Tatbestand zusammengefasst werden. Die Anpassung des Steuerbonus erhöht den Anreiz, energetische Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. 5. Öffentliche Beschaffung Grundsätzlich begrüßt der ZDB die Berücksichtigung von Energieeffizienzkriterien bei der öffentlichen Beschaffung. Die Energieeffizienz kann und sollte eine stärkere Rolle auch bei öffentlichen Beschaffungen spielen. Allerdings sprechen wir uns gegen eine verbindliche Verankerung von Energieeffizienzkriterien bei allen Beschaffungsvorgängen aus. Nicht alle öffentlichen Beschaffungen eignen sich in gleicher Weise, Energieeffizienzkriterien zu berücksichtigen. Dies würde bei einer verbindlichen Verankerung außer Acht gelassen. Überdies geben wir zu bedenken, dass öffentliche Auftraggeber bereits im Rahmen der derzeit geltenden Regelungen in der Lage sind, Kriterien wie die Energieeffizienz in ein Vergabeverfahren einzubeziehen. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist lediglich, dass die Kriterien mit dem Auftragsgegenstand in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Dies ist sachgerecht. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass nicht sachfremde Kriterien bei der Zuschlagswertung eine Rolle spielen. Der geforderte Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stellt auch sicher, dass Energieeffizienzkriterien nur dann in ein Vergabeverfahren eingebracht werden, wenn sie sinnvoll und realistisch umsetzbar sind. Bereits die derzeitige Rechtslage erlaubt demnach öffentlichen Auftraggebern in ausreichendem Maße, Energieeffizienzkriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen. Es fehlt insoweit nicht an Änderungen der rechtlichen Grundlagen, sondern an der Nutzung der bereits
5 gegebenen Möglichkeiten. Es wäre ausreichend und sinnvoll, öffentliche Auftraggeber darüber aufzuklären, dass bereits nach der gültigen Rechtlage die Möglichkeit besteht, Energieeffizienzkriterien in das Vergabeverfahren einzubeziehen. Mit Blick auf die angestrebte Beschleunigung der Energiewende stellt die generelle Zulassung von Nebenangeboten aus unserer Sicht eine erfolgversprechendere Alternative zur Steigerung der Energieeffizienz im Rahmen der öffentlichen Beschaffung dar. Die generelle Zulassung von Nebenangeboten stellt eine in der Praxis leicht umsetzbare Form dar, Innovationen im Bereich der Energieeffizienz zu fördern, die insbesondere den öffentlichen Auftraggebern auch in Form von preisgünstigeren Angeboten zugutekommen.