11. Übung zur Maß- und Integrationstheorie, Lösungsskizze A 63 Untermannigfaltigkeiten von R 2 ). Aufgaben Skizzieren Sie grob die folgenden Mengen und begründen Sie, welche davon 1-dimensionale Untermannigfaltigkeiten von R 2 sind: a) L := R {0}; b) E := { x, y) R 2 : x 2 + 4y 2 < 1 } ; c) G := { x, sinx)): x ]0, π[} ; d) R := [0, 1] 2) ; e) M := { x, y) R 2 : y 2 = x 2 1 x 2 ) } ; f) N := M \ {0, 0)}. a) L ist die x-achse in R 2. Diese ist die Nullstellenmenge der stetig differenzierbaren Funktion f : R 2 R, fx, y) := y. Da grad fx, y) = 0, 1) 0 für alle x, y) L, ist L eine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 2. b) E ist das innere einer Ellipse. Also eine offene Teilmenge von R 2 und somit eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Jedoch ist E keine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 2, denn nahe 0, 0) ist D weder der Graph einer Funktion von x noch einer Funktion von y. c) G ist der Graph der stetig differenzierbaren Funktion h: ]0, π[ R, hx) := sin x und somiteine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 2 vergleiche Beispiel 9.12). Von Hand sieht man dies wie folgt: f : ]0, π[ R R, fx, y) := hx) y ist stetig differenzierbar, hat G als Nullstellenmenge, und es ist grad fx, y) = h x), 1) 0, 0) für alle x, y) G. d) R ist der Rand eines Quadrats. Da Mannigfaltigkeiten glatte Objekte sind, machen uns die Ecken von R bereits misstrauisch. Um mathematisch auf den Punkt zu bringen, dass R tatsächlich keine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 2 ist, benutzen wir, dass jede solche Untermannigfaltigkeit lokal der Graph einer Funktion von x oder von y ist wie in der Vorlesung gezeigt wurde). Die Punkte von R in der Nähe der Ecke 0, 0) lassen sich jedoch offensichtlich nicht in der Form x, fx)) beschreiben weil {0} [0, 1] R, sind viele verschiedene y-werte möglich, nicht nur einer!) Ebenso lassen sich die Punkte dort nicht in der Form fy), y) beschreiben. e) Die Menge M, die aussieht wie eine liegende 8, ist keine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Die Problemstelle ist die Überkreuzung im Punkt 0, 0). Es ist anschaulich klar, dass es keine Umgebung U von 0, 0) gibt, deren Durchschnitt mit M der Graph einer stetig differenzierbaren Funktion von x oder von y ist. Präzise Begründung: Für alle x ]0, 1[ gibt es zwei verschiedene Zahlen, y ± x) := ±x 1 x 2, mit x, y ± ) M. Da y ± x) 0 für x 0, gibt es ein ε > 0 derart, dass x, y ± x)) M U für alle x ]0, ε[. Wäre M U der Graph einer Funktion f von x, so dürfte es zu gegebenem x jedoch nur einen einzigen Wert y nämlich y = fx)) geben mit x, y) M U. Analog sehen wir durch Auflösen nach x 2 und dann nach x, dass M U nicht der Graph einer Funktion von y ist. f) N ist die Nullstellenmenge der stetig differenzierbaren Funktion f : R 2 \ {0, 0)} R fx, y) := x 2 1 x 2 ) y 2, wobei grad fx, y) = 2x1 2x 2 ), 2y ) 0, 0) für alle x, y) N dies ist klar, wenn y 0. Ist y = 0, so ist x {1, 1} und somit die erste Komponente des Gradienten von Null verschieden).
11. Übung, Lösungsskizze 2 A 64 n-dimensionale Sphären und Karten). Es sei n N und die sogenannte n 1)-dimensionale Sphäre. S n 1 := {x 1,..., x n ) R n : x 2 1 + + x 2 n = 1} a) Zeigen Sie, dass S n 1 eine Untermannigfaltigkeit von R n ist. b) Nun sei n = 3. Finden Sie offene Mengen U i R 2, offene Mengen V i S 2 und Karten φ i : U i V i so dass S 2 = V i gilt. Zusatzfrage: Wieviele Karten braucht man mindestens? a) Die Sphäre S n 1 ist die Nullstellenmenge der stetig differenzierbaren Funktion f : R n R, fx 1,..., x n ) := x 2 1 + + x 2 n 1. Diese erfüllt f x j x) = 2x j, und somit ist grad fx) = 2x 1,..., 2x n ) 0,..., 0) für alle x = x 1,..., x n ) S n 1. Also ist S n 1 eine n 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R n. b) Definiere: U 1 = U 2 = {x, y) R 2 x 2 + y 2 < 1} U 3 = U 4 = {x, z) R 2 x 2 + z 2 < 1} U 5 = U 6 = {y, z) R 2 y 2 + z 2 < 1} und V 1 {x, y, z) S 2 z > 0} = V 2 V 3 {x, y, z) S 2 y > 0} = V 4 V 5 {x, y, z) S 2 x > 0} = V 6. Die Mengen V 1,... V 6 sind offen und überdecken S 2. Die Abbildung φ 1 : U 1 V 1, x, y) x, y, 1 x 2 y 2 ) ist eine injektive Immersion, denn es gilt 1 0 Dφ 1 x, y) = 0 1 x 1 x 2 y 2 y 1 x 2 y 2 d.h. rangdφ 1 x, y) = 2. Analog definiert man Karten φ i : U i V i, i = 2,..., 6 indem man einfach die Rolle von x, y, z vertauscht). Zur Zusatzfrage: Bräuchte man nur eine Karte, dann wäre diese ein bistetige Abbildung zwischen S 2 und einer offenen Teilmenge U R 2. Letztere ist aber nicht kompakt im gegensatz zu S 2. Ein Widerspruch. Tatsächlich kommt man mit zwei Karten aus. Dazu benutze man stereographise projektionene. Zu a = 1, 0, 0) und b = e definiere man V a = S 2 \ {a} und V b = S 2 \ {b}. Zu U a = U b = R 2 bildet dann φ a bez. φ b ) x U auf den Schnittpunkt der Geraden durch x und a bzw. b) mit S 2 ab. Man kann zeigen, dass diese Abbildung ein Diffeomorphismus zwischen U und U a bzw. U b ist). A 65 Einbettungen). a) Es sei Φ : K R m eine injektive stetige Abbildung auf einer kompakten Menge K R n. Zeigen Sie, dass Φ U zu jedem U K eine Einbettung ist.
11. Übung, Lösungsskizze 3 b) Es sei a [0, 1[, M a := {x, y) R 2 a < x 2 + y 2 < 1} und Φ a : M a R 3 durch ) x x, y) x 2 + y, y 2 x 2 + y, tanπ x 2 + y 2 1 2 2 )) gegeben. Zeigen Sie, dass Φ a für a ]0, 1[ eine Einbettung ist und skizzieren Sie Φ a M a ). c) Ist auch Φ 0 : M 0 R 3 d.h. für a = 0) eine Einbettung? a) Zunächst zeigen wir, dass Φ 1 : ΦK) K stetig ist. Da K kompakt ist, ist jede abgeschlossene Teilmenge A von K kompakt. Da Φ : K ΦK) stetig ist, ist dann auch ΦA) kompakt und damit abgeschlossen. Also sind die Urbilder unter Φ 1 abgeschlossener Mengen abgeschlossen und Φ 1 damit stetig. Schränkt man nun Φ auf eine Teilmenge U K ein, dann ist Φ U erst recht injektiv und sowohl Φ U wie auch Φ U ) 1 = Φ 1 ΦU) als Einschränkung stetiger funktionen) stetig. b) Für alle a ]0, 1] ist M a in der kompakten Menge K a := {a x 2 + y 2 1} enthalten. Auf K a kann man Φ a mit dem Funktionsterm von Φ a definieren. Diese Abbildung ist sicher stetig. Sie ist auch injektiv, denn aus Φ a x, y) = Φ a x, y ) folgt tanπ x 2 + y 2 1 2 )) = tanπ x 2 + y 2 1 2 )) und da tan injektive auf [ π 2, π 2 ] ist, ist dann auch x 2 + y 2 = x 2 + y 2. Durch vergleich der ersten beiden Komponenten ergibt sich dann die Injektivität. Aus Teil a) folgt damit, dass Φ a eine Einbettung ist. das Bild Φ a M a ) ist ein nach unten offener Zylinder. c) Für a = 0 klappt obige Argumentation nicht mehr, denn Φ a läßt sich nicht problemlos auf der Kreisscheibe K 0 = {x 2 + y 2 1} fortsetzen. Tatsächlich ist Φ 0 trotzdem eine Einbettung, denn Φ 0 bildet die gepunktete Kreisscheibe M 0 bijektiv und bistetig auf den Zylinder Z = {x, y, z) R 3 x 2 + y 2 = 1} ab, denn die Umkehrabbildung ist stetig. Φ 1 0 : α, β, γ) = α arctan γ π + 1, 2 ) β arctan γ π + 1 2 A 66 Injektive Immersionen vs. Einbettungen). Wir betrachten die Funktion 1, t) für t ] 2, 0]; γ : ] 2, 3π 2 + 1[ R2, γt) := cos t, sin t) für t [0, 3π/2]; t 3π/2, 1) für t [3π/2, 3π/2 + 1[. a) Skizzieren Sie das Bild M von γ. Begründen Sie kurz, dass γ stetig differenzierbar ist Vergleich rechts- und linksseitiger Ableitungen!) b) Zeigen Sie, dass γ eine injektive Immersion ist, aber keine Einbettung. Ist M = im γ eine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 2?
11. Übung, Lösungsskizze 4 a) Die Einschränkung von γ auf ] 2, 0] ist stetig differenzierbar, mit γ t) = 0, 1). Die Einschränkung von γ auf [0, 3π/2] ist stetig differenzierbar, mit γ t) = sin t, cos t), also γ 0) = 0, 1) und γ 3π/2) = 1, 0). Die Einschränkung auf ]3π/2, 3π/2 + 1[ ist stetig differenzierbar, mit γ t) = 1, 0). An den zwei Nahtstellen t = 0 bzw. t = 3π/2) stimmt also die rechts- und linksseitige Ableitung von γ überein. Somit ist γ stetig differenzierbar. b) Da γ stetig differenzierbar ist und γ t) 0 für alle t wie die vorigen Formeln zeigen), ist γ eine Immersion. Offensichtlich siehe Skizze) ist γ injektiv. Jedoch ist γ keine Einbettung. Setzen wir nämlich x n := 1 1/n, 1), so gilt x n 1, 1) = γ 1) für n, aber γ 1 x n ) = 3π/2 + 1 1/n 3π/2 + 1. Also lim n γ 1 x n ) = 3π/2 + 1 1 = γ 1 ) lim x n. n Somit ist γ 1 unstetig. A 67 Spezielle lineare Gruppe als Mannigfaltigkeit). Es sei { ) } x1 x SL 2 R) := A = 2 R 2 2 : deta) = x x 3 x 1 x 4 x 2 x 3 = 1 4 Bemerkung: Die Matrizen aus SL 2R) bilden bezüglich Matrizenmultiplikation eine Gruppe, die sogenannte spezielle lineare Gruppe. a) Zeigen Sie, dass SL 2 R) eine 3-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 4 ist. b) Lösen Sie die Gleichung x 1 x 4 x 2 x 3 = 1 nahe e := 1, 0, 0, 1) entspr. der Einheitsmatrix) explizit nach x 4 auf und stellen Sie M nahe e als Graph einer C 1 -Funktion dar. Geben Sie eine Karte für M um e an. a) M ist die Nullstellenmenge der stetig differenzierbaren Funktion f : R 4 R, fx 1, x 2, x 3, x 4 ) := x 1 x 4 x 2 x 3 1. Da grad fx 1, x 2, x 3, x 4 ) = x 4, x 3, x 2, x 1 ) und jeder Punkt x = x 1,..., x 4 ) M von 0 verschieden ist, gilt grad fx) 0, 0, 0, 0) für alle x M. Also ist M eine 3-dimensionale Untermannigfaltigkeit von R 4. Folglich ist die spezielle lineare Gruppe SL 2R) siehe Übungsblatt!) eine Untermannigfaltigkeit von M 2R). Untergruppen von GL nr), welche Untermannigfaltigkeiten von M nr) sind, nennt man übrigens lineare Liegruppen. b) V := {x 1, x 2, x 3, x 4 ) R 4 : x 1 0} ist eine offene Teilmenge von R 4 und U := {x 1, x 2, x 3 ) R 3 : x 1 0} offen in R 3. Für x = x 1, x 2, x 3 ) U können wir die Gleichung fx 1, x 2, x 3, x 4 ) = 0 eindeutig nach x 4 auflösen: x 1 x 4 x 2 x 3 1 = 0 x 4 = 1 x 1 x2 x 3 + 1 ). Also ist M V = {x 1, x 2, x 3, hx 1, x 2, x 3 ) : x 1, x 2, x 3 ) U} der Graph der stetig differenzierbaren Funktion h: U R, hx 1, x 2, x 3 ) := 1 x 1 x2 x 3 + 1 ). Somit ist eine Karte für M um e. A 68 Zweidimensionaler Torus). φ: U M, φx 1, x 2, x 3 ) := x 1, x 2, x 3, hx 1, x 2, x 3 ) ) Zu a > b betrachte man die Kreislinie Ka, b) = {x, y, z) R 3 x a) 2 + y 2 = b} R 2 {0} R 3. Rotiert man nun Ka, b) um die y-achse so erhält man eine Rotationsfläche, den sogenannten Torus.
11. Übung, Lösungsskizze 5 a) Skizzieren Sie grob den Torus für a = 5, b = 1. b) Zeigen Sie, dass der Torus eine zweidimensionale Untermannigfaltigkeit des R 3 ist. a) T ist ein Torus. b) Wir benutzen die Aussagen aus Beispiel 9.13. für I =] π, 2π[ definieren wir γ : I R 2, γt) = a + b cost)), sint)) =: rt), ξt)). Das Bild dieser Abbildung beschreibt einen Kreis in R 2 mit Mittelpunkt a und Radius b. Rotiert man nun diese Menge um die y-achse via Φ : I R R 3, Φt, s) = rt) coss) rt) sins) ξt) so erhält man die Menge T. Da γ t) = b sint), cost)) für kein t I Null ist, ist Φ eine Immersion und T somit eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit vergleiche Beispiel 9.13).