Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3

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Prof. Dr.-Ing. Gerd Wagenknecht, M.Eng. Boris Kiel: Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3 Sonderdruck aus dem Tagungsband des Gießener Bauforums 2016 am 23.9.2016 an der THM Gießen Inhalt u. A.: Ergebnisse der Consteel-Software beim achweis biegedrillknickgefährdeter Einzelbauteile im Vergleich zu alternativer Software

Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3 Gerd Wagenknecht 1 Boris Kiel 2 ZUSAMMEFASSUG Im Dezember 2014 ist ein Kommentar zum aktuellen Eurocode 3: DI E 1993-1-1 erschienen. Es sind neuere Untersuchungen in die Auslegung des ormentextes eingegangen. Hier sollen insbesondere Hinweise gegeben werden, die das Lehrbuch von Wagenknecht "Stahlbau-Praxis nach Eurocode 3, Band 1" ergänzen. In der Masterthesis" Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3" hat Kiel die unterschiedlichen achweisverfahren des Eurocode 3 im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht. Alle theoretischen Grundlagen werden für die einzelnen achweisverfahren zunächst zusammengestellt und mit einem Beispiel erläutert. Die Berechnung nach Fließzonentheorie liefert nach aktuellem Stand der Forschung die genaueste Darstellung des Tragverhaltens. Dieses Verfahren wird bisher in der Stahlbau-Praxis allerdings kaum angewendet, da neben spezieller FEM-Software entsprechende Kenntnisse und Erfahrung notwendig sind. Das Ersatzstabverfahren erfordert die Berechnung der Verzweigungslasten cr und Mcr. Da für viele Anwendungsfälle geschlossene Lösungen vorliegen, ist dieses Verfahren besonders für die Handrechnung geeignet. Das allgemeine Verfahren basiert ebenfalls auf der Berechnung der Verzweigungslasten, aber unter der gemeinsamen Wirkung von Biegung und ormalkraft, was im Allgemeinen nur mit EDV- Programmen möglich ist. Eine wirtschaftliche Bemessung mit dem allgemeinen Verfahren nach EC3 ist für Träger mit konstantem Querschnitt durch die Einschränkungen des deutschen ationalen Anhangs beeinträchtigt. Das wirtschaftlichste Verfahren ist das Ersatzimperfektionsverfahren. Die Berechnung ist nur mit entsprechenden EDV-Programmen möglich. Abschließend werden verschiedene EDV-Programme zur Bestimmung der Verzweigungslastfaktoren für Biegedrillknicken bei Druck und Biegung von Systemen mit konstantem und veränderlichem Querschnitt sowie Schub- und Drehbettung verglichen. 1 Prof. Dr.-Ing., Lehrbeauftragter der Technische Hochschule Mittelhessen, Fachbereich Bauwesen 2 M.Eng., Technische Hochschule Mittelhessen, Fachbereich Bauwesen 1

1 AKTUELLE ETWICKLUG Im Dezember 2014 ist ein Kommentar zum Eurocode 3: DI E 1993-1-1 einschließlich ationaler Anhang und Änderung A1 erschienen 3. Der ormentext 1 und 2 wird von den Autoren, die zum Teil langjährig an der Entwicklung dieser orm mitgearbeitet haben, kommentiert und erläutert. Dieser Kommentar wird in dieser Arbeit berücksichtigt. In der Masterthesis" Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3" hat Kiel 4 die folgenden achweisverfahren des Eurocode 3 im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht. das Ersatzstabverfahren das Ersatzimperfektionsverfahren das allgemeine Verfahren die Fließzonentheorie Alle theoretischen Grundlagen werden für die einzelnen achweisverfahren zunächst zusammengestellt und mit einem Beispiel erläutert. 2 ERSATZSTABVERFAHRE 2.1 Berechnungsverfahren b Die Berechnung des Tragwerkes erfolgt nach Theorie II. Ordnung mit zusätzlichen Ersatzstabnachweise und soll hier als Berechnungsverfahren b bezeichnet werden, da es in EC 3-1-1, Abschnitt 5.2.2(3) b) und (7) b), kurz(1-1, 5.2.2(3) b) und (7) b)), definiert ist. Das Tragwerk ist nach Theorie II. Ordnung zu berechnen, wobei die Bauteilimperfektionen nicht vollständig berücksichtigt werden. Dies soll für ein ebenes Tragwerk erläutert werden. Voraussetzung ist, dass das Gesamttragwerk in ebene Teiltragwerke aufgeteilt werden kann, die senkrecht zur Tragwerksebene durch Fachwerkverbände oder massive Scheiben ausgesteift sind. Diese Systeme werden i. Allg. im Stahlhochbau verwendet. Das ebene Tragwerk ist nach Biegetheorie II. Ordnung zu berechnen, wobei die maßgebenden Bauteilimperfektionen in der Tragwerksebene vollständig zu berücksichtigen sind, s. Abb. 1.. l e 0 Abb. 1 Systemschiefstellung und zusätzliche Stabvorkrümmung 2

Dies bedeutet: Systemschiefstellung zusätzliche Stabvorkümmung e0 nach Tabelle 2. Der Querschnittsnachweis in der Tragwerksebene kann mit einer elastischen oder plastischen Querschnittsinteraktion erfolgen. Senkrecht zur Tragwerksebene ist der Ersatzstabnachweis, der Biegeknicknachweis bzw. der Biegedrillknicknachweis, mit den Beanspruchungen in der Tragwerksebene zu führen. Der zugehörige Ersatzstabnachweis ist in Abschnitt 2.2 angegeben. Werden dagegen keine zusätzlichen Stabvorkrümmungen angesetzt, ist ein zusätzlicher Ersatzstabnachweis für den herausgeschnittenen Einzelstab auch in der Tragwerksebene zu führen. In diesem Fall ist für die Knicklänge des Stabes die Systemlänge einzusetzen (1-1, 5.2.2 (7)b). 2.2 Ersatzstabverfahren nach EC 3-1-1, Abschnitt 6.3.3 Das Ersatzstabverfahren ist für auf Biegung und Druck beanspruchte gleichförmige Bauteile in (1-1, 6.3.3) beschrieben. Liegt keine planmäßige Torsion vor, kann die Berechnung mit den Ersatzstabnachweisen geführt werden. Ist ein Stab durch eine konstante ormalkraft und durch eine Gleichstreckenlast belastet (Abb. 2), dann kann dieser Stab senkrecht zur Biegeebene um die z-z- Achse ausweichen. Für die Berechnung von Stäben eines Stabwerkes werden diese für die Rechnung gedanklich herausgelöst. Dabei sind die realen Randbedingungen des betreffenden Stabes zu beachten. Deshalb wird die Berechnung auch als Ersatzstabnachweis bezeichnet. q z y y l z Abb. 2 Druckbeanspruchte dünnwandige Querschnitte Ed Ist q 0 gilt: b,z,rd M Ed Ist 0 gilt: M b,rd 1 1 Abb. 3 Interaktionsbeziehung für Biegedrillknicken mit ormalkraft Ed b,z,rd 1 K k zy n i c k e n Biegedrillknicken 1 M M Ed b,rd Der Stab knickt unter der ormalkraft und kippt gleichzeitig unter der Biegebeanspruchung durch die Gleichstreckenlast. Biegedrillknicken mit ormalkraft beschreibt den Tragfähigkeitsnachweis 3

des Stabes beim Ausweichen senkrecht zur Biegeebene. In Abb. 3 ist die Interaktionsbeziehung nach (1-1, (6.6.2)) dargestellt. Für die Anwendung gelten die folgenden Einschränkungen: keine planmäßige Torsion konstante ormalkraft doppeltsymmetrischer I-förmiger Querschnitt. Kennzeichnend für das Ersatzstabverfahren ist, dass für den achweis die Berechnung der Verzweigungslasten cr und M cr erforderlich sind. ur für einfache Fälle liegen geschlossene Lösungen vor. Bei elastischer Lagerung, Drehbettung und Schubbettung sowie veränderlichem Querschnitt müssen entsprechende EDV-Programme genutzt werden. Für I-Querschnitte der Querschnittsklasse 1, 2 und 3 lautet die Interaktionsbeziehung, wenn das Moment M z,ed 0 ist: Ed b,z,rd M y,ed kzy 1 (1) M b,rd za fy b,z,rd M1 LT Wpl,y fy M b,rd für Querschnittsklasse 1 und 2 M1 LT Wel,y fy M b,rd für Querschnittsklasse 3 M1 Der Interaktionsbeiwert kzy wird hier dem Verfahren 2 (1-1, Anhang B) entnommen. Der Beiwert k berücksichtigt den Einfluss des Momentenverlaufs, kzy 1 liegt auf der sicheren Seite. zy Es wird folgende Abkürzung eingeführt: Ed nz b,z,rd Für Querschnittsklasse 1 und 2 gilt: z 0, 4 0,1znz 0,1nz kzy 1 1 CmLT 0,25 CmLT 0,25 z 0, 4 0,1 nz kzy 0,6 z 1 CmLT 0, 25 Weiterhin ist auch der Einfluss des Biegedrillknickens für den achweis um die y-y-achse zu untersuchen. Für Querschnittsklasse 1, 2 und 3 lautet die Interaktionsbeziehung, wenn das Moment M ist: z,ed 0 M Ed b,y,rd b,y,rd b,rd M y,ed kyy 1 (2) M b,rd ya fy M1 LT Wpl,y fy für Querschnittsklasse 1 und 2 M1 4

LT Wel,y fy M b,rd für Querschnittsklasse 3 M1 Der Interaktionsbeiwert kyy wird hier dem Verfahren 2 (1-1, Anhang B) entnommen. Der Beiwert k berücksichtigt den Einfluss des Momentenverlaufs. yy Es wird folgende Abkürzung eingeführt: Ed ny b,y,rd Für Querschnittsklasse 1 und 2 gilt: 1 0,2 1 0,8 k C n C n yy my y y my y Für Querschnittsklasse 3 gilt: 1 0,6 1 0,6 k C n C n yy my y y my y Tab. 1: Äquivalente Momentenbeiwerte C m Momentenverlauf Bereich Cmy und Cmz und CmLT Gleichlast Einzellast M M 1 1 0,6 0, 4 0, 4 M h M h M s M h α s = M s / M h M s α h = M h / M s M h 0s 1 1 1 0, 2 0,8s 0, 4 0, 2 0,8s 0, 4 0 1 0,1 0,8s 0, 4 0,8s 0, 4 1s 0 1 0 0,1 1 0,8 0, 4 0, 2 0,8 0, 4 s s 0h 1 1 1 0,95 0,05 h 0,90 0,10 h 1 0 h 0 1 0,95 0,05 h 0,90 0,10 h 1 0 0,95 0, 05 12 0,90 0,10 12 Für Bauteile mit Knicken in Form seitlichen Ausweichens sollte der äquivalente Momentenbeiwert Cmy = 0,9 bzw. Cmz= 0,9 angenommen werden. Cmy, Cmz und CmLT sind in der Regel unter Berücksichtigung der Momentenverteilung zwischen den maßgebenden seitlich gehaltenen Punkten wie folgt zu ermitteln: Momentenbeiwert Biegeachse In der Ebene gehalten Cmy y-y z-z Cmz z-z y-y CmLT y-y y-y Für ormalkraft mit zweiachsiger Biegung sind für I-Querschnitte die Gleichungen (1) und (2) entsprechend zu erweitern: M Ed y,ed M z,ed kzy kzz 1 (3) M M b,z,rd b,rd z,rd M M 1 (4) M M Ed y,ed z,ed kyy kyz b,y,rd b,rd z,rd h h 5

Wpl,z fy M z,rd für Querschnittsklasse 1 und 2 M1 Wel,z fy M z,rd für Querschnittsklasse 3 M1 Für Querschnittsklasse 1 und 2 gilt: 1 2 0,6 1 1,4 k C n C n kyz 0,6 kzz zz mz z z mz z Für Querschnittsklasse 3 gilt: k C 10,6 n C 10,6 n kyz kzz zz mz z z mz z 2.3 Beispiel Wandstiel Beispiel: Wandstiel durch einen Längswandverband in der Mitte gehalten. Es soll hier ein Beispiel gewählt werden, für welches in der Biegeebene eine Berechnung nach Theorie II. Ordnung erforderlich ist. Wenn der Wandstiel nach Abb. 4 durch einen Längswandverband und zusätzliche Wandriegel in der Mitte gehalten ist, kann der Wandstiel günstiger dimensioniert werden. Die Berechnung der Verzweigungslasten cr und Mcr ist hier mit geschlossenen Lösungen möglich. wed 1,502,13 3,20 k/m 118 k Ed 118 k System und Belastung Werkstoff: S 235 achweisverfahren: Elastisch-Plastisch Profil: HEA 160 c/t-verhältnis ist eingehalten. w Ed w 0 6,60 m M y -Fläche Abb. 4 System und Belastung des Wandstiels 6

Das Berechnungsverfahren c nach (1-1, 5.2.2(3) c)) kann hier nicht angewendet werden, da für den Ersatzstabnachweis um die z-z-achse das Stabendmoment nach Theorie II. Ordnung erforderlich ist (1-1, 5.2.2(7) b)). achweis der Pendelstütze nach Theorie II. Ordnung in der Biegeebene Berechnungsverfahren b nach EC 3 M M1 1,10 Querschnittswerte: 4 3 3 y 1670 cm ; pl,y 245 cm ; el,y 220 cm I W W pl,rd ARd 38,8 21,4 830 k Mpl,y,Rd Wpl,y Rd 24521,4 /100 52,4 km Theorie I. oder II. Ordnung? 2 E I 2 y cr 2 2 Lcr 660 cr 21 0001670 795 k Ed 118 0,148 0,1 795 Die Berechnung muss nach Theorie II. Ordnung erfolgen. Die Ersatzimperfektion w 0 richtet sich nach der Knickspannungslinie. Dieses Profil ist bei Knicken um die y-y-achse der Kurve b zugeordnet (1-1, Tabelle 6.2). l 6,60 w0 0,033 m nach Tabelle 2 200 200 2 2 wed l 3, 20 6, 60 MI Edw0 1180,033 21,3 km 8 8 Sehr genau ist für diesen Lastfall die folgende äherung: MI Ed MII mit q 1 q cr M I 21,3 M II 25,0 km 1q 10,148 Vereinfachter Tragsicherheitsnachweis mit linearer Interaktion in der Biegeebene: M Ed y,ed 118 25,0 0,619 1,00 M 830 52,4 pl,rd pl,y,rd Ersatzstabnachweis der Pendelstütze um die z-z-achse M1 1,10 Knicken z-z-achse Querschnittswerte: I 616 cm z 4 7

ach (1-1, Tabelle 6.2) ist dieses Profil bei Knicken um die z-z-achse der Kurve c zugeordnet. 2 2 EIz 21000616 cr,z 1172 k 2 2 L 330 cr,z cr pl 38,8 23,5 z 0,882 Tabelle 3.1 in [5] z 0,611 1172 b,z,rd Ed b,z,rd za fy 0,61138,8 23,5 506 k M1 1,10 118 0, 233 1,00 506 Biegedrillknicken ohne ormalkraft Querschnittswerte: I 12, 2 cm ; I 616 cm ; I 31 410 cm 4 4 6 t z w h15,2 cm; W 245 cm c pl,y 3 2 2 2 Iw l It 2 0,039 31 410 0,039 330 12,2 135 cm I 616 z 2 2 E Iz cr,z 2 2 21 000616 1172 k l 330 1,35 nach Tabelle 9.3 in [5] 2 2 cr cr 0, 25 p 0,5 p M c z z M cr 1,351172 /100 135 0,257,6 0,57,6 133 km LT Wpl,y fy 24523,5 0,658 M 133 100 cr LT 0,890 nach Tabelle 9.5 in [5] 1 kc 0,86 nach Tabelle 9.6 in [5] 1, 35 f 10,5 1k c 12,0 0,8 2 LT 2 2 f 10,5 10,86 1 2,0 0,658 0,8 0,933 jedoch 1,0 LT 0,890 LT,mod 0,954 1,0 f 0,933 fy 23,5 Mb,Rd LT,mod Wpl,y 0,954245 49,9 km M1 1,10 100 M Ed 25,0 0,501 1, 0 M 49,9 b,rd 8

Interaktionsbeziehung für Biegedrillknicken mit ormalkraft Imperfektionsbeiwert k zy : Ed 118 nz 0, 233 506 b,z,rd Für Querschnittsklasse 1 und 2 gilt: z 0,4 0 h 0,75 CmLT 0, 2 0,8 0,75 0,80 nach Tabelle 10.4 in [5] k zy 0,1znz 0,10,8820, 233 1 1 0,963 C 0, 25 0,8 0, 25 mlt mlt 0,1 nz 0,10, 233 1 1 0,957 C 0, 25 0,8 0, 25 Ed b,z,rd M y,ed 118 25,0 kzy 0,963 0,715 1 M 506 49,9 b,rd Für die Pendelstütze ist auch ein achweis nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung möglich, s. Abschnitt 3. 3 ERSATZIMPERFEKTIOSVERFAHRE 3.1 Berechnungsverfahren a Die Berechnung des Tragwerkes erfolgt nach Theorie II. Ordnung ohne zusätzliche Ersatzstabnachweise und soll hier als Berechnungsverfahren a bezeichnet werden, da es in (1-1, 5.2.2(3)a) und (7)a)) definiert ist. Das Tragwerk ist nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung, bei verdrehweichen Stäben mit Wölbkrafttorsion, zu berechnen, wobei die maßgebenden Bauteilimperfektionen vollständig zu berücksichtigen sind. Dies bedeutet bei unverschieblichen Systemen: Stabvorkümmung e 0 nach (1-1, Tabelle 5.1) Imperfektion für das Biegedrillknicken nach (1-1, 5.3.4(3)). Die Vorverformungen sind in der Regel jeweils in allen maßgebenden Richtungen zu untersuchen, brauchen aber nur in einer Richtung gleichzeitig betrachtet zu werden (1-1, 5.3.2(8)). Der Querschnittsnachweis kann mit einer elastischen oder plastischen Querschnittsinteraktion erfolgen. Es sind keine weiteren Stabilitätsnachweise erforderlich. 3.2 Bemessungswerte der Bauteilimperfektionen Die Ersatzimperfektionen für das Biegeknicken sind in (1-1, Tabelle 5.1) angegeben. In 3 wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der elastischen und plastischen Berechnung um die elastische und die plastische Querschnittsausnutzung handelt, s. korrigierte Tabelle 2. 9

Tab. 2: Bemessungswerte der Vorkrümmung e0/l für Bauteile (korrigiert) Knicklinie nach Tabelle EC 3 EC 3 elastische Querschnittsausnutzung E-E plastische Querschnittsausnutzung E-P e 0 /L e 0 /L a 0 1/350 1/300 a 1/300 1/250 b 1/250 1/200 c 1/200 1/150 d 1/150 1/100 Der achweis des Biegedrillknickens mit planmäßiger Torsion sowie mit und ohne ormalkraft ist i. Allg. mit geometrischen Ersatzimperfektionen nach der Biegetorsionstheorie II. Ordnung zu berechnen. Die anzusetzenden Imperfektionen sind in (1-1, 5.3.4(3)) geregelt. Die Imperfektion für Biegedrillknicken darf mit k e0 angenommen werden, wobei e0 die äquivalente Vorkrümmung um die schwache Achse des Profils ist. Im EC 3 wird der Wert k = 0,5 empfohlen, der nicht richtig ist. Deshalb darf diese Regelung nach dem deutschen A nicht angewendet werden. Im deutschen A sind differenzierte Regelungen angegeben, die in Tabelle 3 angegeben sind. Vereinfacht darf bei Biegedrillknicken mit oder ohne ormalkraft für gewalzte I- und H-Profile folgende Vorkrümmung angesetzt werden: e0 1 L 150 (5) Tab. 3: Bemessungswerte der Vorkrümmung e0/l für Biegedrillknicken Querschnitt gewalzte I-und H-Profile geschweißte I-Profile A A Abmessungen Deutschland Deutschland elastische plastische Querschnittsausnutzung Querschnittsausnutzung hb / 2 1/500 1/ 400 hb / 2 1/ 400 1/300 hb / 2 1/ 400 1/300 hb / 2 1/300 1/ 200 Die Werte sind im Bereich 0,7 1,3 zu verdoppeln. LT Diese Berechnung ist nur mit einem EDV-Programm möglich. Der achweis der Schubspannungen kann im Allgemeinen vernachlässigt werden. Der achweis kann mit der folgenden Gleichung, die aber sehr auf der sicheren Seite liegt, geführt werden. M Ed y,ed Mz,Ed Mw,Ed 1 (6) M M M pl,rd pl,y,rd pl,z,rd pl,w,rd 10

Eine bessere Ausnutzung erhält man mit der folgenden Interaktionsbeziehung, die alle Sonderfälle enthält: Mz,Ed M w,ed 1 M y,ed 1 2 Mpl,z,Rd M pl,w,rd Ed Ed 1 M pl,y,rd 1 pl,rd pl,rd 3.3 Berechnungsbeispiel mit FE-STAB Das Programm FE-STAB wird ausführlich in Abschnitt 7 vorgestellt. 2 (7) Mit diesem Programm kann dieses Beispiel des Wandstiels nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung unter Berücksichtigung von Ersatzimperfektionen berechnet werden. Der achweis erfolgt in diesem Programm nach dem Teilschnittgrößenverfahren von Kindmann. Das Problem ist die Festlegung der Ersatzimperfektion. 11

Es soll hier (1-1, 5.3.2(1)) berücksichtigt werden. Die anzunehmende Form der Imperfektionen eines Gesamttragwerkes und örtlicher Imperfektionen eines Tragwerks kann aus der Form der maßgebenden Eigenform in der betrachteten Ebene hergeleitet werden. Diese kann ebenfalls mit FE-STAB ermittelt werden. Maßgebend ist damit nach dem Bild das seitliche Ausweichen senkrecht zur Biegeebene. Die Ersatzimperfektion w 0 in der Biegeebene richtet sich nach der Knickspannungslinie. Dieses Profil ist bei Knicken um die y-y-achse der Kurve b zugeordnet (1-1, Tabelle 6.2). l 660 w0 3, 30 cm nach Tabelle 2 200 200 Dieser achweis wurde schon geführt. Vereinfachter Tragsicherheitsnachweis mit linearer Interaktion in der Biegeebene: M Ed y,ed 118 25,0 0,619 1,00 M 830 52,4 pl,rd pl,y,rd Mit dem Programm FE-STAB erhält man das folgende Ergebnis: Die maximale Ausnutzung bezieht sich nur auf den nichtlinearen achweis der Querschnittstragfähigkeit. Die nichtlineare Vergrößerung der Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung ist nicht enthalten. Senkrecht zur Biegeebene liegt Druck und Biegung vor. Die Ersatzimperfektion v 0, senkrecht zur Biegeebene für Druck richtet sich nach der Knickspannungslinie. Dieses Profil ist bei Knicken um die z-z-achse der Kurve c zugeordnet (1-1, Tabelle 6.2). l 660 v0, 4, 40 cm nach Tabelle 2 150 150 Die Ersatzimperfektion v 0,M senkrecht zur Biegeebene für Biegung wird nach Tabelle 3 ermittelt. Für dieses gewalzte Profil ist hb / 2. Man erhält für die plastische Querschnittsausnutzung: l 660 v0,m 1, 65 cm nach Tabelle 3 400 400 Dieser Wert ist zu verdoppeln, wenn 0, 7 LT 1,3 gilt. Diese Abfrage kann ebenfalls mit FE- STAB geklärt werden. Die Berechnung erfolgte im vorigen Beispiel: LT Wpl,y fy 24523,5 0,658 0,7 M 133100 cr Das Programm FE-STAB berechnet auch den Verzweigungslastfaktor cr für Biegedrillknicken, der in diesem Fall aber für die Biegung allein zu berechnen ist. 12

Der EC 3 gibt nicht an, wie die Ersatzimperfektion bei Druck und Biegung anzusetzen ist. Es wird deshalb eine lineare Interaktion im Verhältnis der Ausnutzungen der Grenztragfähigkeiten bei Druck und Biegung vorgeschlagen. M 118 25,0 506 v v v 4, 40 1,65 Ed y,ed 1 b,z,rd Mb,Rd 49,9 0 0, 0,M v0 2,80 cm Im Folgenden werden die Ergebnisse von FE-STAB dargestellt. 13

Die maximale Ausnutzung bezieht sich nur auf den nichtlinearen achweis der Querschnittstragfähigkeit. Die nichtlineare Vergrößerung der Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung ist nicht enthalten. Maßgebend ist hier der achweis um die starke Achse. 4 ALLGEMEIES VERFAHRE 4.1 Biegedrillknicken senkrecht zur Biegeebene Das allgemeine Verfahren für Knick- und Biegedrillknicknachweise für Bauteile ist in (1-1, 6.3.4) geregelt. Es ist ebenfalls ein Ersatzstabverfahren, das eine Erweiterung darstellt. Dieses Verfahren kann angewendet werden für Bauteile, die in ihrer Hauptebene belastet werden, mit beliebigem einfach-symmetrischem Querschnitt, veränderlicher Bauhöhe und beliebigen Randbedingungen. Weiterhin können vollständige ebene Tragwerke oder Teiltragwerke, die aus solchen Bauteilen bestehen, nachgewiesen werden. Es ermöglicht den Knick- und Biegedrillknicknachweis für Druck und/oder Biegung. Das allgemeine Verfahren darf auch für den konstanten Querschnitt angewendet werden. Bisher kann aber kein Biegemoment um die schwache Achse berücksichtigt werden. Der achweis wird mit folgendem Kriterium geführt: op M1 ult,k 1, 0 (8) 14

Der Abminderungsfaktor op folgt aus dem Schlankheitsgrad: op ult,k (9) cr,op Dieser achweis soll an dem folgenden Beispiel eines Trägers erläutert werden. Abb. 5 Beispiel nach dem allgemeinen Verfahren Zunächst ist das Tragwerk in der Biegeebene unter Berücksichtigung der Imperfektionen nach Theorie II. Ordnung zu berechnen. Der achweis lautet vereinfacht mit der linearen Interaktion: Ed pl,rd M y,ed 1 M (10) pl,y,rd Die charakteristische Tragfähigkeit des maximal beanspruchten Querschnittes lautet dann: M Ed y,ed 1 (11) M Rk Rk ult,k ult,k ist der kleinste Vergrößerungsfaktor der Bemessungswerte der Belastung, mit dem die charakteristische Tragfähigkeit des Querschnittes erreicht wird. cr,op ist der kleinste Vergrößerungsfaktor der Bemessungswerte der Belastung, mit dem die Verzweigungslast senkrecht zur Biegeebene erreicht wird. Die Werte ult,k und cr,op können mit Hilfe von Programmen berechnet werden. Mit der Schlankheit op werden die Abminderungsfaktoren bestimmt. für Knicken nach (1-1, 6.3.1) LT für Biegedrillknicken nach (1-1, 6.3.2) Der EC 3 sieht zwei Verfahren für den achweis nach (8) vor. a) Der Abminderungsfaktor op ist der kleinste dieser beiden Werte. b) Zwischen den beiden Werten darf interpoliert werden. Der A Deutschland erlaubt nur das Verfahren a). Für Biegedrillknicken gilt der allgemeine Fall, d. h. die Knicklinie nach (1-1, Tabelle 6.4). Wird der achweis mit der maximalen Spannung Ed aus Druck und Biegung geführt, was bei Querschnittsklasse 3 erforderlich ist, kann der achweis nach Gleichung (8) folgendermaßen formuliert werden: fy ult,k Ed cr cr,op Ed (12) 15

op Ed op fy (13) Rd cr 1, 0 Ist der Verzweigungslastfaktor cr,op für Druck und Biegung nicht bekannt, dagegen die einzelnen Werte, gilt mit der Dunkerleyschen Überlagerungsformel: 1 M Ed y,ed 1 1 M (15) cr,op cr cr cr, cr,m 1 M Ed y,ed (16) M ult,k Rk Rk op Ed cr Ed Rk M M M M y,ed cr y,ed Rk Der folgende achweis kann anstelle von Gleichung (8) für Verfahren a) angewendet werden: Ed M M y,ed op pl,rd op pl,y,rd 1 Diese Gleichung kann auch in folgender Form für die Interaktion nach Verfahren b) benutzt werden: Ed Kommentar M y,ed M pl,rd LT pl,yrd 1 Das allgemeine Verfahren ist bei Trägern mit konstantem Querschnitt im Vergleich zu dem Ersatzimperfektionsverfahren eine wirtschaftliche Alternative, wenn das Verfahren b) nach Gleichung (19) angewendet werden darf. Dies ist nach dem A Deutschland nicht erlaubt. In Deutschland ist es aber für Träger mit veränderlichem Querschnitt anzuwenden. In diesem Fall sind Programme anzuwenden, die den Verzweigungslastfaktor cr,op berechnen können. Die Zuordnung der gevouteten Träger zu den Knicklinien ist im EC 3 nicht eindeutig geregelt. Im A Deutschland wird deshalb angegeben, dass für das Biegedrillknicken die Abminderungsfaktoren für den allgemeinen Fall anzuwenden sind. In 6 wird vorgeschlagen, dass nur geschweißte Träger mit voutenförmiger Ausbildung über die gesamte Länge in den allgemeinen Fall einzuordnen sind. Bei Rahmenriegeln, die nur im Endbereich geschweißte Vouten haben, dürfen nach 6 dagegen die Werte der Knicklinien für den speziellen Fall angewendet werden. Dabei ist für h/b der konstante Querschnitt maßgebend. Der Faktor f darf ebenfalls berücksichtigt werden. (14) (17) (18) (19) 16

4.2 Berechnungsbeispiel mit FE-STAB Es soll das Beispiel des Wandstiels mit konstantem Querschnitt nach Gleichung (19) berechnet werden. Das Programm FE-STAB berechnet auch den Verzweigungslastfaktor cr,op, aber nur für den konstanten Querschnitt. Die Berechnung in der Biegeebene nach Theorie II. Ordnung kann auch mit anderen Programm durchgeführt werden. achweis in der Biegeebene: Die Berechnung der Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung in der Biegeebene wird aus Abschnitt 2.3 übernommen. Es ist ein achweis mit linearer Interaktion zu führen. M M 25,0 km y,ed Ed Ed pl,rd II 118 k M y,ed 118 25,0 0,619 1,00 M 830 52,4 pl,y,rd achweis senkrecht zur Biegeebene: cr,op 5, 60 mit FE-STAB berechnet, siehe Eigenform des Systems 1 M Ed y,ed 118 2500 M 38,8 23,5 24523,5 ult,k Rk Rk ult,k 1, 77 Dimensionslose Schlankheit: op ult,k 1, 77 0,562 5, 60 cr,op für Knicken nach (1-1, 6.3.1) c 0,807 nach Tabelle 3.1, Knicklinie c, in [5] LT für Biegedrillknicken nach (1-1, 6.3.2) LT 0,933 nach Tabelle 9.5, Knicklinie b, in [5] M Ed y,ed 118 2500 0,687 1 M 0,807 38,821,4 0,93324521,4 pl,rd LT pl,yrd ach dem ationalem Anhang gilt das Verfahren a) mit Gleichung (18): für Knicken nach (1-1, 6.3.1) c 0,807 nach Tabelle 3.1, Knicklinie c, in [5] LT für Biegedrillknicken nach (1-1, 6.3.2) LT 0,903 nach Tabelle 9.3, Knicklinie a, in [5] M Ed y,ed 118 2500 0,767 1 M 0,807 38,8 21, 4 0,807 24521, 4 op pl,rd op pl,yrd Der Unterschied beträgt ca. 12 %. 17

5 FLIEßZOETHEORIE 5.1 Eingangswerte für die Fließzonentheorie Der achweis mit nichtlinearer Fließzonenberechnung stellt nach aktuellem Stand der Technik die genaueste Methode dar, das Tragverhalten von biegedrillknickgefährdeten Querschnitten abzubilden. Dieses Verfahren wird in der Stahlbau-Praxis allerdings kaum durchgeführt, da neben spezieller FEM-Software auch entsprechende Kenntnisse und Erfahrung nötig sind, um die Ergebnisse sinnvoll auswerten zu können. Tab. 4: Eigenspannungsverteilung für Walzprofile aus [7] Bei der Berechnung nach der Fließzonentheorie sind neben der geometrischen Imperfektion von L/1000 auch die Eigenspannungen aus der Herstellung der Walzprofile zu berücksichtigen. Die Tabelle 4 zeigt verschiedene Vorschläge für die Eigenspannungsverteilung von Walzprofilen. Die Berechnungen in diesem Beitrag erfolgen hier mit dem Programm KSTAB-FZ [7] und der Eigenspannungsverteilung nach der EKS Veröffentlichung. 5.2 Sicherheitskonzept Die folgenden Anmerkungen gehen um die Frage, welche Auswirkungen der Teilsicherheitsfaktor M1 bei Stabilitätsproblemen hat. Für den Druckstab nach Abb. 6 gilt: 2 2 b,rk A fy cr EI Ed I b,rd A fyd 2 2 M1 M1 M1 M1 Lcr Lcr (20) fy E mit fyd und Ed M1 M1 Der Teilsicherheitsfaktor M1 bezieht sich in diesem Fall nicht auf den Werkstoff, sondern auf ein stabilitätsgefährdetes Bauteil. Dies bedeutet z. B. für das Biegeknicken, dass die zentrische Trag- 18

fähigkeit, die durch Versuche bestimmt (Knicklinien) oder durch genaue Berechnungen nach der Fließzonentheorie ermittelt werden, durch M1 zu dividieren ist. χ 1 pl realer Druckstab b,rk idealer Druckstab cr Knicklinie 1 2 Abb. 6 Dimensionslose Darstellung des Tragsicherheitsnachweises Die Knicklinien werden durch 2 Asymptoten begrenzt: A f 1. pl y 2. 2 EI cr 2 Lcr Der Teilsicherheitsfaktor M1 ist demnach im 1. Fall auf die vollplastische ormalkraft A fy und im 2. Fall die Biegesteifigkeit E I zu beziehen, da alle diese Werte Streuungen unterworfen sind. Bei einer Berechnung wird der Teilsicherheitsfaktor M1 vereinfacht im 1. Fall auf die Streckgrenze fy und im 2. Fall auf den Elastizitätsmodul E bezogen. Was bedeutet dies für die FEM-Berechnung für den Teilsicherheitsfaktor M1? Wird die zentrischen Tragfähigkeit einer Stahlstütze nach der Fließzonentheorie unter Berücksichtigung von strukturellen und geometrischen Imperfektionen berechnet, was der EC 3 erlaubt, gibt es 2 Möglichkeiten: 1. Es wird die Stahlstütze mit E und fy berechnet und abschließend durch M1 geteilt. 2. Es wird die Stahlstütze mit Ed E/ M1und fyd fy / M1 berechnet. Die Vergleichsrechnungen sind in den folgenden Beispielen für 2 Profile und 4 Schlankheiten angegeben. Die Berechnungen wurden mit dem folgenden Programm durchgeführt, das von Herrn Wolf (Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden) im Rahmen seiner Dissertation erstellt wurde. 19

BEISPIELE Berechnung der zentrischen Tragfähigkeit von Stahlstützen 2 2 Werkstoff: S 235 E 21000 k/cm f 23,5 k/cm Teilsicherheitsfaktor: M1 1,10 Berechnung: Fließzonentheorie geometrische Imperfektion mit L cr /1000 Eigenspannungen nach EC-Vorschlag b,e,fy zentrische Tragfähigkeit mit b,e,fyd zentrische Tragfähigkeit mit y 2 E 21000 k/cm 2 E 21000 k/cm f 23,5 k/cm 2 y f 21,36 k/cm b,ed,fyd zentrische Tragfähigkeit mit Ed 19090 k/cm fyd 21,36 k/cm zentrische Tragfähigkeit nach EC 3-1-1 mit M1 1,10 b,rd Profil: HEA 200 S 235 Beanspruchung: y-y-achse Kurve b L cr b,e,fy b,e,fy /1,1 b,e,fyd b,ed,fyd b,rd cm k k k k 0,2 1150 0,4 311 1192 1083 1084 1082 1065 1,0 778 825 750,0 770,4 734,0 686,6 2,0 1556 286,0 260,0 281,1 258,0 240,9 Profil: IPE 300 S 235 Beanspruchung: y-y-achse Kurve a L cr b,e,fy /1,1 b,e,fyd b,ed,fyd b,rd cm k k k k 0,2 1150 0,4 468 1195 1086 1088 1086 1095 1,0 1170 875,8 796 816,2 785,9 765,2 2,0 2341 288,5 262,3 285,5 261,6 256,3 yd 2 2 2 20

Profil: HEA 200 S 235 Beanspruchung: z-z-achse Kurve c L cr b,e,fy b,e,fy /1,1 b,e,fyd b,ed,fyd b,rd cm k k k k 0,2 1150 0,4 187 1101 1001 1004 1000 1032 1,0 468 677,9 616,3 621,6 602,0 620,9 2,0 936 260,1 236,5 250,2 231,8 225,6 Profil: IPE 300 S 235 Beanspruchung: z-z-achse Kurve b L cr b,e,fy b,e,fy /1,1 b,e,fyd b,ed,fyd b,rd cm k k k k 0,2 1150 0,4 126 1167 1061 1059 1054 1065 1,0 315 746 678,2 699,0 674,9 686,4 2,0 629 269,6 245,1 262,8 243,8 240,8 Die Ergebnisse zeigen Folgendes: Die Tragfähigkeiten nach dem 2. Verfahren sind etwas kleiner, aber unwesentlich. Diese treffen aber für das Stabilitätsproblem eher zu, da sie den Teilsicherheitsfaktor M1 richtig erfassen. In dem 1. Verfahren handelt es sich um einen globalen Sicherheitsfaktor. Das 2. Verfahren wird hier für eine Berechnung nach der Fließzonentheorie empfohlen. Es erleichtert auch die praktische Berechnung. Beispiel: Profil: IPE 300 S 235 Beanspruchung: y-y-achse Kurve a 2,0 b,e,fy 288,5 k b,e,fyd 285,5 k kein Einfluss der Streckgrenze Diese Berechnung ist nicht richtig. Es ist ja allgemein bekannt, dass im schlanken Bereich eine höhere Streckgrenze keine nennenswerte Erhöhung der Tragfähigkeit bringt. 2,0 b,e,fy /1,1 262,3 k b,ed,fyd 261,6 k Diese Berechnung ist richtig. Wenn nur mit f yd gerechnet wird, beträgt der Fehler in diesem Fall 9,1 %. 285,5 1,091 261,6 21

5.3 Berechnungsbeispiel mit KSTAB-FZ Es soll das Beispiel des Wandstiels mit konstantem Querschnitt berechnet werden. Berechnung: Fließzonentheorie geometrische Imperfektion mit L cr /1000 Eigenspannungen nach EC-Vorschlag Ed 19090 k/cm 2 f 21,36 k/cm yd Im Folgenden werden die Ergebnisse von KSTAB-FZ angegeben. 2 Maximale Ausnutzung des Tragwerkes: 0,626 Maximale Ausnutzung des Tragwerkes: 0,641 Maßgebend ist auch hier der achweis mit der geometrischen Imperfektion um die starke Achse. Maximale Ausnutzung des Tragwerkes: 0,654 6 VERGLEICH DER ACHWEISVERFAHRE 6.1 Allgemeines In der Masterthesis "Vergleich der Berechnungsverfahren für biegedrillknickgefährdete Bauteile nach Eurocode 3" hat Kiel 4 folgende achweisverfahren im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht. das Ersatzstabverfahren das allgemeine Verfahren das Ersatzimperfektionsverfahren die Fließzonentheorie 22

Alle theoretischen Grundlagen sind in den vorherigen Abschnitten angegeben. Es werden Traglastkurven für einen Einfeldträger erstellt und zwei Belastungssituationen untersucht: Belastungsfall A: Druckkraft und Gleichstreckenlast Belastungsfall B: Druckkraft und Eckmoment Für die Querschnitte werden die in Tabelle 5 aufgeführten Walzprofile der Reihen HEA und IPE mit den Schlankheiten LT 0, 6, LT 1, 0 und LT 1, 4 gewählt. Hierbei werden jeweils Querschnitte mit einem Verhältnis h b 2,0 und h b > 2,0 berücksichtigt. Tab. 5: Übersicht untersuchter Profile Profil h/b HEA 200 HEA 700 IPE 200 IPE 600 In den folgenden Bildern sind die Ergebnisse für das Profil IPE 200 mit Gleichstreckenlast und Druck dargestellt. Auf der Abszisse ist das ertragbare Biegemoment und auf der Ordinate die ertragbare ormalkraft dargestellt. Die Kurvenverläufe sind bei dem Profil IPE 600 ähnlich. 23

6.2 Berechnungsergebnisse Gleichstreckenlast mit Druckkraft LT 0,6 L cr = 130,5 cm Die Traglastkurven liegen im gedrungenen Bereich dicht beieinander. Überschreitungen gegenüber der Fließzonentheorie treten nur bei dem Ersatzimperfektionsverfahren auf. Das allgemeine Verfahren liegt in diesem Fall noch unterhalb der Kurve des Ersatstabverfahrens. Berücksichtigt man die Einschränkungen des ationalen Anhangs für das allgemeine Verfahren, dann reduzieren sich diese Werte um maximal 5 %. 24

Gleichstreckenlast mit Druckkraft LT 1, 0 L cr = 266,5 cm Diese Kurven repräsentieren den mittelschlanken Bereich. Die Traglastkurven liegen auch im mittelschlanken Bereich dicht beieinander. Überschreitungen gegenüber der Fließzonentheorie treten insbesondere bei dem Ersatzimperfektionsverfahren auf. Das allgemeine Verfahren stimmt in diesem Fall nahezu mit der Fließzonentheorie überein. Berücksichtigt man die Einschränkungen des ationalen Anhangs für das allgemeine Verfahren, dann reduzieren sich diese Werte um maximal 12 %. 25

Gleichstreckenlast Mit Druckkraft LT 1, 4 L cr = 492,5 cm Diese Kurven repräsentieren den schlanken Bereich. Die Traglastkurven sind sehr unterschiedlich. Überschreitungen gegenüber der Fließzonentheorie treten bei dem Ersatzimperfektionsverfahren und dem allgemeinen Verfahren auf. Das allgemeine Verfahren folgt dem Verlauf oberhalb der Kurve der Fließzonentheorie. Berücksichtigt man die Einschränkungen des ationalen Anhangs für das allgemeine Verfahren, dann reduzieren sich diese Werte um maximal 12 %. 26

Auf Grundlage der durchgeführten Vergleichsrechnungen für den Standardfall eines Einfeldträgers können folgende Erkenntnisse und Anwendungsempfehlungen formuliert werden: Die Berechnung nach der Fließzonentheorie liefert nach aktuellem Stand der Forschung die genaueste Darstellung des Tragverhaltens. Im Eurocode fehlen aber wichtige Angaben für die Berechnung. Dies betrifft insbesondere die Eigenspannungsverteilung und die anzusetzenden geometrischen Imperfektionen. Hinweise sind im Kommentar zum Eurocode 3 angegeben, die hier berücksichtigt wurden. Dieses Verfahren wird bisher in der Stahlbau-Praxis allerdings kaum angewendet, da neben spezieller FEM-Software auch entsprechende Kenntnis und Erfahrung nötig sind, um die Ergebnisse sinnvoll auswerten zu können. Das Ersatzstabverfahren liegt gegenüber der Fließzonentheorie im Allgemeinen auf der sicheren Seite. Da für die Berechnung der Verzweigungslasten cr und Mcr für viele Anwendungsfälle geschlossene Lösungen vorliegen, ist dieses Verfahren besonders für die Handrechnung geeignet. Es wird in der Praxis deshalb am häufigsten angewendet. Eine wirtschaftliche Bemessung mit dem allgemeinen Verfahren nach EC3 ist für Träger mit konstantem Querschnitt durch die Einschränkungen des deutschen ationalen Anhangs beeinträchtigt. Die daraus folgenden Reduzierungen liegen zwischen 5 % und 12 %. Das wirtschaftlichste Verfahren ist das Ersatzimperfektionsverfahren. Die Berechnung ist nur mit entsprechenden Programmen möglich. Die Ergebnisse liegen z. T. auch auf der unsicheren Seite gegenüber der Fließzonentheorie. Dazu ist anzumerken, dass im Kommentar Überschreitungen gegenüber der genauen Berechnung bis zu 10 % toleriert werden. 27

7 PROGRAMME FÜR BIEGEDRILLKICKE 7.1 Allgemeines Da die achweisverfahren i. Allg. die utzung von Berechnungssoftware voraussetzen, wird an mehreren Tragsystemen verglichen, welche Verzweigungslastfaktoren αcr bzw. Verzweigungslasten von verschiedenen Programmen ermittelt werden. Hierbei werden sowohl kommerziell vertriebene Software als auch Freeware untersucht, die im Regelfall aus der Hochschulforschung hervorgegangen ist. Im Folgenden werden die im Rahmen der Masterthesis von Kiel untersuchten Programme hinsichtlich ihrer Funktionalität für die Untersuchung von Biegedrillknicken und der relevanten Einflussfaktoren vergleichend dargestellt. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Programme der Übersichtlichkeit halber in reduzierter Form präsentiert werden und für weitergehende Informationen auf die entsprechenden Vertriebswege und Quellen [8] und [9] verwiesen wird. 7.2 LTBeam LTBeam wurde vom CTICM (Centre Technique Industriel de la Construction Métallique) in Frankreich entwickelt und stellt eine Weiterführung des Programms LTBeam dar. Es dient der Bestimmung der Verzweigungslasten und ermöglicht in der weiterentwickelten Fassung nun auch die Berücksichtigung von ormalkräften. Abb. 7 Benutzeroberfläche LTBeam v. 1.0.2 Der Funktionsumfang umfasst die Schnittgrößenermittlung nach Theorie I. und II. Ordnung in der Biegeebene und insbesondere die Stabilitätsuntersuchung senkrecht zur Biegeebene durch FEM; Querschnitts- oder Bauteilnachweise werden nicht geführt. 28

Das Programm ermöglicht die Untersuchung von in der Ebene belasteten Bauteilen, wobei neben einer Vielzahl von Regelprofilen auch die Vorgabe benutzerdefinierter Querschnitte zur Auswahl steht. Die Benutzeroberfläche (s. Abb. 7) erlaubt eine schnelle und komfortable Dateneingabe, da nahezu alle Eingabemasken in dem Hauptfenster des Programms aufgerufen werden und Änderungen direkt in der Systemgrafik übernommen werden, was die Kontrolle der Dateneingabe stark erleichtert. Es können sämtliche Lagerungsbedingungen inklusive Federsteifigkeiten und exzentrischer Positionierung der Lager sowie Schubfeldsteifigkeiten angesetzt werden. LTBeam ist kostenfrei erhältlich, die Dokumentation ist jedoch bisher nur in französicher Sprache und nicht sehr ausfühlich. 7.3 FE-STAB Das Programm FE-STAB wurde an der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. R. Kindmann entwickelt und wird kostenfrei auf der Hochschul-Homepage zur Verfügung gestellt. Abb. 8 Ausschnitt Benutzeroberfläche FEStab mit MS Excel 2010 Das Programm ermöglicht die Schnittgrößenberechnung und Bemessung für stabförmige Stahlbauteile unter Einsatz der Finite-Element-Methode und des Teilschnittgrößenverfahrens nach [10]. Grundlage der Berechnung ist die vollständige Stabtheorie unter Berücksichtigung aller 7 Verschiebungsgrößen. Die Berechnung ist dabei auf geradlinige Stäbe mit konstantem Querschnitt beschränkt, wobei die Vorgabe allgemeiner Querschnitte durch den utzer möglich ist. 29

Die Lagerungsbedingungen ermöglichen neben der Vorgabe baustatisch üblicher Auflager die Berücksichtigung von Schubfeldern und Streckenfedern. Einzellager oder federn können nicht exzentrisch am Querschnitt modelliert werden und somit ist z. B. die punktuelle Stützung eines Gurtes nicht möglich. Das Programm basiert auf Visual Basic und nutzt als Benutzeroberfläche MS Excel (s. Abb. 8), die sich in eine Eingabe- und mehrere Ausgabemasken unterteilt. Hier können nach der Eingabe aller Daten zu Querschnitten, Lagerungsbedingungen und Belastungen die Berechnungsergebnisse separat aufgerufen werden. 7.4 DRILL DRILL ist ein Berechnungsprogramm zur Ermittlung der kritischen Verzweigungslastfaktoren von Stahlbauträgern. Zusätzlich kann eine Bemessung nach DI 18800 oder nach Spannungstheorie II. Ordnung erfolgen. Die Software ist ursprünglich von Prof. Friemann für den Lehrbetrieb an der TU Darmstadt entwickelt worden und wird inzwischen von der FIDES DV-Partner GmbH kommerziell vertrieben. Die Dateneingabe erfolgt tabellarisch mittels Eingabemasken und wird zumeist durch Grafiken zur Kontrolle ergänzt. Bei der Profileingabe kann der utzer auf eine große Auswahl von Regelprofilen zurückgreifen oder eigene Profile auf Basis diverser Sonderformen anlegen. Es werden geradlinige Träger mit maximal 10 Feldern berechnet, wobei hier Trennungen bei einem Sprung der Querschnittsgeometrie (Vouten) zu berücksichtigen sind. Die Lagerungsbedingungen umfassen Punktlager oder federn einschließlich der Eingabe von Wölb-, Dreh- und Schubfeldern mit beliebiger Bezugshöhe am Querschnitt. DRILL bietet damit von allen betrachteten Programmen die umfassendste Möglichkeit zur Eingabe der Lagerbedingungen. Auf der Lastseite können ormalkräfte und beliebige Belastungen in der Biegeebene einschließlich zweiachsiger Biegung mit Eingabe von Exzentrizitäten berücksichtigt werden. 7.5 BTII Das Programm BTII wird von der FRILO Software GmbH vertrieben und dient der achweisführung für die Grenzzustände der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit von offenen oder geschlossenen Stahlprofilen. Die achweisführung unterstützt die DI 18800 und den EC 3 einschließlich diverser nationaler Anhänge und erfolgt auf Basis der Biegetorsionstheorie II. Ordnung. Die Systemgeometrie ist auf geradlinige Stabverläufe beschränkt, wobei jedoch Querschnittsänderungen zulässig sind. Die Eingabe von Lagerungsbedingungen umfasst neben den üblichen Knotenlagern auch Festlager und Federungen mit variabler Bezugshöhe am Querschnitt und ermöglicht somit die Berücksichtigung von Lager- und Bettungsbedingungen an den Gurten. Hervorzuheben ist im Rahmen der untersuchten Programme die Möglichkeit, bewegliche Lasten einzugeben und Kranbahnträger zu bemessen. 30

Abb. 9 Benutzeroberfläche BTII 7.6 ConSteel ConSteel ist ein von der ConSteel Solution GmbH entwickeltes Bemessungsprogramm für räumliche Tragwerke im Stahl- und Verbundbau. Als Grundlage für die gesamte Bemessung dient die räumliche FE-Berechnung unter Berücksichtigung aller 7 Freiheitsgrade. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass mit diesem Programm auch Rahmen mit veränderlichem Querschnitt berechnet werden können. Der Funktionsumfang soll den Anspruch an eine vollständig integrierte Bemessung erfüllen und umfasst neben linearer und nichtlinearer Ermittlung von Schnittgrößen und Verformungen die achweisführung nach EC 3 mit A und die Ermittlung von Eigenformen und Verzweigungslastfaktoren. Die Bedienung erfolgt ähnlich wie bei branchenüblichen Programmen wie RStab über eine grafische CAD-Oberfläche, in der alle Bauteile, Randbedingungen und Lasten direkt eingegeben werden können. eben umfangreichen Bibliotheken für Materialien und Querschnitt stehen dem utzer auch Schnittstellen zu anderen Programmen sowie Zusatzmodule für die Anschlussmodellierung zur Verfügung. 7.7 Zusammenfassung Die untersuchten Programme decken ein weites Spektrum der verfügbaren Software ab, die zum achweis stabilitätsgefährdeter Bauteile genutzt werden kann. Die kommerziell ausgerichteten Softwarepakete bieten in der Regel einen erheblich größeren Funktionsumfang, der über die im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Fragestellungen hinausgeht. 31

Tab. 6: Übersicht der Programmfunktionen der eingesetzten Software LTBeam FE-STAB DRILL BTII+ ConSteel Version 1.0.2 2014 2011 2014 9.0 Entwickler CTICM RUB FIDES DV- Partner GmbH FRILO Software GmbH ConSteel Solution GmbH kommerziell nein nein ja ja ja Bemessung nicht verfügbar TSV DI DI 18800 EC 3 18800 + EC 3 System Querschnittsänderungen ja nein ja ja ja Stabachsen gerade gerade gerade gerade beliebig Lagerungsbedingungen Exzentrische Lager ja nein ja ja ja Schubfeldsteifigkeit ja ja ja ja ja In Tabelle 6 ist die Implementierung der relevanten Einflussfaktoren in den untersuchten Programmen dargestellt. Es wird deutlich, dass einige Programme bei einigen der folgenden Vergleichsrechnungen aufgrund nicht implementierter Funktionen aus der jeweiligen Betrachtung entfallen müssen. Unabhängig davon, erlaubt die Auswahl von Einflussfaktoren genug Untersuchungsmöglichkeiten, um durch die folgende Parameterstudie eine Aussage dazu treffen, welches Programm für die weiteren Untersuchungen weitergenutzt wird. 8 PARAMETERSTUDIE 8.1 Zielsetzung Die verwendeten Programme werden zunächst anhand des Standardfalls eines gabelgelagerten Einfeldträgers unter ormalkraft und einachsiger Biegebelastung verglichen. Anschließend werden Systeme untersucht, die relevante Einflussfaktoren für das Biegedrillknicken als Versagensform umfassen. Im Einzelnen werden untersucht: Träger mit seitlicher Stützung Träger mit Schub- und Drehbettung Voutenartige Träger Als Grundlage dienen hierbei die in [5] betrachteten Fälle, die durch Tragsysteme aus [11] ergänzt werden. 8.2 ormalkraft und Biegung Einleitend wird das ideelle Biegedrillknickmoment Mcr für einen gabelgelagerten Einfeldträger unter zentrischer Druckkraft und Gleichstreckenlast am Obergurt nach Abb. 10 untersucht. 32

IPE 200 S235 zp = -h/2 Abb. 11 Basissystem 1: Einfeldträger + M Es wird das maximal aufnehmbare Biegemoment zum Erreichen der Verzweigungslast in Abhängigkeit von der aufgebrachten ormalkraft untersucht. Die Interaktionskurven sind in Abb. 12 dargestellt. Abb. 12 Interaktion der Verzweigungslastfaktoren für Druck und Biegung Es wird deutlich, dass die Ergebnisse von LTBeam und DRILL faktisch identisch sind, während sowohl FE-STAB als auch ConSteel geringfügig höhere Biegemomente zulassen. Der maximale Bereich der Streuung des Durchschnittswerts liegt bei 7,16 Prozent bei 0,9 cr und nimmt bei abnehmender ormalkraft ab. Einelineare Interaktion liegt auf der sicheren Seite. 8.3 Seitliche Stützung Für das im Kapitel 8.2 betrachtete Beispiel wird im Folgenden das ideelle Biegedrillknickmoment unter dem Ansatz einer punktuellen seitlichen Stützung am Obergurt berechnet. 33

IPE 200 S235 zp = -h/2 Abb. 13 Basissystem 2: seitliche Stützung Die Stützung verhindert die seitliche Verschiebung v und wird für verschiedene Positionen entlang der Stabachse untersucht. Tab. 7: Übersicht Mcr bei seitlicher Stützung des Obergurts r. a/l Mcr [km] LTBeam FE-STAB DRILL BTII+ ConSteel Ø 1.0 0 21,82 21,75 22,00 21,99 21,90 21,89 1.1 0,1 35,74 reine 36,00 35,98 35,80 35,88 1.2 0,2 41,47 Obergurt- 41,74 41,73 41,60 41,64 1.3 0,3 49,37 Stützung 49,64 49,64 49,50 49,54 1.4 0,4 59,11 nicht 59,42 59,42 59,20 59,29 1.5 0,5 65,08 möglich 65,40 65,40 65,10 65,25 Aus den in Tabelle 7 dargestellten Ergebnissen für das berechnete Biegedrillknickmoment wird deutlich, dass die Abweichungen zwischen den einzelnen Programmen vernachlässigbar klein sind. Hierbei sind die Werte von Drill und BTII+ faktisch identisch während LTBeam und ConSteel zwar Abweichungen zeigen, im Fall von ConSteel allerdings am nächsten an dem Mittelwert liegen. Tab. 8: Übersicht Lasterhöhungsfaktoren IPE 200 mit seitlicher Stützung Stützung bei a/l = 0,4 Verzweigungslasten cr [km] M cr [km] Abweichung Δα cr,m = 5,67 % bei 0,9 cr LTBeam DRILL ConSteel 285,45 284,55 284,0 59,11 59,42 59,20 34

Tabelle 8 zeigt beispielhaft die Interaktion der Verzweigungslastfaktoren bei Druck und Biegung. BTII+ wurde hier nicht berücksichtigt, da es nicht möglich war, die Verzweigungslastfaktoren für eine kombinierte Beanspruchung zu ermitteln. Die Abweichungen sind sehr gering. 8.4 Drehfeder und Drehbettung IPE 200 S235 zp = -h/2 Abb. 14 Basissystem 3: Drehfeder Tab. 9: Übersicht Mcr mit Drehfeder in Feldmitte k ϑ r. [km] 2.0 0 2.1 10 2.2 20 2.3 30 2.4 40 2.5 M cr [km] LTBeam FE-STAB Drill BTII+ ConSteel 21,82 21,75 22,00 21,99 22,00 39,92 38,87 39,04 39,06 39,10 49,01 48,92 49,11 49,15 49,10 56,00 55,86 56,10 56,15 56,10 61,14 60,96 61,25 61,29 61,20 65,08 64,72 65,40 65,41 65,20 35

Tab. 10: Übersicht Mcr mit drehelastischer Bettung1 c ϑ r. [km/m] 4.0 0 4.1 6,67 4.2 13,3 4.3 20 4.4 26,7 4.5 M cr [km] LTBeam FE-STAB DRILL BTII+ ConSteel 21,82 21,75 22,00 21,99 22,00 52,17 52,14 52,28 52,40 52,40 70,64 70,61 70,78 70,77 70,80 85,24 85,20 85,45 85,38 85,40 97,58 97,53 97,87 97,72 97,80 182,83 182,77 184,46 183,07 183,10 8.5 Schub- und Drehbettung Die Einflüsse bei gleichzeitigem Ansatz von Schub- und Drehbettung werden anhand des Beispiels aus Abschnitt 9.13.4 in [5] untersucht. Bei dem System nach Abb. 15 handelt es sich um einen Zweifeldträger mit einer am Obergurt angreifenden Gleichstreckenlast. IPE 240 S235 zp = -h/2 Abb. 15 Zweifeldträger mit Drehbettung und Schubbettung 36

Tab. 11: Übersicht Mcr für einen Zweifeldträger mit Schub- und Drehbettung2 r. S c ϑ M cr [km] [k] [km/m] LTBeam FE-STAB DRILL ConSteel 5.0 0 0 56,96 57,03 57,55 57,28 5.1 0 9,08 153,62 153,55 153,91 153,67 5.2 3665 0 169,44 167,28 169,70 167,92 5.3 3665 9,08 323,61 327,96 344,00 328,33 5.4 8010 0 173,52 172,37 176,06 173,82 5.5 8010 9,08 329,11 333,21 351,70 333,45 5.6 16200 0 175,95 176,14 179,09 176,62 5.7 16200 0,52 192,50 192,92 196,08 193,33 Das Programm ConSteel ist ebenfalls berücksichtigt, da mit der neuesten Programmversion eine Berechnung mit Schubfeldern möglich ist. Die Ergebnisse stimmen wiederum gut überein. ur bei DRILL sin die Werte etwas höher, sobald Schubfeldsteifigkeit und Drehbettung gleichzeitig angesetzt werden (s. r. 5.3 und r. 5.5). 37

8.6 Voutenartige Träger Es wird der Verzweigungslastfaktor für ein eingespanntes Schweißprofil mit symmetrischer Voute entlang der gesamten Systemlänge nach Abb. 16 untersucht. Der Träger wird durch eine Einzellast am Trägerende belastet, deren Angriffspunkt variiert. L Flansch: Bl: 160-10 Steg: Bl. 260/140-6 Abb. 16 Basissystem Kragträger symmetrischer Voute Tab. 12: Übersicht Mcr für einen einen Kragträger mit symmetrischer Voute r. 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 Lastangriff Obergurt Schwerpunkt Untergurt L [m] M cr [km] LTBeam DRILL BTII+ ConSteel 4,0 31,83 34,02 32,76 33,72 6,0 14,86 15,15 14,61 15,04 8,0 8,26 8,36 8,08 8,31 4,0 56,19 56,07 55,06 55,62 6,0 20,31 20,33 19,90 20,17 8,0 10,10 10,16 9,91 10,09 4,0 70,70 70,64 69,95 69,89 6,0 23,75 23,80 23,44 23,60 8,0 11,37 11,43 11,21 11,35 Die ermittelten Werte Mcr nach Tabelle 12 stimmen bei einem symmetrischen Voutenverlauf in weiten Bereichen gut überein. 38

8.7 Rahmenriegel mit Voute Aufbauend auf dem zuvor betrachteten Basissystem mit linearer Querschnittsänderung über die gesamte Bauteillänge wird repräsentativ das in Abb. 17 dargestellte System untersucht. Abb. 17 Basissystem Rahmenriegel mit Voute aus [11] Das System stellt repräsentativ eine Hälfte eines Rahmenriegels mit einseitiger Voute dar. Bei gleichbleibender Systemlänge wird der relative Längenanteil der Voute, über den die Steghöhe des Dreiblechquerschnitts linear abnimmt, stufenweise variiert. Tab. 13: Übersicht αcr für einen Rahmenriegel mit Voute r. a/l α cr LTBeam DRILL ConSteel 7.0 0,2 1,137 0,834 1,120 7.1 0,4 1,154 0,869 0,920 7.2 0,6 0,941 0,891 0,780 7.3 0,8 0,914 0,901 0,830 7.4 1,0 0,961 0,901 0,850 39

Die Untersuchung des Rahmenriegels zeigt sehr inkonsistente Ergebnisse für den ermittelten Verzeigungslastfaktor bei gegebener Belastung (s. Tabelle 13). Während die Ergebnisse von LTBeam und ConSteel zwar Abweichungen von bis zu 23 Prozent aber eine ähnliche Abhängigkeit von der Voutenlänge zeigen, kann bei DRILL effektiv keine Änderung von αcr festgestellt werden. Tab. 14: Vergleich der Verzweigungslastfaktoren zwischen ASYS und LTBeam aus [11] Die Werte, die im Rahmen von Vergleichsberechnungen zwischen LTBeam und ASYS in [11] ermittelt wurden, sind in Tabelle 14 dargestellt und konnten mit LTBeam reproduziert werden. 40