Was kostet der Spaß? Krankheitskosten zwischen Belastungssyndrom und Motivationsmangel

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Transkript:

Herzlich Willkommen 13. Rettungsdienstsymposium 2013 Was kostet der Spaß? Krankheitskosten zwischen Belastungssyndrom und Motivationsmangel

Angaben zur eigenen Person: Jean-Claude Balanck (M.A.), Jahrgang 1971 Hauptberuflich tätig beim Arbeiter-Samariter-Bund Hessen, Regionalverband Kassel-Nordhessen, Bereich Rettungsdienst und Rettungsdienstfortbildung Studium der Angewandten Gesundheitswissenschaften sowie Gesundheitsökonomie an der Hochschule Magdeburg- Stendal (FH) Seit 2012 Promotionsstudium Justus-Liebig-Universität Gießen, Fachbereich Psychologie und Sportwissenschaft

Basisdaten zum deutschen Rettungsdienst Laut Gesundheitsbericht (2010) sind in Deutschland 56.000 Mitarbeiter im Rettungsdienst vollbeschäftigt. Davon 17.000 Frauen und 39.000 Männer (Statistisches Bundesamt 2012) 2/3 der Vollbeschäftigten verfügen über eine Ausbildung als Rettungsassistent, 1/3 verfügt über eine Qualifikation als Rettungssanitäter (Behrendt 2008)

Allgemeine Aussagen zu Belastungen im Rettungsdienst Mitarbeiter im Rettungsdienst sind starken physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt (Lassoga 2004) Der Arbeitsalltag in der Notfallrettung ist geprägt durch die Einwirkung physischer und psychischer Belastungen, wie sie in dieser Intensität in anderen Berufen kaum vorkommen (Mühlen et al. 2005)

Aktuelle Studie zur physischen u. psychischen Gesundheits- und Belastungssituation im deutschen Rettungsdienst Gesundheit im Rettungsdienst (Heringshausen 2010) Arbeitsplatz Rettungsdienst (Heringshausen 2009) Organisationsprofile und Gesundheit im bundesdeutschen Rettungsdienst (Hering 2008)

Aktuelle Studie zur physischen und psychischen Gesundheits- und Belastungssituation im deutschen Rettungsdienst INQA-Projekt (Gebhardt & Klußmann 2006) Vorgesetztenverhalten u. Fehlzeiten in Organisationen (Przygodda 1991) Weitere Studien (Schärtel, Beerlage, Bengel, )

Stress, Belastungen u. Beanspruchungen im Rettungsdienst In Anlehnung an verschiedene, gesundheitswissenschaftliche Studien von Mühlen (2005), Gebhardt & Klußmann (2005), Stadler & Schärtel (2007) wurden folgende Belastungen von Einsatzkräften am häufigsten genannt:

Belastungen im Rettungsdienst in Prozent Berufliche Belastungsschwerpunkte Angaben in Prozent Schweres Heben u. Tragen 57% Schichtarbeit 21% Psychische Belastungen (vorw. Kategorie I u. II) Vorgesetzte (Kategorie I) Arbeitsklima (Kategorie II) 17% 15% 7%

Weitere schwerwiegende Belastung Motivationsmangel u. innere Kündigung Aktuelle Studien z.b.: (Deutsche Universität für Weiterbildung innere Kündigung u. Motivationsmangel 2012) (Gallup Institut Engagement Index 2009) (Decker Motivation im Rettungsdienst 2004)

Psychische Belastungsfaktoren im Rettungsdienst In Anlehnung an empirische Untersuchungen von Mühlbach (1997), Gebhardt & Klußmann (2005) sowie Stadler & Schärtel (2007) wurden folgende psychische Belastungsfaktoren ermittelt:

Psychische Belastungsfaktoren Belastungen aus sozialen Beziehungen (z.b. Konflikte mit Ärzten, Vorgesetzten, Patienten, Angehörigen, Kollegen, Pflegepersonal, Leitstellenpersonal,..) Belastungen aus Arbeitsorganisation (z.b. Nacht- u. Schichtarbeit, lange und zum Teil variierende Arbeitszeiten, Wochenendarbeit, permanente Ruf- u. Einsatzbereitschaft, Zeitdruck,..)

Psychischen Belastungsfaktoren Belastungen aus Arbeitsbedingungen (z.b. wechselnde Standorte, Infektionen, Verletzungsgefahr im Straßenverkehr, Lärm, eklige Gerüche,..) Belastungen aus der Arbeitstätigkeit (z.b. hohe Verantwortung u. hoher Entscheidungsdruck, erschütternde Anblicke u. Leid,..)

Parallel zur dargelegten Belastungssituation stehen in Anlehnung an Dürndorfer (2005) und Zanetti (2007) folgende Aussagen:

Eine Einflussgröße wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer bedeutsamer werden: der Mitarbeiter, das humane Kapital einer Organisation bzw. eines Unternehmens (Dürndorfer 2005)

Motivierte Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital eines Unternehmens (Zanetti 2007)

Krankenstand und Fehlzeiten Alle im Vorfeld genannten Belastungen führen im Betrieb zu einem Krankenstand!!! Beim Krankenstand wird zwischen medizinisch bedingt (Arbeitsunfähig) und motivationsbedingt (Absentismus) unterschieden (Hilla & Tiller 1996)

Zusammenhang zwischen persönlich bedingten Fehlzeiten und dem Krankenstand (In Anlehnung an Hilla & Tiller 1996)

Die 10 häufigsten physischen, psychischen sowie psychosomatischen Krankheiten und Beschwerden im Rettungsdienst: Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems 56,0% Schlafstörungen 33,0% Erschöpfung, Depressionen 30;0% Nervosität 28,3% Kopfschmerzen, Migräne 25,4% Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems 27;9% Atemwegserkrankungen ca. 25,0% Unfallverletzungen ca. 18,0% Stoffwechselerkrankungen ca. 12,0% Allergien ca. 8,0% (In Anlehnung an Gebhardt & Klußmann 2006; Nemella & Stangel 2002)

Was kostet Krankheit im Rettungsdienst? (Vereinfachte) gesundheitsökonomische Betrachtung Kosten pro AU-Tag Beispielberechnung

Gesundheitsökonomische Betrachtung Deutsche Arbeitnehmer fehlten seit 2004-2012 durchschnittlich ca. 4,0% (tarifliche Arbeitszeit) aufgrund von Krankheit (Statistisches Bundesamt 2012). Laut aktuellen Fehlzeitenreport 2012 (Wissenschaftliches Institut d. AOK (WidO) nehmen Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) weiterhin zu Besonders hohe Krankenstände u. Fehlzeiten in Pflege und Rettungsdienst (8-10%), Spitzenwerte bis 20% (WidO 2011)

Kosten pro AU-Tag Beispielberechnung: Zusammensetzung d. Kosten für einen AU-Tag/pro Mitarbeiter in Anlehnung an Bundesanstalt f. Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA 2012. Vorgegebene Tabellenwerte: Produktionsausfall 127,- +Bruttowertschöpfungsausfall 198,- (+Ersatzarbeitskraft) (+Qualitäts-u. Servicemängel) Summe von 325,- pro AU-Tag (BAuA 2012)

Kosten pro AU-Tag Ergebnis: Angenommen ein Mitarbeiter fehlt aufgrund physischer, psychischer bzw. psychosomatischer Erkrankung im Durchschnitt 25 Tage pro Jahr, dann belaufen sich die jährlichen krankheitsbedingten Kosten rechnerisch auf 8.125,- /Mitarbeiter (325,- x 25 AU-Tage)

Welche Kosten entstehen einem Rettungsdienstunternehmen bei Krankheit der Mitarbeiter? Angenommen: Aktuelle Fehlzeiten-Statistik in Deutschland mit 4,8% (Statistisches Bundesamt 2011) Rettungsdienstunternehmen mit 100 Mitarbeitern Statistisch gesehen fehlen täglich 4,8 Mitarbeiter

Welche Kosten entstehen einem Rettungsdienstunternehmen bei Krankheit der Mitarbeiter? Bei einem angenommenen Monatsbruttolohn von 2500,- pro krankem Mitarbeiter entstehen dem Rettungsdienstunternehmen monatlich, krankheitsbedingte Kosten von 12.000,-. Hochgerechnet auf ein Jahr wären es Kosten von 144.000,- Berechnung auf Basisdaten von BAuA (2012) und Statistischem Bundesamt (2011)

Fazit: Gesunde und motivierte Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital einer Organisation Führungskräfte und Entscheidungsträger müssen sich mit der Thematik physische und psychische Gesundheit bei Einsatzkräften vermehrt beschäftigen Aufbau und Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements im Rettungsdienst

Es gibt 1000 Krankheiten aber nur eine Gesundheit Arthur Schopenhauer deutscher Philosoph, geb.1788 gest. 1860

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit