Kooperationsmanagement in KMUs von Prof. Dr. R.-Dieter Reineke 1 Kooperationen bieten viele Vorteile für KMUs: Durch Vertriebskooperationen können spezialisierte KMU zum Systemanbieter avancieren, ohne ihre Spezialisierung aufgeben zu müssen und Kunden Leistungen aus einer Hand bieten. Durch Produktionskooperationen können KMU schneller, flexibler und kostengünstiger agieren und trotz beschränkter Personalausstattung Großaufträge bedienen. Weitere Kooperationsfelder bieten sich bei Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Aus- und Weiterbildung. Interne Kooperationen zwischen Abteilungen schaffen Innovationspotential und Synergien. Kooperationen mit externen Partnern finden sich heute in vielen Branchen mit Partnern aus demselben Bereich (horizontale Kooperation), wie z.b. Handwerk, Dienstleistungen und Produktionsbetrieben. Vertikale Kooperationen sind ebenso wichtig, z.b. zwischen Zulieferern und Großanbietern im Automobil- oder IT Bereich, häufig auch zwischen gereiften Unternehmen und Start-ups. Die wirtschaftlichen Vorteile erfolgreicher Kooperationen zeigen sich in Umsatzwachstum, höherer Wertschöpfung je Mitarbeiter und erhöhter Kapazitätsauslastung. Kurze Kommunikations- und Entscheidungswege in KMUs erleichtern prinzipiell interne und externe Kooperationen im Vergleich zu Großunternehmen. Zudem sind KMU häufig stark Inhabergeprägt. Das ermöglicht die schnelle Beseitigung von Störungen durch direktes Engagement der TOP Entscheider. Andererseits ist die hohe Identifikation von Inhabern von KMU mit ihrem Unternehmen auch eine potentielle Kooperations-Störgröße: der und die Inhaber müssen einen Teil ihrer bisherigen von ihnen geprägten Überzeugungen und Vorgehensweisen zugunsten der Kooperation mit externen Partnern einschränken das überfordert das Ego manches Unternehmenslenkers. Um vorhandene Kenntnisse zu ergänzen hat die FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz) zudem jüngst zusammen mit dem Unternehmen cinco.systems den Stand des Kooperationsmanagements in einer Studie 1 Prof. Reineke arbeitet am Institut für Unternehmensführung der Hochschule für Wirtschaft der FHNW. Er ist u.a. Studienleiter des CAS Kooperationsmanagement und des MAS Corporate Development, beides Kooperationsprodukte der Hochschule für Wirtschaft FHNW mit der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW. Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Herrn Michael Thiel, Geschäftsführer der Beratungsfirma cinco systems.
unter Managern und Fachkräften in der Schweiz, Deutschland und Österreich erforscht. Die Ergebnisse der Studie bieten interessante neue Einsichten und unterstreichen die Notwendigkeit designierter Kooperationsmanager in KMUs. In der Schweiz werden viele Effizienz-Partnerschaften geschlossen, doch Innovationskooperationen gewinnen an Bedeutung Die Hauptmotivation von Schweizer KMUs liegt traditionell in Steigerung der Effizienz von Lieferketten und der Steigerung der Kundenzufriedenheit. Hier werden zum Beispiel durch Austausch von Kunden- und Bestelldaten und im Rahmen von vertikaler Systemintegration in Wertschöpfungsketten Lieferengpässe vermieden, Sortiment-Planung betrieben und Marketingaktivitäten effizienter gestaltet. Außerdem wird versucht durch Produktions- und Beschaffungskooperationen größere Kapazitäten und Sortimente zu schaffen. Die Teilnehmer der aktuellen Studie benennen allerdings Innovationskooperationen zur Gewinnung neuer Kompetenzen und zur Produktentwicklung als klaren Trend bei Unternehmenskooperationen. Die Teilnehmerstruktur der von der FHNW durchgeführten SwissInnovation Challenge bestätigt diesen Trend. 2 Erschließung neuer Absatzmärkte Weiterhin nutzen KMUs internationale Kooperationen zur kostengünstigen Erschließung neuer Absatzmärkte in Schwellenländern. Neue Modelle zur Anbahnung internationale Kooperationen, z.b. die kostengünstige Expansion ins Ausland durch virtuelle Dependancen in Umbrella Companies befeuern 2 Siehe http://innovation.swiss challenge.org.
diesen Trend. 3 Weitere Expansionskooperationen erfolgen in Form von Franchises. So kommen z.b. 15% der in Deutschland tätigen Franchises aus der Schweiz. Standardisierung und wirtschaftliche Trends schaffen neues Kooperationspotential Die Standardisierung von Managementprozessen und Etablierung von Industriestandards schafft Potential z.b. für erhöhten Datenaustausch um Einkaufsprozesse abzustimmen. Außerdem schafft der Trend zum In- oder Backsourcing möglicherweise bald neues Kooperationspotential in der Schweiz. Viele Schweizer KMUs (18%) überlegen vormals outgesourcte Tätigkeiten zukünftig wieder intern zu erledigen. Als Alternative bietet sich hier an Aufgaben an lokale Kooperationspartner abzugeben die die Kultur und Qualitätsanforderungen der Schweizer Partner verstehen. Mitarbeiter erkennen die Wichtigkeit professionellen Kooperationsmanagements, Unternehmen handeln aber nicht danach Die Studienteilnehmer stufen sowohl interne Kooperationen zwischen verschiedenen Abteilungen und Teams als auch externe Kooperationen zwischen Unternehmen als wichtig ein. Insgesamt schätzen 85% der Teilnehmer interne und 78% der Teilnehmer externe Kooperationen als wichtig oder sehr wichtig ein. Um diese Breite und Komplexität von Kooperationen intern zu handhaben bietet sich die Beschäftigung speziell geschulten Personals zum Management der Kooperationen an. Allerdings glauben die Studienteilnehmer, dass bisher nur eine kleine Minderheit der Mitarbeiter ihrer Unternehmen Kurse in Kooperationsmanagement erhalten haben. Grosse Bedeutung kommt dabei neben den Kenntnissen über strategische Kooperationsmodelle auch dem integrierten Ansatz mit organisationspsychologischem Wissen zu. Eine interdisziplinäre Ausbildung dieses Zuschnitts bietet die FHNW im MAS Corporate Development an, ein Kooperationsstudiengang der Hochschule für Angewandte Psychologie und der Hochschule für Wirtschaft. 3 Siehe dazu die Ergebnisse einer entsprechenden Studie der FHNW:/HSW: http://www.umiasia.com/en/the%20umbrella%20company%20concept%20 %20Survey%20Results.pdf
Internes Kooperationsmanagement wird oft eher abstrakt praktiziert und nicht konkret in den Unternehmensalltag eingebunden Internes Kooperationsmanagement wird in mehreren Firmen eher oberflächlich und abstrakt praktiziert. So finden interne Kooperationen auf einer high-level Ebene z.b. bei der Strategieerstellung, in Innovationsprozessen und in der Vision Eingang in den Unternehmensalltag. Bei Fragen nach der konkreten Verankerung von internen Kooperationen in normalen Betriebsprozessen, Mitarbeiterrollen und Kompetenzprofilen geben weit weniger Umfrageteilnehmer Einflüsse durch kooperative Problemlösung an. Im Gegensatz dazu werden Kooperationen mit externen Partnern auch zur Realisierung kurzfristiger Gewinne genutzt.
Mitarbeiter kooperieren am liebsten mit vertrauten Partnern Die höchste Kooperationsbereitschaft besteht mit Mitgliedern des eigenen Projektteams und auf der gleichen Hierarchieebene. Die geringste Bereitschaft besteht zur Kooperation mit Mitarbeitern anderer Standorte, Resorts, Ämtern oder Direktionen. Hierbei besteht die Gefahr, dass weniger vertraute Partner, die oft interessantere neue Kenntnisse aus neuen Feldern bieten können, bei der Partnerwahl außer Acht gelassen werden. Vorteile von Kooperationen werden eher in immateriellen Effekten gesehen Die Studienteilnehmer sehen den größten Wert von internen Kooperationen in ihren weniger greifbaren Langzeit-Vorteilen wie Lerneffekten und langfristig höherer Reputation und Vertriebskraft durch abgestimmtes Auftreten. Konkreteren Vorteilen wie Prozessverbesserungen und Geschwindigkeitsverbesserungen wird weniger Bedeutung zugewiesen. Hierdurch besteht die Gefahr von feel good Partnerschaften bei der eine (ggf. unprofitable) Kooperation unter Berufung auf nicht-messbare Langfristeffekte um des Kooperierens willen betrieben wird - ohne Sicht auf konkrete Ziele oder greifbare Resultate.
Externe Kooperationen werden als ein Instrument des langfristigen Kapazitätsaufbaus gesehen, durch das z.b. Kompetenzgewinne, Kapazitätsvorteile durch Ressourcenbündelung und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft erreicht werden können. Es werden weit weniger Kooperationen geschlossen als möglich und sinnvoll wäre Gründe für das Scheitern interner Kooperationen beziehen sich auf fehlende Kooperationsmanagements-Expertise und fehlende (Zeit-) Ressourcen. Das Scheitern externer Kooperationen wird am stärksten durch soft-factors verursacht; genauer: durch Unterschiede auf einem Werte-Level oder ungenügende Kommunikation. Hierdurch sind Unternehmen übermäßig vorsichtig in der Kooperationsanbahnung: Der Großteil der Befragten sieht Möglichkeiten für zusätzliche externe Kooperationen, weit weniger geben an, dass ihr Unternehmen daran interessiert ist in nächster Zeit weitere solche Kooperationen einzugehen. 89% 64% sehen Poten al für zusätzliche Koopera onen mit externen Partnern denken ihr Unternehmen ist daran interessiert die Anzahl externer Kooperaonen in nächster Zeit auszubauen Ein designierter Kooperationsmanager kann die Anbahnung von Kooperationen effektiver, die Durchführung effizienter und die Kooperation an sich profitabler machen. Geschulte Kooperationsmanager können helfen die in der Studie identifizierten Probleme zu beheben. Als Kooperations-Champion können Sie gegenüber dem Top-Management die konkrete Einbindung von Kooperationsmanagement in den Unternehmensalltag sicher stellen, strukturierte Partnersuche betreiben, Kooperations-Controlling zur Überwachung von Resultaten implementieren sowie Expertise und Ressourcen bei der Anbahnung und Durchführung von Kooperationen zur Verfügung stellen.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Kooperationen und Kooperationsmanagement werden für KMUs immer wichtiger. Unternehmen haben dies erkannt, teilweise ist Kooperationsmanagement allerdings eher oberflächlich implementiert. Hierdurch ist die Anbahnung von Kooperationen weniger erfolgreich und Kooperation schaffen weniger Wert als möglich wäre. Die Anstellung von designierten, gut ausgebildeten Kooperationsmanagern schafft Abhilfe und ermöglicht Unternehmen maximale Wertschöpfung mit ihren Kooperationen zu erziehen. Um Führungskräften zu helfen, das enorme Potential externer und interner Kooperationen gezielt zu nutzen, bietet die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) seit 2014 einen Certificate of Advanced Studies (CAS) - Kurs in Kooperationsmanagement an. Der Kurs vermittelt Instrumente und Best-Practices im Aufbau und der Führung von internen und externen Kooperationen: http://www.fhnw.ch/wirtschaft/weiterbildung/caskooperationsmanagement Eine vertiefende interdisziplinäre Ausbildung - insbesondere für Fachkräfte, die diesbezügliches strategisches Managementwissen ausbauen wollen - bietet der Master of Advanced Studies (MAS) Corporate Development: www.interdisziplinaereunternehmensentwicklung.ch