Ausbau der Kinderbetreuungsangebote mit Hilfe von Hartz & Co.?

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Transkript:

Folien zum Vortrag Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen Kulturwissenschaftliches Institut Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Institut Arbeit und Technik Ausbau der Kinderbetreuungsangebote mit Hilfe von Hartz & Co.? beim IAT-Workshop Dienstleistungen und die Vermarktlichung des Privathaushaltes am 9./10. Juni 2005 in Gelsenkirchen Dr. Claudia Weinkopf Wissenschaftszentrum NRW

Gliederung Hintergrund Leitlinien der neuen Arbeitsmarktpolitik Kinderbetreuung Ausgewählte Ergebnisse der DJI-Expertise Mini- und Midijobs steuerliche Förderung Ich-AG Zusatzjobs Probleme und Risiken

Hintergrund Politik Vorschläge der Hartz-Kommission und Umsetzung der vier Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Ausweitung Kinderbetreuung bis 2010 neues Instrument der Arbeitsmarktpolitik: Zusatzjobs (seit September 2004) Eigene Forschung Arbeit in Privathaushalten und Dienstleistungspools Einfacharbeitsplätze, gering Qualifizierte, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik Expertise im Auftrag des DJI: Chancen und Grenzen neuer arbeitsmarktpolitischer Instrumente in der Kindertagespflege (März 2004)

Kinderbetreuung Erklärte Zielsetzung: deutliche Ausweitung des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren in Westdeutschland bislang ca. 6 % (jeweils ca. 3 % institutionelle bzw. private Angebote) Idee der Politik Nutzung der neuen Arbeitsmarktpolitik zur Ausweitung der Angebote - insbesondere im Bereich der Kindertagespflege (Tagesmütter)

Leitlinien der neuen Arbeitsmarktpolitik Fördern und Fordern Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Verschärfung der Zumutbarkeit Aktivierung - Beratung und Unterstützung aus einer Hand Profiling, Fallmanagement und Eingliederungsvereinbarungen Einrichtung von Job Centern Zusatzjobs Förderung niedrig bezahlter Beschäftigung - insbesondere im Bereich einfacher Dienstleistungen Mini- und Midijobs Ich-AG

Zentrale Fragestellungen der DJI-Expertise Inwieweit kann die neue Arbeitsmarktpolitik im Bereich der Kindertagespflege zu einer Ausweitung des Angebotes beitragen? Mehr legale Angebote Zusätzliche Anbieter/innen Für wen stehen die Förderinstrumente offen? Wie verändern sich die Verdienstchancen und die soziale Absicherung der Betreuungspersonen? Auswirkungen auf die Qualität der Tagespflege?

Ausgewählte Ergebnisse (1) Minijobs eher für kürzere Betreuungszeiten und für angestellte Kinderfrauen geeignet Anreize zur Legalisierung von Schwarzarbeit bzw. für zusätzliches Angebot eher gering keine Verbesserung der sozialen Absicherung (Minijobs) geringer Verdienst, keine eigenständige Existenzsicherung attraktiv (wenn überhaupt) eher für anderweitig Abgesicherte Traditionale und ggf. einen Teil der Pragmatischen evtl. bereits anderweitig Beschäftigten (Nebenjob)

Ausgewählte Ergebnisse (2) Steuerliche Förderung nur für die Inanspruchnahme von legal erbrachten haushaltsbezogenen Dienstleistungen Von der Ersparnis profitieren die Eltern, kein direkter Vorteil/Anreiz für Anbieterinnen nur, wenn aufgrund der Förderung ein höherer Preis durchgesetzt werden kann

Ausgewählte Ergebnisse (3) Ich-AG Zuschüsse für Tagesmütter ggf. attraktiv, Perspektiven für wirtschaftliche Tragfähigkeit aber eher ungünstig erhebliche Einschränkung: keine Förderung ohne vorherigen Leistungsanspruch weitgehender Ausschluss der typischerweise in der Kindertagespflege tätigen Gruppen Frauen in oder nach der Familienphase zuvor aus anderen Gründen nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Selbständige, geringfügig Beschäftigte, Schwarzarbeit) Chancen am ehesten für Frauen aus den Gruppen Perspektivlose und ggf. Berufsorientierte

Schlussfolgerungen (1) Potenziale der neuen Arbeitsmarktpolitik zur Ausweitung der Kindertagespflege-Angebote eher begrenzt Anreize zur Legalisierung von Schwarzarbeit eher gering zusätzliche Angebote am ehesten aus der Gruppe der Perspektivlosen ggf. auch auf Druck der Arbeitsvermittlung jede Arbeit ist zumutbar Kinderbetreuung kann jede(r) Auswirkungen auf die Qualität der Betreuung???

Schlussfolgerungen (2) Grundsätzlicher Widerspruch Die neue Arbeitsmarktpolitik zielt auf eine Ausweitung gering bezahlter Erwerbsarbeit (teilweise mit reduzierter sozialer Absicherung). Um in größerem Umfang zusätzliche qualifizierte Angebote in der Kindertagespflege zu erschließen, wäre jedoch eine Verbesserung der Einkommenschancen und der sozialen Absicherung erforderlich.

Zusatzjobs ( 1 -Jobs ) Variante öffentlich geförderter Beschäftigung: befristete Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung für ALG II-Beziehende politisches Ziel: 600.000 Zusatzjobs Förderkriterien Zusätzlichkeit und öffentliches Interesse Zusatzjobs sind zusätzlich, wenn sie ohne Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Arbeiten, die auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderungsfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt werden.

Was heißt das bezogen auf die Kinderbetreuung? Unklare Kriterien eröffnen erhebliche Interpretationsspielräume Ausweitung der Kinderbetreuung = im öffentlichen Interesse?! Was ist hier zusätzlich im Sinne der Förderkriterien? Hilfskräfte in Einrichtungen? Zum Vorlesen? Zum Füttern? Zur Ausweitung der Öffnungszeiten? Hilfskräfte bei Tagesmüttern? Zusätzliche Tagesmütter?!

Arbeitsmarktpolitische Umsteuerung 2004/2005 Maßnahme Bestand 4/2005 Veränderung zum Vorjahresmonat in % Arbeitsgelegenheiten 121.056 - ABM 41.408-40,3 Berufliche Weiterbildung 112.992-43,3 Eingliederungszuschuss 52.634-56,0 PSA 23.590-11,4 Überbrückungsgeld 94.534 + 14,1 Existenzgründungszuschuss 240.508 + 75,8 inzwischen ist jede 5. gemeldete offene Stelle ein Zusatzjob

Probleme und Risiken: Verdrängung Aktuell bereits zahlreiche Berichte über Missbrauch z.b. in der Altenpflege (reguläre Tätigkeiten) in Schulen: Warum nicht gleich alle Lehrkräfte als Zusatzjobber? Einsatz in der Ganztagsbetreuung Grundsätzlich: Potenziale für zusätzliche Beschäftigung auch und vor allem im Bereich sozialer Dienste Voraussetzungen Erschließung zusätzlicher Finanzquellen und neuer Finanzierungsmix (privat - öffentlich) Professionalisierung Zusatzjobs als billige Lückenfüller versperren den Blick auf diese Herausforderungen!