3. Steuerungstechnik Teil I



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Transkript:

3. Steuerungstechnik Teil I 3.. Boolsche Algebra und Schaltalgebra Die Berechnung logischer Verknüpfungen in binären Steuerungssystemen hat als Grundlage die Boolsche Algebra bzw. die auf Schaltsystemen angewandte Boolsche Algebra auch Schaltlogik oder Schaltalgebra bezeichnet. 3... Boolsche Algebra Eine Boolsche Algebra ist ein spezieller Verband. Definition 3.. Ein (algebraischer) Verband (L, u, t) ist eine nichtleere Menge L mit zwei binären Verknüpfungen, die den folgenden Bedingungen genügen: () x u y = y u x xt y = y t x (2) x u (y u z) =(x u y) u z xt (y t z) =(x t y) t z (3) x u (x t y) =x xt (x u y) =x. () heißt auch das Kommutativitäts-, (2) dasassoziativitäts- und (3) das Absorptionsgesetz. Aus (3) folgt mittels x u x = x u (x t (x u y)) {z } nach (3b) = x u x t (x u y) {z } {z z } nach (3a) = x das Idempotenzgesetz (4) x u x = x xt x = x. Ein Element a L eines Verbandes nennt man das kleinste (bzw. größte) Element, wenn es der Bedingung a u x = a (bzw. a t x = a) fürallex L genügt. Definition 3.2. Wenn ein Verband L ein kleinstes (bzw. größtes) Element besitzt, dann wird dieses eindeutig bestimmte Element mit (bzw. ) bezeichnet, und es gilt für alle x L. (5) u x = t x = 57

3.. Boolsche Algebra und Schaltalgebra Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Jeder endliche Verband hat ein Element und ein Element. Beispiele zu Verbänden wären: x u y x t y P(M) X Y X Y {} M N ggt(x, y) kgv(x, y) Definition 3.3. Ein Verband L mit und hat ein Komplement, wenn zu jedem x L ein Element y mit der Eigenschaft existiert. x u y = und x t y = In einem distributiven Verband ist das Komplement eindeutig bestimmt. Definition 3.4. Ein Verband heißt distributiv, wenn für alle x, y, z L die Beziehungen erfüllt sind. (6) x t (y u z) =(x t y) u (x t z) (7) x u (y t z) =(x u y) t (x u z) Definition 3.5. In einem distributiven Verband L wird das zu jedem x L wohlbestimmte Komplement mit x bezeichnet. Definition 3.6. Ein distributiver Verband mit Komplement heißt Boolsche Algebra. Man schreibt hierfür B =(B,u, t,,, ) oder kürzer B =(B, u, t). Beispiele für Boolsche Algebren wären B =(P(M),,, {},M, ), die Aussagenlogik B =(A,,,f,t, ) oder B =({, },, +,,, ) mit +. Satz 3.. In jeder Boolschen Algebra B gelten die Gesetze von De Morgan für alle x, y B. (x u y) = x t y und (x t y) = x u y Jetzt stehen bereits die Rechengesetze für Boolsche Algebren zur Verfügung. Analog zur Theorie der Zahlen werden jetzt Boolsche Funktionen und Boolsche Polynome eingeführt. Eine Boolsche Variable ist dabei eine Unbestimmte, deren Wertebereich gleich B ist. 58

3.. Boolsche Algebra und Schaltalgebra Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Definition 3.7. B sei eine Boolsche Algebra, B n ihr direktes n-faches Produkt. Eine Funktion f : B n B heißt Boolsche Funktion. Eine spezielle Klasse von Boolschen Funktionen sind die Boolschen Polynome. Definition 3.8. X = {x,x 2,...,x n } sei eine Menge von n Symbolen (Variablen), die nicht oder enthält. Ein Boolsches Polynom in den Unbekannten X ist ein Ausdruck, dessen Aufbau nachfolgenden Beziehungen genügt: () Wenn p und q Boolsche Polynome sind, dann sind Boolsche Polynome und (p) u (q), (p) t (q), (p) und (q) (2) x,x 2,...,x n und bzw. sind auch Boolsche Polynome. Die Menge der Boolschen Polynome in n Unbekannten wird mit P n bezeichnet. Definition 3.9. Zwei Boolsche Polynome p und q heißen äquivalent (p q), wennsie über B = {, } gleich sind, d.h., es gilt p B = q B. Man überzeugt sich leicht, dass durch obige Definition eine Äquivalenzrelation gegeben ist. Es kann ganz allgemein gezeigt werden, dass aus (p q) folgt p B = q B für jede Boolsche Algebra B. Es ist nun eine wesentliche Eigenschaft von Boolschen Algebren, dass alle möglichen Boolschen Funktionen sich in Form von Boolschen Polynomen darstellen lassen. Mit anderen Worten, jede Boolsche Funktion ist ein Boolsches Polynom. Definition 3.. N P n heißt ein System von Normalformen, wenn () jedes p P n äquivalent zu einem q N ist, und (2) für alle q,q 2 N gilt, dass aus q 6= q 2 folgt q q 2. Für das Folgende sind die nachstehenden Vereinbarungen x i := x i und x i := x i zweckmäßig. Weiters soll für die Wertemenge der verwendeten Indizes i i,k i {, } gelten. 59

3.. Boolsche Algebra und Schaltalgebra Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Satz 3.2. Die Mengen () (2) ½ ¾ N d = t di (i,...,i n ) (,) n,...,i n u x i u x i 2 2...u x i n n mit d i,...,i n {, } ½ ¾ N k = u ci (i,...,i n ) (,) n,...,i n t x i t x i 2 2...t x in n mit c i,...,i n {, } sind Normalformen von P n. Zum Beweis wird ein Polynom betrachtet. Für p B gilt p = t di,...,i n u x i u x i 2 2...u x i n n (i,...,i n ) Aus p B ( k, k 2,..., kn )= t di,...,i n u i k u i 2k 2...u inkn. (i,...,i n) ( für i = k d i,...,i n u i k u i,i 2 = k 2,...,i n = k n und d i 2k 2...u inkn,...,i n = = sonst folgt p B ( k, k 2,..., kn )=d k,k 2,...,k n. D.h., die Funktion p B ist durch die d i,...,i n s eindeutig bestimmt. Der Beweis für N k kann vollkommen analog erfolgen, oder man benutzt dazu das Dualitätsprinzip. Satz 3.3 (Dualitätsprinzip). Jede Formel in einer Boolschen Algebra mit den binären Operationen u und t bleibt gültig, wenn man u durch t, t durch u, durch und durch ersetzt. Die Gültigkeit des Dualitätsprinzipes folgt aus der Tatsache, dass hier alle Axiome in symmetrischer Form bezüglich u, t, und auftreten. Definition 3.. Das eindeutig bestimmte Polynom p d N d mit p p d heißt disjunktive Normalform von p. Das eindeutig bestimmte Polynom p k N k mit p p k heißt konjunktive Normalform von p. 6

3.. Boolsche Algebra und Schaltalgebra Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Als Beispiel betrachte man das Boolsche Polynom p =(x t x 2 ) u x 3 = x u x 3 t x 2 u x 3. Wie man erkennt, treten in jeder Konjunktion nur zwei der insgesamt drei Variablen auf, während in der zugehörigen disjunktiven Normalform sämtliche Variablen auftreten müssen. Daher erweitert man jede Konjunktion durch = x i t x i mit xi als der fehlenden Variablen und erhält unmittelbar die disjunktive Normalform p d = x u x 3 u x 2 t x 2 t x2 u x 3 u x t x = x u x 2 u x 3 t x u x 2 u x 3 t x u x 2 u x 3. Auf analoge Art und Weise bekommt man die konjunktive Normalform durch Erweiterung jeder Disjunktion durch = x i u x i mit xi als der fehlenden Variablen p k =(x t x 2 ) u x 3 =(x t x 2 t x 3 ) u x t x 2 u x 3 u x 3 t x u x t x2 u x 2 =(x t x 2 t x 3 ) u x t x 2 t x 3 u x t x 2 t x 3 u x t x 2 t x 3 u x t x 2 t x 3 u x t x 2 t x 3. 3..2. Schaltalgebra Eine spezielle Art von Boolscher Algebra ist die Schaltalgebra. Sie spielt beim Entwurf logischer Schaltungen eine große Rolle. Hierzu betrachtet man im wesentlichen die Boolsche Algebra B =({, },, +,,, ), wobei wie üblich die binäre Operation stärker bindet als +. Vielfach wird das Zeichen auch unterdrückt. Definition 3.2. DieElementevonX n = {x,x 2,...,x n } heißen Schaltvariablen und es gilt: () Jedes Polynom p P n heißt Schaltfunktion, (2) x heißt Negation bzw. Komplement von x, (3) x i x j heißt Serienschaltung, UND bzw. Konjunktion, (4) x i + x j heißt Parallelschaltung, ODER bzw. Disjunktion, (5) Zu jedem p P n heißt p B Schaltfunktion, (6) p B (a,a 2,...,a n ) heißt der Wert der Schaltfunktion p an der Stelle a,a 2,...,a n B. 6

3.2. Darstellungsformen Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Im folgenden wird anstelle von p B (a,a 2,...,a n ) auch kürzer p(x,x 2,...,x n ) mit x i {, } geschrieben, gemeint ist jedoch damit immer Punkt (6) obiger Definition. Zufolge der binären Wertevorrate {, } der Variablen ist die Anzahl möglicher Funktionen eingeschränkt - nämlich für n Eingangsvariablen sind 2 n Eingangsbelegungen möglich. Jeder dieser Eingangsbelegungen ist durch die betreffende Funktion ein Wert {, } des Ausganges zugeordnet, weshalb bei n Variablen theoretisch 2 2n Funktionen möglich sind. Die Anzahl möglicher Verknüpfungen von zwei Variablen beträgt 6 und ist in nachfolgender Tabelle zusammengestellt. Von diesen Verknüpfungen finden aber im wesentlichen nur die mit X bezeichneten 8 Grundfunktionen Verwendung. x Bezeichnung Symbol x 2 p Nullfunktion p X Konjunktion (UND) x x 2 p 2 X Inhibition x x 2 p 3 Identität p 4 Inhibition p 5 Identität p 6 X Antivalenz (XOR) x x 2 = x x 2 + x x 2 p 7 X Disjunktion (ODER) x + x 2 p 8 X NOR x x 2 =(x + x 2 ) p 9 X Äquivalenz x x 2 p Negation p Implikation p 2 Negation p 3 X Implikation x x 2 p 4 X NAND x x 2 =(x x 2 ) p 5 Einsfunktion Abbildung 3. zeigt die symbolische Darstellung (laut IEC) der Grundfunktionen von zwei Variablen. 3.2. Darstellungsformen Es gibt neben der Darstellung von Schaltfunktionen in Form von Boolschen Gleichungen unter Verwendung der Schaltsymbole von Abbildung 3. eine Reihe von anderen Möglichkeiten. Im Folgenden sollen zwei weitere, sehr populäre Darstellungsformen besprochen werden. 62

3.2. Darstellungsformen Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I x x x 2 x 2 UND NAND > x > x 2 ODER NOR x x 2 > x x 2 Inhibition Implikation x x 2 = XOR x x 2 = Äquivalenz Abbildung 3.: Grundfunktionen von zwei Variablen. 3.2.. Das Karnaugh-Diagramm In einem K-Diagramm wird eine Schaltfunktion als Boolsche Summe oder Boolsches Produkt spezieller Terme dargestellt. Definition 3.3. Eine n-stellige Schaltfunktion heißt Minterm (bzw. Maxterm), wenn sie für genau eine Belegung der Schaltvariablen den Wert (bzw. ) annimmt. 63

3.2. Darstellungsformen Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Satz 3.4. Jede Schaltfunktion kann als Boolsche Summe von Mintermen (disjunktive Normalform) oder als Boolsches Produkt von Maxtermen (konjunktive Normalform) dargestellt werden. Man vergleiche dazu Satz 3.2. Abbildung 3.2 zeigt das K-Diagramm einer 4-stelligen Schaltfunktion. Die Felder des K- Diagrammes sind dabei so angeordnet, dass bei einem horizontalen (vertikalen) Übergang immer nur eine Variable ihren Wert ändert. Dabei werden der obere und der untere sowie der linke und der rechte Rand als miteinander verbunden angesehen. Je nach verwendeter Darstellung wird dann ein Quadrat des K-Diagrammes als Min- oder als Maxterm erklärt. x, x 2 x 3, x 4 x x 4 x 3 x 2 Abbildung 3.2: Zum K-Diagramm. Abbildung 3.3 links zeigt die Boolsche Funktion (Summe von Mintermen) f(x,x 2,x 3,x 4 )=x x 2 x 3 x 4 + x x 2 x 3 x 4 und im K-Diagramm rechts von Abbildung 3.3 ist die Funktion (Produkt von Maxtermen) f(x,x 2,x 3,x 4 )=(x + x 2 + x 3 + x 4 )(x + x 2 + x 3 + x 4 ) zu entnehmen. Dabei wird angenommen, dass die nicht eingetragenen Funktionswerte jeweils bzw. sind. K-Diagramme lassen sich auch für zwei- und dreistellige Schaltfunktionen zeichnen (siehe Abbildung 3.4). Bei mehr als 4-stelligen Schaltfunktionen verlieren sie jedoch etwas an Übersichtlichkeit. Eine Version für eine 5-stellige Schaltfunktion ist auch Abbildung 3.4 zu entnehmen. 64

3.2. Darstellungsformen Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I x, x 2 x, x 2 x 3, x 4 x 3, x 4 Abbildung 3.3: K-Diagramm mit Min- bzw. Maxtermen. x 2, x 3 x x 2 x x 3 x 2 x, x 2 x, x 2 x 3, x 4 x 3, x 4 x 5 = x 5 = Abbildung 3.4: Verschiedene K-Diagramme. 65

3.2. Darstellungsformen Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I 3.2.2. Der Kontaktplan (KOP) Die Darstellung des Kontaktplanes hat ihren Ursprung zwar in der Relaistechnik, allerdings ist es durchaus üblich, damit auch kombinatorische und sequentielle Steuerungen darzustellen. Unter dem Kontaktplan oder auch ladder-diagram versteht man die schematische Anordnung von Strompfaden zwischen vertikalen Stromschienen. x x A.) B.) Abbildung 3.5: Symbole des Kontaktplanes. x z x x 2 z x 2 x x >- z x 2 z x 2 x z x z Abbildung 3.6: Kontaktplan für UND, ODER und NICHT. Das Symbol A.) von Abbildung 3.5, auch als Arbeitskontakt bezeichnet, bedeutet, dass sich bei Anlegen eines (externen) Signals (z.b. einer Eingangsvariablen) der Strompfad schließt. Beim Ruhekontakt (Symbol B.) von Abbildung 3.5) ist es gerade umgekehrt, d.h., beim Wegfall des externen Signals wird der Strompfad durchlässig. Die Grundfunktionen UND, ODER und NICHT in der Kontaktplandarstellung sind in Abbildung 3.6 angeführt. Zufolge den in den Normen festgelegten Vereinbarungen dürfen Kontakte nur in den horizontalen Strompfaden, nicht aber in vertikalen Verbindungen angeordnet werden. 66

3.3. Minimierung im K-Diagramm Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Weiters dürfen Strompfade nicht in einen anderen, zu ihm parallel laufenden Strompfad einmünden. Abbildung 3.7 zeigt eine zulässige Kontaktplandarstellung für die Boolschen Funktionen z =(x x 4 + x 3 ) x 2 z =(x 2 + x 3 ) x x 4 + z. x x 4 x 2 z x 3 x 2 x x 4 z x 3 z Abbildung 3.7: Kontaktplan für eine Boolsche Funktion. 3.3. Minimierung im K-Diagramm Wird eine Schaltung mit einzelnen Gattern realisiert, wird man bestrebt sein, deren Anzahl möglichst klein zu halten. Eine Darstellungsform zu einer Schaltfunktion mit einer minimalen Anzahl von Verknüpfungen zu finden, ist die Aufgabe der Minimierung. Bei der Realisierung mit Hilfe von IC s oder mit speicherprogrammierbaren Steuerungen hat die Minimierung nicht mehr die Bedeutung wie früher. Andererseits möchte man bei der Realisierung auf IC Basis keinen unnötigen Aufwand treiben und bei SPS-en möglichst kurze Programme erreichen. Zur Vereinfachung im K-Diagramm benötigt man nachfolgende Definitionen: Definition 3.4. Eine Schaltfunktion p impliziert eine Schaltfunktion q, wenn für jede Belegung der Schaltvariablen x,...,x n gilt, aus p(x,...,x n )=folgt q(x,...,x n )=. p heißt Implikant von q. Von besonderem Interesse sind Implikanten, die nicht weiter vereinfacht werden können. 67

3.3. Minimierung im K-Diagramm Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Definition 3.5. Ein Produkt p heißt Primimplikant von q, wenn p zwar q impliziert, aber keinen Ausdruck, der durch Streichen eines Faktors von p hervorgeht, q impliziert. Jede Schaltfunktion kann nun mit Hilfe von Primimplikanten dargestellt werden. Satz 3.5. Jede Schaltfunktion ist äquivalent zur Summe aller ihrer Primimplikanten. Der Beweis ergibt sich aus der Definition eines Primimplikanten und der Tatsache, dass eine Summe von Implikanten den Wert annimmt, wenn nur ein Ausdruck diesen Wert annimmt. Implikanten können im K-Diagramm sehr einfach graphisch veranschaulicht werden. Insbesondere nutzt man beim Vereinfachen die Nachbarschaftsbeziehungen, d.h., dass nur eine Variable ihren Wert ändert, aus. Im Beispiel von Abbildung 3.8 sieht man, x, x 2 x 3, x 4 Abbildung 3.8: Beispiel zur Minimierung im K-Diagramm (disjunktive Minimalform). wie man die Anzahl der disjunktiv verknüpften Terme durch Minimieren der Schleifenanzahl herabsetzen kann. Je größer eine Schleife ist, desto geringer ist der Aufwand zu ihrer Realisierung. Daraus folgt sofort die Regel, wie man an Hand des K-Diagrammes eine disjunktiven Minimalform erhalten kann, nämlich man fasse die Einsen in möglichst wenigen und möglichst großen Schleifen zusammen. Es folgt also für das Abbildung 3.8 f = x x 4 + x x 3 + x x 2 x 4. Mitunter können die Schaltvariablen aus gerätetechnischen Gründen nicht alle Kombinationen von Werten annehmen. Dann kann man die zugehörigen Funktionswerte so wählen, dass sich die Schaltfunktion weiter vereinfachen lässt. In Abbildung 3.9 sind die nicht festgelegten Funktionswerte mit einem " "gekennzeichnet und die disjunktiven Minimalform lautet f = x x 4 + x 3 + x x 4. Die konjunktive Minimalform erhält man auf analoge Art und Weise aus den Schleifen um die Nullfelder. Das Beispiel von Abbildung 3. liefert dann direkt das Ergebnis f =(x + x 4 )(x 2 + x 4 )(x + x 2 + x 4)(x + x 2 + x 3) 68

3.3. Minimierung im K-Diagramm Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I x, x 2 x 3, x 4 Abbildung 3.9: Beispiel zur Minimierung im K-Diagramm mit don t care Zuständen (disjunktive Minimalform). oder f =(x + x 4 )(x 2 + x 4 )(x + x 2 + x 4)(x + x 3 + x 4). x, x 2 x 3, x 4 Abbildung 3.: Beispiel zur Minimierung im K-Diagramm (konjunktive Minimalform). Neben der einfachen Minimierung im K-Diagramm gibt es noch eine Vielzahl von Methoden zur Bestimmung einer minimalen Schaltfunktion. Das Verfahren nach Quine und Mc- Cluskey (QMC-Verfahren) zählt dabei wohl zu den bekanntesten algebraischen Verfahren. Um eine Schaltfunktion zu minimieren, muss angegeben werden, in welchem Sinne die Optimierung erfolgen soll. Das QMC-Verfahren ist dabei auf Schaltfunktionen der speziellen Form Summe von Produkten (disjunktive Normalform) zugeschnitten. 69

3.4. Realisierung mit NAND- und NOR-Gattern Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I 3.4. Realisierung mit NAND- und NOR-Gattern Vielfach möchte man eine Realisierung nur mit Hilfe von NAND- oder NOR-Gattern. Die hier vorgestellten Methoden gehen dabei von einer bereits minimierten Normalform aus. Mit Hilfe von Identitäten wird dann die gewünschte Realisierungsform hergeleitet. Man beachte, dass die so gewonnenen Realisierungen keine Minimalrealisierungen mehr sein müssen. 3.4.. NAND-Gatter Für die Elementarverknüpfungen gilt: x = x x = x x x 2 =(x x 2 ) x + x 2 =(x x ) (x 2 x 2 ). Bei der Realisierung geht man am besten von der disjunktiven Normalform aus. Aus folgt durch doppelte Negation f = k + k 2 +...+ k n (f ) =(k + k 2 +...+ k n ) = k k 2... k n. So erhält man zu mit obiger Methode die Form f = x x 4 + x x 3 + x x 2 x 4 f = (x x 4) (x x 3) (x x 2 x 4 ) =(x x 4) (x x 3) (x x 2 x 4 ). Man beachte, dass hier mit einem Ausdruck k k 2... k n die Form gemeint ist. (k k 2...k n ) 3.4.2. NOR-Gatter Für die Elementarverknüpfungen gilt: x = x x = x x x 2 =(x x ) (x 2 x 2 ) x + x 2 =(x x 2 ). 7

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Bei der Realisierung geht man am besten von der konjunktiven Normalform aus. Aus f = d d 2...d n folgt mit dem Gesetz von De Morgan f =(d + d 2 +...+ d n) = d d 2... d n. So erhält man zu f =(x + x 3 )(x + x 4 )(x + x 2 + x 3)(x + x 2 + x 4) mit dieser Methode die Form f =((x + x 3 ) +(x + x 4 ) +(x + x 2 + x 3) +(x + x 2 + x 4) ) (x x 3 ) (x x 4 ) (x x 2 x 3) (x x 2 x 4). Man beachte, dass hier mit einem Ausdruck d d 2... d n die Form gemeint ist. (d + d 2 +...+ d n ) Aufgabe: Überprüfen Sie, ob die NAND- bzw. NOR-Verknüpfung assoziativ ist! 3.5. Speicher und Speichergleichung Kombinatorische Steuerungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Ausgang der Schaltung durch die augenblickliche Belegung der Eingangsvariablen festgelegt ist. Bei sequentiellen Steuerungen hängt der Ausgang nicht nur von der augenblicklichen Belegung der Eingangsvariablen sondern auch von ihrer Vorgeschichte (der Eingangssequenz) ab. Dazu benötigt die Schaltung ein Gedächtnis, das von Speicherbausteinen gebildet wird. 3.5.. Speichergleichung Ein Speicherbaustein ist dadurch gekennzeichnet, dass es zumindest eine Eingangsbelegung gibt, bei der der Ausgang nicht eindeutig bestimmt ist. Im Folgenden werden die Speicherausgänge mit x i und die Eingangsvariablen mit u i bezeichnet. Der Speicherausgang hängt dann von dem augenblicklichen Wert des Speichers x i sowie von der Belegung der Eingangsvariablen u i ab, es gilt also für den Speicherausgang x i+ zum darauffolgenden Zeitpunkt i + x i+ = f(x i,u,...,u n ). (3.) 7

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Es werden nun nachfolgende komplementäre Untermengen M, M und M xi der Eingangsbelegungen M eingeführt der Menge und M = {Eingangsbelegungen aus M, dass gilt: x i+ =} M = {Eingangsbelegungen aus M, dass gilt: x i+ =} M xi = {Eingangsbelegungen aus M, dass gilt: x i+ = x i }. M sind also jene Belegungen, die den Speicher setzen, M sind diejenigen, die den Speicher löschen und durch die Belegungen von M xi bleibt der Speicherinhalt erhalten. Zu jeder dieser Mengen M, M, M xi kann eine (charakteristische) Boolsche Funktion f, f, f xi angegeben werden, die genau für jede Belegung aus diesen Mengen den Wert Eins annimmt. Es gilt nun M M M xi = M bzw. f + f + f xi =. Eine Schaltfunktion mit n Eingangsvariablen und einer Ausgangsvariablen ist nun genau dann eine Speicherfunktion, wenn keine der Mengen M, M und M xi leer ist. Damit kann die Speichergleichung Gl. (3.) verbal auch in der Form formuliert werden, dass x i+ den Wert annimmt, wenn f den Wert hat oder der Speicher zuvor auf gesetzt war (x i =) und f xi den Wert annimmt. Algebraisch kann diese Aussage mit der charakteristischen Funktion x i+ = f (u,...,u n )+f xi (u,...,u n )x i geschrieben werden. Mit dieser Gleichung muss noch keine Minimalrealisierung gegeben sein. Wählt man jedoch aus M die größtmögliche Untermenge ˆM mit der (charakteristischen Funktion) ˆf aus, sodass gilt x i+ = f (u,...,u n )+(ˆf (u,...,u n )+f xi (u,...,u n ))x i, dann erhält man jene Speichergleichung, die zu einem minimalen Schaltungsaufwand führt. 3.5.2. Speicher als Selbsthaltekreis In der Speichergleichung treten sowohl die Größen x i als auch x i+ auf, womit die Werte der Variablen x zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten i und i+ gemeint sind. x i kann als rückgekoppeltes Signal x i+ aufgefasst werden. Damit kann eine Speicherschaltung auch mittels Schaltsymbolen dargestellt werden. Die Tatsache, dass x i und x i+ der Wert von x zu verschiedenen Zeitpunkten ist, wird durch ein Verzögerungselement versinnbildlicht (siehe Abbildung 3.). 72

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I { ^ { M M...... > f Rückführung Speicherkreis.... > ^ f { M xi.. > f xi > x i > x i+ Abbildung 3.: Speichergleichung als Selbsthaltekreis. Da alle Gatter eine gewisse Schaltverzögerung aufweisen, wird diese von nun an nicht mehr extra eingezeichnet. Es müssen aber bei einem Selbsthaltekreis die Eingangssignale länger anliegen als die Gatterlaufzeiten betragen. Bei einem Selbsthaltekreis können statische wie dynamische Hazards auftreten. Kann man M = ˆM wählen, dann besteht bei allen Übergängen zwischen setzenden und speichernden Eingangsbelegungen Eins-Hazardfreiheit. Als Beispiel wird ein Speicher mit den charakteristischen Boolschen Funktionen f = u u 2 u 4 + u 2u 3 u 4 f x = u u 2 + u u 3u 4 ˆf = u u 2u 3 u 4 betrachtet. Das zugehörige K-Diagramm ist Abbildung 3.2 zu entnehmen. Eine Minimierung im K-Diagramm liefert die Speichergleichung x i+ = u u 2 u 4 + u 2u 3 u 4 +(u u 2 + u u 4 )x i, deren Realisierung Abbildung 3.3 zu entnehmen ist. 73

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I u 3, u 4 x i+ u, u 2 x x x x x Abbildung 3.2: K-Diagramm zum Beispiel der Speicherrealisierung. u u 2 u 3 u 4 > x i+ x i Abbildung 3.3: Realisierung der Speicherfunktion zum Beispiel. 74

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I 3.5.3. Elementarspeicher mit zwei Eingängen Bei einem Speicher mit 2 Eingängen sind 2 2 =4Belegungen der Eingangsvariablen möglich. Nun darf aber keine der Mengen M, M bzw. M xi leer sein. Damit erhält man insgesamt 36 verschiedene Speicherfunktionen. Drei dieser Speicherfunktionen werden Elementarspeicher genannt und sie besitzen, wie in Abbildung 3.4 dargestellt, eigene Schaltsymbole. Gemäß den Speichergleichungen () x i+ = u + u 2x i (2) x i+ = u u 2 + u 2x i (3) x i+ = u u 2 +(u + u 2)x i werden diese Elementarspeicher auch dominierend setzend (), dominierend löschend (2) bzw. dominierend speichernd (3) bezeichnet. u u u 2 u 2 u u 2 x x x i+ x i+ x i+ x x u u 2 x i x u i u x i x u 2 u 2 () (2) (3) Abbildung 3.4: Elementarspeicher. 3.5.4. Speicherdekomposition Eine beliebige Speicherfunktion x i+ = f(x i,u,...,u n ) kann mit den bereits vorgestellten Methoden realisiert werden. Mitunter stehen aber nur die Elementarspeicher nach Abbildung 3.4 zur Verfügung und es stellt sich dann das Problem, die Speicherfunktion mittels eines Elementarspeichers mit zwei Eingangsvariablen und einem rein kombinatorischen Netzwerk zu realisieren. Diese Aufgabe nennt man auch Speicherdekomposition. Es kann gezeigt werden, dass zwei kombinatorische Schaltfunktionen mit n Eingängen, die dem Elementarspeicher vorgeschaltet werden, ausreichen, diese Aufgabe zu lösen (siehe Abbildung 3.5). 75

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I f Elementarspeicher u u 2 u n f u u 2 x i+ g h u n z z 2 x i+ x i+ = f (u,..., u n, x i ) z = g (u,..., u n ) z 2 = g 2 (u,..., u n ) x i+ = h (z, z 2, x i ) gegeben zu bestimmen zur Verfügung Abbildung 3.5: Zur Speicherdekomposition. Als Beispiel soll die Speicherfunktion x i+ = f (x i,u,u 2,u 3 ) mit dem Elementarspeicher dominierend setzend (nach Abbildung 3.4) mit der zugehörigen Funktionstabelle Nr2.: z z 2 x i+ x i 2 3 realisiert werden. Die Funktionstabelle zur gegebenen Speicherfunktion f lautet Nr.: u u 2 u 3 x i+ x i 2 3 4 x i 5 x i 6 7 76

3.5. Speicher und Speichergleichung Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I u u u 2, u 3 u 2, u 3 g g 2 u u 2 u 3 > z > z 2 x i+ Abbildung 3.6: Speicherdekomposition für das Beispiel. Die Boolschen Funktionen g und g 2 lassen sich direkt mittels nachfolgender Tabelle Nr.: u u 2 u 3 x i+ Nr2.: z z 2 x i 2 3 2,3-4 x i 5 x i 6 2,3-7 2,3 - und den K-Diagrammen von Abbildung 3.6 zu g = u 2 u 3 + u u 2 =(u + u 3 ) u 2 g 2 = u 2 + u u 3 bestimmen. Die Realisierung der Schaltfunktionen ist ebenfalls in Abbildung 3.6 dargestellt. 77

3.6. Flipflops und Latches Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I 3.6. Flipflops und Latches Der Basisschaltkreis sequentieller Logik ist das sogenannte Flipflop. Es handelt sich dabei um einen Speicherbaustein, der je nach Realisierungsart zwei oder mehrere Eingänge und zwei Ausgänge, wobei der eine stets die Negation des anderen ist, besitzt. Im Folgenden werden die zwei Grundtypen von Flipflops, nämlich das R-S-Latch und das J-K-Flipflop, behandelt. 3.6.. R-S-Latch Das R-S-Latch mit den Eingängen S (set) und R (reset) ist pegelgesteuert und man unterscheidet im Wesentlichen zwischen einer asynchronen und einer synchronen Ausführung. Die Wahrheitstabelle für das asynchrone R-S-Latch lautet und die Speichergleichung ist in der Form Nr.: S R Q i+ Q i+ Q i Q i 2 3 - - Q i+ = S + R Q i gegeben. Das Schaltsymbol, der innere Aufbau und das Schaltfolgediagramm eines asynchronen R-S-Latches ist in Abbildung 3.7 dargestellt. Eine typische Anwendung des asynchronen R-S-Latches stellt die sogenannte Entprellschaltung eines mechanischen Schalters, welcher am Ausgang eine logische Null bzw. Eins erzeugen soll, dar. Die meisten mechanischen Kontakte (z.b. eines Relais) führen infolge mechanischer Schwingungen zu einer Impulskette, was bei einem erwünschten Einzelimpuls sehr störend ist und oft sogar zu Fehlern führen kann. Mit Hilfe eines asynchronen R-S-Latches kann auf einfache Art und Weise dieses Problem gelöst werden. Abbildung 3.8 zeigt diesen Sachverhalt, wobei angenommen wird, dass die Schwingungen nicht so groß sind, dass der Schalter mit beiden Kontakten in Berührung kommt. Die synchrone Arbeitsweise eines R-S-Latches kann dadurch erreicht werden, dass beide Eingänge mit einem Taktsignal CL verknüpft werden. Das zugehörige Schaltsymbol, der innere Aufbau und das Schaltfolgediagramm ist Abbildung 3.9 zu entnehmen. Aufgabe: Geben Sie die Wahrheitstafel und die Speichergleichung eines synchronen R-S-Latches an. Bemerkungen: Wird der Eingang R mit dem Signal S belegt, dann entsteht das sogenannte asynchrone bzw. synchrone D-Latch. Aus dem Vorangegangenen erkennt man, dass beim R-S-Latch für die Eingangsbelegung R = S = ein undefinierter Zustand eintritt und dass sich kurzzeitige Änderungen in der Eingangsbelegung sofort am Ausgang auswirken. 78

3.6. Flipflops und Latches Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I S Q i+ S Q i+ R Q' i+ R Q' i+ S R Q Q' t Abbildung 3.7: Zum asynchronen R-S-Latch. 79

3.6. Flipflops und Latches Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I +5V S' Q Schalter V R' Q' 5V S' R' Q Abbildung 3.8: Entprellschaltung eines mechanischen Kontaktes. 8

3.6. Flipflops und Latches Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I CL S R Q i+ Q' i+ S CL Q i+ Q' i+ R CL S R Q Q' Abbildung 3.9: Zum synchronen R-S-Latch. 8

3.7. Literatur Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I 3.6.2. J-K-Flipflop Das (Master-Slave) J-K-Flipflop besteht nun im Wesentlichen aus zwei hintereinandergeschalteten synchronen R-S-Latches, wobei die beiden Latches durch das Taktsignal CL komplementär zueinander verriegelt sind. Damit wird erreicht, dass eine Zwischenspeicherung stattfindet und der Ausgang sich nur bei der steigenden oder fallenden Taktflanke ändert, weshalb dieses Flipflop auch als flankengesteuert bezeichnet wird. Durch die in Abbildung 3.2 dick eingezeichnete Rückkopplung wird der Ausgangszustand für J = K =bei jedem Taktimpuls invertiert und damit eindeutig festgelegt. Die Wahrheitstabelle des J-K-Flipflops lautet demnach mit der zugehörigen Speichergleichung Nr.: J K Q i+ Q i+ Q i Q i 2 3 Q i Q i Q i+ = JQ i + K Q i. Abbildung 3.2 zeigt das Symbol, die Schaltung und das Schaltfolgediagramm eines J-K- Flipflops. Bemerkungen: Werden die Eingänge J und K mit dem gleichen Eingangssignal beschaltet, dann ergibt sich das sogenannte T-Flipflop. Der Buchstabe T steht dabei für Toggle, denn dieses Flipflop invertiert bei jeder negativen (bzw. positiven) Taktflanke das Ausgangssignal. Damit ist es denkbar einfach, mit T-Flipflops einen asynchronen Dualzähler aufzubauen (siehe Abbildung 3.2). Die Arbeitsweise eines Flipflops bzw. Latches wird auch im Schaltsymbol gekennzeichnet (siehe Abbildung 3.22). a.) bedeutet synchrones Latch, das heißt es ist nur der Wert oder wirksam. b.) und c.) bezeichnen dynamische Eingänge, bei b.) ist der Flankenanstieg bei c.) der Flankenabfall wirksam. d.) ist also ein getaktetes J-K-Flipflop, das bei Flankenanstieg schaltet. 3.7. Literatur. Fasol K.H.: Binäre Steuerungstechnik, Springer Verlag, 988. 2. Lidl R., Pilz G.: Applied Abstract Algebra, Springer Verlag, 984. 3. Tietze U., Schenk Ch.: Halbleiter-Schaltungstechnik, Springer Verlag, 989. 4. Warnok I.G.: Programmable Controllers - Operation and Application, Prentice Hall, 988. 5. Wilkinson B.: Digital System Design, Prentice Hall, 992. 82

3.7. Literatur Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I Master Slave J Q i+ K Q' i+ CL CL J K Q i+ Q' i+ CL J K Q 3 2 3 t Abbildung 3.2: Zum J-K-Flipflop. 83

3.7. Literatur Kapitel 3. Steuerungstechnik Teil I T CL R J K 2 2 2 2 R J K R J K R T CL 2 2 2 2 Abbildung 3.2: Asynchroner 3-Bit Dualzähler mit T-Flipflops. CL J K Q i+ Q' i+ a.) b.) c.) d.) Abbildung 3.22: Zur Kennzeichnung von Flipflops. 84