Die Historie des "Eisernen Rheins"

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Transkript:

12. Februar 2008 Bearbeitung: Rechtsreferendar Stephan Tillkorn Klaus Aalbers Landtag Nordrhein-Westfalen 14. Wahlperiode Information 14/628 alle Abg. Die Historie des "Eisernen Rheins" Auf gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen des nordrhein-westfälischen Landtages vom 27. November 2007 (Drucksache 14/5579) beschloss der Landtag am 7. Dezember 2007 (Plenarprotokoll 14/78) u.a.: "Nachdem mit dem ausschlaggebenden Arbitrage-Urteil vom 24.05.05 die erforderliche Rechtsgrundlage gelegt wurde, ist nach mehreren Gutachten das Projekt "Eiserner Rhein" an einem Punkt angelangt, dass nunmehr die möglichen weiteren Planungen, darunter auch die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Erstellung eines Lärmschutzkonzeptes, vorangetrieben werden können." Als Hintergrund dieses Beschlusses soll die Historie der Eisenbahnstrecke in einem Abriss ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengefasst werden. A) Der historische Eiserne Rhein I. Terminologie Der Name "Eiserner Rhein" bezeichnete ursprünglich die 1842 fertig gestellte Eisenbahnstrecke, die von Antwerpen über Aachen nach Köln verlief. Er leitet sich aus folgendem Sachverhalt ab: Das letzte Stück des Rheins auf seinem Weg zur Nordsee und den Überseehäfen Antwerpen und Rotterdam führt durch niederländisches Territorium. Den Niederlanden stand damit auch das Zollrecht auf dem Rhein zu. Die rheinischen Kaufleute suchten diese Zölle zu vermeiden und fanden nach der Abspaltung Belgiens von den Niederlanden im Herbst 1830 im neuen Staat Belgien einen "Verbündeten". Unter der Mitwirkung des rheinischen Bankiers und späteren Ministerpräsidenten der preußischen Märzregierung Ludolf Camphausen realisierten sie gemeinsam 1842 den ersten Eisernen Rhein unter Umfahrung der Niederlande und Umgehung der Zölle der Niederländer, ohne eine Einschränkung des Handels hinnehmen zu müssen. Die gebaute Strecke erwies sich jedoch als zu steigungsreich und daher für den schweren Güterverkehr wenig geeignet. In der Folgezeit entstand deshalb die historische zweite Route des Eisernen Rheins. Sie verläuft von Antwerpen über Lier, Roermond nach Mönchengladbach. Diese zweite Strecke ist gemeint, wenn heute vom Eisernen Rhein die Rede ist.

- 2 - II. Streckenführung (historische Route) III. Gründungsphase Zur Realisierung eines effizienteren Anschlusses Belgiens an das Ruhrgebiet bedurfte es nach der Proklamation des belgischen Staates im Herbst 1830 und der damit verbundenen Trennung Belgiens vom seit dem Wiener Kongress im Jahre 1814/1815 vereinigten belgisch-niederländischen Reich einer Trasse durch den südlichen "Zipfel" der Niederlande, die Provinz Limburg. Die nach der Abspaltung Belgiens ursprünglich zunächst errichtete Strecke sollte durch eine flache und daher mit den Lokomotiven jener Zeit gut zu befahrende, geradlinig nach Mönchengladbach führende Trasse ersetzt werden. Hierzu war es notwendig, ein Trassenrecht durch die niederländische Provinz Limburg zu erwirken. Dies gelang im Grundsatz auf der Konferenz in London im Jahre 1839, in deren Rahmen der Unabhängigkeitsvertrag Belgiens unterzeichnet wurde. Gegenstand dieses Vertrages war auch die Verkehrsanbindung des Hafens von Antwerpen an das Ruhrgebiet. In Artikel XII des "1839 Treaty of Separation" wurde sinngemäß folgendes festgelegt: Belgien soll das Recht zustehen, eine Straße oder einen Kanal über die Maas hinaus durch die Stadt Sittard bis zur deutschen Grenze bauen zu dürfen (siehe Pfeilmarkierung auf Streckenkarte). Diese Verkehrsanbindung darf allerdings nur dem kommerziellen Verkehr gewidmet werden, wobei die Niederlande nach wie vor die volle territoriale Souveränität über die Fläche ausüben, über die dieser Kanal bzw. diese Trasse verläuft. Dieses Belgien gewährte Recht konnte allerdings nicht sofort in die Tat umgesetzt werden. Vielmehr wehrten sich die Niederländer auch weiterhin gegen den Bau der belgischen Trasse durch ihr Gebiet. Wegen der starken Expansion des Hafens von Antwerpen wuchs der Druck, so dass die Parteien am 13. Januar 1873 den sog. Eisernen-Rhein-Vertrag schlossen. Dieser Vertrag sieht in Artikel IV, Abschnitt 4 eine Trassenführung von Herentals über Weert und Roermond bis zur preußischen Grenze bei Vlodrop und weiter bis Rheydt vor. Er änderte mithin die ursprünglich festgelegte Trassenführung. Damit konnte der Bau einer Direktverbindung von Antwerpen nach Rheydt beginnen. Auf deutscher Seite wurde durch königlichpreußische Konzession vom 23. Mai 1874 die "Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft" beauftragt, den Bau der Trasse durchzuführen, auf belgischer Seite die "GCB / Grand Central Belge". Am 15. Februar 1879 wurde die Strecke von Mönchengladbach nach Dalheim an der niederländischen Grenze

- 3 - eingleisig eröffnet. Die Eröffnung der Verbindung Antwerpen - Mönchengladbach fand einige Monate später am 20. Juli 1879 statt. IV. Die Zeit bis zum Ende des 1. Weltkriegs In der Zeit von 1879 bis zum 1. Weltkrieg wurde die Strecke des Eisernen Rheins fortwährend und hauptsächlich für den Güterverkehr genutzt. Transportiert wurden Waren und Güter, vor allem Baumwolle für die Krefelder Textilindustrie, was dem Eisernen Rhein im Volksmund den Namen "Baumwoll-Bahn" einbrachte. Rohstoffe wurden weitgehend über den (echten) Rhein verschifft. Der Personenverkehr spielte auf der Strecke eine untergeordnete Rolle, wobei viele Auswanderer aus Mittel- und Osteuropa den Eisernen Rhein als schnelle Verbindung zum Antwerpener Hafen benutzten, um sich dort zur Passage in die Vereinigten Staaten einzuschiffen. Während dieser Periode blieb der Status der Trasse mit einer Ausnahme im Wesentlichen derselbe: Gemäß der "1897 Railway Convention" wurde das Eigentum an der Strecke von der "Grand Central Belge", der Lizenznehmerin für die Strecke auf der belgischen Seite, über den belgischen Staat auf die Niederlande übertragen. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde jedweder Bahnverkehr über die niederländische Grenze eingestellt. Eine militärische Nutzung der Strecke war aufgrund der Neutralität der Niederlande nicht möglich. Für die Versorgung der deutschen Westfront entstand die sog. Montzenroute, die die Niederlande umfuhr. Sie wurde am 15. Februar 1917 für den militärischen Betrieb freigegeben. V. Die Zeit bis zum Ende des 2. Weltkriegs Zur Nutzungsintensität nach dem 1. Weltkrieg differieren die Angaben. Während nach belgischen Angaben täglich zwölf internationale Güterzüge in beide Richtungen zwischen Antwerpen bzw. Rotterdam und dem Ruhrgebiet verkehrt seien, belief sich die Frequenz nach niederländischen Angaben auf nur acht Güterzüge pro Tag im Jahre 1920 und ab dem Jahr 1922 lediglich auf ein bis zwei Güterzüge pro Tag. Dies trug weitgehend der Tatsache Rechnung, dass die Niederländer die Durchfahrzölle für die Strecke nach dem 1. Weltkrieg soweit erhöhten, dass ein Großteil des Güterverkehrs über die Montzenroute abgewickelt wurde, die - obwohl länger - dennoch insgesamt kostengünstiger befahren werden konnte. Auf der niederländischen Seite sah man daher keinen Nutzen mehr in der bis dahin zweigleisigen Strecke, weshalb man mit Ausnahme des Teilstücks Weert - Roermond das zweite Gleis demontierte. Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass den Niederlanden daran gelegen war, ihren eigenen Überseehafen Rotterdam wettbewerbsfähig zu halten und Konkurrenz zu vermeiden. Während des 2. Weltkriegs diente der Eiserne Rhein vornehmlich militärischen Zwecken, bis es 1944 den Alliierten gelang, Teile dieser Versorgungslinie zu sprengen. In Neerpelt gelang die Sprengung der Brücke über den Kempischen Kanal, in den Niederlanden geschah Gleiches mit den Brücken in Kelpen und Weert. Die Deutschen selbst sprengten 1944 die Maasbrücke bei Buggenum. Ebenso wurden zahlreiche Bahnanlagen bombardiert.

- 4 - VI. Post-Kriegs-Ära Da der Eiserne Rhein für die Alliierten aus logistischen Gründen unentbehrlich war, brachten sie die Strecke durch notdürftige Reparaturen wieder in einen befahrbaren Zustand. Eine kommerzielle Nutzung der Strecke auf Vorkriegsniveau stellte sich dennoch nicht mehr ein. Zwar verkehrten wöchentlich militärische Sonderzüge von London/Oostende über den Eisernen Rhein Richtung Deutschland. Ab August 1947 wurde aber der wenn überhaupt nur noch sporadisch vorhandene Reisezugsverkehr über Dahlheim eingestellt. Ab Oktober 1953 fand auch über die belgischniederländische Grenze kein Personenverkehr mehr statt. Auf der belgischen und niederländischen Seite wird die Strecke allerdings über große Abschnitte bis zum heutigen Tag intensiv genutzt. Die Verbindung Mönchengladbach - Dalheim existierte ebenso weiter. In den 50er und 60er Jahren erfolgte dann auch auf deutscher Seite der Rückbau auf ein Gleis. Den letzten von Mönchengladbach bis nach Antwerpen durchgängigen Güterverkehr erfuhr der Eiserne Rhein in der Zeit zwischen 1977 und 1991. In diesen Jahren verkehrten sog. "Huckepackzüge" (Güterzüge, auf denen komplette Last- und Sattelzüge transportiert werden) auf der Trasse. 1991 stellte die Deutsche Bahn AG jedoch den grenzüberschreitenden Verkehr aus Rationalisierungsgründen ein, weil die Montzenroute in demselben Jahr umfassend renoviert worden war. B) Die Entwicklungen der letzten Zeit: Reaktivierung als Güterstrecke I. Reaktivierungsgründe Dass der Eiserne Rhein gerade während der Wirtschaftswunderzeit und zu Zeiten der blühenden Schwerindustrie im Ruhrgebiet nicht reaktiviert wurde, beruhte u.a. darauf, dass die einsetzende Europäisierung es den Niederlanden unmöglich machte, Durchfuhrzölle in der Rheinschifffahrt zu erheben. Rohstoffe konnten so kostengünstig über den Rhein transportiert werden. Mit der Globalisierung erhöhte sich das Containeraufkommen in den Überseehäfen, so dass eine neue Verkehrsader neben der Betuwelinie im Norden, der etwas südlicheren Brabantroute und der Montzenroute gefunden werden musste, auch um einer Überlastung der Autobahnen vorzubeugen. Der Europäischen Union ist daran gelegen, eine Wettbewerbsgleichheit innerhalb der Union herzustellen. Dazu gehört auch, dass der Antwerpener Hafen im Vergleich zum Hafen von Rotterdam nicht durch seine defizitäre Verkehrsanbindung Wettbewerbsnachteile erleidet. Als Reaktion auf diesen drohenden Wettbewerbsnachteil und die "Transportherrschaft" der Niederlande wurde der Eiserne Rhein als geplante, konventionelle Strecke für den Güterverkehr im Zuge der europäischen Eisenbahnverbindung Lyon/Genua-Basel-Duisburg- Rotterdam/Amsterdam ins Leitschema des transeuropäischen Schienennetzes aufgenommen (TEN-V). Durch diese neue Einstufung der Trasse Mönchengladbach - Antwerpen wird auch die Logistikbranche unabhängiger, da ihr mehr Bahnstrecken für ihre Unternehmungen zur Verfügung stehen. Für eine Reaktivierung des Eisernen Rheins und gegen einen Ausbau der Montzenroute spricht schließlich, dass die Strecke gegenüber der Montzenroute rund 50 Kilometer kürzer ist. Seine Trasse ist in topographisch flachem Gelände gelegen, so dass auf ihm Güterzüge mit bis zu 1800t fahren können, während auf der Montzenroute wegen der Rampe in Aachen Züge zwischen Aachen und

- 5 - Montzen oft eine zweite Lokomotive benötigen und höchstens 1100t Zugmasse haben dürfen. II. Das Schiedsurteil vom 24. Mai 2005 Die Instandsetzung und Nutzung des Eisernen Rheins ist jedoch wie schon vor seiner ersten Inbetriebnahme im Jahre 1879 mit diversen Problemen verbunden. Die Niederlande bestritten zwar zu keiner Zeit, dass Belgien ein Trassenrecht durch die Provinz Limburg aufgrund des Artikel XII des Unabhängigkeitsvertrags von 1839 und Artikel IV, Abschnitt 4 des Eisernen-Rhein-Vertrags von 1873 zusteht. Jedoch gab es Differenzen hinsichtlich der Anwendbarkeit des niederländischen bzw. belgischen Rechtes im Rahmen der Reaktivierung der Trasse und der umweltfreundlichen Integration der Infrastruktur des Eisernen Rheins und ihrer Kostentragung. Den Niederlanden war insbesondere daran gelegen, Belgien den Bau und die Kosten verschiedener Über- und Untergrundtunnel aufzubürden. Wegen dieser Differenzen kam es am 24. Mai 2005 zu einem Schiedsurteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag. In diesem Urteil führte das Schiedstribunal im Wesentlichen aus, dass bei der Reaktivierung des Eisernen Rheins niederländisches Recht zur Anwendung kommt. Der niederländische Staat darf nicht einseitig eine von der historischen Route abweichend verlaufende Trassenführung bestimmen. Ebenso darf er nicht einseitig die Höhe und die Art der Maut auf der Strecke bestimmen. Zwar sind die Niederlande im Prinzip befugt, Belgien den Bau von Über- und Untergrundtunneln aufzuerlegen, jedoch dürfen auch diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass Belgien die Ausübung seines Transitrechtes faktisch unmöglich gemacht oder unnötig erschwert wird. In diesem Zusammenhang entschied das Tribunal auch über die Kosten der Reaktivierung des Eisernen Rheins. Es ist nicht angebracht, die Kosten für die funktionelle Reaktivierung von den Kosten der umweltfreundlichen Integration der Strecke zu trennen. Belgien trifft nicht lediglich die Pflicht, die Kosten für die funktionelle Instandsetzung der Trasse zu tragen. Die Kosten für eine Reaktivierung des Eisernen Rhein sind, bezogen auf verschiedene Streckenabschnitte und Maßnahmen, unter den Parteien aufzuteilen. Hinsichtlich der Tunnel im Meinweg- Gebiet befand das Tribunal, dass die Kosten zwischen den Parteien gleich zu teilen sind. Quellen: 1. Barthels/Möller/Bartels, Der Eiserne Rhein, 1. Auflage 2005, erschienen im Verlag Thomas Barthels Druck-Agentur GmbH, Mönchengladbach. 2. Internetseite http://www.der-eiserne-rhein.de (Stand 30.01.2008). 3. Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs von Den Haag vom 24.05.2005 (abrufbar in englischer Sprache unter http://www.pca-cpa.org/showpage.asp?pag_id=1155 ; Stand 30.01.2008). 4. Internetseite http://www.wikipedia.de (Stand 30.01.2008).