Geschäftsführerhaftung



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Transkript:

Geschäftsführerhaftung Zivilrechtliche Haftungstatbestände und Tipps zur Haftungsvermeidung 15.10.2014 Rechtsanwalt Dr. Thomas Uhlig KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbh

Agenda Geschäftsführerhaftung - zivilrechtliche Haftungstatbestände und Haftungsvermeidung I Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung II Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten III Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule IV Tipps zur Haftungsvermeidung 2

I. Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung Geschäftsführer können gegenüber der Gesellschaft, den Gesellschaftern und Dritten haften Haftungskonstellationen (nicht abschließend) Haftung gegenüber der Gesellschaft Organhaftung als Geschäftsführer, 43 GmbHG Deliktische Haftung Verletzung von Rechtsgütern der Gesellschaft Verletzung von Schutzgesetzen Haftung gegenüber den Gesellschaftern keine Organhaftung Deliktische Haftung insbes. Verletzung von Schutzgesetzen (z.b. Verletzung der Aufklärungspflicht) Haftung gegenüber Dritten Deliktische Haftung ( 823 BGB) Verletzung Garantenpflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter, str. Sachverwalterhaftung ( 311 III BGB) Geschäftsführer verletzt z.b. Aufklärungspflichten unter Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens 3

I. Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung Geschäftsführer können gegenüber der Gesellschaft, den Gesellschaftern und Dritten haften Haftungskonstellationen (nicht abschließend) Haftung gegenüber der Gesellschaft Organhaftung als Geschäftsführer, 43 GmbHG Deliktische Haftung Verletzung von Rechtsgütern der Gesellschaft Verletzung von Schutzgesetzen Haftung gegenüber den Gesellschaftern keine Organhaftung Deliktische Haftung insbes. Verletzung von Schutzgesetzen (z.b. Verletzung der Aufklärungspflicht) Haftung gegenüber Dritten Deliktische Haftung ( 823 BGB) Verletzung Garantenpflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter, str. Sachverwalterhaftung ( 311 III BGB) Geschäftsführer verletzt z.b. Aufklärungspflichten unter Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens 4

Agenda Geschäftsführerhaftung - zivilrechtliche Haftungstatbestände und Haftungsvermeidung I Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung II Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten III Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule IV Tipps zur Haftungsvermeidung 5

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Haftungsvoraussetzungen 823 Abs. 1 BGB (1/2) Rechtsgutsverletzung Verletzung eines nach 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgutes z.b. Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum nicht: das Vermögen als solches (aber Schutz u.u. über 823 Abs. 2 BGB i.v.m. 266 StGB) Verletzungshandlung Rechtsgutsverletzung durch aktives Tun oder Unterlassen Unterlassen steht aktivem Tun aber nur dann gleich, wenn Rechtspflicht zu entsprechendem Handeln bestand und Verletzung durch Handlung verhindert worden wäre Garantenpflichten bzw. Verkehrspflichten z.b. Produzentenhaftung, Betriebsorganisationspflicht zur Vermeidung der Schädigung Dritter 6

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Haftungsvoraussetzungen 823 Abs. 1 BGB (2/2) Haftungsbegründende Kausalität Rechtsgutsverletzung muss durch Verletzungshandlung adäquat und zurechenbar verursacht worden sein Rechtswidrigkeit Verschulden Rechtswidrigkeit liegt bei unmittelbarer Rechtsgutsverletzung grundsätzlich vor Bei mittelbarer Rechtsgutsverletzung oder bei Unterlassen Verletzung einer Sorgfaltspflicht (z.b. Verkehrspflicht) erforderlich Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich Kausaler Schaden Durch Rechtsgutsverletzung muss Schaden verursacht worden sein 7

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Haftung bei Verletzung fremder Rechtsgüter aus Gesellschaft heraus Gesellschaft Auch Geschäftsführer persönlich? anerkannt Gesellschaft muss innerbetriebliche Abläufe so organisieren, dass die Schädigung Dritter möglichst vermieden wird Verletzung dieser Verkehrspflicht führt zu Schadenersatzverpflichtungen der Gesellschaft gegenüber Dritten umstritten Geschäftsführer haftet persönlich, wenn er unmittelbar selbst fremde Rechtsgüter verletzt (anerkannt) Umstritten ist bei mittelbaren Verletzungen (z.b. durch Mitarbeiter), ob Geschäftsführer auch persönlich eine allgemeine Verkehrspflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter hat, die ihr Träger dem Einflussbereich der Gesellschaft anvertraut hat 8

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Praxisfall BGH, Urteil vom 05.12.1989 - VI ZR 335/88, NJW 1990, 976 - Baustoffe Die im Baugewerbe tätige X-GmbH hatte von ihrem Lieferanten Baustoffe unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert bekommen. Die Baustoffe wurden von Mitarbeitern der X-GmbH bei einem Kunden eingebaut. Dadurch erlosch das vorbehaltene Eigentum des Lieferanten. In den Verträgen der X-GmbH mit ihrem Kunden war zudem ein Abtretungsverbot vereinbart, durch den die mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt verbundenen weiteren Sicherungsrechte des Lieferanten ebenfalls leer liefen. Der Geschäftsführer der X-GmbH hatte selbst weder beim Abschluss der Verträge mit dem Lieferanten noch mit dem Kunden mitgewirkt und hatte hiervon auch keine Kenntnis. Die X-GmbH hat ihren Lieferanten nicht bezahlt und wurde insolvent. Die X-GmbH hat daraufhin den Geschäftsführer der X-GmbH persönlich auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Die Klage hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat eine fahrlässige Eigentumsverletzung durch den Geschäftsführer der X-GmbH bejaht. 9

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Praxisfall BGH, Urteil vom 05.12.1989 - VI ZR 335/88, NJW 1990, 976 - Baustoffe Grundsatz: Bei Verletzung von Organpflichten des Geschäftsführers zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte haftet dieser grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft. Ausnahme: Wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem Geschäftsführer nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im deliktischen Bereich wegen einer den Geschäftsführer treffenden Garantenstellung zum Schutz fremder Rechtsgüter i. S. des 823 Absatz 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Voraussetzung ist, dass der Geschäftsführer zur Abwehr der sich in dieser Weise aktualisierenden Gefahrenlage gerade in seinem Aufgabenbereich gefordert ist. Unklar bleibt aber, wann dies konkret der Fall ist. Es ist vorrangige organisatorische Aufgabe des Geschäftsführers, eine Interessenkollision wegen der Gefahr einer widerrechtlichen Verletzung des Vorbehaltseigentums im Falle der Verarbeitung der Baustoffe zu vermeiden. Die Verletzung dieser Garantenpflicht führt zur Eigenhaftung. 10

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 1. Haftung gegenüber Dritten Geschäftsführerhaftung nach 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten Nunmehr einschränkende Klarstellung durch BGH BGH, Urteil vom 10.07.2012 VI ZR 341/10, NJW 2012, 3439 Leitsatz: Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer AG ergibt sich keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus 43 Absatz 1 GmbHG, 93 Absatz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen (Legalitätspflicht), bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen. Eine Außenhaftung des Geschäftsführers kommt nur in begrenztem Umfang auf Grund besonderer Anspruchsgrundlagen in Betracht, z.b. wenn Sie den Schaden selbst herbeigeführt haben. 11

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 2. Haftung gegenüber der Gesellschaft Geschäftsführerhaftung nach 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft Pflichten des Geschäftsführers nach 43 Abs. 1 GmbHG Die Geschäftsführer einer GmbH haben nach 43 Abs. 1 GmbHG in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Darunter versteht man die Sorgfalt eines treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen in verantwortlich leitender Position. Diese Anforderungen gehen weiter, als die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes. Denn der Geschäftsführer einer GmbH nimmt nicht seine eigenen, sondern die Interessen der Gesellschaft wahr. Aus dem Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Geschäftsmannes werden zahlreiche Einzelpflichten des Geschäftsführers abgeleitet, z.b. Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung (Umsetzung der grundlegenden Entscheidungen der Gesellschafter über die Geschäftspolitik). Legalitätspflicht (Einhaltung der an den Geschäftsführer gerichteten rechtlichen Pflichten und Sicherstellung, dass die Rechtspflichten der Gesellschaft eingehalten werden). Überblick über wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft muss jederzeit sichergestellt sein 12

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 2. Haftung gegenüber der Gesellschaft Geschäftsführerhaftung nach 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft Haftungsvoraussetzungen 43 Abs. 2 GmbHG Pflichtverletzung Verletzung einer den Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft obliegenden Verpflichtung Kausaler Schaden Durch die Pflichtverletzung des Geschäftsführers muss ein Schaden der Gesellschaft verursacht worden sein Schäden sind z.b. auch gegen die Gesellschaft gerichtete Haftungsansprüche Dritter Verschulden Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich 13

II. Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten 2. Haftung gegenüber der Gesellschaft Geschäftsführerhaftung nach 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft Darlegungs- und Beweislast ( 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog) Gesellschaft muss darlegen und beweisen Geschäftsführer muss darlegen und beweisen Schaden nach Grund und Höhe Ein möglicherweise pflichtwidriges Tun oder Unterlassen des Geschäftsführers Kausalität zwischen dem Handeln des Geschäftsführers und dem Schaden dass er seinen Sorgfaltspflichten genügt hat dass ihn kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten) 14

Agenda Geschäftsführerhaftung - zivilrechtliche Haftungstatbestände und Haftungsvermeidung I Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung II Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten III Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule IV Tipps zur Haftungsvermeidung 15

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Glücklose Hand der Geschäftsführer allein begründet keine Schadensersatzpflicht Grundsätze unternehmerischen Ermessens BGH, Urteil vom 21.04.1997 - II ZR 175/95 Der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens [muss] ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist. Riskante Entscheidungen sind zwingender Bestandteil unternehmerischen Handelns. Daher ist unter der Voraussetzung der Einhaltung von Gesetz, Satzung und Organbeschlüssen dem Geschäftsführer im Innenverhältnis bei seinen Entscheidungen ein weites Ermessen zuzubilligen. Innerhalb dieser Grenzen ist Handeln noch sorgfältig, selbst bei wirtschaftlich negativen Folgen für die Gesellschaft Allein eine glücklose Hand bei der Wahrnehmung seiner Leitungsaufgabe kann grundsätzlich keine Schadensersatzpflicht der Geschäftsführung begründen. 16

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Geschäftsführern steht ein haftungsbegrenzender Ermessensspielraum zu Haftungssystematik Haftung des Geschäftsführers wegen Sorgfaltspflichtverletzungen, 43 II GmbHG Business Judgment Rule Die [Geschäftsführer] haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das [Geschäftsführungsmitglied] bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. (analog 93 Abs. 1 S. 2 AktG) Beweislast für Einhaltung Ermessensspielraum trägt Geschäftsführer ( 93 II S.2 AktG analog) daher kritische Entscheidungen und Prozesse der Entscheidungsfindung dokumentieren! 17

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Business Judgment Rule - 93 Abs. 1 S. 2 AktG analog Voraussetzungen (1/2) Unternehmerische Entscheidung Angemessene Informationsgrundlage Geschäftsführer muss überhaupt einen rechtlichen Entscheidungsspielraum haben Keine unternehmerischen Entscheidung, wenn aufgrund zwingender gesetzlicher oder satzungsmäßiger Regelungen eine bestimmte Entscheidung vorgezeichnet ist (rechtlich gebundene Entscheidung) Der Geschäftsführer muss gutgläubig annehmen dürfen, auf der Grundlage angemessener Informationen zu handeln Sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen nötig BGH (NJW 2008, 3361): alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art sind auszuschöpfen Vor- und Nachteile der Handlungsoptionen sind sorgfältig abzuschätzen und erkennbare Risiken zu berücksichtigen 18

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Business Judgment Rule - 93 Abs. 1 S. 2 AktG analog Voraussetzungen (2/2) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Keine Interessenkonflikte oder sachfremde Einflüsse Geschäftsführer muss gutgläubig annehmen dürfen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln Entscheidungsmaßstab ist das Unternehmensinteresse an der Erhaltung des Bestandes, der Förderung der nachhaltigen Rentabilität und der Steigerung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit An sachlicher Unbefangenheit fehlt es, wenn der Geschäftsführer oder eine ihm nahestehende Person von Interessenkonflikt betroffen ist Geschäftsführer kann gehalten sein, in einem solchem Fall die Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter einzuholen 19

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Business Judgment Rule sichert Geschäftsführern einen unternehmerischen Handlungsspielraum Inhalt und Grenzen der Business Judgment Rule Safe Harbour Anerkennung eines weiten unternehmerischen Handlungsspielraumes, der gerichtlich nicht nachprüfbar ist und innerhalb dessen die Geschäftsführung nicht haftet falsche Entscheidungen der Geschäftsführung sind sorgfaltswidrig, wenn keine Orientierung an dem Wohl des Unternehmens, keine sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen oder unverantwortliche Risiken eingegangen werden Verstöße gegen Gesetz, Satzung oder Treue- oder Informationspflichten sind grundsätzlich nicht vom unternehmerischen Ermessen gedeckt! 20

III. Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule Business Judgment Rule sichert Geschäftsführern einen unternehmerischen Handlungsspielraum Dokumentation der unternehmerischen Entscheidung Safe Harbour Anerkennung eines weiten unternehmerischen Handlungsspielraumes, der gerichtlich nicht nachprüfbar ist und innerhalb dessen die Geschäftsführung nicht haftet Die Darlegungs- und Beweislast für Einhaltung der Business Judgment Rule trägt der Geschäftsführer sorgfältige Dokumentation der unternehmerischen Entscheidung und der Entscheidungsgrundlagen ist deshalb wichtig, um unter Umständen Jahre später noch Einhaltung der Business Judgment Rule darlegen und beweisen zu können 21

Agenda Geschäftsführerhaftung - zivilrechtliche Haftungstatbestände und Haftungsvermeidung I Überblick zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung II Zivilrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft und Dritten III Unternehmerisches Ermessen und Business Judgment Rule IV Tipps zur Haftungsvermeidung 22

IV. Tipps zur Haftungsvermeidung Präventivmaßnahmen können das Haftungsrisiko signifikant verringern Präventivmaßnahmen zum Zwecke der Haftungsvermeidung Dokumentation Entscheidung sorgfältige Personalauswahl Rückgriff Berater Abgrenzung Aufgabenbereiche Präventivmaßnahmen zur Haftungsvermeidung Risikomanagementsystem Zuweisung Kompetenzen Einrichtung Berichtssystem Vorsorgliche Beweissicherung 23

IV. Tipps zur Haftungsvermeidung Nur eine risikoorientierte Geschäftsorganisation gewährleistet Haftungsvermeidung (1/2) Präventivmaßnahmen Risikoorientierte Geschäftsorganisation Zuständigkeitsabgrenzungen Schaffung fachlicher Tätigkeitsbereiche mit festen Zuständigkeiten Erstellung einer Geschäftsordnung Aufstellung eines Geschäftsverteilungsplanes Innenrevision Einrichtung einer Innenrevision zur Sicherstellung fortlaufender Überwachung und Aufsicht über Mitarbeiter des Unternehmens Risikomanagementsystem Schaffung eines Risikomanagementsystems zur Identifizierung, Bewertung und Steuerung von Risiken 24

IV. Tipps zur Haftungsvermeidung Nur eine risikoorientierte Geschäftsorganisation gewährleistet Haftungsvermeidung (2/2) Präventivmaßnahmen Risikoorientierte Geschäftsorganisation Unternehmensplanung Aufbau einer Unternehmensplanung (Ertrag, Liquidität, Kosten) Compliance-System Entwicklung und Implementierung eines Compliance- Management-Systems Information der Aufsichtsgremien Regelmäßige Information der Aufsichtsgremien 25

IV. Tipps zur Haftungsvermeidung Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführung weitgehend von Haftung freistellen Präventivmaßnahmen Haftungsfreistellung und -begrenzung Grundsätzliche Haftung der Geschäftsführer Entlastungsbeschluss der Gesellschafter Freistellung von allen bei Beschluss erkennbaren Haftungsansprüchen ( Generalbereinigung) Enthaftung für alle Pflichtverletzungen, die bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und erstatteter Berichte für Gesellschafter erkennbar waren Weisung gemäß 37 GmbHG Keine Enthaftung bei nichtigen Weisungen möglich 26

IV. Tipps zur Haftungsvermeidung Grenzen bei der Befolgung von Weisungen Problem: Nachteilige Weisung/ Interessenkollision Grundsatz: Auch nachteilige Weisungen sind auszuführen, wenn einstimmiger und wirksamer Beschluss der Gesellschafterversammlung vorliegt Grenze rechtswidrige Weisung: (+) bei Verstoß gegen 30, 31 GmbHG (+) wenn Weisungsbefolgung zu Existenzgefährdung der Gesellschaft führt (+) bei offensichtlichem Gesetzesverstoß Beachte: Bei fehlender Weisung des Gesellschafters gelten die allgemeinen Anforderungen des 43 Abs. 1 GmbHG, d.h., für Gesellschaft nachteiliges Geschäft ( Interessenkollision ) kann Pflichtverstoß begründen Checkliste Sorgfältige Prüfung der Weisungen auf ihre Zulässigkeit sowie des der Weisung zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlusses (einstimmiger Beschluss?) Kommunikation von Bedenken gegenüber eigenen Organen (Aufsichtsrat, Beirat) und Organen der herrschenden Gesellschaft Dokumentation der Prüfungen und ggf. der kommunizierten Bedenken Sorgfältige Ausführung der Weisungen (nicht über den angewiesenen Nachteil hinaus) 27

Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, zuverlässige und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so zutreffend sind wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft so zutreffend sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der betreffenden Situation. Unsere Leistungen erbringen wir vorbehaltlich der berufsrechtlichen Prüfung der Zulässigkeit in jedem Einzelfall. 2014 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbh, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative ( KPMG International"), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen Dr. Thomas Uhlig Rechtsanwalt Practice Group Compliance & Investigations Ammonstr. 10 01069 Dresden tuhlig@kpmg-law.com KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Tel. +49 351 212944-12 Fax +49 351 212944-44 Der Name KPMG, das Logo und cutting through complexity" sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International Cooperative.