Europa nach dem Brexit -Votum: Wohin steuern Politik und Konjunktur? Dr. Michael Heise Chef-Volkswirt Allianz SE Anlageausschuss-Sitzung der Ärzteversorgung Niedersachsen und angeschlossener Versorgungswerke Wien, 19. Juli 2016
1 1 Brexit & Großbritannien: Was sind die Auswirkungen auf die Konjunktur? Welches Brexit-Szenario ist am wahrscheinlichsten? 2 Europa bleibt trotz Brexit Brexit auf Wachstumskurs 3 Brexit als Weckruf für Europa: Wie kann die Union gefestigt werden? Copyright Allianz SE 18.07.2016 2
Brexit -Votum beunruhigt die Finanzmärkte GBP/EUR GBP/EUR implizierte Ein-Monats-Volatilität Rendite 10-jähriger britischer Staatsanleihen (in %) Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen (in %) Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 3
Brexit : Erhöhte Unsicherheit belastet die britische Wirtschaft Gfk UK Konsumentenstimmung* (Z-score) ZEW UK Konjunkturerwartungen* * Saldo der positiven und negativen Einschätzungen bezüglich der aktuellen Konjunkturlage in Großbritannien Quelle: Thomson Reuters Datastream Copyright Allianz SE 18.07.2016 4
Der Weg zum Brexit : Sicher ist nur mehr Unsicherheit Vom Brexit Votum zum neuen Steady State Wird es ein zweites Referendum geben? Wird das Parlament sich an das Brexit Votum binden? Wann wird Art. 50 in Kraft treten? Werden sich Nordirland und Schottland vom Rest Großbritanniens abspalten? Was sind die Auswirkungen von Marktturbulenzen auf das Wirtschaftswachstum? Wie hoch ist das Risiko einer Währungskrise? Wird UK in eine Rezession schlittern? Welche ec erolle oespielen e Übertragungseffekte für die Wirtschaft der EZ? Verhandlungen über Brexit & das künftige Verhältnis zur EU Wie wird das neue Verhältnis Großbritanniens mit der EU aussehen? Wie lange wird das Vereinigte Königreich für die Neuverhandlung der Beziehungen zu EU und Nicht EU Ländern benötigen? Wie wird sich die Unsicherheit auf die Investitionstätigkeit und den Privatkonsum auswirken? Werden nun weitere EU Länder ein Referendum anstreben? Wie hoch ist das Risiko, dass die EU zerfällt? Wird dem Brexit mit verstärkten Integrationsbemühungen begegnet werden? Neuer Steady State Wie werden sich Veränderungen in den Bereichen der Regulierung, des Handels, der Investitionen und der Migration auf die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs auswirken? Wird es der UK Regierung außerhalb der EU gelingen, von Deregulierungsmaßnahmen zu profitieren? Wird das Vereinigte Königreich wirtschaftlich gesehen mittel bis langfristig besser dastehen? Copyright Allianz SE 18.07.2016 5
Brexit -Basisszenario: Basisszenario: Sanfte Trennung (Wahrscheinlichkeit: 70%) Konjunkturauswirkungen Politische und wirtschaftliche Unsicherheit in Großbritannien mindert das Wachstum in 2016 und 2017 um insgesamt 2 Prozentpunkte angesichts abnehmender Investitionstätigkeit und schwachem Privatkonsum. In der EU 27 fällt das BIP-Wachstum in 2016/17 insgesamt 0,4 Prozentpunkte niedriger aus. Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von Brexit halten andere EU- Länder davon ab, Referenden abzuhalten. Die EU zerfällt nicht. Langfristig wird sich das Wachstum in Großbritannien erholen, da ein größtenteils vorteilhaftes, maßgeschneidertes Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen wird ( Brexit-light ). Finanzmarktauswirkungen Finanzmarktvolatilität dürfte erhöht bleiben bis ein stabiler Ausstiegsprozess auf den Weg gebracht wurde (vermutlich nicht vor Ende 2016). Angesichts der mit Brexit verbundenen Wachstumsrisiken werden die Zentralbanken die Zinsen auf sehr niedrigem Niveau halten und expansiv bleiben. Der Druck auf das britische Pfund wird in den kommenden Monaten anhalten, aber der Sterling-Kurs dürfte im Laufe des Jahres 2017 wieder das aktuelle Niveau erreichen, einhergehend mit einem positiveren Ausblick für die Brexit -Verhandlungen. Copyright Allianz SE 18.07.2016 6
Brexit : Optionen für UK Uneingeschränkter Zugang zum EU Binnenmarkt Freier Warenverkehr ohne Zollbarrieren Freier Dienstleistungsverkehr Freier Personenverkehr Finanzieller Beitrag zur EU Mitspracherecht bei Weiterentwicklung der EU Regulierung Übernahmepflicht von EU Regulierungen Berechtigung unabhängig von der EU FTAs einzugehen EU Mitgliedschaft Norwegisches Modell Schweizer Modell WTO EU UK FTA x x x x x x x x x x x x x x x? x x x Quellen: Global Counsel, Allianz. Copyright Allianz SE 18.07.2016 7
Alternative Szenarien für Brexit Schmutzige Scheidung (Wahrscheinlichkeit: 20%) Angesichts wenig Kooperationsbereitschaft auf beiden Seiten dauern die Verhandlungen des neuen Verhältnisses deutlich länger (5-10 Jahre). Erhöhte wirtschaftliche und politische Unsicherheit belastet die bii britische Wirtschaft stark: Kumulierte Wachstumsverluste in 2016/17: 3 Prozentpunkte, bis 2020 4-6 Prozentpunkte. Finales Abkommen beinhaltet deutlich eingeschränkten Zugang Großbritanniens zum Binnenmarkt und starke Begrenzung der Einwanderung. Schottland scheidet aus dem Vereinigten Königreich aus. Bremain (Wahrscheinlichkeit: 10%) Großbritannien rutscht in die Rezession und schottische Abspaltungsbewegung gewinnt an Zuspruch Bereuen des Brexit setzt sein. In einem 2. Referendum stimmt eine deutliche Mehrheit für Bremain. Erhöhte politische und wirtschaftliche Unsicherheit belastet das Wirtschaftswachstum. Wachstumsverluste t deutlich größer als im Basisszenario, mittelfristig werden die Wachstumsverluste wieder aufgeholt. GBP wertet zunächst weiter ab, kräftige Erholung mit den Ergebnissen des 2. Referendums. GBP wertet auf mittlere Sicht 20% ab. Copyright Allianz SE 18.07.2016 8
Brexit : Pfund bleibt unter Druck GBP/EUR 0,95 0,90 0,85 0,80 075 0,75 0,70 0,65 Szenario: Schmutzige Scheidung Szenario: Bremain 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Gründe für die Abwertung des GBP Hohes Leistungsbilanzdefizit: 5,4 % des BIP (2015) UK-Preisniveau sehr viel höher als EU-Durchschnitt (2015) Schwächere Wachstumsaussichten Politische Unsicherheit in Großbritannien Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 9
Brexit Brexit : Britische Wirtschaft Hauptleidtragende Vereinigtes Königreich Eurozone % J/J % J/J 3,0 2,5 2,5 2,0 kein Brexit 2,0 1,5 kein Brexit Brexit 1,5 1,0 1,0 Brexit 0,5 0,5 0,0 0,0 2013 2014 2015 2016 2017 2018-0,5 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quellen: Thomson Reuters Datastream, eigene Prognosen. Copyright Allianz SE 18.07.2016 10
2 1 Brexit & Großbritannien: Was sind die Auswirkungen auf die Konjunktur? Welches Brexit -Szenario ist am wahrscheinlichsten? 2 Europa bleibt trotz Brexit auf Wachstumskurs 3 Brexit Brexit als Weckruf für Europa: Wie kann die Union gefestigt werden? Copyright Allianz SE 18.07.2016 11
Günstige Bedingungen für die Euro-Konjunktur Ölpreis (Brent, USD/Barrel) USD/EUR Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. 12
Euroraum: Ölpreisverfall stützt privaten Konsum Ölpreis (Brent, USD/Barrel) Einzelhandelsumsätze preisbereinigt, Index 2010 =100 Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. 13
Euroraum: Deutliche Besserung am Arbeitsmarkt Arbeitslosigkeit Quartalsdaten, J/J Veränderung (in Millionen) Beschäftigung Quartalsdaten, J/J Veränderung (in Millionen) Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. 14
Euroraum: Brexit belastet die Konjunktur, aber der Aufschwung setzt sich fort Reales BIP-Wachstum (%) Eurozone Deutschland Österreich Frankreich 0,9 1,8 1,6 1,5 1,6 1,6 1,7 1,6 1,5 1,4 1,4 1,4 1,0 1,2 0,6 0,2 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 Spanien Portugal Italien Griechenland 14 1,4 3,2 2,7 2,2 09 0,9 1,5 1,0 1,5 0,8 0,9 1,1 0,7 1,8-0,3-0,2-0,5 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017 Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quellen: Thomson Reuters Datastream, eigene Prognosen. 15
Österreich: Brexit verpasst Konjunkturerholung leichten Dämpfer Reales BIP-Wachstum (in %) 1,5 1,4 Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 16
Österreich: Inflation dürfte Talsohle erreicht haben Jährliche Inflationsrate (in %) 4 3 Headline Inflation 2 1 Kerninflation 0-1 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 17
Hauspreise in Österreich stark gestiegen Hauspreise Q1 2016, jährliche Veränderungsrate (in %) Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Eurostat. 18
Österreich: Brexit Brexit dürfte Außenhandel belasten Anteil am Gesamtexport (2015, in %) Anteil am Gesamtimport (2015, in %) 40 40 35 35 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 0 5 0 Deutschland (1) USA (2) Italien (3) Schweiz (4) Frankreich (5) UK (8) Deutschland (1) Italien (2) China (3) Schweiz (4) Tsche hechische Rep. (5) UK (12) Quelle: Statistik Austria. Copyright Allianz SE 18.07.2016 19
Österreich: Ungünstiger Arbeitsmarkttrend im Euroraum-Vergleich Arbeitslosenquote (in %) Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 20
Österreich: Schuldenkonsolidierung steht noch aus Öffentliches Defizit (in % des BIP) Staatsschulden (in % des BIP) Quelle: Thomson Reuters Datastream. Copyright Allianz SE 18.07.2016 21
Euroraum: Deflationsängste bisher nicht ausgeräumt Inflationserwartungen* vs. Ölpreis (Brent, EUR/Barrel) Harmonisierte Inflation & Kerninflation (Monatsdaten, J/J Veränderung, %) *) 5-Jahres-Forward des 5-jährigen Inflations-Swaps *) 5-Jahres-Forward des 5-jährigen Inflations-Swaps Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. 22
Euroraum: Erneuter Ölpreisrückgang zum Jahreswechsel verschiebt positiven Basiseffekt in die zweite Jahreshälfte Harmonisierte Inflationsrate (%) & Ölpreis (Brent, Dollar/Barrel) 2,5 120 20 2,0 100 1,5 1,0 0,5-60% Ölpreis (rechte Achse) Basiseffekt 80 60 0,0-47% 40-0,5 Inflation (linke Achse) 20-1,0 2014 2015 2016 2017 0 Quellen: Thomson Reuters Datastream, eigene Prognosen. Copyright Allianz SE 18.07.2016 23
EWU: Niedrige Realzinsen als neue Normalität EZB Hauptrefinanzierungssatz, Dreimonatsgeldsatz und Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen (in %) 1,0 0,5 Reale Rendite 10j. deutscher Staatsanleihen Eigene Prognose 0,0-0,5-1,0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quellen: Thomson Reuters Datastream, eigene Prognosen. Copyright Allianz SE 18.07.2016 24
Aktienmärkte erholen sich vom Brexit -Schock Aktienmarktindizes*, 1. Januar 2007 = 100 160 Dax 30 S&P 500 140 MSCI Emerging Markets 120 100 80 60 EuroStoxx 50 * 40 *Preisindizes Nikkei 225 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quelle: Thomson Reuters Datastream. 25
Mit wiederkehrenden Phasen erhöhter Volatilität ist zu rechnen Volatilität Staatsanleihen*: Deutschland Volatilität Staatsanleihen*: USA Aktienmarktvolatilität Deutschland: VDAX Aktienmarktvolatilität USA: VIX * Veränderung der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen gegenüber Vortag in Relation zum Renditeniveau Copyright Allianz SE 18.07.2016 Quellen: Datastream Thomson Reuters, eigene Berechnungen. 26
3 1 Brexit & Großbritannien: Was sind die Auswirkungen auf die Konjunktur? Welches Brexit -Szenario ist am wahrscheinlichsten? 2 Europa bleibt trotz Brexit auf Wachstumskurs 3 Brexit als Weckruf für Europa: Wie kann die Union gefestigt werden? Copyright Allianz SE 18.07.2016 27
Brexit -Effekt: Euroskepsis nimmt vorläufig leicht ab Ja, ich glaube die EU-Mitgliedschaft ist eher gut für mein Land. (Anteil der Befragten in %) * *Polen wurde nur im Juli 2016 befragt Quelle: IFOP-Institut. Copyright Allianz SE 18.07.2016 28
Brexit Brexit & die EU: Keine Lust auf Experimente Wünschen Sie, dass Ihr Land ein Referendum über den Verbleib oder den Austritt aus der Europäischen Union durchführt? (Anteil der Befragten in %) Quelle: IFOP-Institut. Copyright Allianz SE 18.07.2016 29
Brexit Brexit : Ein Weckruf für die EU Wie kann die Union gefestigt werden? Brüssel darf von nationalen Regierungschefs nicht länger als Sündenbock für eigene Reformversäumnisse missbraucht werden Prinzip der Subsidiarität achten auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren Wohlstandsversprechen einlösen: Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit als auch die Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum müssen Priorität haben EU-Kooperation in europäischen Angelegenheiten intensivieren: Außen- und Sicherheitspolitik, Terrorismusbekämpfung und Sicherung der EU-Grenzen EU der verschiedenen Geschwindigkeiten: EU-Länder können sich je nach eigener Bereitschaft auf verschiedenen Stufen der Integrationsleiter bewegen Copyright Allianz SE 18.07.2016 30
Pressekontakt MMag. Manfred Rapolter, MA Allianz Gruppe in Österreich Tel.: +43 5 9009 80690 manfred.rapolter@allianz.at www.allianz.at Dr. Lorenz Weimann Allianz SE Tel.: +49 69 24431-3737 lorenz.weimann@allianz.com www.allianz.com Copyright Allianz SE 18.07.2016 31
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