Die wichtigsten Fragen und Antworten zur internationalen Finanzkrise



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Transkript:

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur internationalen Finanzkrise 1. Wie ist die Aussage Im Jahre 2009 werden wir den stärksten Rückgang in der wirtschaftlichen Entwicklung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben! zu bewerten: Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland, d. h. seit 1949, ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das weltweit als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes angesehen wird, fast immer gestiegen, und zwar in den letzten Jahren in der Regel zwischen 1 % und 3 %. Lediglich in den Jahren 1967, 1975, 1982, 1993 und 2003 ging das BIP im Vergleich zum Vorjahr zurück, aber immer weniger als um 1 %. Die Bundesregierung geht in ihrem am 2. Januar 2009 vorgelegten Jahreswirtschaftsbericht von einem Rückgang des BIPs für das Jahr 2009 in Höhe von 2,25 % aus. Dies entspricht der Prognose fast aller wirtschaftlichen Institute und internationalen Organisationen. Die pessimistischste Prognose vertritt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Prof. Walter, der einen Rückgang von bis zu 4 % für möglich hält. Der Tatbestand, dass wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr den größten Rückgang unseres BIP seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben, führt bei einzelnen zu Vergleichen mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932. Das deutsche Sozialprodukt schrumpfte damals um 5 bis 12%. Selbst wenn das BIP in 2009 um 4 % zurückgehen würde, hätten wir in diesem Jahr ein Niveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivität. 2. Warum rettet der Bund die Finanzinstitute in Deutschland und nicht auch alle anderen Unternehmen? Banken und Sparkassen sind die Ader unserer Volkswirtschaft. Da die Finanzinstitute in Deutschland, insbesondere durch gegenseitige Kreditvergabe, sehr eng miteinander verbunden sind, besteht die Gefahr, dass bei Insolvenz eines sogenannten systemrelevanten Instituts der gesamte Finanzbereich in eine Schieflage geraten könnte. Damit wären die Ersparnisse und Altersvorsorgemaßnahmen breiter Bevölkerungskreise ebenso gefährdet, wie die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten. Die Insolvenz der amerikanischen Bank Lehman Brothers hat einen kleinen Eindruck von den Folgen einer Bankpleite vermittelt. Danach nahm die internationale Finanzkrise eine dramatische Entwicklung. Fast alle Fachleute sind sich inzwischen darüber im Klaren, dass es ein großer Fehler der amerikanischen Administration war, Lehmann Brothers nicht aufzufangen. Die Bundesregierung sichert also nicht die Finanzinstitute aus Liebe zu dieser Branche ab, sondern um die Ersparnisse und Altersvorsorge der Bevölkerung zu sichern und die weitere Kreditgewährung an die Wirtschaft zu ermöglichen. Im Übrigen haben 1

inzwischen praktisch alle Industrieländer einen Schutzschirm über ihre Finanzinstitute in ähnlichem Sinne wie in Deutschland gespannt. 3. Welches Instrument hat der Sonderfonds Finanzmarkt-Stabilisierung (SoFFin) heute, um Finanzinstitute zu unterstützen? Durch das Finanzmarktstabilitätsgesetz hat der Gesetzgeber drei Instrumente geschaffen, um Finanzinstitute zu sichern: 1. Erstes wesentliches Instrument des SoFFin sind Garantien in einer Gesamtsumme von 400 Mrd.. Finanzinstitute können staatliche Bürgschaften gegen eine Provision von ca. 1 % erhalten. Fast ein halbes Dutzend Kreditinstitute haben inzwischen mehr als 100 Mrd. in Anspruch genommen. Direkte Auswirkungen auf den Haushalt werden zurzeit nicht erwartet, weil im Rahmen dieses Instruments den Banken keine Finanzmittel, sondern lediglich Garantien zur Verfügung gestellt werden. Laut Gesetz wird mit einem Ausfall von maximal 5% gerechnet, d. h. man erwartet wirkliche Inanspruchnahmen des Staates aus diesem Instrument von ca. 20 Mrd.. 2. Kreditinstitute können Eigenkapitalhilfen aus einem 80 Mrd. Fond erhalten, und zwar entweder in offener Form (Übernahme von Aktien), durch stille Beteiligungen oder durch Übernahme sonstiger Bestandteile der Eigenmittel. Dieses Instrument hat bisher lediglich ein Kreditinstitut in Anspruch genommen, und zwar die Commerzbank/Dresdner Bank insgesamt mit 18 Mrd.. Etwa 1,45 Mrd. dienten zur Übernahme von 25,1 % der Aktien der Commerzbank AG und die restlichen 16,4 Mrd. wurden der Commerzbank/Dresdner Bank als stille Beteiligung zur Verfügung gestellt. Zum Hintergrund der Hinweis, dass nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz kann die Bundesregierung ohne Hauptversammlungsbeschluss sicherstellen kann, dass das Aktienkapital einer Firma um 50 % erhöht wird und die Bundesregierung diesen Anteil, d.h. in der Spitze 33 1/3 %, direkt übernehmen kann ohne, dass hierzu ein Hauptversammlungsbeschluss vorliegen muss. 3. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass aus den Mitteln des 80 Mrd. Fonds auch sogenannte schlechte Papiere (toxic assets) von Finanzinstituten angekauft werden können. Von dieser Möglichkeit hat bisher kein Finanzinstitut Gebrauch gemacht. 4. Reichen diese Instrumente aus? Darüber gehen die Meinungen innerhalb der Bundesregierung und in der Großen Koalition auseinander. Zunehmend wird die Meinung vertreten, dass zumindest, bezogen auf die Hypo Real Estate (HRE) eine Beteiligung des Bundes von 33 1/3 % ohne Hauptversammlungsbeschluss nicht ausreichen könnte. In diesem Zusammenhang wird im 2

Bundesfinanzministerium über die im Grundgesetz vorgesehene Möglichkeit einer Enteignung nachgedacht. Die Union ist der Auffassung, dass man zunächst alle anderen Möglichkeiten nutzen sollte, um die Bank zu retten. Hierzu ist sicherlich die Übernahme der Mehrheit erforderlich. Dies kann aber auch auf anderen Wegen geschehen als durch eine Enteignung. Sie müssen zuerst gegangen werden. Auch bezogen auf das Thema schlechte Papiere oder abschreibungsbedürftige Papiere gibt es nach Auffassung vieler in der Großen Koalition Handlungsbedarf. Solange schlechte Papiere in einer Bank vermutet werden, fehlt es an dem notwendigen Vertrauen in diese Bank, so dass keine Geschäfte getätigt werden. Die ursprünglich diskutierte Idee, allen Finanzinstituten die Möglichkeit zu geben, ihre sogenannten schlechten Papiere in eine bundesweite Bad Bank (schlechte Bank) zu geben, dürfte vom Tisch sein. Denn dieser Weg würde letztlich unübersehbare Risiken für den Steuerzahler mit sich bringen und würde die Risiken aller Banken zu sehr vermischen. Diskutiert wird zurzeit die Möglichkeit, dass jedes Finanzinstitut, das es für erforderlich hält, eine eigene Bad Bank schafft, für die eventuell besondere Bestimmungen im Kreditwesen-Gesetz geschaffen werden müssten. 5. Was leistet die Große Koalition für die Realwirtschaft? Eine generelle Besitzstandsgarantie für alle Unternehmen auch außerhalb der Finanzbranche kann der Staat natürlich nicht übernehmen. Dies würde seine Möglichkeiten weit überfordern. Zur Stärkung der Realwirtschaft sind insbesondere folgende Maßnahmen vorgesehen: 1. Um die Kreditversorgung der Wirtschaft zu sichern, sind zwei besondere Programme bei der KfW aufgelegt worden, und zwar ein 15 Mrd. Programm für alle Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz bis zu 500 Mio., und ein 100 Mrd. Programm (Deutschlandfond) für Unternehmen mit einem Umsatz von über 500 Mio.. Der Weg zu beiden Fonds führt über die Hausbank der Kreditnehmer. Aus dem ersten Programm kann die KfW bei Investitionen bis zu 90 % des Kreditrisikos und bei Betriebsmittelkrediten bis zu 50 % des Risikos übernehmen. Auch bei dem zweiten Programm ist eine Risikoübernahme durch die KfW vorgesehen. 2. Durch beschlossene Steuersenkungen (Erhöhung des Grundfreibetrages in zwei Stufen auf 8.004, die Verringerung des Eingangssteuersatzes von 15 % auf 14 % und eine begrenzte Verschiebung des sogenannten Mittelstandsbauchs im Steuertarif) und durch Senkung der Sozialabgaben (0,45 % für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber und zusätzliche Leistungen für Kinder) wird die Kaufkraft der Bevölkerung deutlich erhöht. Ein Großteil dieser Mittel dürfte kurzfristig in den Konsum gehen und somit breite Teile der Wirtschaft stützen. Die Steuersenkung ist ein Signal, dass es die Union mit der Steuerreform ernst meint. 3

3. Durch direkte Investitionen der öffentlichen Hand (Bund, Länder und Kommunen) in Höhe von ca. 20 Mrd. in diesem und im nächsten Jahr, dürfte insbesondere der gesamte Bereich der Bauwirtschaft zusätzliche Impulse erhalten. 4. Schließlich werden eine Reihe von Einzelmaßnahmen, wie die Umweltprämie für PKWs und zeitlich begrenzte Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter zeitnah wirksam. 5. Durch deutliche Verbesserung der Bestimmungen für die Kurzarbeit können die Belastungen der Betriebe deutlich verringert werden. Dadurch können Arbeitsplätze erhalten werden. 6. Überzogene Bonizahlungen, insbesondere im Finanzbereich, sollen die Finanzkrise mit beeinflusst haben. Was wird die Große Koalition tun, um hier Änderungen zu erreichen? Bereits im Sommer des vergangenen Jahres hat der Koalitionsausschuss eine aus zehn Mitgliedern bestehende Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich Ende Januar 2009 auf sechs konkrete Maßnahmen zur Änderung des Aktien- bzw. Handelsgesetzbuches geeinigt hat. Diese Maßnahmen könnten noch vor den Parlamentssommerferien verabschiedet werden. Unter anderem ist vorgesehen, dass in Zukunft bei der Festlegung von Managergehältern langfristige Komponenten, wie der durchschnittliche Jahresgewinn über mehrere Jahre, zu berücksichtigen ist und Aktienoptionen, die zum Teil ein wesentlicher Bestandteil von Managergehältern sind, nicht bereits, wie zurzeit, nach zwei Jahren, sondern erst nach vier Jahren eingelöst werden können. Die Möglichkeiten für den Aufsichtsrat bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung Managergehälter zu kürzen, werden erleichtert und die Transparenzpflichten an Managergehälter verbessert. Außerdem soll in Zukunft der gesamte Aufsichtsrat über Managergehälter entscheiden und nicht, wie heute in vielen Aktiengesellschaften üblich, nur ein kleiner Ausschuss. 7. Welche Maßnahmen hat bzw. wird die Bundesregierung einleiten, um sicherzustellen, dass Finanzkrisen, wie die aktuelle, sich nicht wiederholen können? Patentrezepte, um Finanzkrisen in Zukunft zu verhindern, gibt es natürlich nicht, und nationale Maßnahmen haben im Rahmen einer globalisierten Welt nur eine sehr begrenzte Wirkung bzw. sie können dazu führen, dass sich eine Volkswirtschaft isoliert und wichtige Arbeitsplätze verloren gehen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung umfangreiche Initiativen im Rahmen der EU, der G 7 und in letzter Zeit der G 20 Staaten ergriffen. Letztlich geht es um mehr Transparenz und mehr Reglementierung im Finanzbereich, und zwar nur im Finanzbereich 4

und nicht im Bereich der übrigen Wirtschaft. Im Mittelpunkt der Überlegungen und Initiativen stehen folgende Maßnahmen: 1. Bei der Frage der Verbesserung der nationalen und internationalen Finanzaufsichten macht die Union sich dafür stark, die gesamte Bankenaufsicht bei der Deutschen Bundesbank zu konzentrieren und schrittweise eine europäische Aufsicht für europaweit tätige Institute bei der europäischen Zentralbank zu schaffen. 2. Hedge-Fonds und Ratingagenturen müssen ebenso mehr Transparenz und Reglementierung erhalten. Sogenannte Steueroasen sollen auch ein Mindestmaß an Transparenz und Reglementierung ermöglichen. 3. Alle Risikogeschäfte eines Finanzinstitutes müssen aus der Kernbilanz sichtbar und mit entsprechendem Eigenkapital unterlegt werden. 4. Bei der Verbriefung von Krediten (Kreditverkäufe), muss der Verkäufer mit einem bestimmten Anteil im Obligo bleiben. 8. Hat die Bundesregierung im Vergleich zu anderen Staaten genug getan zur Bekämpfung der internationalen Krise? Die deutsche Volkswirtschaft ist gut gerüstet in die Finanzkrise gegangen. Seit Übernahme der Regierungsverantwortung durch die Große Koalition vor drei Jahren, konnte die Zahl der Arbeitslosen bekanntlich um über 1,5 Mio. verringert werden, die Zahl der Beschäftigten erreichte mit mehr als 40 Mio. einen historischen Höchststand und das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt (Differenz zwischen laufenden Einnahmen und laufenden Ausgaben) konnte von rund 60 Mrd. auf unter 20 Mrd. zurückgeführt werden. Mit dem Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland mit einem Volumen in den Jahren 2009 und 2010 von ca. 50 Mrd., dem in 2008 beschlossenen Maßnahmenpaket zur Senkung der steuerlichen Belastung, Stabilisierung der Sozialversicherungsausgaben und für Investitionen in Familien und dem 15- Punkte Programm Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung hat die Bundesrepublik Deutschland bezogen auf ihr Bruttoinlandsprodukt mehr Maßnahmen eingeleitet als alle anderen EU Staaten. Sie hat schnell und umsichtig auf die Finanz- und Wirtschafskrise reagiert. 9. Hat die Bundesregierung das Ziel der Haushaltssanierung aufgegeben? Die Union bleibt ihrer soliden Finanzpolitik treu. Allerdings zwingt uns die gegenwärtige konjunkturelle Lage zur Bewahrung unserer wirtschaftlichen Substanz und zur Stärkung der Aufschwungkräfte. Wir werden weder in diesem Jahr noch im nächsten Jahr die Schuldenregel im Grundgesetz einhalten können. Im nächsten Jahr werden wir zusätzlich das 3%- 5

Defizitkriterium des europäischen Stabilitätspakts verletzen. Die Schulden müssen jedoch konsequent abgetragen und der Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt wieder beschritten werden. Dazu finanzieren wir die Einmalinvestitionen im Rahmen der Konjunkturpakete über einen sogenannten Tilgungsfond, der bereits ab dem Jahre 2010 durch Teile der Bundesbankgewinne zurückgezahlt wird. Darüber hinaus haben wir uns mit Erfolg für eine Schuldenbremse im Grundgesetz eingesetzt. Die Union hat in den letzten Jahren bewiesen, dass wir in die Nähe eines ausgeglichenen Haushaltes kommen können. Dies wird uns wieder gelingen. 10. Ist mit den Konjunkturpaketen nunmehr das Ziel in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages eine große Einkommensteuerreform vom Tisch? Natürlich sind die Spielräume für eine große Einkommensteuerreform kleiner geworden. Aber wir arbeiten daran, die Spielräume für eine Einkommensteuerreform nach den Grundsätzen einfach niedrig gerecht zu schaffen. Unser Ziel ist es, den Menschen wieder ein Einkommensteuerrecht zu präsentieren, dass sie verstehen und dessen Belastungen sie akzeptieren können. Dazu gehört eine Tarifreform ebenso wie eine Vereinfachung der Bemessungsgrundlagen. 11. Wie werden sich die internationale Finanzkrise und die weltweite Rezession weiter entwickeln? Kein seriöser Wirtschaftler, Wissenschaftler oder Politiker ist in der Lage exakt die Frage zu beantworten, wie es weiter geht. Letztlich geht es um Entscheidungen von ca. 200 Staaten, Millionen von Unternehmen und Milliarden von privaten Haushalten und Menschen. Die Frage, ob Privatpersonen etwas kaufen, oder Unternehmen investieren, hängt im erheblichen Umfang von Erwartungen ab und Erwartungen sind auch abhängig von Stimmungen. Schlechte Meldungen verringern die Nachfrage, gute Meldungen verstärken die Nachfrage. Alles spricht dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr dieses Jahres deutlich zurückgehen wird, ob zwei, drei oder gar vier Prozent, niemand genau sagen kann. Inzwischen gibt es allerdings Anzeichen, dass vielleicht schon im 3. Quartal, mit größerer Sicherheit im 4. Quartal die positiven Meldungen und Kräfte deutlich zunehmen werden und vieles spricht dafür, dass das Jahr 2010 bereits bessere Zahlen vorweisen wird. So steht es im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, in diesem Sinne äußern sich die Deutsche Bundesbank und der Internationale Währungsfonds. Der Tatbestand, dass der Geschäftsklimaindex (der sich aus Befragung von ca. 7.000 deutschen Unternehmen ergibt) erstmalig im Januar dieses Jahres nach acht Monaten erhöht hat, unterstreicht diese Erwartungen. 6