Fachkundig beraten Bewertung und Finanzierung von Strom- und Gasnetzen im Kontext von Netztransaktionen Christoph Beer Hamburg 05.08.2013 1
Agenda 01 Kommunalisierung von Versorgungsnetzen 02 Grundzüge der Regulierung von Versorgungsnetzen 03 Bewertung von Versorgungsnetzen 04 Finanzierungsaspekte bei Netzübernahmen 05 Ihr Ansprechpartner 2
Kommunalisierung von Versorgungsnetzen Motive für die Übernahme eines Netzes aus kommunaler Sicht Die Kommunalisierung wird in der Öffentlichkeit derzeit breit diskutiert. Sie umfasst unterschiedlichste Projekte. Dazu gehören u.a. Der Rückkauf von ehemals öffentlichen Unternehmen bzw. deren Neugründung Kooperationen zwischen Kommunen (Neu-)Vergabe von Konzessionsverträgen für Energienetze an kommunale Unternehmen Wesentliche Motive für ein finanzielles bzw. wirtschaftliches kommunales Engagement: Kommunaler Vermögensaufbau Zusätzliche Einnahmen für den kommunalen Haushalt Gestaltende Einflussnahme der Kommune auf energiewirtschaftliche Belange Netzübernahme & Konsequenter Ausbau der Wertschöpfungstiefe Ausbau der Aktivitäten im Rahmen der Daseinsvorsorge 3
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Grundzüge der Regulierung von Versorgungsnetzen Merkmale des derzeitigen Regulierungsregimes Seit dem 01.01.2009 erfolgt die Bestimmung der Netznutzungsentgelte für Strom- und Gasnetze im Wege der Anreizregulierung. Damit erfolgt eine Regulierung der maximal zulässigen Erlöse (= Erlösobergrenzen) und der Netznutzungsentgelte der Netzbetreiber. Im System der Anreizregulierung werden Kosten und Erlöse für die Dauer einer Regulierungsperiode (5 Jahre) voneinander entkoppelt. Jedem Netzbetreiber werden von der Regulierungsbehörde jährliche Erlösobergrenzen vorgeschrieben d.h. die Erlöse sind in der Höhe begrenzt ( Revenue-Cap-Regulierung ). Innerhalb einer Regulierungsperiode wird eine lineare Absenkung der zulässigen Erlösobergrenzen vorgenommen, da die Netzbetreiber festgestellte Ineffizienzen abbauen müssen. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben (z.b. Energiewirtschaftsgesetz, Anreizregulierungsverordnung, Strom-/Gasnetzentgeltverordnung, Strom- /Gasnetzzugangsverordnung, etc.) wird durch die Bundesnetzagentur bzw. die Landesregulierungsbehörden sichergestellt. 5
Grundzüge der Regulierung von Versorgungsnetzen Merkmale des derzeitigen Regulierungsregimes Das derzeit geltende System der Anreizregulierung ist in zeitliche Abschnitte von fünf Jahren unterteilt. Zur Verdeutlichung ist hier der zeitliche Ablauf der ersten zwei Regulierungsperioden für Stromnetzbetreiber anhand eines Zeitstrahls dargestellt. Beginn der Anreizregulierung 01.01.2009 1. Regulierungsperiode 2. Regulierungsperiode Strom Beispiel Strom Fotojahr Fotojahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 31.12.2018 Ermittlung der Erlösobergrenze für die 1. Regulierungsperiode auf Basis der letzten Kostenprüfung (Kostenbasis 2006) und des im 1. Effizienzvergleich festgestellten Effizienzwertes Ermittlung der Erlösobergrenze für die 2. Regulierungsperiode auf Basis der Kostenprüfung im Jahr 2012 (Kostenbasis = Fotojahr 2011) und des im 2. Effizienzvergleich festgestellten Effizienzwertes 6
Grundzüge der Regulierung von Versorgungsnetzen Merkmale des derzeitigen Regulierungsregimes Die Netzkosten bilden die Basis für die Ableitung der Erlösobergrenzen (= Umsatz des Netzbetreibers) Netzkosten (= Basis für die Ableitung der Erlösobergrenzen) Kalk. Eigenkapitalverzinsung Kalk. Abschreibungen Kalk. Gewerbesteuer Fremdkapitalzinsen Operative Kosten z. B. Material- und Personalaufwand Die Erlösobergrenze entspricht den genehmigten Netzkosten auf Basis des Fotojahres 1 2 3 4 5 Absenkung auf Grund des Abbaus von Ineffizienzen Kosten Erlösobergrenze Zusatzgewinn Kosten t Verlust Vorteile des derzeitigen Regulierungsregimes Erzielung von Überrenditen bei überdurchschnittlichen Effizienzsteigerungen innerhalb einer Regulierungsperiode Cash-Flows innerhalb einer Regulierungsperiode gut planbar Planungssicherheit bei Kapitalverzinsung innerhalb einer Regulierungsperiode Nachteile des derzeitigen Regulierungsregimes Konkrete Ausgestaltung der Anreizregulierung ab der 3. Regulierungsperiode derzeit ungewiss Finanzierungslücke aufgrund zeitlicher Verzögerung zwischen Investitionsausgabe und Rückfluss über Erlösobergrenzen 7
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Bewertung von Versorgungsnetzen Kaufpreis bei Netzübernahmen Bei der Übernahme von Strom- und Gasnetzen ist die Methode der Kaufpreisfindung und die Höhe des Kaufpreises regelmäßig umstritten. Es gibt im Rahmen der Kaufpreisfindung drei unterschiedliche Ansätze zur Ermittlung des Kaufpreises (Ertragswert, Sachzeitwert oder kalkulatorischer Restwert). Strom- und Gasnetzentgeltverordnung erlauben lediglich kalkulatorische Restwerte als Basis für Verzinsung und Abschreibung ein eventuell höherer Kaufpreis, wie er sich häufig auf Basis des Sachzeitwertes ergibt, ist für die Netzkostenermittlung unerheblich. Eine sorgfältige Wertermittlung unter Berücksichtigung der entscheidenden Einflussfaktoren ist bei einer Netzübernahme von essentieller Bedeutung. 9
Bewertung von Versorgungsnetzen Kaufpreis bei Netzübernahmen Relevante Wertgrößen für die Bestimmung des Kaufpreises: Kalkulatorischer Restwert, Sachzeitwert und Ertragswert Gesetzliche Bestimmungen (EnWG) wirtschaftlich angemessene Vergütung gem. 46 Abs. 2 EnWG Sachzeitwert Kalkulatorischer Restwert (Ableitung EK-Verzinsung und kalk. AfA) Ertragswert Bewertung / Kaufpreisfindung Wiederbeschaffungswert des Netzes unter Berücksichtigung seines Alters und Zustandes Meist vertraglich vereinbart (Endschaftsbestimmung im Konzessionsvertrag) Zentraler Wert für die Bestimmung der Kapitalkosten des Netzeigentümers, der auf den ursprünglichen Netzinvestitionen basiert Konsequente Fortführung, unabhängig vom Eigentümer des Netzes Barwert der zukünftigen Cash-Flows bzw. Gewinne, die mit dem Eigentum an dem Versorgungsnetz verbunden sind Wird beeinflusst durch Netzzustand und Kapitalmarktzinsniveau Keine Aussage über die Ertragskraft des Netzes Maßgeblich für das Cash-Flow- Potential / Ertragskraft des Netzes Ist ein rationaler Investor bereit zu zahlen; wesentlicher Wertmaßstab für die Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung des Netzes 10
Bewertung von Versorgungsnetzen Kaufpreis bei Netzübernahmen Aktuelle Rechtsprechung zur wirtschaftlich angemessenen Vergütung (=Kaufpreis) BGH, Kaufering-Urteil vom 16.11.1999 (KZR 12/07): Eine Endschaftsbestimmung in einem Konzessionsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen, die für die Übertragung des örtlichen Versorgungsnetzes auf die Gemeinde ein Entgelt in Höhe des Sachzeitwertes vorsieht, ist gemäß 1 und 103a GWB unwirksam, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert des Netzes nicht unerheblich übersteigt. Wortlaut von 46 Abs. 2 EnWG: wirtschaftlich angemessene Vergütung Leitfaden Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zu Konzessionsvergaben (15.12.2010, S. 14): Eine Vergütung, die den auf Basis des um Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge bereinigten kalkulatorischen Restwerts bestimmten Ertragswert erheblich übersteigt, ist nicht angemessen. OLG Koblenz, Beschluss vom 11.11.2010 (U 646/08 ) Insofern haben nach Auffassung des Senates die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 16.11.1999 weiterhin Gültigkeit. [ ] Einen sog. Erheblichkeitszuschlag hält der Senat für nicht geboten. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.06.2011 Nach allem erscheint es gerechtfertigt, die für die Überlassung der gemischt-genutzten Anlagen zu entrichtende Vergütung nach dem objektivierten Ertragswert zu ermitteln. Entscheidung der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur (26.01.2012, S. 21): Da der Ertragswert maßgeblich durch die im Rahmen der Entgeltregulierung vorgegebenen Kosten bestimmt wird, entfaltet er insoweit eine begrenzende Wirkung. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2012 (6 U 168/10) Ausgangspunkt und grundsätzlicher Maßstab für die Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung i.s.d. 46 Abs. 2 S. 2 EnWG ist der objektivierte Ertragswert der übertragenen Versorgungsanlagen. 11
Bewertung von Versorgungsnetzen Kaufpreis bei Netzübernahmen Idealfall Praxis Kalk. Anlagenrestwert gem. StromNEV bzw. GasNEV Kaufpreis Aufschlag + Kalk. Anlagenrestwert gem. StromNEV bzw. GasNEV Kaufpreis > Ertragswert Kaufpreis = Ertragswert Kaufpreis < Ertragswert Der Aufschlag wird beeinflusst von: Strategischen Überlegungen Kapitalmarktzinsniveau ( Ertragswert) Refinanzierungskonditionen Im Idealfall entspricht der Kaufpreis dem kalkulatorischen Anlagenrestwert. Bei nahezu allen Versorgungsnetztransaktionen wird jedoch ein Aufschlag auf den kalkulatorischen Anlagenrestwert gezahlt. Dabei stellt sich die wesentliche Frage, bis zu welcher Höhe der Kaufpreis aus den Cash- Flows des Netzbetriebs refinanziert werden kann. 12