Skript zur Vorlesung Analysis 3

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1 Skript zur Vorlesung Analysis 3 Wintersemester 2013/2014 Prof. Dr. Benjamin Schlein Inhaltsverzeichnis 1 Masstheorie σ-algebren Masse Äusseres Mass Konstruktion des Lebesgue sche Mass auf R n Integrationstheorie Messbare Funktionen Das Integral Konvergenzsätze Vergleich mit dem Riemann schen Integral Produktmasse und das Theorem von Fubini Transformationsatz L p -Räume und ihre Eigenschaften Konvergenzbegriffe für Folgen messbarer Funktionen Die Vektorräume L p (Ω, A, µ) und L p (Ω, A, µ) Dualräume Approximation mit glatten Funktionen Fourier Transformation Flächenintegrale und Integralsätze Integration auf Mannigfaltigkeiten Satz von Gauss Satz von Stokes

2 1 Masstheorie In der Vorlesung Analysis 1 haben wir den Begriff von Riemann sche Integral eingeführt. Sei f : [a; b] R eine beschränkte Funktion, definiert auf dem kompakten Intervall I = [a; b]. Eine Teilung T von I ist eine endliche Teilmenge T = {a = x 0 < x 1 < < x n = b}. Weiter, eine zu T entsprechende Familie von Representanten ist ein n-tupel ξ = {ξ 1,..., ξ n } mit ξ j [x j 1 ; x j ] für alle j = 1,..., n. Für gegebene Teilung T und Familie von Representanten ξ haben wir dann die Riemann sche Summe S(T, ξ) = n f(ξ j )(x j x j 1 ) definiert. Wir haben die obere Riemann sche Summe zur Teilung T als S(T ) = sup S(T, ξ) = ξ n sup{f(x) : x [x j 1, x j ]}(x j x j 1 ) und die untere Riemann sche Summe zu T als n S(T ) = inf S(T, ξ) = inf{f(x) : x [x j 1, x j ]}(x j x j 1 ) ξ definiert. Mit Hilfe von obere und untere Riemann sche Summe haben wir dann den Begriff von Integrierbarkeit definiert. Wir sagen nämlich, dass f ist auf [a; b] Riemann integrierbar, wenn sup S(T ) = inf S(T ) T T In diesem Fall definieren wir das Riemann sche Integral von f auf [a; b] durch b a f(x)dx = sup S(T ) = inf S(T ) T T Wir haben in Analysis 1 gezeigt, dass eine beschränkte Funktion f : [a; b] R mit nur endlich viele Unstetigkeitstellen integrierbar ist. Eine notwendige und hinreichende Bedingung für Integrierbarkeit kann mit Hilfe des Begriffs von Nullmenge bewiesen werden (wir haben aber diese Bedingung in Analysis 1nicht gezeigt). Eine Menge N R heisst eine Nullmenge, falls für alle ε > 0 eine endliche oder abzählbare Familie {J i } von offenen Intervallen existiert, mit N J i und J i ε i i wobei J die Länge des Intervalls J bezeichnet. Es gilt: eine beschränkte Funktion f : [a; b] R ist genau dann Riemann integrierbar, wenn die Menge aller Unstetigkeitstellen eine Nullmenge ist. Insbesondere ist jede Funktion mit abzählbar viele Unstitigkeitstellen Riemann integrierbar. 2

3 Es bleiben trotzdem ziemlich viele Funktionen die nicht Riemann integrierbar sind. Ein einfaches Beispiel ist die Funktion f : [0; 1] R, definiert durch { 1 falls x Q [0; 1] f(x) = 0 sonst Für eine beliebige Teilung T = {0 = x 0 < x 1 < < x n = 1}, es gilt sup f(ξ) = 1 und inf f(ξ) = 0 ξ [x j 1,x j ] ξ [x j 1,x j ] weil jedes nicht leeres Intervall [x j 1, x j ] sicher ein Punkt ξ 1 Q und ein Punkt ξ 2 R\Q enthält. Deswegen gilt S(T ) = 1, und S(T ) = 0 für jede Teilung T. Es folgt: die Funktion f ist nicht auf [0; 1] integrierbar (die Funktion f ist nirgends stetig; die nicht Integrierbarkeit von f folgt auch aus der Bedingung, die wir oben erwähnt haben). Die Existenz von vielen nicht integrierbaren Funktionen ist die Hauptschwäche des Begriffes von Riemann Integral. In dieser Vorlesung möchten wir ein neues Integral einführen, das sogenannte Lebesgue sche Integral, das uns erlauben wird, eine grössere Klasse von Funktionen zu integrieren (das Lebesgue sche Integral einer Riemann integrierbare Funktion wird aber mit ihrem Riemann sche Integral übereinstimmen). Wir werden sehen, dass der Begriff von Lebesgue sche Integral einen anderen wichtigen Vorteil hat, verglichen mit dem Riemann sche Integral. Während das Riemann sche Integral zunächst nur für Funktionen auf R definiert ist (und auf Funktionen auf R n verallgemeinert werden kann), ist das Lebesgue sche Integral direkt auf allgemeineren Räumen (sogenannte Massräume) definiert. Wir erklären, kurz und heuristisch, die Idee des Lebesgue sche Integrals. Sei f : [a; b] R eine beschränkte Funktion. Nehmen wir an, f ist stetig und nicht negativ. Dann ist f Riemann integrierbar, und b a f(x)dx = b a [ 0 ] χ(f(x) t)dt dx Hier bezeichnet χ(f(x) t) die charakteristische Funktion vom Intervall [o, f(x)] (d.h. χ(f(x) t) = 1 falls f(x) t und χ(f(x) t) = 0 falls f(x) < t). Man kann dann die zwei Integrale vertauschen (wir haben in Analysis 2 den Theorem von Fubini bewiesen); man bekommt b [ b ] f(x)dx = χ(f(x) t)dx dt a 0 Z.B. falls die Funktion f konvex ist, man kann sich leicht überzeugen, dass die Menge {x [a; b] : f(x) t} ein Intervall ist (wo χ(f(x) t) = 1 gilt), für alle t R (für t gross genug, die Menge ist leer). Es gilt dann b a a χ(f(x) t)dx = µ({x [a; b] : f(x) t}) 3

4 wobei die rechte Seite die Länge des Intervalls ist, auf welchem f(x) t. Damit ist b a f(x)dx = 0 µ({x [a; b] : f(x) t})dt (1) Für nicht konvexe Funktionen, ist {x [a; b] : f(x) t} i.a. kein Intervall, sondern die Vereinigung von viele (möglicherweise unendlich viele) Intervalle. Trotzdem, mindestens falls die Funktion regulär ist, ist es klar, wie man die gesamte Länge dieser Intervalle bestimmen kann. Die Formel (1) gilt damit für beliebige f : [a; b] R nicht-negativ und stetig. Die rechte Seite von (1) hat nun aber einen Vorteil, verglichen mit der linken Seite. Die Funktion µ({x [a; b] : f(x) t}) ist monoton fallend in t. Eine monoton fallende Funktion hat immer höchstens abzählbar viele Unstetigkeiten, und deswegen ist immer Riemann integrierbar. Aus diesem Grund können wir die rechte Seite von (1) benutzten, um das Lebesgue Integral von beliebige Funktionen zu definieren, für welchen µ({x [a; b] : f(x) t}) für beliebige t > 0 definiert werden soll. Für stetige Funktionen wird das neue Integral wegen (1) mit dem alten Riemann Integral übereinstimmen. Die neue Definition kann aber auf allgemeineren Funktionen angewandt werden. Die einzige Bedingung ist, dass wir die Länge von Mengen der Form {x [a; b] : f(x) t} definieren können. Es ist auch klar, dass die rechte Seite von (1) uns auch erlaubt das Integral von Funktionen zu definieren, die auf R n oder sogar auf allgemeineren Räume definiert sind. Wichtig ist nur, dass wir µ({x : f(x) t}) definieren können. Ist f auf einer Teilmenge von R n definiert, dann ist µ({x : f(x) t})) das Volumen der Menge {x : f(x) t}) R n. Auf allgemeineren abstrkaten Räume, als wir sehen werden, heisst µ(a) das Mass der Menge A (Länge und Volumen sind Beispiele von Masse auf R, bzw. auf R n ). Aus dieser kurzen und heuristischen Diskussion ist hoffentlich klar geworden, dass um den Begriff von Lebesgue sche Integral einzuführen, brauchen wir das Mass von möglichst allgemeine Mengen zu definieren. Das ist der Zweck von dieser Kapitel. Bevor wir zu den Definitionen kommen, möchten wir zeigen, dass das Problem der Definition des Masses nicht so trivial ist. Wir untersuchen das Volumen von Teilmengen von R n. Wir bezeichnen mit P (R n ) 2 R die Potenzmenge von R n, d.h. die Menge aller Teilmengen von R n. Wir suchen eine Abbildung µ : P (R n ) [0; ] mit den Eigenschaften i) Monotonie: ist A B, so gilt µ(a) µ(b). ii) Euklidische Invarianz: ist T : R n R n eine affine Isometrie und A R n, so gilt µ(t A) = µ(a) (eine affine Isometrie ist eine Abbildung der Form T (x) = L(x)+b, wobei b R n eine Translation darstellt, und L : R n R n eine lineare Abbildung mit L T L = 1 ist). iii) Normierung: µ([0; l] n ) = l n, für all l > 0. iv) σ-additivität: sind A 1, A 2, R n abzählbar viele paarweise disjunkte Teilmengen von R n, so gilt µ = µ(a j ) A j 4

5 Man bemerke, dass die Monotonie i) eigentlich aus der σ-additivität iv) folgt (und braucht deswegen nicht separat angenommen zu werden), weil A B impliziert, dass B = A (B A c ), und also, da A und B A c disjunkt sind, µ(b) = µ(a) + µ(b A c ) µ(a) weil µ(b A c ) 0. Überraschend, es existiert keine Abbildung mit den Eigenschaften i)-iv). Satz 1.1 (Vitali 1905). Es existiert keine Abbildung µ : P (R n ) [0; ] mit den Eigenscahften i)-iv). Das gilt auch wenn ii) durch die schwächere Bedingung ii ) Invarianz bzg. Translationen: Für alle x R n und alle A R n gilt µ(x + A) = µ(a). ersetzt wird. Beweis. Wir nehmen an, es existiere eine Abbildung µ mit den Eigenschaften i), ii ), iii), iv). Auf A = [0; 1] n definieren wir die Äquivalenzrelation x y, falls x y Q n. Sei nun M 0 A eine Teilmenge, die aus jeder Äquivalenzklasse genau ein Element enthält (hier benutzen wir das Auswahlaxiom). Dann gilt und (1) für jedes x A, es existiert y M 0 mit x y (2) sind x, y M 0 mit x y, so muss x = y gelten Da Q n [ 1, 1] n abzählbar ist, finden wir eine Bijektion x : N Q n [ 1; 1] n mit x 0 = 0. Wir definieren M j = M 0 + x j. Dann gilt a) Für j k ist M j M k =. In der Tat, falls M j M k, dann könnten wir y, z M 0 finden, mit y + x j = z + x k. Das impliziert y z = x k x j Q n. Also y z und, aus Bemerkung (2) oben, y = z. Das gibt aber x j = x k, was ein Widerspruch zur Injäktivität von x ist. b) Für alle j N gilt µ(m j ) = µ(m 0 ) µ(a) = 1. Das folgt aus der Eigenschaften ii ) (Translationsinvarianz), i) (Monotonie) und iii) (Normierung). c) Es gilt [0, 1] n j N M j Sei, in der Tat, y [0, 1] n. Dann gibt es aus Bemerkung (1) ein z M 0 mit y z. Deswegen gilt y z Q n [ 1, 1] n, und es existiert j N mit x j = y z. Das zeigt, dass y = z + x j M j. d) Es gilt M j [ 1, 2] n j N In der Tat, für y M j existiert z M 0 mit y = z + x j. Da x j [ 1, 1] n und z [0, 1] n folgt aber y [ 1, 2] n. 5

6 Wir unterscheiden nun zwei Fälle. Ist µ(m 0 ) = 0, dann folgt aus c), dass 1 = µ([0; 1] n ) µ M j = µ(m h ) = µ(m 0 ) = 0 j N j N j N Gilt dagegen µ(m 0 ) > 0, so folgt aus d), dass 3 n = µ([ 1; 2] n ) µ M j = µ(m j ) = j N j N In beiden Fällen finden wir ein Widerspruch. Man kann sich vorstellen, wir können ein Volumen definieren, indem wir die σ- Additivität durch die schwächere Bedingung iv ) Endliche Additivität: sind A 1, A 2,..., A k endlich viele paarweise disjunkte Teilmengen von R n, so gilt k µ k = µ(a j ) A j ersetzen. Für n 3, ist aber auch unter dieser schwächeren Bedingung nicht möglich, ein Volumen zu definieren. Satz 1.2. Für n 3 gibt es keine Abbildung µ : P (R n ) [0; ] die die Eigenschaften i), ii), iii), iv ) erfüllt. Bemerkung: Für die Spezialfälle n = 1, 2, es ist dagegen möglich ein Volumen auf R n zu definieren, mit den Eigenschaften i), ii), iii), iv ). Satz 1.2 wird im Appendix (siehe separate file) bewiesen. Satz 1.1 und Satz 1.2 zeigen, dass die Definition eines Volumen auf R n nicht ganz einfach sein kann. Man findet, dass die beste Lösung um Volumen (insbesondere σ- additive Volumen) einzuführen, ist die Volumenfunktion µ nur auf einer Teilmenge von P (R n ) zu definieren. Wir werden nicht versuchen, µ(a) für alle A R n zu definieren; dagegen werden wir nur µ(a) definieren, für A aus einer Klasse von Teilmengen in R n, nämlich aus einer geeigneten σ-algebra (damit die Definition nützlich sein kann, müssen wir sicher stellen, dass wir das Volumen von genügend viele Mengen bestimmen können). Der Begriff von σ-algebra wird im nächsten Abschnitt eingeführt. 1.1 σ-algebren Im Gegensatz zur bisherigen Diskussion, wechseln wir nun zu einem abstrakten Setting, wo wir Teilmengen einer beliebigen Menge Ω (und nicht notwendigerweise von R n ) betrachten. Wir werden später das Beispiel Ω = R n speziell untersuchen. Sei Ω eine beliebige Menge und die entsprechende Potenzmenge. P (Ω) = {A : A Ω} 6

7 Definition 1.3. Eine Familie A P (Ω) von Teilmengen von Ω heisst eine σ-algebra, wenn i) Ω A. ii) A A A c A. iii) Ist (A n ) n N eine Folge von Mengen in A, so ist auch A n A n N Hier bezeichnen wir mit A c Ω\A = {x Ω : x A} das Komplement von A in Ω. Die Eigenschaft ii) bedeutet, dass σ-algebren stabil sind bzg. der Operation A A c. Eigenschaft iii) bedeutet dagegen, dass σ-algebren stabil sind, bzg. abzählbare Vereinigungen. Bemerkungen: aus der Definition, finden wir sofort die folgenden weitere Eigenschaften von σ-algebren: 1) A. Das folgt aus i) und ii), weil = Ω c. 2) σ-algebren sind stabil bzg. abzählbaren Durchschnitten. Mit anderen Wörter: ist (A n ) n N eine Folge in A, so ist A n A (2) n N Um (2) zu beweisen, benutzen wir die Morgan sche Regeln (die wir in Analysis 1 schon erwähnt haben; wir lassen den Beweis dieser Regeln als Übung). Wir finden, mit ii) und iii), ( A c n A. Aus ii) folgt deswegen, dass n N A n)c = n N A n A. n N 3) Die Stabilität von σ-algebren bzg. abzählbare Vereinigungen und abzählbare Durchschnitte impliziert natürlich auch die Stabilität bzg. endlichen Vereinigungen und endlichen Durchschnitten. Ist nämlich A 1,..., A m eine endliche Folge aus A, so können wir A m+1 = A m+2 = = A definieren. Dann ist m A j = j N A j A wegen iii). Analog zeigt man, dass endliche Durchschnitte von Mengen in A wieder in A enthalten sind. Wir diskutieren nun ein Paar Beispiele von σ-algebren. 7

8 Die Potenzmenge P (Ω) ist immer eine σ-algebra (die grösste σ-algebra auf Ω). Die Familie A = {, Ω} ist auch immer eine σ-algebra (die kleinste σ-algebra auf Ω). Für A Ω beliebig ist A = {, A, A c, Ω} eine σ-algebra. Die Familie A = {A Ω : A ist abzählbar oder A c ist abzählbar} ist eine σ-algebra. Offenbar ist Ω A, weil Ω c = eine abzählbare Menge ist (abzählbar bedeutet hier entweder endlich oder abzählbar unendlich; eine Menge mit Null Elemente ist in diesem Sinn abzählbar). Da die Definition symmetrisch bezüglich der Operation A A c ist, ist ii) auch erfüllt. Sei nun A 1, A 2,... eine Folge aus A. Wir möchten zeigen, dass A n A (3) n 1 Dazu unterscheiden wir zwei Fälle: existiere ein m mit A m nicht abzählbar, so muss A c m abzählbar sein. Deswegen ist A n n 1 c = n 1 A c n A c m sicher abzählbar, und (3) ist erfüllt. Falls dagegen A n abzählbar für alle n N, so ist auch n 1 als abzählbare Vereinigung von abzählbare Mengen wieder abzählbar. Also gilt (3) auch in diesem Fall. Ist A eine σ-algebra auf Ω, und ist Ω Ω eine beliebige Teilmenge, dann ist A n A = {Ω A : A A} eine σ-algebra auf Ω. Man nennt A die Spur von A auf Ω. Um zu zeigen, dass A eine σ-algebra ist, man bemerke zunächst, dass Ω = Ω Ω A. Weiter, das Komplement von Ω A in Ω ist aus (Ω A) c = {x Ω : x Ω A} = {x Ω : x A} = Ω A c gegeben (A c bezeichnet hier das Komplement von A in Ω). Gilt A A, so ist A c A, und deswegen Ω A c A. Schlussendlich, verifizieren wir die Bedingung iii) für A. Sei (Ω A 1 ), (Ω A 2 ),... eine Folge aus A. Dann ist A 1, A 2,... eine Folge aus A, und deswegen A n A Damit gilt n 1 n 1(Ω A n ) = Ω n 1 A n A 8

9 Seien Ω und Ω zwei Mengen, A eine σ-algebra auf Ω und T : Ω Ω eine Abbildung. Dann ist T 1 (A ) = {T 1 (A ) : A A } eine σ-algebra auf Ω. Beweis: Übung. Für die Konstruktion von σ-algebren spielt der folgende Satz eine wichtige Rolle. Satz 1.4. Sei Ω eine Menge, und (A i ) i I eine Familie von σ-algebren auf Ω. Dann ist auch der Durchschnitt eine σ-algebra auf Ω. Bemerkung: hier braucht die Indexmenge I nicht abzählbar zu sein. i I A i Beweis. Wir bezeichnen A = i I A i. Wir zeigen, dass A eine σ-algebra ist. Da A i eine σ-algebra auf Ω ist, gilt Ω A i für alle i I. Damit ist auch Ω A. Sei weiter A A. Dann ist A A i und deswegen auch A c A i für alle i I. Es folgt, dass A c A. Schlussendlich, sei (A n ) n N eine Folge aus A. Für alle n N und alle i I gilt also A n A i. Deswegen ist A n A i n N für alle i I. Das impliziert, dass n N A n A. Für eine beliebige Familie F von Teilmengen von Ω, wir können nun σ(f) = {A : A ist eine σ-algebra auf Ω undf A} definieren. Da P (Ω) immer eine σ-algebra ist, ist die rechte Seite sicher wohldefiniert. Offenbar ist F σ(f), und aus Satz 1.4 ist σ(f) eine σ-algebra auf Ω. Weiter: ist A eine σ-algebra auf Ω mit F A, dann gilt σ(f) A. mit anderen Wörter: σ(f) ist die kleinste σ-algebra, die F enthält. Man nennt σ(f) die von F erzeugten σ-algebra auf Ω (und F ist der Erzeuger der σ-algebra σ(f)). Beispiele. Ist A eine σ-algebra, so gilt σ(a) = A. Ist F = {A} für ein einziges A Ω, so gilt σ(f) = {, A, A c, Ω}. Für uns werden die wichtigsten Beispiele von σ-algebra die Borel σ-algebren auf R n sein, die aus allen offenen Mengen in R n erzeugt werden. Definition 1.5. Für n N, sei G n = {A R n : A offen} Dann ist B(R n ) = σ(g n ) die Borel σ-algebra auf R n. 9

10 Als Erinnerung: eine Menge A R n heisst offen, falls für jede x A ein ε > 0 existiert, mit {y R n : x y ε} A. Hier ist x = ( n x j 2 ) 1/2 die euklidische Norm von x = (x 1,..., x n ) (jede Norm auf R n führt aber zu der selben Topologie). Satz 1.6. Die Borel σ-algebra B(R) auf R wird auch von den folgenden Systemen von Teilmengen von R erzeugt: a) die Familie aller abgeschlossenen Teilmengen von R. b) die Familie der Intervalle der Form ( ; b], mit b R. c) die Familie der halboffenen Intervalle (a, b] mit < a < b <. Beweis. Seien B 1, B 2, B 3 die σ-algebren, die aus den Systemen in a), b), c) erzeugt werden. Wir zeigen die Inklusionen: B(R) B 1. Da B 1 die kleinste σ-algebra ist, die alle abgeschlossenen Teilmengen von R enthält, genügt es zu zeigen, dass B(R) alle abgeschlossenen Teilmengen von R enthält. Das ist aber klar, weil B(R) stabil bezüglich der Operation A A c, und weil B(R) alle offene Teilmengen von R enthält. B 1 B 2. Die Intervalle (, b] sind abgeschlossen, und deswegen sicher in B 1. Da B 2 die kleinste σ-algebra ist, die alle Intervalle der Form (, b] enthält, muss B 1 B 2 gelten. B 2 B 3. Es gilt (a, b] = (, b] (, a] c B 2 für alle < a < b <. Da B 3 die kleinste σ-algebra ist, die alle Intervalle der Form (a; b] enthält, muss B 2 B 3. B 3 B(R). Zu zeigen: jede offenen Teilmenge von R ist in B 3 enthalten. Wir bemerken zunächst, dass jede offene Intervall (a; b) R in B 3 enthalten ist. Das folgt weil (a; b) = n N(a; b (1/n)] und weil B 3, wie jede σ-algebra, bezüglich abzählbaren Vereinigungen stabil ist. Die Behauptung folgt nun aus Lemma 1.7 (siehe unten), wo wir zeigen, dass jede offene Teilmenge von R als abzählbare Vereinigung von offenen Intervallen geschrieben werden kann. Lemma 1.7. Sei U R offen. Dann gibt es eine Folge I n von offenen Intervallen in R, mit U = n N I n. Beweis. Wir definieren die Familie U = {I : I ist ein offenes Intervall, enthalten in U und maximal} 10

11 Ein Intervall I U heisst maximal, falls I J U für ein Intervall J impliziert, dass I = J. Offenbar gilt I U I U weil I U für jede I U. Anderseits, für ein beliebiges x U ist I x = {I : I ist ein offenes Intervall, mit I U und x I} in U enthalten. In der Tat, I x ist nicht leer, weil U offen ist. Weiter, I x ist, als Vereinigung von offenen Intervallen (die ein gemeinsamer Punkt x enthalten) sicher ein offenes Intervall, und I x ist (bei Definition) offenbar maximal. Damit haben wir, für alle x U ein I x U gefunden, mit x I x. Das zeigt, dass U I U I und damit, dass U = I. I U Wir müssen noch zeigen, dass U abzählbar ist. Dazu bemerken wir, dass die Intervalle in U disjunkt sind. Ist in der Tat x I 1 I 2, für I 1, I 2 U, so ist auch I 1 I 2 ein offenes Intervall, der in U enthalten ist. Aus der Maximalität von I 1, I 2, muss also I 1 = I 2 = I 1 I 2, d.h. I 1 = I 2. Wir können also für jede I U eine rationale Zahl x I Q wählen (weil jedes offenes Intervall eine rationale Zahl enthält). Das definiert eine Abbildung U Q, die injäktiv ist. Damit ist U abzählbar. Analog zu Satz 1.6, bekommen wir in höheren Dimensionen den folgenden Satz. Der Beweis ist analog zum Beweis von Satz 1.6 und ist als Übung gelassen. Satz 1.8. Die Borel σ-algebra B(R n ) auf R n wird auch von den folgenden Systemen von Teilmengen von R n erzeugt: a) die Familie aller abgeschlossenen Teilmengen von R n. b) die Familie der abgeschlossenen Halb-Ebenen der Form für ein i {1,..., n} und ein b R. c) die Familie der Quadern der Form {(x 1,..., x n ) R n : x i b} {(x 1,..., x n ) R n : a i < x i b i für alle i = 1,..., n} für < a i < b i < für alle i {1,..., n}. Wir werden sehen, die Borel σ-algebra enthält nicht alle Teilmengen von R n, d.h. B(R n ) P (R n ). Trotzdem, die Borel σ-algebra enthält ziemlich viele Teilmengen von R n (es ist nicht trivial, obwohl möglich, ein A R n zu konstruieren, mit A B(R n )). Man findet, die Borel σ-algebra ist ein guter Kompromiss um Analysis zu machen; sie enthält praktisch jeder Teilmenge, die für die Analysis wichtig ist und, gleichzeitig, sie ist klein genug, dass ihre Teilmengen konstruktiv behandelt werden können (insbesondere, 11

12 wir werden sehen, sie ist klein genug, um die Probleme mit der Definition eines Volumen zu vermeiden). Manchmal ist nützlich σ-algebren aus Systemen von Teilmengen von Ω zu erzeugen, die schon teilweise die Eigenschaften einer σ-algebra haben. Es spielen dabei Ringe und Algebren eine wichtige Rolle. Definition 1.9. Ein System R von Teilmengen einer Menge Ω heisst ein Ring in Ω falls i) R. ii) Für A, B R gilt auch A\B R. iii) Für A, B R gilt auch A B R. Gilt zusätzlich auch iv) Ω R. so heisst der Ring R eine Algebra. Hier bezeichnen wir A\B = {x A : x B} = A B c. Aus Definition ist jede Algebra ein Ring. Bemerkung. Sei R ein Ring, und A, B R. Dann ist auch A B = A\(A\B) R. Also Ringen sind geschlossen bezüglich endliche Vereinigung und endliche Durchschnitte. Satz Eine Familie B von Teilmengen einer Menge Ω ist genau dann eine Algebra, wenn a) Ω B. b) A B A c B. c) A, B B A B B. Beweis. Sei B eine Algebra. Dann gelten a) und c) aus Definition, und b) folgt aus der Eigenschaft ii) weil A c = Ω\A. Gelten die Eigenschaften a), b), c) so gelten auch i), iii). Um ii) zu zeigen, bemerken wir, dass A\B = A B c = (A c B) c Der Unterschied zwischen Algebren und σ-algebren ist also, dass Algebren nur unter endliche Vereinigungen (und Durchschnitte) während σ-algebren auch unter abzählbare Vereinigungen (und Durchschnitte) stabil sind. Insbesondere ist jede σ-algebra auch eine Algebra. Beispiele: ein Paar Beispiele von Algebren und Ringen. R = { } ist ein Ring, aber keine Algebra. Die kleinste Algebra auf einer Menge Ω besteht aus A = {, Ω} und ist gleichzeitig auch eine σ-algebra. 12

13 Das System R = {A Ω : A endlich ist} ist immer ein Ring. R ist nur für endliches Ω auch eine Algebra (in diesem Fall R = P (Ω) enthält alle Teilmengen von Ω). Das System A = {A Ω : A oder A c endlich ist} ist eine Algebra auf Ω (weil endliche Vereinigungen von endlichen Mengen wieder endlich sind). A ist nur dann eine σ-algebra, wenn Ω endlich ist (in diesem Fall ist A = P (Ω)). Um zu entscheiden ob eine gegebene Familie von Mengen eine σ-algebra ist, ist manchmal der Begriff von Dynkin-System nützlich. Definition Sei Ω eine Menge. Eine Familie D von Teilmengen von Ω heisst ein Dynkin-System, falls i) Ω D. ii) D D D c D. iii) Für jede Folge (D n ) n N von paarweise disjunkten Mengen aus D ist auch D n D. n N Es folgt aus der Definition, dass = Ω c D. Der Unterschied mit dem Begriff von σ-algebren ist, dass hier iii) nur für paarweise disjunkten Mengen überprüft werden soll. Insbesondere ist jede σ-algebra ein Dynkin System. Umgekehrt ist dagegen nicht jede Dynkin System eine σ-algebra. Betrachte zum Beispiel Ω = {1, 2,..., 2n}, für ein n N. Dann ist D = {A Ω : A gerade ist} offenbar ein Dynkin System (weil die Vereinigung von zwei disjunkte Mengen mit gerade Kardinalität wieder gerade Kardinalität hat), aber keine σ-algebra (weil zum Beispiel {1, 2}, {2, 3} D aber {1, 2} {2, 3} = {1, 2, 3} D). Lemma Sei D ein Dynkin System auf einer Menge Ω. Es gilt: sind A, B D mit B A, dann ist auch A\B D Beweis. Da A c B = gilt A c B D. Deswegen ist auch A B c = (A c B) c D. Der nächsten Satz gibt genügend und hinreichende Bedingungen, damit ein Dynkin System eine σ-algebra ist. Satz Sei D ein Dynkin System. Dann ist D genau dann eine σ-algebra, wenn A, B D A B D (4) Beweis. Sei D ein Dynkin System mit (4). Wir müssen zeigen, D ist eine σ-algebra. Sei dazu (A n ) n N eine Folge in D. Dann definieren wir B 1 = A 1, B 2 = A 2 \A 1 = A 2 A c 1, und, für beliebigen n N, B n = A n (A 1 A n 1 ) c. Wegen (4) ist (B n ) n N eine Folge von paarweise disjunkten Mengen aus D. Damit ist auch B n D. n N A n = n N 13

14 Es gilt: ein beliebiges Durchschnitt von Dynkin Systeme ist wieder ein Dynkin System (der Beweis ist ähnlich wie bei σ-algebren). Das impliziert, dass für eine beliebige Familie F von Mengen, δ(f) = {D : D ein Dynkin System mit F D} der kleinste Dynkin System ist, der F enthält. Man sagt δ(f) ist der Dynkin System, der aus F erzeugt wird. Satz Sei Ω eine Menge, und F P (Ω) eine Familie von Teilmengen von Ω, mit der Eigenschaft A, B F A B F Dann ist δ(f) = σ(f). Beweis. Da σ(f) ein Dynkin System ist, der F enthält, muss δ(f) σ(f) gelten. Zu zeigen bleibt: δ(f) ist eine σ-algebra. Dazu genügt zu zeigen, dass Sei A δ(f) beliebig. Wir setzen A, B δ(f) A B δ(f) D A = {E P (Ω) : E A δ(f)} Wir behaupten, D A ist ein Dynkin System. In der Tat ist Ω D A (weil Ω A = A δ(f)). Ist weiter E D A so gilt E A δ(f). Dann ist auch (E c A) c = E A c = A c (E A) δ(f) als Vereinigung von zwei disjunkten Mengen in δ(f). Damit ist also E c A δ(f) und E c D A. Sei schlussendlich (E n ) n N eine Folge von disjunkten Mengen in D A. Dann ist E n A δ(f) für alle n N. Also ist (E n A) eine Folge von disjunkten Mengen im Dynkin System δ(f); es folgt, dass (E n A) δ(f) n N E n A = n N und damit, dass n N E n D A. Ist nun A F, so ist D A ein Dynkin System und, nach Voraussetzung, gilt F D A (weil B F impliziert B A F und also B A δ(f)). Da δ(f) der kleinste Dynkin System ist, der F enthält, muss δ(f) D A. Das impliziert, dass B A δ(f) für alle B δ(f) und alle A F. Sei nun B δ(f) beliebig. Dann D B ist ein Dynkin System. Da A B δ(f) für alle A F, es folgt, dass F D B. Damit muss auch δ(f) D B gelten, für alle B δ(f). Das zeigt, dass A B δ(f), für alle A, B δ(f). Neben dem Begriff von Dynkin System, spielt manchmal auch den Begriff von monotone Klasse eine wichtige Rolle, um zu entscheiden, ob einen gegebenen System eine σ-algebra ist, oder nicht. Definition Sei Ω eine Menge. Ein System A von Teilmengen von Ω heisst eine monotone Klasse, falls 14

15 i) Ist (A n ) n N eine Folge aus A, mit A n+1 A n für alle n N, so ist A n A ii) Ist (A n ) n N eine Folge aus A, mit A n+1 A n für alle n N, so ist n N A n A n N Jede σ-algebra ist offenbar eine monotone Klasse. Es gelten weiter die folgenden Eigenschaften: Sei A eine monotone Klasse. Dann ist A genau dann eine σ-algebra, wenn A eine Algebra ist. Beliebige Durchschnitte von monotonen Klassen sind wieder monotonen Klassen. Das impliziert: für eine beliebige Familie F von Teilmengen von Ω es existiert die kleinste monotone Klasse, die F enthält. Wir bezeichnen die von F erzeugten monotone Klasse mit m(f). Ist A eine Algebra auf Ω, so gilt σ(a) = m(a). Die Beweise von diesen Eigenschaften lassen wir als Übung (sie sind ähnlich zu den entsprechenden Beweise für Dynkin Systeme). 1.2 Masse Sei Ω eine Menge, und A eine σ-algebra auf Ω. Man nennt (Ω, A) ein messbarer Raum. Auf der σ-algebra A betrachten wir nun Funktionen, die wir als Masse bezeichnen, die das Inhalt von Mengen in A messen sollen. Definition Sei, wie oben (Ω, A) ein messbarer Raum. Eine Funktion µ : A [0; ] heisst ein Mass auf A falls i) µ( ) = 0. ii) σ-additivität: ist (A n ) n N eine Folge in A mit A n A m =, für alle n m, so gilt µ ( n N A n ) = n N µ(a n ) Bemerkungen: Die Eigenschaft von σ-additivität erklärt, warum wir in der Definition von σ- Algebren die Stabilität bezüglich abzählbaren Vereinigungen verlangt haben. Man könnte sich vorstellen Funktionen µ : A [0; ] zu betrachten, die nur endlich additiv statt σ-additiv sind. In diesem Fall wurde man ii) durch die schwächere Bedingung ersetzen: 15

16 ii ) Sind A 1,..., A k endlich viele, disjunkten Mengen aus A, dann gilt ) µ ( k A j = k µ(a j ) Eine Funktion µ : A [0; ] mit den Eigenschaften i) und ii ) nennt man ein endlich additives Mass. Jede σ-additive Mass ist endlich additiv. Nicht jede endlich additives Mass ist auch σ-additiv. Endlich additive Masse können auf beliebigen Algebren definiert werden (während σ-additive Masse nur auf σ-algebren definiert werden können). Es war eine wichtige Bemerkung am Ende vom 19. Jahrhundert, dass σ-additive Masse viel besser als endlich additive Masse sind, um Integrale zu definieren und Analysis zu machen (man kann viel stärkere Theoremen beweisen, wenn man σ-additivität annimmt). In dieser Vorlesung werden wir nur σ-additive Masse betrachten (und wir werden σ-additive Masse einfach als Masse bezeichnen, wie in der Definition oben). Ist Ω eine Menge, A eine σ-algebra auf Ω und µ ein Mass auf A, so heisst (Ω, A, µ) ein Massraum. Beispiele: hier ein Paar einfache Beispiele von Massen. Sei Ω eine beliebige Menge, und A eine σ-algebra auf Ω. Für jede A A definieren wir µ(a) = n, falls A genau n Elementen enthält, und µ(a) =, falls A unendlich viele Elementen enthält. Dann ist µ : A [0; ] offenbar ein Mass. Man nennt µ das Zählmass auf dem messbare Raum (Ω, A). Sei Ω eine beliebige nicht leere Menge, und A = P (Ω) (oder irgendeine andere σ-algebra auf Ω). Sei x Ω. Für A A definieren wir δ x (A) = 1 falls x A und δ x (A) = 0 falls x A. Dann definiert δ x : A [0; ] ein Mass auf (Ω, A), das als Punktmass an der Stelle x bezeichnet wird. Dass δ x ein Mass ist, kann man wie folgt überprüfen. Sei (A n ) n N eine Folge von disjunkten Mengen in A. Wir unterscheiden zwei Fälle: 1) es gilt x A n für alle n N. Dann ist auch x n N A n. Deswegen ist δ x (A n ) = 0 für alle n und auch δ x ( n N A n ) = 0, und ( ) δ x A n = δ x (A n ) n N n N 2) Es existiere m N mit x A m. Dann ist x n N A n. Da die Mengen disjunkt sind, muss dann x A n für alle n m. Deswegen gilt ) A n n N δ x (A n ) = δ x (A m ) = 1 = δ x ( n N Sei Ω eine nicht leere Menge, und A eine σ-algebra auf Ω. Für A A setzen wir µ(a) = falls A und µ(a) = 0 falls A =. Dann ist µ ein Mass. Wir werden auf der Borel σ-algebra B(R) ein Mass λ definieren, mit der Eigenschaft, dass λ([a; b]) = b a für alle a b. Man nennt λ das Lebesgue 16

17 Mass auf (R, B(R)). Allgemeiner werden wir für alle n 1 ein Mass λ (n) auf der n-dimensionale Borel σ-algebra B(R n ) konstruieren, mit der Eigenschaft, dass λ (n) ([a 1, b 1 ] [a n, b n ]) = n (b i a i ). Man nennt λ (n) das Lebesgue Mass auf (R n, B(R n )). Das Lebesgue Mass λ (n) erfüllt alle Bedingungen, die wir in der Einführung (siehe Seite 4) für ein Volumen verlangt haben (Monotonie, euklidische Invarianz, Normierung, σ-additivität). In Gegensatz zu Satz 1.1 gibt es hier kein Widerspruch, weil λ (n) nicht auf alle Teilmengen von R n definiert ist (die Menge M 0 im Beweis von Satz 1.1 ist nicht in der σ-algebra B(R n ) enthalten). Wir diskutieren einige Eigenschaften von Massen, die aus der allgemeine Definition folgen. Satz Sei (Ω, A, µ) ein Massraum. Seien A, B A mit A B. Dann gilt µ(a) µ(b). D.h. Masse sind immer monoton. Gilt weiter µ(a) <, so finden wir µ(b\a) = µ(b) µ(a). Beweis. Es gilt B = A (B\A). Da A (B\A) =, folgt aus der σ-additivitát, dass µ(b) = µ(a) + µ(b\a) µ(a) weil µ(b\a) 0. Ist weiter µ(a) <, so können wir µ(a) links subtrahieren, und wir finden µ(b\a) = µ(b) µ(a). Die σ-additivität für das Mass von disjunkten Mengen impliziert auch die Subadditivität für Vereinigung von beliebige Teilmengen. Satz Sei (Ω, A, µ) ein Massraum, (A n ) n N eine Folge in A. Dann gilt ( ) µ A n µ(a n ) n N n N Beweis. Wir definieren eine neue Folge von Mengen in A. Wir setzen B 1 = A 1, B 2 = A 2 \A 1 = A 2 A c 1 und, für beliebige n N, ( c B n = A n j) n 1 A = An A c 1 A c n Da A stabil bzg. Durchschnitten ist (hier braucht man sogar nur Stabilität bzg. endliche Durchschnitten), ist B n A für alle n N. Die B n sind nach Konstruktion disjunkt. Für alle n N gilt B n A n und, wegen der Monotonie, µ(b n ) µ(a n ). Da aber n N B n = n N A n finden wir ( ) ( ) µ A n = µ B n = µ(b n ) µ(a n ) n N n N n N n N 17

18 Für das Mass einer Vereinigung von endlich viele (nicht unbedingt disjunkten) Mengen, es ist auch einfach eine explizite Formel zu finden. Sei (Ω, A, µ) ein Massraum, A, B A. Dann können wir A B = (A\B) (B\A) (A B) als Vereinigung von drei disjunkten Mengen schreiben. Da es gilt und damit A = (A\B) (A B), und B = (A\B) (A B) µ(a\b) = µ(a) µ(a B), µ(b\a) = µ(b) µ(a B) µ(a B) = µ(a\b) + µ(b\a) + µ(a B) = µ(a) + µ(b) µ(a B) Man kann analoge Formel für Vereinigung von drei Mengen und, allgemeiner, für die Vereinigung von n Mengen herleiten. Es ist manchmal wichtig das Mass der Vereinigung oder des Durchschnittes einer monotone Folge von Mengen zu bestimmen. Satz Sei (Ω, A, µ) ein Massraum. a) Ist (A n ) n 1 eine Folge in A mit A n+1 A n für alle n N (eine wachsende Folge), so gilt µ A n = lim µ(a n) n n 1 b) Ist (A n ) n 1 eine Folge in A mit A n+1 A n für alle n N (eine fallende Folge), und es gelte µ(a n0 ) < für irgendein n 0 N, so gilt µ A n = lim µ(a n) n n 1 Beweis. a) Sei (A n ) eine Folge in A mit A n+1 A n für alle n 1. Wir setzten B 1 = A 1 und B i = A i \A i 1 = A i A c i 1 für alle i 2. Dann ist (B n) n 1 eine Folge in A von disjunkten Teilmengen von Ω, mit n 1 B n = n N A n. Deswegen gilt µ A n = µ B n = µ(b n ) n 1 n 1 = lim k k n=1 n=1 µ(b n ) = lim k µ ( k n=1 B n ) = lim k µ(a k) 18

19 b) Sei (A n ) n N eine Folge in A mit A n+1 A n und µ(a n0 ) <. O.B.d.A. können wir annehmen, dass n 0 = 1. Für n 1 setzen wir C n = A 1 \A n = A 1 A c n Dann ist (C n ) n N eine Folge in A mit C n+1 C n für alle n (d.h. C n ist eine wachsende Folge), und C n = A 1 \ n 1 n 1 Aus Teil a) finden wir µ (A 1 \ n 1 A n ) = µ C n = lim µ(c n) = lim µ(a 1\A n ) n n n 1 A n Aus Satz 1.17, und weil µ(a 1 ) <, erhalten wir die Behauptung. In der Tat können die Eigenscahften, die wir im letzten Satz bewiesen haben, als Charakterizierung von σ-additive Masse benutzt werden. Proposition Sei (Ω, A) ein messbarer Raum, und µ ein endliches additives Mass auf A. Dann ist µ ein Mass falls eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist. a) lim n µ(a n ) = µ( n 1 A n ) für alle wachsenden Folge (A n ) n 1 in A. b) lim n µ(a n ) = 0 für alle fallende Folge (A n ) n 1 in A mit n 1 A n =. Beweis. Nehmen wir zunächst an, a) sei erfüllt. Wir möchten zeigen, dass µ σ-additiv ist. Sei (B n ) n 1 eine Folge in A von disjunkten Mengen. Wir setzten A n = n B j. Dann gilt B j = n 1 A n. Weiter, A n ist offenbar eine wachsende Folge in A. Die endliche Additivität impliziert, dass µ(a n ) = n µ(b j ) für alle n N. Anderseits, a) impliziert, dass µ B j = µ A n = lim µ(a n) = lim n n 1 n n µ(b j ) = µ(b j ) Nehmen wir nun an, dass die Bedingung b) erfüllt ist. Sei wie oben (B j ) j 1 eine Folge von disjunkten Mengen in A. Wir setzen A k = j=k+1 B j. Dann ist (A k ) k N eine fallende Folge in A, mit B j = n=1 A n. Aus der endliche Additivität gilt µ B j = k µ(b j ) + µ(a k ) 19

20 für alle k N. Insbesondere gilt µ B j = µ(b j ) + lim k µ(a k) Die σ-additivitát folgt aus der Annahme b), die lim k µ(a k ) = 0 impliziert. Das folgt, weil k=1 A k =, da die Mengen B j disjunkt sind. Für gewisse Resultate ist es nützlich eine weitere Eigenschaft von Massen zu verlangen, nämlich die σ-endlichkeit, die wir in der nächsten Definition einführen. Definition Sei (Ω, A, µ) ein Massraum. Das Mass µ heisst endlich, falls µ(ω) < (in diesem Fall ist µ(a) < für alle A Ω). Das Mass µ heisst σ-endlich, falls es eine Folge (B n ) n N in A existiert, mit µ(b n ) < für alle n N und mit B n = Ω n N Endliche Masse spielen eine wichtige Rolle in der Wahrscheinlichkeitstheorie, weil dort µ(ω) = 1. Das Lebesgue Mass auf B(R) ist offenbar nicht endlich, aber σ-endlich (man nehme, zum Beispiel, die Folge B n = [n; n + 1] [ n 1; n]). Dasselbe gilt für das Lebesgue Mass auf B(R n ). Bemerkung: Sei (Ω, A, µ) ein Massraum, und µ ein σ-endliches Mass. Dann existiert auch eine Folge (B n ) n N von disjunkten Mengen in A mit n N B n = Ω und µ(b n ) < für alle n N. Das folgt einfach, indem man B n = A n \( n A j). 1.3 Äusseres Mass Um interessante Masse zu konstruieren (insbesondere das Lebesgue Mass) ist der Begriff von äussere Mass sehr wichtig. Definition Sei Ω eine Menge. Ein äusseres Mass auf Ω ist eine Funktion µ : P (Ω) [0; ] mit den folgenden Eigenschaften. i) µ ( ) = 0. ii) Monotonie: Ist A B Ω, so gilt µ (A) µ (B). iii) Abzählbare Subadditivität: Ist (A n ) n N eine Folge in P (Ω), so gilt ( ) µ A n n=1 µ (A n ) Offenbar ist nicht jede äussere Mass ein Mass (weil die Subadditivität ist schwächer als die σ-additivität, wie wir in Satz 1.18 bewiesen haben). Anderseits ist auch nicht jedes Mass ein äusseres Mass, weil äussere Masse immer auf der ganzen Potenzmenge P (Ω) definiert sind. Es gilt: jede Mass, das auf P (Ω) definiert ist, ist auch ein äusseres Mass. n=1 20

21 Die Bedeutung von äussere Masse wird bald klar; wir werden zeigen, dass zu jede äussere Mass µ wir eine σ-algebra M µ P (Ω) finden können, so, dass die Einschränkung µ von µ auf M µ ein Mass ist. Bevor wir zur Konstruktion der σ-algebra M µ kommen, diskutieren wir ein Paar einfache Beispiele von äussere Masse (das wichtigste Beispiel von äusserem Mass ist das Lebesgue äussere Mass, das wir im nächsten Kapitel untersuchen werden). Beispiele: Sei Ω eine beliebige Menge. Für A Ω setzen wir µ (A) = 0 if A = und µ (A) = 1 sonst. µ ist nicht ein Mass, aber es ist offenbar ein äusseres Mass. Sei Ω eine beliebige Menge. Für A Ω setzen wir µ (A) = 0 falls A ist abzählbar und µ (A) = 1, falls A is überabzählbar. Dann ist µ ein äusseres Mass. Die Monotonie ist klar (weil eine überabzählbare Menge nicht in einer abzählbare Menge enthalten sein kann). Die abzählbare Subadditivität kann wie folgt gezeigt werden. Sei (A n ) n N eine Folge in P (Ω). Ist A n abzählbar, für alle n N, so ist auch n N A n, als abzählbare Vereinigung von abzählbare Mengen abzählbar, und iii) ist offenbar erfüllt (links und rechte Seite sind Null). Gibt es dagegen m N mit A m überabzählbar, so ist n N A n überabzählbar. Dann ist µ ( n N A n ) = 1 = µ (A m ) µ (A n ). Sei Ω eine unendliche Menge. Definiere µ (A) = 0 falls A Ω endlich ist und µ (A) = 1 falls A Ω unendlich ist. Dann ist µ kein äusseres Mass, weil µ nicht subadditiv ist. Ist nämlich (A n ) n N eine Folge von disjunkten, endlichen und nicht-leeren Teilmengen von Ω, so ist µ (A n ) = 0 für alle n N und n µ (A n ) = 0.Anderseits, n N A n ist eine unendliche Teilmenge, und damit µ ( n N A n ) = 1. Jetzt möchten wir lernen, wie man aus einem äusseren Mass ein richtiges σ-additives Mass bekommen kann. Definition Sei Ω ein Menge, und µ ein äusseres Mass auf Ω. Eine Teilmenge B Ω heisst µ -messbar falls n=1 µ (A) = µ (A B) + µ (A B c ) für alle A Ω gilt. In Wörter: B Ω ist µ -messbar, falls jede Teilmenge von Ω durch B in zwei Teilen zerlegt wird, dessen µ -Masse richtig summiert werden können. Bemerkung: aus der Subadditivität von µ folgt, dass µ (A) µ (A B) + µ (A B c ) immer gilt. D.h., B Ω ist genau dann µ -messbar, wenn µ (A) µ (A B) + µ (A B c ) (5) für alle A Ω gilt. Es genügt sogar (5) nur für A Ω mit µ (A) < zu überprüfen (weil sonst es gibt nichts zu beweisen). Wir untersuchen nun die Eigenschaften der µ -messbare Teilmengen von Ω. 21

22 Satz Sei Ω eine Menge und µ ein äusseres Mass auf Ω. Ist B Ω mit µ (B) = 0 oder µ (B c ) = 0, dann ist B µ -messbar. Beweis. Nehmen wir an, dass µ (B) = 0. Sei A Ω beliebig. Dann gilt A B B und deswegen µ (A B) = 0. Anderseits, da A B c A finden wir µ (A) µ (A B c ). Das zeigt (5), und (weil A beliebig ist), dass B µ -messbar. Der Beweis für den Fall µ (B c ) = 0 ist ähnlich. Der letzte Satz zeigt, dass, Ω immer µ -messbar sind. Im nächsten Theorem zeigen wir, dass die Familie von allen µ -messbaren Mengen eine σ-algebra ist. Theorem Sei Ω eine Menge, und µ ein äusseres Mass auf Ω. Dann ist M µ := {B Ω : B ist µ -messbar} eine σ-algebra auf Ω. Die Einschränkung von µ auf M µ ist ein Mass auf M µ. Beweis. Wir zerlegen den Beweis in drei Schritte. Schritt 1. M µ ist eine Algebra. Wir haben schon in Satz 1.24 bewiesen, dass, Ω M µ. Ist B M µ, so ist aus (5) auch klar, dass auch B c M µ. Seien nun B 1, B 2 M µ. Wir möchten zeigen, dass B 1 B 2 M µ. Dazu bemerken wir, dass für ein beliebiges A Ω, die µ -Messbarkeit von B 1 impliziert, dass µ (A (B 1 B 2 )) = µ (A (B 1 B 2 ) B 1 ) + µ (A (B 1 B 2 ) B c 1) = µ (A B 1 ) + µ (A B c 1 B 2 ) Zusammen mit (B 1 B 2 ) c = B1 c Bc 2, zeigt diese Identität, dass µ (A (B 1 B 2 )) + µ (A (B 1 B 2 ) c ) = µ (A B 1 ) + µ (A B c 1 B 2 ) + µ (A B c 1 B c 2) = µ (A B 1 ) + µ (A B c 1) = µ (A) wobei wir zunächst die Messbarkeit von B 2 und nachher die Messbarkeit von B 1 benutzt haben. Das zeigt, dass B 1 B 2 ist µ -messbar, und also, dass B 1 B 2 M µ. Damit ist M µ eine Algebra. Schritt 2. M µ ist eine σ-algebra. Wir müssen zeigen, dass M µ stabil ist, bezüglich abzählbare Vereinigungen. Sei zunächst (B n ) n 1 eine Folge von disjunkten µ -messbare Teilmengen von Ω. Wir behaupten, dass ) n n µ (A) = µ (A B i ) + µ (A (6) i=1 für alle n 1 und alle A Ω. Wir zeigen diese Behauptung durch Induktion über n. Für n = 1, sie folgt einfach aus der Messbarkeit von B 1. Nehmen wir nun an die Behauptung i=1 B c i 22

23 sei für n = k korrekt; wir zeigen sie für n = k + 1. Da B k+1 messbar ist, finden wir ) ( ) ) k k k+1 µ (A = µ A Bi c B k+1 + µ (A i=1 B c i i=1 k+1 = µ (A B k+1 ) + µ (A weil die B j disjunkt sind. Aus der Induktion Annahme bekommen wir i=1 i=1 B c i k+1 k+1 µ (A) = µ (A B i ) + µ (A Bi c ) Damit ist (6) für alle n N bewiesen. Aus (6) bekommen wir nun die Schranke weil µ (A) i=1 i=1 n µ (A B i ) + µ (A A Bi c A i=1 Da (7) für alle n N gilt, finden wir auch i=1 µ (A) i=1 n Bi c. i=1 i=1 µ (A B i ) + µ (A Die abzählbare Subadditivität von µ impliziert, dass ( ( ) ( ) ( ) c ) µ (A) µ (A B i ) )+µ A = µ A B i +µ (A B i i=1 für alle A Ω. Das zeigt, dass i=1 B i µ -messbar ist. B c i Wir haben damit gezeigt, dass M µ stabil ist, bezüglich abzählbaren Vereinigungen von disjunkten Teilmengen. Das zeigt, dass M µ ein Dynkin System ist. Aus Schritt a) und aus Satz 1.13, M µ ist auch eine σ-algebra. Schritt 3. Die Einschränkung von µ auf M µ i=1 i=1 B c i B c i ist ein Mass. Wir müssen die σ-additivität der Einschränkung von µ auf M µ beweisen. Sei (B n ) n N eine Folge in M µ von disjunkten Teilmengen. Aus (8), mit A = n=1 B n, finden wir ( ) µ B i µ (B i ) i=1 i=1 Die Subadditivität von µ impliziert also, dass ( ) µ B i = µ (B i ) i=1 i=1 Das zeigt, dass µ ist ein Mass, wann es auf M µ ) ) ) eingeschränkt ist. i=1 B c i i=1 (7) (8) 23

24 1.4 Konstruktion des Lebesgue sche Mass auf R n Für A R, sei C A die Menge von Folgen {(a i ; b i )} i N von offenen und beschränkten Intervallen, mit A i N(a i ; b i ) Wir definieren das Lebesgue äusseres Mass von A durch { } λ (A) := inf (b i a i ) : {(a i ; b i )} C A i=0 (9) λ (A) ist wohldefiniert, weil die Familie C A immer nicht leer ist (das Infimum einer Menge, die nur + enthält wird als + definiert). Satz Das Lebesgue äussere Mass λ : P (R) [0; ], definiert in (9) ist ein äusseres Mass. Das Lebesgue äussere Mass eines Intervall (offen, geschlossen oder halboffen, beschränkt oder unbeschränkt) ist die Länge des Intervalls. Beweis. Aus (9) folgt sofort, dass λ ( ) = 0 (man kann die Intervalle beliebig klein wählen). Die Monotonie von λ folgt aus der Bemerkung, dass A B C B C A. (Weil das Infimum einer grössere Menge immer kleiner als das Infimum einer kleineren Menge ist). Wir zeigen nun die Subadditivität von λ. Sei dazu {A n } n N eine Folge von Teilmengen von R. Wir möchten zeigen, dass ( ) λ A n λ (A n ) n N n N Wir können annehmen, dass λ (A n ) < n N weil sonst die Aussage trivial ist. Sei ε > 0 fest. Für n N wir finden, aus Definition von λ (A n ) eine Folge {(a n,i ; b n,i )} i N von offenen, beschränkten Intervalle mit A n i N (a n,i; b n,i ) und λ (A n ) (b n,i a n,i ) ε 2 n i=1 Wir nehmen die Vereinigung von alle Intervalle (a n,i ; b n,i ) über alle i N und n N, und bezeichnen die resultierenden Folge mit {(a i ; b i )} i N. Dann gilt (a i ; b i ) n N A n i N und i a i ) = i N(b n,i a n,i ) n N i N(b [ λ (A n ) + ε ] 2 n λ (A n ) + ε n N n N 24

25 Das impliziert, dass λ ( n N A n ) n N λ (A n ) + ε Da ε > 0 beliebig ist, finden wir ( ) λ A n λ (A n ). n N n N Sei nun [a; b] ein geschlossenes beschränktes Intervall in R. Wir möchten zeigen, dass λ ([a; b]) = (b a). Offenbar folgt aus der Definition von λ, dass λ ([a; b]) (b a) Wir müssen noch zeigen, dass λ ([a; b]) (b a). Sei also {(a i ; b i )} eine Folge von offenen und beschränkten Intervalle in R, mit [a; b] i N(a i ; b i ). Da [a; b] kompakt ist, es existiert n N, mit [a; b] n (a i ; b i ) Man kann leicht überprüfen (mit Induktion über n N), dass b a i=1 n (b i a i ) i=1 Das impliziert, dass b a i=1 (b i a i ). Da die Folge {(a i ; b i )} i N beliebig ist, es folgt, dass b a λ ([a; b]). Das zeigt, dass λ ([a; b]) = b a, für alle a < b. Für ein beliebiges offenes beschränktes Intervall (a; b) bemerken wir, dass [ a + 1 n ; b 1 ] (a; b) [a; b] n für alle n N. Die Monotonie von λ zeigt, dass b a 2 ([ n = λ a + 1 n ; b 1 ]) λ ((a; b)) λ ([a; b]) = b a n Da n N beliebig ist, kriegen wir λ ((a; b)) = b a. Analog kann man den Fall von halboffenen beschränkten Intervalle betrachten. Mit der Monotonie es ist auch einfach zu zeigen, dass λ (I) = für jede unbeschränkte Intervall I R. Definition Wir bezeichnen mit M λ die Menge der λ -messbare Teilmengen von R und wir definieren das Lebesgue Mass λ auf R als die Einschränkung von λ auf M λ, d.h. λ = λ Mλ. Aus Theorem 1.25 wissen wir, dass M λ eine σ-algebra ist, und, dass λ ein Mass auf (R, M λ ) ist. 25

26 Damit diese Definition wirklich nützlich sein kann, müssen wir sicher stellen, dass M λ gross genug ist (wäre M λ = {, R}, so wäre das Lebesgue Mass nicht so interessant für die Analysis). Das machen wir im nächsten Satz. Satz Jede Borel Teilmenge von R ist λ -messbar, d.h. B(R) M λ. Beweis. Es genügt zu zeigen, dass ( ; b] M λ (10) für alle b R. In der Tat, aus (10) folgt, dass M λ eine σ-algebra ist, die alle Mengen der Form ( ; b] enthält. Wir haben aber in Satz 1.6 bewiesen, dass B(R) die kleinste σ-algebra mit dieser Eigenschaft ist. Das würde also zeigen, dass B(R) M λ. Sei also B = ( ; b] für ein b R, und A R mit λ (A) <. Wir möchten zeigen, dass λ (A) λ (A B) + λ (A B ) (11) (die andere Ungleichung folgt aus der Subadditivität von λ ). Sei ε > 0 festgewählt. Aus Definition von λ (A) finden wir eine Folge {(a n ; b n )} n N von offenen beschränkten Intervallen, mit A n N (a n; b n ) und λ (A) n N(b n a n ) ε. Für alle n N sind (a n ; b n ) B und (a n ; b n ) B c disjunkten Intervalle in R (möglicherweise leer), dessen Vereinigung (a n ; b n ) ist. Das impliziert, aus Satz 1.26, dass b n a n = λ ((a n ; b n )) = λ ((a n ; b n ) B) + λ ((a n ; b n ) B c ) Da A B n N (a n ; b n ) B und A B c n N (a n ; b n ) B c erhalten wir aus der Subadditivität von λ, dass ) λ (A B) + λ (A B c ) λ ( n N(a n ; b n ) B ( ) + λ (a n ; b n ) B c n N λ ((a n ; b n ) B) + λ ((a n ; b n ) B c ) n N n N = n N(b n a n ) λ (A) + ε. Da ε > 0 beliebig ist, finden wir (11). Es folgt aus Satz 1.28, dass B(R) M λ P (R). Wir werden später zeigen,dass B(R) M λ. Aus dieser Bemerkung folgt, dass das Lebesgue Mass entweder auf B(R) oder auf M λ definiert werden kann. Man spricht von Lebesgue Mass auf (R, M λ ) und von Lebesgue Mass auf (R, B(R)). Die zwei Begriffe sind nicht äquivalent, und beide haben Vorteilen. Wir werden hier meistens mit dem Lebesgue Mass auf (R, M λ ) arbeiten, aber manchmal es ist auch nützlich das Lebesgue Mass auf (R, B(R)) zu betrachten. 26

27 Analog wie auf R, kann man auch das Lebesgue Mass auf R n, n 2 definieren. Ein n-dimensionalen Intervall ist eine Teilmenge von R n der Form I = I 1 I 2 I n = {(x 1, x 2,..., x n ) R n : x 1 I 1, x 2 I 2,..., x n I n } wobei I 1,..., I n Intervalle sind (offen, abgeschlossen, oder halboffen, beschränkt oder unbeschränkt). Wir definieren das Volumen des n-dimensionale Intervall I = I 1 I n als das Produkt der Länge von I 1,..., I n, d.h. vol(i 1 I 2 I n ) = n I j Für eine Teilmenge A R n, wir bezeichnen mit C A die Familie aller Folgen {R i } i N von beschränkten und offenen n-dimensionale Intervalle R i, mit A i N R i. Wir definieren das Lebesgue äussere Mass von A durch { } λ n(a) = inf vol(r i ) : {R i } i N C A (12) i N Dann kann man wie im Fall n = 1 sich überzeugen, dass λ n ein äusseres Mass auf R n ist, und, dass λ n(i) = vol(i) für alle n-dimensionale Intervalle I R n. Definition Wir bezeichnen mit M λ n P (R n ) die Familie der λ n-messbare Teilmengen von R n, und mit λ n = λ n Mλ die Einschränkung von λ n n auf M λ n. Aus Theorem 1.25 folgt, dass M λ n eine σ-algebra ist, und, dass λ n ein Mass ist. Man nennt λ n das n-dimensionale Lebesgue Mass (manchmal, falls keine Verwirrung möglich ist, werden wir das Index n weglassen, und das Lebesgue Mass auf R n einfach mit λ bezeichnen). Wie im Fall n = 1 kann man zeigen, dass B(R n ) M λ n, d.h. jede Borel Menge ist λ n-messbar. Wir werden später zeigen, dass, für alle n N, B(R n ) M λ n. Das bedeutet, dass man für alle n N zwischen Lebesgue Mass auf (R n, B(R n )) und Lebesgue Mass auf (R n, M λ n unterschieden werden soll. Wir diskutieren nun einige Eingeschaften von Lebesgue Mass auf R n. Regularität. Wir definieren den Begriff von Regularität von Massen, die (mindestens) auf der Borel σ-algebra B(R n ) definiert sind. Definition Sei A eine σ-algebra auf R n, die B(R n ) enthält. Ein Mass µ auf A heisst regulär, falls i) µ(k) < für jede kompakte Menge K R n (kompakte Menge sind immer abgeschlossen, und deswegen in der Borel σ-algebra enthalten). ii) Für jede A A gilt iii) Für jede offene U R n gilt µ(a) = inf{µ(u) : U offen und A U} µ(u) = sup{µ(k) : K kompakt und K U} 27

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