Vorlesung zum Embryonenschutzgesetz am Prof. Dr. jur. Hans Lilie
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- Dominic Ursler
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1 Vorlesung zum Embryonenschutzgesetz am Prof. Dr. jur. Hans Lilie Geschäftsführender Direktor des Interdisziplinären Zentrums Medizin-Ethik-Recht der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg
2 218 Abbruch der Schwangerschaft (1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bei zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes. 1
3 8 Abs. 1 ESchG Als Embryo im Sinne des Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige, menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. 2
4 8 Abs. 1 ESchG EMBRYO befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erfor-derlichen weiteren Voraus-setzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag nach dem ESchG macht sich strafbar, wer - einen exkorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluss seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder verwendet ( 2 Abs. 1) - wer bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo entsteht ( 6 Abs. 1) VERSUCH ist strafbar ( 2 Abs. 3, 6 Abs. 3)! 3
5 PIK Argument bereits mit Verschmelzung: - Potentialität Stammzellforschung und therapeutisches Klonen - Individualität und Identität - Kontinuität der Entwicklung 7
6 Potentialität Embryo wird Grundrechtsschutz zugeschrieben, der ihm später als Mensch zusteht aber: 1. Vergleich mit konservierten Vorkernstadien ca genetische Identität gegeben 2. Potentialität ist abhängig von der Verbindung mit dem Mutterleib fiktive Potentialität 8
7 Individualität oder Identität mit Kernverschmelzung existiert eindeutig definiertes individuelles Leben aber: 1. Zwillingsbildung bis zum 13./14. Tag der Embryonenentwicklung möglich 2. nicht die Gene alleine sind relevant, auch eineiige Zwillinge entwickeln sich unterschiedlich 9
8 Kontinuität der menschliche Entwicklungsprozess als kontinuierlich ablaufender Vorgang ohne objektivierbare Einschnitte Grundrechtsschutz muss sich auf alle Stadien beziehen aber: 1. logisch formaler Einwand: Sandhaufen Argument Unterschied zwischen Haufen und Korn möglich 2. Kontinuität nur möglich, wenn Nidation im Uterus relevanter Einschnitt, willkürfrei 10
9 1 EschG Missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 3. es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen, 5. es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen, 11
10 12
11 Zentrale Themen Präimplantationsdiagnostik Forschung an embryonalen Stammzellen therapeutisches Klonen besser Forschungsklonen reproduktives Klonen 13
12 Fehlende Legitimation für PID Fortschrittsfalle: Entscheidung zwischen erwünschten und unerwünschten Menschen verbrauchende Embryonenforschung als Konsequenz 8 Abs. 1 ESchG: totipotente Zelle entspricht einem Individuum 2 Abs. 1 ESchG: Diagnose dient nicht der Erhaltung des Embryos 14
13 Argumente pro PID medizinische und rechtliche Entwicklung im Ausland PID verhindert späteren Schwangerschafts-abbruch aus mütterlicher Indikation Untersuchung als neutrale Handlung dient der Feststellung, dass keine Belastung vorliegt 15
14 Präimplantationsdiagnostikgesetz 1. Handlungsabsicht für In-Vitro-Untersuchung a) In-Vitro-Fertilisation b) genetische Untersuchung c) Implantationsentscheidung 2. Handlungs- und Übertragungsabsicht als überschießende Innentendenz BGH, Urt. vom , MedR 2010, 844 dominante Absicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen dazu Czerner, MedR 2011, 783 und Hübner/Pühler MedR 2011,
15 Präimplantationsdiagnostikgesetz 8. März 2011 der Deutsche Ethikrat legt seine Stellungnahme zur PID vor am 11. und wurden insgesamt 3 Entwürfe einer Regelung der PID in den Bundestag eingebracht 25. Mai 2011 Beratung der Entwürfe im Gesundheitsausschuss am 7. Juli 2011 stimmte der Bundestag mit 326 Stimmen einem überparteilichen Gesetzesentwurf zu (260 lehnten den Entwurf ab) für ein vollständiges Verbot stimmten 228 Abgeordnete der restriktiverer Kompromissentwurf erhielt 58 Stimmen 23. September 2011 der Bundesrat billigt das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik 17
16 Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG) Eine Präimplantationsdiagnostik soll: an zugelassenen Zentren ausnahmsweise solchen Paaren ermöglicht werden, die die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder bei denen mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. die Bundesregierung soll Anzahl und Zulassungsvoraussetzungen der PID-Zentren regeln. 18
17 Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG) Voraussetzungen: ( 3a Abs. 3 ESchG) Aufklärung und Beratung der Frau zu medizinischen, psychischen und sozialen Folgen schriftliche Einwilligung der Frau in die PID eine interdisziplinäre Ethikkommission an den zugelassenen Zentren für PID prüft die Einhaltung der Voraussetzungen der PID Vornahme an einem zugelassenen Zentrum für PID durch qualifizierten Arzt 19
18 Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG) schwerwiegende Erbkrankheit des Kindes nimmt auf 3 Satz 2 Bezug Erbkrankheiten sind nach derzeitigem Kenntnisstand der Gendiagnostik monogen bedingte Erkrankungen und Chromosomenstörungen zu verstehen Schwerwiegend sind diese insbesondere, wenn sie sich durch eine geringe Lebenserwartung oder Schwere des Krankheitsbildes und schlechte Behandelbarkeit von anderen Erbkrankheiten wesentlich unterscheiden Bezüglich der betreffenden Krankheit muss bei dem zu behandelnden Paar ein hohes genetisches Risiko vorliegen. 20
19 Probleme mit dem Präimplantationsdiagnostikgesetz (PräimpG) 1. schwerwiegende Erbkrankheiten Streit um Interpretation vorprogrammiert Begründung: BT-Drs. 17/ geringe Lebenserwartung - schwere des Krankheitsbildes - schlechte Behandelbarkeit unbestimmte Tatbestandsvoraussetzungen 2. Aufklärungsprobleme 3a Abs. 3 Nr. 1 Aufklärung und Beratung 3. Probleme mit der Dreierregel ungelöst 4. RechtsVO , tritt am in Kraft 21
20 22
21 Stammzellforschung Ausgangspunkt (i.d.r.): überzählige Embryonen durch IVF keine weitere Verwendungsmöglichkeit Verbot in Deutschland 2 ESchG aber z. B. England, Israel Präembryo Stammzellforschung Antwort Deutschland: Durchbrechung des absoluten Embryonenschutzgesetzes durch Stammzellimportgesetz 2002 Stichtag 1. Januar 2002 Neue Stichtagsregelung Stichtag 1. Mai
22 Stammzellgesetz Gegenstand: Einfuhr, Verwendung embryonaler Stammzellen Zweck des Gesetzes: 1. die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen grundsätzlich zu verbieten 2. zu vermeiden, dass von Deutschland aus eine Gewinnung embryonaler Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen veranlasst wird 3. die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen ausnahmsweise zu Forschungszwecken zugelassen sind 24
23 Stammzellgesetz Stammzellen sind: 3 Nr. 1 StammzellG: alle menschlichen Zellen, die die Fähigkeit besitzen, in entsprechender Umgebung sich selbst durch Zellteilung zu vermehren, und die sich selbst oder deren Tochterzellen sich unter geeigneten Bedingungen zu Zellen unterschiedlicher Spezialisierung, jedoch nicht zu einem Individuum zu entwickeln vermögen (pluripotente Stammzellen). Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 4 StammzellG: behördliche Genehmigung 6, 7 StammzellG Stellungnahme der zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung, 8, 9 StammzellG wissenschaftlich hochrangige Vorhaben 5 StammzellG 25
24 Klonen Reproduktives Klonen künstliche Mehrlingsbildung durch Embryosplitting im totipotenten Entwicklungs-stadium wird Zellkernteilung hergestellt eineiige Zwillinge Therapeutisches Klonen bzw. Forschungsklonen durch Zellkerntransplantation 1. in entkernte Eizelle wird der Klon einer Körperzelle (z.b. Hautzelle) - und damit das genetische Material - übertragen 2. Zellkern der Körperzelle wird reprogrammiert; es entsteht eine neue totipotente Zelle 3. Blastozyste werden pluripotente Stammzellen entnommen; Aus-differenzierung zu Zellgewebe oder sogar Organen genetische Identität mit dem Patienten (siehe 1.) keine Abstoßung 27
25 28
26 Einwände gegen reproduktives Klonen 1. Schaffung eines Menschen zu einem Zweck außerhalb der eigenen Existenz 2. Schaffung einer genetisch identischen Persönlichkeit verstößt gegen die Menschenwürde 3. Gezielte und manipulierte Herstellung des Wunschklons als psychische Last für dessen Zukunft 4. big offspring höheres Risiko von Genschäden im Dolly- Verfahren 30
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