Jahresbericht 2018 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs

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1 Jahresbericht 2018 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Bemerkungen und Denkschrift zur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Haushaltsjahr 2016

2 Jahresbericht 2018 Seite: Gewerbegebietserschließungen - Fördervoraussetzungen kritischer prüfen! Die Investitions- und Förderbank Niedersachsen bewilligte Fördermittel für die Erschließung von Gewerbegebieten teilweise ohne ausreichende Bedarfsprüfung. Darüber hinaus veranlasste das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung in einigen Fällen Fördermaßnahmen gegen die Bedenken von Verfahrensbeteiligten. Allgemeines Das Land Niedersachsen fördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur die Erschließung von Gewerbegebieten. Die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) 289 gewährt die Fördermittel projektbezogen als Anteilfinanzierungen. Die Förderauflagen sehen vor, dass die Flächen innerhalb des Zweckbindungszeitraums von in der Regel 15 Jahren zielgerichtet und vorrangig an förderfähige Betriebe veräußert werden. Feststellungen des LRH Die Prüfung des LRH von im Zeitraum 2000 bis 2015 erschlossenen Gewerbegebieten ergab, dass deren Förderung nicht immer zielgerichtet und bedarfsorientiert erfolgte. In zahlreichen Fällen siedelten sich nur wenige oder gar keine Betriebe an. Dennoch genehmigte die NBank für Erweiterungsflächen zusätzliche Fördermittel. Zur Veranschaulichung wird auf die folgenden Beispiele verwiesen: 289 Vor dem lag die Zuständigkeit bei den jeweiligen Bezirksregierungen.

3 Jahresbericht 2018 Seite: 170 Im Bereich des Tiefwasserhafens JadeWeserPort erschlossen umliegende Gemeinden mehrere Gewerbegebiete mit einer Gesamtfläche von 105 ha. Zwei Gewerbegebiete erhielten eine Förderung durch das Land von insgesamt 4,6 Mio.. Bei der Antragsprüfung maß die Bewilligungsbehörde der offensichtlichen Konkurrenzsituation und dem absehbaren Überangebot nicht genügend Bedeutung bei. Diese Gewerbegebiete sind seit Jahren nicht einmal zu 10 % belegt. Eine dieser Gemeinden erhielt eine Zuwendung von 2,2 Mio.. Seit Abschluss der Erschließung im Jahr 2009 hatte sich dort lediglich ein Unternehmen angesiedelt. Trotz des geringen Auslastungsgrads genehmigte die Bewilligungsbehörde im Jahr 2012 zusätzliche Fördermittel in Höhe von 1,3 Mio. für weitere Erschließungsabschnitte. Für diese neuen Flächen lagen keine Interessenbekundungen ansiedlungswilliger Unternehmen vor. Landwirtschaftliche Nutzung eines Gewerbegebiets im Bereich des Tiefwasserhafens Jade- WeserPort (Quelle: LRH)

4 Jahresbericht 2018 Seite: 171 Im Landkreis Cloppenburg plante ein Zweckverband die Realisierung eines interkommunalen Industrieparks. Für das Projekt erhielt der Zweckverband wegen fehlenden Bedarfs zunächst keine Förderung. In der näheren Umgebung standen zum Zeitpunkt der Antragstellung (März 2003) noch Gewerbeflächen von ha zur freien Verfügung. Obwohl die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt waren, veranlasste das Wirtschaftsministerium die NBank, den ersten Bauabschnitt des Industrieparks mit 4,5 Mio. zu subventionieren. Die Auslastung des Gebiets beträgt bis heute nur 5 %. Erschließungsstraße und freie Fläche in einem interkommunalen Industriepark (Quelle: LRH) Die Gemeinde A im Oberharz beantragte Fördermittel zur Erschließung einer 12 ha großen Gewerbefläche. Während die NBank Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Nachfrage hatte, entschied das Wirtschaftsministerium, das Projekt mit 1,1 Mio. zu unterstützen. Zum Zeitpunkt der Prüfung durch den LRH im Jahr 2016 betrug die Auslastung nach 14 Jahren nur 10 %.

5 Jahresbericht 2018 Seite: 172 Auch im Fall der Gemeinde B befürwortete die NBank eine Förderung über 0,4 Mio.. Dieses Gebiet ist nach 20 Jahren noch nicht einmal zur Hälfte belegt. Aktuelle Nutzung der Gewerbefläche der Gemeinde A (Quelle: LRH) Würdigung Aus Sicht der Finanzkontrolle ist kritikwürdig, dass Fördermittel für die Erschließung von Gewerbegebieten teilweise ohne ausreichende Bedarfsprüfung bewilligt wurden. Überdies ist zu beanstanden, dass das Wirtschaftsministerium entgegen dem Votum der NBank Förderentscheidungen veranlasste, obwohl für die jeweiligen Maßnahmen offenkundig kein Bedarf bestand. Im Hinblick auf das in 7 LHO statuierte Wirtschaftlichkeitsgebot dürfen Fördermittel zur Erschließung neuer oder zur Erweiterung vorhandener Gewerbeflächen nur dann bewilligt werden, wenn die Antragsteller ausreichenden Bedarf nachweisen.

6 Jahresbericht 2018 Seite: 173 Stellungnahme des Ressorts Das Ministerium weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Auslastung der vom LRH geprüften Gewerbegebiete inzwischen gestiegen ist. Des Weiteren bemerkt das Ressort, dass für Zwecke der Bedarfsprüfung seit der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 ein Scoring-Verfahren durchgeführt wird. Im Zuge dessen müssen die Antragsteller sogenannte Letters of Intent (LOI) ansiedlungswilliger Unternehmen vorlegen. Der LRH teilt die Auffassung des Wirtschaftsministeriums, dass LOI zum Zeitpunkt der Beantragung von Fördermitteln ein probates Instrument sind, den Bedarf an zu erschließenden Gewerbeflächen darzulegen. Er stellte bei seiner Prüfung jedoch fest, dass sich in mehreren Förderfällen keine Firmen ansiedelten, die bei der Antragstellung LOI abgegeben hatten. Insoweit hält er die Nachhaltigkeit von LOI für gering und deren Einfluss im Scoring-Verfahren für zu hoch.