VT 2 Labor Revision : 03. Rühren
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- Barbara Esser
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1 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 1 von 7 1. Allgemeines Eine Grundoperation der Mechanischen Verfahrenstechnik ist das, welches Mischvorgänge in Flüssigkeiten unter Verwendung von (meist rotierenden) Mischorganen behandelt. Das Einsatzgebiet von Rührwerken ist in allen Branchen der Prozessindustrie zu finden. Es umfasst somit Anwendungsgebiete wie chemische und pharmazeutische Industrie, Lebensmittelherstellung, Farbenherstellung, Abwasseraufbereitung, Rauchgasentschwefelung und Biotechnologie.. Rühraufgaben Je nachdem, welche spezielle verfahrenstechnische Aufgabe vorliegt, spricht man von: Homogenisieren Darunter versteht man das Vermischen von ineinander löslichen Flüssigkeiten. Es dient vor allem dem Ausgleich von Konzentrations- und Temperaturunterschieden im Rührbehälter. Suspendieren (S-L) Hiermit ist das möglichst gleichmäßige Verteilen von körnigen Feststoffen in der Flüssigkeit gemeint. Zweck dieser Operation kann sein: Auflösen der Feststoffe, Kristallisieren, katalytische Fest- Flüssig- Reaktion. Emulgieren (L-L) Hier ist das Zerteilen und gleichmäßige Verteilen einer Flüssigkeit in einer zweiten gemeint, in der sie nicht löslich ist. Beispiele: Flüssig- Flüssig- Extraktion, chemische Reaktionen, Bohrmilch für die spanabhebende Metallbearbeitung. Begasen (G-L) Gemeint ist das Zerteilen und Feinverteilen von Gasblasen in einer Flüssigkeit. Beispiele: aerobe Fermentation, Sauerstoffeintrag in Belebtschlammbecken bei der Abwasserreinigung. Wärmeaustausch Durch kann die Wärmeübertragung vom Rührgut an die Behälterwand bzw. Heiz- oder Kühlschlange beschleunigt werden. Beispiele: Reaktionswärme abführen, durch Heizen Reaktion bescheunigen, Viskosität des Rührgutes durch Heizen herabsetzen. Bei den meissten in der Praxis auftretenden Rührprozessen liegen mehrere dieser Rühraufgaben gleichzeitig vor. So kann z.b. Suspendieren mit Wärmeaustausch gekoppelt sein (schnelleres Auflösen der Feststoffe bei höherer Temperatur). R0
2 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite von 7 3. Rührsysteme Entsprechend den mannigfaltigen Einsatzgebieten für Rührwerke ist im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Rührorganen entwickelt worden. Die diversen Formen können jedoch auf wenige Grundtypen zurückgeführt werden, wenn man sie nach der primär erzeugten Strömungsrichtung einteilt: - Tangentialrührer (z.b. Blatt-, Balken-, Gitter-, Finger- und Ankerrührer). Nach einer anderen Einteilung sind dies sog. langsamdrehende Rührer. - Axialrührer (z.b. Propeller-, Schrägblatt- und Schraubenrührer) - Radialrührer (z.b. Scheiben-, Zahnscheiben- und Impellerrührer). Axial- und Radialrührer sind bis auf wenige Ausnahmen sog. schnelldrehende Rührer. 4. Rührkesselströmung Neben der Strömungsrichtung ist insbesondere der Strömungsverlauf von besonderer Bedeutung. Je nach Aufgabenstellung kann eine großräumige Umwälzströmung im Behälter oder eine intensive Scherströmung gewünscht sein. - Umwälzströmung des gesamten Behälterinhalts => Totzonen vermeiden - Scherströmung mit hohen Schubspannungen => lokal zum Zerteilen von Blasen u. Tropfen Die lokale Verteilung der Energiedissipation im Behälter ist sowohl für scherempfindliche Rührgüter, z.b. bei biologischen Reaktionen, als auch beim Dispergieren, wo z.b. örtlich an der Einspeisestelle von Gas kleine Blasen oder Tröpfchen erzeugt werden sollen, von entschiedener Bedeutung bei der Beurteilung von Rühreinrichtungen. 5. Rührleistung Neben dem Durchmischungsgrad (Mischgüte), der bei einem Rührvorgang erreicht wird, ist die zum notwendige mechanische Leistung (Leistungsbedarf) von herausragendem Interesse. Beide sind nicht nur vom Rührertyp, sondern auch vom Rührbehälter abhängig. Deshalb ist es sinnvoll, vom Rührbehältersystem zu sprechen. Die rein theoretische Berechnung der Rührleistung ist wegen der komplizierten Strömungsverhältnisse im Rührbehälter nicht möglich. Mit den Methoden der Ähnlichkeitstheorie kann jedoch die erforderliche Rührleistung bis auf einen spezifischen Leistungsbeiwert, der in Versuchen bestimmt werden muss, ermittelt werden. Die Widerstandskraft F W bei der Anströmung eines Flächenelements A am Rührer ist: R0
3 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 3 von 7 F w c w w u A (1) Hierbei wird zweckmäßigerweise die Umfangsgeschwindigkeit w u als charakteristische Geschwindigkeit gewählt: w U d d n () Das betrachtete Flächenelement ist dem Quadrat des Rührerdurchmessers proportional A K d² (3) mit K als Faktor aus der geometrischen Ähnlichkeit. Da sich die Leistung P als Produkt aus Widerstandskraft und Geschwindigkeit berechnet P F W w U, ist P FW (4) w U Gleichungen (1) bis (4) ergeben dann: c w P 3 K n 3 d 5 (5) Fasst man c W, K und die Zahlenfaktoren zu einem Leistungsbeiwert Ne (NEWTON- Zahl) zusammen, so ergibt sich für den Leistungsbeiwert: Ne P 3 5 n d (6) Für die Widerstandskraft kann auch geschrieben werden: F W p A (7) Δ p ist dabei die Druckdifferenz vor und hinter dem betrachteten Flächenelement A. Durch Gleichsetzen von Gleichung (1) und (7) ergibt sich schließlich: c W p (8) wu ² R0
4 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 4 von 7 Das ist aber die aus der Fluidmechanik bekannte EULERzahl Eu, die besagt, dass sie eine Funktion der REYNOLDS- Zahl Re und der FROUDE- Zahl Fr ist. Folglich gilt also, da c Ne ~ ist, W Ne f Re, Fr (9) Bild 1: Prinzipieller Verlauf von Leistungscharakteristiken Der Einfluss der FROUDE-Zahl ist jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn der Flüssigkeitsspiegel infolge der Rotation des Rührgutes im Behälter uneben wird (Trombenbildung). Zur Verhinderung der Trombe können z.b. Strombrecher (Schikanen) in den Rührbehälter eingebaut werden. Dann gilt: Ne f (Re) (10) Die allgemeine Definition der REYNOLDS- Zahl Re lautet Re w u d Beim verwendet man zweckmäßig (unter Weglassen von Zahlenfaktoren aus Gleichung ()) R0
5 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 5 von 7 Re R n d. (11) Der Verlauf der Leistungskurve Ne = f (Re) hängt vom jeweiligen Rührertyp mit Einbaubedingungen ab. Den prinzipiellen Verlauf zeigt Bild 1, der im laminaren Bereich mit Ne ~ Re -1 Ne = konst. und im turbulenten Bereich mit charakterisiert werden kann. Die Berechnung der Wellenleistung kann mit den Gleichungen bzw. mit P P 3 5 Ne n d (1) 3 Ne Re n d durchgeführt werden. Soll jedoch die elektrische Antriebsleistung P el für ein Rührsystem ermittelt werden, so müssen alle Verluste im Getriebe sowie in den Lagern und Dichtungen berücksichtigt werden, die in einem Antriebswirkungsgrad Antr zusammengefasst werden können. Antr P P el (13) 6. Leistungsbeiwert In der Rührtechnik ist der Leistungsbeiwert Ne eine der wichtigsten mechanischen Kenngrößen, da mit seiner Hilfe die zum erforderliche mechanische Leistung bestimmt werden kann. Deshalb soll hier auf die experimentelle Ermittlung des Ne- Wertes für gegebene Rührwerksanordnungen eingegangen werden. Der Zusammenhang aus der Mechanik zwischen dem von einer Welle übertragenen Drehmoment, der Winkelgeschwindigkeit einerseits und der übertragenen Wellenleistung andererseits lautet: P M t n (14) Die Verknüpfung mit Gleichung (1) liefert folgenden Ausdruck für den Leistungsbeiwert: M t Ne 5 n d (15) Somit kann der Leistungsbeiwert ermittelt werden, wenn das Wellendrehmoment und die Drehzahl gemessen werden. Die ermittelten Werte von Drehzahl und Wellendrehmoment werden in die Gleichungen (11) bzw. (15) eingesetzt und die so R0
6 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 6 von 7 bestimmten Wertepaare von Ne und Re in einem Diagramm, wie es in Bild 1 dargestellt ist, eingetragen. 7. Viskosität Um die Rührer- REYNOLDS- Zahl in einem weiten Bereich variieren zu können, werden Rührflüssigkeiten unterschiedlicher Viskosität verwendet. Nach dem NEWTONschen Schubspannungsansatz ist die Viskosität definiert durch: (16) mit df da (Scherspannung) und dw dy (Schergefälle). Neben der dynamischen Viskosität wird verschiedentlich auch die kinematische Viskosität zur Beschreibung der Zähigkeit von Fluiden verwendet. 8. Versuchsauswertung - Ermittlung der Leistungsaufnahme als Funktion der Drehzahl n - Bestimmung von Dichte und Viskosität der Glucoselösung - Berechnung der Re- Zahlen und der Leistungsbeiwerte nach Gl. (11) und (15) - Darstellung im Leistungsdiagramm sowie Vergleich mit Literaturwerten 9. Literaturhinweise [1] EKATO Handbuch der Rührtechnik, Firmenschrift /000 der EKATO Rühr- und Mischtechnik GmbH, 7860 Schopfheim. [] Zogg, M.: Einführung in die Mechanische Verfahrenstechnik, B.G Teubner, Stuttgart [3] Stieß, M.: Mechanische Verfahrenstechnik 1,. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, 1995 oder neuere Auflage 9. Formelzeichen Re REYNOLDS- Zahl - Fr FROUDE-Zahl - Ne Leistungsbeiwert (NEWTON-Zahl) - A Fläche m² c W Widerstandsbeiwert - R0
7 Labor für Mechanische Verfahrenstechnik Seite 7 von 7 d Rührerdurchmesser m F W Widerstandskraft N M t Wellendrehmoment Nm n Drehzahl s -1 P Wellenleistung W P el Antriebsleistung W p Druckdifferenz N/m² w U Umfangsgeschwindigkeit m/s dynamische Viskosität kg/s m Antr Antriebswirkungsgrad - Dichte kg/m³ Winkelgeschwindigkeit s -1 R0
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