Patientensicherheitsindikatoren zur Arzneimitteltherapie. Die Beers Liste als Beispiel für Patientensicherheitsindikatoren
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- Fritzi Fuchs
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1 2. Deutscher Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie Bonn, den Patientensicherheitsindikatoren zur Arzneimitteltherapie Die Beers Liste als Beispiel für Patientensicherheitsindikatoren Prof. Dr. Gerd Glaeske
2 Gesundheit: So fließt das Geld in der GKV: 149,5 Mrd. Euro (+ 2,6 %) 2006 Krankengeld 5,7 Mrd. Zahnbehandlung 7,7 Mrd. Heil-u. Hilfsmittel 8,3 Mrd. Ärztl. Behandlung 22,2 Mrd (2,8%). Krankenhaus 50,3 Mrd. Euro (+2,7) Arzneimittel 24,0 / 25,9 Mrd. (+1,8%) Weitere Posten (u.a.): Zahnersatz 2,7Mrd. Schwanger-/ Mutterschaft 1,4 Mrd. Fahrtkosten 2,9 Mrd. Reha 2,3 Mrd. häusliche Krankenpflege 2,1 Mrd. Präv./Soz. Dienste 1,3 Mrd. Sonstiges 1,0 Mrd. Verwaltung 8,1 Mrd. Quelle: Gesundheitsministerium
3 Rahmenbedingungen für Leistungen im Rahmen der GKV Wirtschaftlichkeitsaspekte nach 12 und 70 SGB V Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen Bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung nach dem allgemein anerkannten Kenntnisstand und unter Berücksichtigung des therapeutischen Fortschritts Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit: Evidenz, Effizienz und Lebensqualität Zusätzlich die Diskussion über die Angemessenheit der Entscheidung / Versorgung
4 Steigender Anteil der älteren Menschen am Bevölkerungsaufbau 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 85 und älter 75 bis unter bis unter Jahr
5 Ergebnisse aus der Berliner Altersstudie (Steinhagen-Thiessen / Borchelt 1996): Krankheitsprävalenzen Für die über 70jährigen wurden folgende Häufigkeiten festgestellt: Hypertonie 45,6%, Koronare Herzkrankheit 23,3%, Herzrhythmusstörungen 33%, Herzinsuffizienz 56,5%, Zerebralarteriosklerose 65%, Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung 25,3%, Harninkontinenz 37,2%, Osteoarthrose 54,8%, Dorsopathien 46%, Osteoporose 24,2% und Demenz 14%. Chroniker-Anteile Gesamtbevölkerung ca. 40% Chroniker-Anteil bei den über 65jährigen 62% bzw. über 70%
6 Datenbasis für Versorgungsforschung: Arzneimitteldaten nach 300 SGB V Versichertennummer (Pseudonym) Versicherte Geschlecht, Geburtsdatum (**.MM.JJJJ) PLZ (3stellig) KV-Arztnummer Arztpraxen Facharztgruppe Anschrift Pharmazentralnummer (Artikelname, Packungsgröße, etc.) Verordnungen Verordnungsdatum, Einzelbrutto, im DMP? Stationäre und ambulante Diagnosen, Leistungsziffern ATC-Klassifizierung, Tagesdosen (DDD)
7 90 bis unter bis unter bis unter 90 GEK-Arzneimittel-Report 2007: Anteil Versicherte mit Arzneimitteltherapie 100,00% 90,00% 80,00% 70,00% Männer Frauen 60,00% 50,00% 40,00% 30,00% 20,00% 10,00% 0,00% 0 bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter 70
8 Anteil der Hormonanwenderinnen unter den weiblichen durchgehend Versicherten der GEK nach Alter nach WHI (Heitmann, Janhsen, Glaeske 2007) 50,0 45, ,0 35,0 30,0 25,0 20,0 HT-Prävalenz in % 15,0 10,0 5,0 0,0 40 bis <45 45 bis <50 50 bis <55 55 bis <60 60 bis <65 65 bis <70 70 bis <75 75 bis <80 80 bis <85 85 bis <90 90 bis <95 95 bis <100 Altersklassen
9 Verordnungsprävalenz der Hormontherapie im Jahr 2006 altersstandardisiert Prävalenz altersstandardisiert 0 13,68 13,69 15,15 15,15 16,4 16,
10 Anwendungsdauer der Hormontherapie bei von 2000 bis 2006 durchgehend versicherten Frauen der GEK im Alter zwischen 40 und unter 100 Jahren Anteil in % bis zu 1 Jahr mehr als 1 und bis zu 3 Jahren mehr als 3 und bis zu 5 Jahren mehr als 5 Jahre Dauer
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13 Exemplarische PSI zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit Beispielhafte Vorschläge des SVR Medikamentenbedingt (Ziffer 650) Medikationsfehler, Erkrankung infolge einer vermeidbaren unerwünschten Medikamentenwirkung, Komplikationen nach Sedativa und Analgesie, Mortalität infolge einer vermeidbaren unerwünschten Medikamentenwirkung Auswahl für die Nutzung in D: Unangemessene Medikation bei älteren Menschen, Kontrastmittelassoziierte Nephropathie Identifikation der Indikatorenziele über die Nutzung von Routinedaten (zumindest im verordneten Bereich)
14 90 und älter 80 bis unter bis unter bis unter 80 GEK-Arzneimittel-Report 2006: Anzahl verschiedene Wirkstoffe je Versicherte 0 bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter bis unter Männer Frauen Anzahl verschiedene Wirkstoffe (nach ATC 70 bis unter 75
15 Verordnete Tagesdosen (DDD) nach ATC-Gruppen für Versicherte >65 Jahre C - Kardiovaskuläres System A - Alimentäres System und Stoffw echsel L - Antineoplastische und immunmodulierende Mittel R - Respirationstrakt G - Urogenitalsystem und Sexualhormone ATC-Code B - Blut und Blut bildende Organe V - Varia H - Systemische Hormonpräparate, exkl. Sexualhormone und Insuline S - Sinnesorgane N - Nervensystem M - Muskel- und Skelettsystem D - Dermatika J - Antiinfektiva zur systemischen Anw endung P - Antiparasitäre Mittel, Insektizide und Repellenzien Frauen (>65 Jahre) Männer (>65 Jahre) Durchschnittliche Tagesdosen in DDD ( Mittelwert je Versicherter >65 Jahre)
16 Das kurative System kommt bei Multimorbidität an seine Grenzen Beispiel Arzneimitteltherapie bei älteren Menschen > 65 Jahre (Glaeske, Janhsen 2006) 4 Wirkstoffe nebeneinander als Ziel, bis zu 8 in Ausnahmefällen (z.b. akute Erkrankungen) Realität: 35% der Männer und 40% der Frauen 9 Wirkstoffe und mehr gleichzeitig, ca. 22% unangemessen bei älteren Menschen (Beers 1991, 1997) Home Medication Review als Prävention gegen Krankenhausbehandlungen wegen Störwirkungen durch Arzneimittel (bei älteren Menschen bis zu 23%; Mühlberg et al. 1999)
17 Unangemessene Arzneimittelverordnung im Alter Die Beers-Liste: häufig benutzte Referenzliste bei drug-utilization-studies zu Arzneimittelgebrauch im Alter 1993 durch Mark Beers erstellt, University of Georgia (USA) Methodik: Medline-Recherche zu UAW im Alter und Expertenbefragung führt zu Wirkstoffliste mit Bewertung (starke/ geringe Ablehnung) wegen Nebenwirkung ungünstige Pharmakokinetik (HWZ) zweifelhaften Nutzen Risiko der Abhängigkeit, etc durch Fick et al. überarbeitet Müsste an den deutschen Markt/ an die deutschen Verschreibungspraktiken angepasst werden
18 Entnommen aus: Arzneimittelbrief 2005,39,44 Originalpublikation: Beers, M.H. et al: Arch.Intern.Med 1991, 151, 1825 Fick, D.M.,et al.: Arch.Intern.Med 2003, 163, 2716;Erratum 2004,164,1701
19 Anzahl Dauerverordnungen aus der Beers-Liste (Glaeske, Janhsen 2006) 90,0% 80,0% 70,0% 60,0% 50,0% 40,0% Männer Frauen 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 1 WS 2 WS 3-4 WS 5+ WS
20 Anteil Versicherte mit Verordnungen aus Beers-Liste, nur Versicherte >65 Jahre Versicherte mit mind. 1 Verordnung aus Beers-Liste (n= ) Versicherte ohne Verordnung aus Beers-Liste (n=82.673)
21 TOP-5-Wirkstoffe aus der Beers-Liste für Männer und Frauen über 65 Jahre (Glaeske, Janhsen, 2006) ATC ATC-Bezeichnung AMP verordnete DDD DDD pro AMP Männer C08CA05 Nifedipin ,28 255,3 C02CA04 Doxazosin ,50 283,4 C01BD01 Amiodaron ,00 258,0 C04AD03 Pentoxifyllin ,75 108,9 N06AA09 Amitriptylin ,76 100,5 Frauen C08CA05 Nifedipin ,08 200,4 N06AA09 Amitriptylin ,17 116,0 C02LA01 Reserpin und Diuretika ,00 339,8 C02CA04 Doxazosin ,50 297,5 N06AA12 Doxepin ,00 93,8
22 Verordnungen von Wirkstoffen aus der Beers-Liste für Versicherte >65 Jahre Höchste Rate an ZNS-UAW aller NSAIDs Andere 25% Nifedipin 14% Estriol 14% zu kurze HWZ QT-Verlängerung, Wirksamkeit bei älteren Menschen ungewiss Indometacin 3% Amiodaron 3% Promethazin 3% Diazepam 5% Doxepin 7% Estradiol 7% Doxazosin 8% Amitriptylin 11% Kanzerogenes Potenzial der systemischen Estrogene Starke anticholinerge und sedierende UAW
23 Nach Beers-Liste D am unteren Ende In Europa zwischen 6 und 42% Beers-Arzneimittel für ältere Menschen > 65 Jahre (Fialova et al., 2005) D im europäischen Vergleich 18% der Männer und 27% der Frauen in der Rangliste mit Finnland und Italien am unteren Ende Ältere Menschen bekommen die meisten, wenn auch nicht die teuersten Arzneimittel (27,2% an den gesamten Ausgaben) PSI Anteil an Beers-Arzneimittel für ältere Menschen, reduzieren von derzeit rund 24% auf 10%, überprüfbar über Routinedaten Deutsche Fassung daher dringend erforderlich! Allerdings: Kritische Arzneimittel wie Hypnotika / Sedativa mehr und mehr auf Privatrezept (Hoffmann, Glaeske, Scharffetter, Sucht (2006))
24 Jedes Denken wird dadurch gefördert, dass es in einem bestimmten Augenblick sich nicht mehr mit Erdachtem abgeben darf, sondern durch die Wirklichkeit hindurch muss! Versorgungsforschung und obligatorische Evaluation sind nach Einführung von PSI unverzichtbar! Albert Einstein
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