32. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft süwestdeutscher Notärzte e.v. Wann ist die Druckkammer indiziert?
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- Vincent Hase
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1 32. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft süwestdeutscher Notärzte e.v. Wann ist die Druckkammer indiziert? Regionale Kliniken Holding RKH GmbH Clemens Henze, Anästhesie, Hyperbarmedizin Baden-Baden, 11.März 2017
2 Inhalt Allgemeines Tauchunfall Gasembolie Kohlenmonoxidvergiftung Gasbrand
3 Rettungsdienstlich relevante Indikationen für eine HBO Hyperbare Oxygenierung (VDD & GTÜM) zählen immer zu den seltenen Notfällen Sind immer lebensbedrohlich bedeuten immer einen erhöhten Aufwand an Organisation und Logistik
4 Tauchunfall Definition Ein potentiell lebensbedrohliches oder gesundheitsschädigendes Ereignis, hervorgerufen durch Abfall des Umgebungsdruckes beim Tauchen oder aus sonstiger hyperbarer Atmosphäre mit und ohne Tauchgerät in der Dekompressionsphase
5 Tauchunfall Systematik
6 Tauchunfall traditionelle Klassifikation Typ 1 (milde Symptome) Beteiligung der Haut Beteiligung des Bewegungsapparats Typ 2 (schwere Symptome) Beteiligung des ZNS Beteiligung des Innenohrs Beteiligung anderer Organsysteme Symptome Typ 1, Beginn bereits unter Überdruck Arterielle Gasembolie DCS 3 AGE + DCS 2 (frühzeitige fulminante + progrediente Neurologie
7 Tauchunfall aktuelle Klassifikation DCS 1 Milde Symptome: Auffällige Müdigkeit Hautjucken (Taucherflöhe) Rückbildung nach 30 Minuten
8 Tauchunfall aktuelle Klassifikation DCS 2 Schwere Symptome: Hautflecken und - veränderungen Ameisenlaufen Taubheitsgefühl Schmerzen Lähmungen Blasenentleerungsstörungen Körperliche Schwäche Atembeschwerden Seh-, Hör-, Sprachstörungen Schwindel Übelkeit Bewusstseinsstörungen Bewusstlosigkeit Fortbestehen unveränderter milder Symptome nach 30 min trotz der spezifischen Erste-Hilfe- Maßnahmen oder Wiederauftreten
9 Tauchunfall Risikofaktoren Alter Rauchen Adipositas Belastung Tauch-Erfahrung Dehydratation Unterkühlung/Überhitzung Fieber Alkoholgenuss Diabetes Stress Müdigkeit Muskelkater Arterielle Hypertonie Infekt der oberen Atemwege PFO
10 Tauchunfall Risiko Berufstaucher (häufiger DCS 1): 9,5 pro Tauchgängen Sporttaucher (häufiger DCS 2): 1 pro Tauchgängen Daten vom DAN 1999 Residualsymptomhäufigkeit Enge Korrelation von Tauchgangsbedingungen und -aufgaben
11 Tauchunfall Symptombeginn 50 % < 1 Stunde nach Tauchgangsende 90 % < 6 Stunden neurologischen Symptomen < 3 Stunden bei 100 % < 24 Stunden (< 48 h bei besonderen Konstellationen, z. B. fliegen)
12 Leitlinie Tauchunfall
13 Gasembolie venös Eintritt von Gas in das venöse Gefäßsystem (Druck oder Unterdruck) Blasenbildung bei DCS Effektiver Lungenfilter ab einer Blasengröße von > 22 µm Hypotension bei kompletter Verlegung der Art. pulmonalis oder der rechten Kammer Kleine Volumina führen zur pulmonalen Hypertension und Shuntbildung oder bei Gefäßwandschädigung zum Lungenödem
14 Gasembolie arteriell Direkter Übertritt von Gas in die pulmonalen Kapillaren ab einem alveolären Druck von mmhg Verlegung arterieller Gefäße, Ischämie Seltener als venös, hauptsächlich ZNS und Rückenmark betroffen.
15 Gasembolie paradox Bei Überschreiten der Lungenfilterkapazität (1,5 3 ml/kg KG) gelangt das Gas in den großen Kreislauf und verschließt Arteriolen von µm Durchmesser Kontinuierliche Sauerstoffinfusion ab 20 ml/min symptomatisch Direkter Übertritt über PFO (Prävalenz 15 30%) oder ASD Arterio-venöse Shunts der Lunge
16 Gasembolie Ursachen Chirurgische Eingriffe Lungenbarotrauma (Tauchunfall) Lungenstrukturveränderungen (Bullae) Mechanische Beatmung mit positiven Drücken Lungenbiopsien CPR bei Lungenverletzungen Shuntsituation während Dekompression Hämodialyse
17 Gasembolie Pathomechanismus I Gasblasen verlegen Blutgefäße: Ischämie Hypoxie Ödem reaktive Entzündungsreaktion Aktivierung der Gerinnungskaskade Endothelschäden bewirken Reduktion des zerebralen Blutflusses
18 Gasembolie Pathomechanismus II Umhüllung der Blase mit Fibrin und Thrombozyten nach circa 6 Stunden bindegewebliche Organisation Extravasation von Flüssigkeit und Albumin Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke steigt Circulous vitiosus: Eingeschränkter Blutfluss Gewebeödem Vergrößerung des Ischämiebereichs
19 Gasembolie Symptome Bunte Klinik je nach betroffenem Organ, aber immer plötzlich: Vigilanzstörungen, Kopfschmerzen, Paresen, Ataxie, Aphasie, Schwindel, Tinnitus, Krampfanfälle, dumpfe Rückenschmerzen, häufig strumpfhosenförmige Sensibilitätsstörung, Schock, Herzrhythmusstörungen
20 Kohlenmonoxidvergiftung Druckkammer mit folgenden Therapieoptionen: 2 Patienten liegend + 4 sitzend 10 (bis zu 12) sitzende Patienten zwei Beatmungsplätze (ein fest, ein nachrüstbar) intensivpflichtige Patienten bis zu 8 Perfusoren Thoraxdrainage, Vakuumpumpen
21 Kohlenmonoxidvergiftung Erfahrungen seit Einzug: 73 CO-Intoxikationen, 30 % Ablehnungsquote ~290 Beatmungsstunden/a unter Überdruck Hohe Dunkelziffer nicht behandelter Intoxikationen (analog zu DLRG-Erhebungen) In Baden-Württemberg zu erwartende Anzahl von CO-Intoxikationen S2-Leitlinie CO-Intoxikation pro Jahr: 450 in Vorbereitung
22 Gasbrand clostridiale Myonekrose Bis zur operativen Exploration: Schwere Abgrenzbarkeit zu den Differentialdiagnosen nekrotisierende Fasziitis, Fournier-Gangrän oder Mischinfektion mit Anaerobiern Keimspektrum: Clostridien (perfringens, novyi, septicum, histolyticum, fallax), Fusobacterien, Peptostreptokokken, Prevotella Sp., Actinomyceten, Bacteroides fragilis
23 Gasbrand Symptome Inkubationszeit 1-4 Tage Krepitation Ödem Schmerzniveau nicht zur Wunde/Verletzung passend! Fulminante Sepsis Radiologisch gefiederte Muskulatur
24 Gasbrand Therapie Vier Säulen: Antibiose (z. B. Penicillin G + Metronidazol) Schnelles, großzügiges operatives Debridement/ offene Wundbehandlung/Amputation Intensivmedizinische Sepsis-/MOV-Therapie HBO
25 Diagnostik zur HBO Vor HBO nur absolut Notwendiges KEINE Verzögerungen! Inspektion der gesamten Körperoberfläche Auskultation des Thorax Otoskopie (bei V. a. Druckausgleichproblemen Innenohr- DCS oder Barotrauma Orientierender Neuro-Check EKG Röntgen-Thorax?
26 Vorbereitung zur HBO Vor HBO nur absolut Notwendiges KEINE Verzögerungen! Parazentese / Paukendrainage /-röhrchen Cuffdruck-Kontrolle bei Beatmeten Blasendauerkatheter? Pleuradrainage?
27 Ziele der HBO Besserung von Ischämie und Hypoxie Ödemreduktion Ausgleich metabolischer und biochemischer Störungen (Laktatazidose, vasoaktive Amine) Aktivierung erholungsfähiger Neurone Beschleunigte Rückkehr neurologischer Funktionen.
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