Bankentgelte im Kreditgeschäft Was ist laut Rechtsprechung noch möglich?
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- Dennis Burgstaller
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1 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht Professor Dr. Jens Koch Bankentgelte im Kreditgeschäft Was ist laut Rechtsprechung noch möglich? 12. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts 19./20. November 2015 in Erfurt
2 Die Ursprünge
3 Bearbeitungsentgelte die Anfänge 1. Ausgangspunkt im III. Zivilsenat: Laufzeitunabhängiges (Bearbeitungs-) Entgelt in Gestalt eines vereinbarten Disagio von 5-6% zulässig (BGHZ 81, 124, 127 f. = NJW 1981, 2180; BGH NJW 1981, 2181). 2. Modifizierung durch XI. Zivilsenat: Disagio als laufzeitabhängiges Entgelt, das bei vorzeitiger Kündigung anteilig zurückzuerstatten ist (BGHZ 111, 287, 289 = NJW 1990, 2250). 3. Offene Frage: Wirksamkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung eines laufzeitunabhängigen Entgelts in Gestalt einer Bearbeitungsgebühr?
4 Die Nobbe-Liste
5 Die Nobbe-Liste Aufsatz Nobbe: Die Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, Inhalt. Umfassende Zusammenfassung der bisherigen Rspr., aber auch Ausblick auf künftige Entwicklungen. 3. Startschuss: BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330, 335: Die als Allgemeine Geschäftsbedingung aufzufassende Klausel einer Bank, dass für die Ausfertigung von Löschungsbewilligungen bei Grundpfandrechten ein Entgelt zu entrichten ist, benachteiligt die Kunden unangemessen und ist deshalb unwirksam.
6 Nobbe-Grundsätze 1. Eine Bepreisung von Arbeiten, die keine Dienstleistung für den Kunden sind, ist unzulässig. 2. Unangemessen ist es weiter, für vertraglich geschuldete Nebenleistungen oder für die Erfüllung von Pflichten zur Vermeidung von sekundären vertraglichen Schadensersatzansprüchen ein Entgelt zu verlangen. 3. Auch für die Erfüllung gesetzlicher Pflichten darf kein Entgelt ausgeworfen werden. 4. Gegen 307 I und II BGB verstoßen ferner Entgeltklauseln, die einem Kunden im Ergebnis eine Haftung ohne Verschulden auferlegen. 5. Ebenfalls unzulässig sind Klauseln, die eine zeitanteilige Erstattung eines nach einem bestimmten Zeitraum bemessenen Entgelts bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags ausschließen.
7 Bearbeitungsentgelte bei Darlehensverträgen 1. Laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt ihv 2-3% der Kreditsumme dürfte AGB-rechtlich unzulässig sein. 2. Bearbeitung des Kreditantrags, insbes. Bonitäts- und Sicherheitenprüfung ist keine Dienstleistung für den Kunden, sondern dient den Vermögensinteressen der Bank. 3. Auch kein Entgelt für Beratung, da sie im Vorfeld des Vertragsschlusses erfolgt. 4. Keine Beschränkung auf Verbraucher, sondern allg. Darstellung (einzige Ausnahme: Bei Verbraucherdarlehen kommt hinzu, ). 5. Ausnahme: Subventionierte zweckgebundene Darlehen aus öffentlichen Programmen zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele.
8 Die Folgeentwicklung in der Rechtsprechung
9 Folgerechtsprechung 1. Oberlandesgerichte OLG Bamberg vom U 78/19 WM 2010, 2072 OLG Zweibrücken vom U 174/10 juris OLG Düsseldorf vom U 162/10 juris OLG Hamm U 192/10 juris OLG Karlsruhe vom U 192/10 WM 2011, 1366 (anders noch OLG Karlsruhe WM 2011, 782) OLG Frankfurt vom U 59/11 juris OLG Dresden vom U 562/11 WM 2011, 2320 OLG Celle vom W 86/11 juris (aa noch OLG Celle WM 2010, 355) 2. BGH XI. Zivilsenat: keine Gelegenheit zur Äußerung (Revision zurückgezogen) stattdessen: Schmieder-Aufsatz (WM 2012, 2358)
10 Verteidigungslinie der Banken 1. Bearbeitungsgebühren als Preis für die Kapitalüberlassung (keine zwingende Ausgestaltung als Zins Casper/Möllers, BKR 2014, 59). 2. Angemessenheit der Bearbeitungsgebühren: berechtigtes Anliegen der Bank, ihre Kosten in die Gegenleistung einzupreisen (Casper/ Möllers, BKR 2014, 59). 3. Laufzeitunabhängigkeit sachgerecht, da vergüteter Aufwand tatsächlich laufzeitunabhängig angefallen ist. 4. Rechtsökonomische Überlegungen: Verursacherprinzip zur ökonomischen Verhaltenssteuerung (dazu insbesondere Bitter in FS Ott, 2002, 153, 164 ff.; ders., JZ 2015, 170 ff.)
11 Positionierung des BGH in Urteilen vom BGH vom XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und BGH vom XI ZR 170/13, BGH BKR 2014, 415: 1. Für die Annahme von AGB genügt es, wenn Vertragsbedingung zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte im Kopf des Verwenders gespeichert ist. Angabe muss nicht in Preis- oder Leistungsverzeichnis ausgewiesen sein. 2. Bearbeitungsentgelt ist schon nach klarer Selbstbezeichnung der Kreditinstitute keine Gegenleistung für Darlehensüberlassung und damit nicht Preishauptabrede, sondern Preisnebenabrede und damit kontrollfähig nach 307 III BGB. 3. Das Entgelt ist auch unangemessen, da damit Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt.
12 Insbesondere: Verjährung BGH vom XI ZR 348/13 (BGHZ 203, 115 ff.) und BGH vom XI ZR 17/14 (BKR 2015, 26 ff.): Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des 199 I BGB begann für Rückforderungsansprüche wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen nach 488 BGB erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen. Zuvor war einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht zumutbar.
13 Rechtliche Rahmenbedingungen
14 Sedes materiae: AGB-Recht Prüfungsreihenfolge: I. Vertragliche Voraussetzungen 1. Vorliegen von AGB isd 305 BGB 2. Wirksame Einbeziehung isd 305 II BGB 3. Keine vorrangige Individualabrede isd 305b BGB II. Überraschende Klausel isd 305c I BGB III. Inhaltskontrolle 1. Kontrollfähige abweichende Regelung nach 307 III BGB 2. Spezielle Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit nach 309 BGB 3. Spezielle Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit nach 308 BGB 4. Generalklausel des 307 I und II BGB: keine unangemessene Benachteiligung: Transparenzgebot nach 307 I 2 BGB Indizien für unangemessene Benachteiligung isd 307 II BGB
15 Hauptkriegsschauplatz: 307 III BGB (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) Die Absätze 1 und 2 sowie die 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
16 Ausschlusswirkung des 307 III 1 BGB Nach ständiger Rechtsprechung des XI Zivilsenats sind nach 307 III 1 BGB von der Inhaltskontrolle ausgenommen: Bloß deklaratorische Klauseln (also solche, die nur den Inhalt einer ohnehin geltenden Rechtsvorschrift vollständig und in jeder Hinsicht zutreffend wiedergeben) sowie Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen.
17 Zentrale Unterscheidung Preishauptabreden: Vereinbarungen über Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung. Preisnebenabreden: Entgeltklauseln, die keine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mit denen der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt.
18 Hauptstreitpunkt: Gewerbliche Kredite
19 Meinungsstand
20 Für Übertragbarkeit der Rechtsprechung LG Itzehoe vom O 66/13 (juris) LG Chemnitz vom O 28/13 (juris) LG Freiburg vom O 136/13 (juris, dürfte Förderdarlehen) LG Magdeburg vom O 1887/14 (juris) AG Stuttgart vom C 1137/15 (juris)
21 Gegen Übertragbarkeit der Rechtsprechung OLG Frankfurt vom W 27/14 (juris schon verjährt) OLG München vom U 1088/14 (juris Immobilienkaufmann) LG München I vom O 21794/13 (Kontokorrentkredit an Bauträger) LG Augsburg vom O 3164/14, BKR 2015, 205 (Förderdarlehen) LG Wiesbaden vom O 298/14 (juris Grundbesitzverwaltungsgesellschaft) LG Cottbus vom O 27/15 (juris) LG Neubrandenburg vom O 55/15 (juris) LG Leipzig vom O 3450/14 (juris gewerbliche Immobilienverwaltung) LG Frankfurt vom O52/15 (WM 2015, 2044) LG Kleve vom O13/15 (ZIP 2015, 1968) LG Hamburg vom HKO 109/14 (juris Immobilienentwickler) LG Hamburg vom O 520/14 (juris Unternehmensgruppe, die zur Herrichtung, Erschließung und Errichtung von Seniorenresidenzen Grundstücke erwirbt) LG Braunschweig vom S 341/15 (juris)
22 Rechtlicher Rahmen für gewerbliche Kredite
23 Rechtlicher Rahmen 310 I 1 BGB: 305 II und III, 308 Nr. 1, 2 bis 8 und 309 BGB finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. Folgerung: Kontrolle im Wesentlichen über 307 BGB, in den Wertungen der 308, 309 BGB indes ausstrahlen. Erster reiner Wortlautbefund: 310 I 1 BGB berührt Übertragung der Rspr. auf gewerbliche Kredite nicht, da Urteile allein auf 307 BGB gestützt sind (vgl. auch Nobbe-Liste 2008).
24 Würdigung der Argumente
25 Argumente mit geringer Erfolgsaussicht Kritik an der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Unternehmer Kritik an den Ausgangsurteilen Wiederholung von Argumenten, die BGH bereits verworfen hat o Kein Leitbild laufzeitabhängiger Vergütung in 488 I BGB o Bonitätsprüfung im Interesse des Kreditnehmers ( aus Sicht des verständigen Unternehmers ) o Kreditanfrage dient Finanzierungs- und Liquiditätsinteressen des Kreditnehmers o Entgegenstehende Wertung des 312a III BGB, anderer verbraucherrechtlicher Regelungen und PAngV, die Existenz gesonderter Kosten belegen. o Inländerdiskriminierung ivm Art. 3 GG Verstoß gegen die Berufsfreiheit: möglicherweise verschobene Verhältnismäßigkeitsprüfung, aber flankierender Hinweis des BGH auf anderweitige Gestaltungsmöglichkeit Fazit: Inhaltskontrolle ist eröffnet (vgl. auch Casper/Möllers, WM 2015, 1689 sowie überwiegende instanzgerichtliche Rechtsprechung)
26 Hauptkriegsschauplatz: Angemessenheit Keine Erfolgsaussicht: Hinweis auf hohe volkswirtschaftliche Belastungen durch mögliche Rückzahlungspflicht Wohl auch nicht weiterführend: rechtsökonomische Überlegungen o Vor dem Urteilen von formuliert von Bitter in FS Ott, 2002, S. 153 ff. o Für gewerbliche Darlehensnehmer wieder aufgegriffen von Casper/Möllers, WM 2015, 1689 ff. o Verursacherprinzip vom XI. Zivilsenat seit zwei Jahrzehnten durchgängig verneint (vgl. schon Schimansky, WM 1995, 461, 463 f.) o Speziell bei Darlehensentgelten auch von geringerer Überzeugungskraft als etwa bei Kontopfändungen, Einzahlungen am Bankschalter etc.
27 Bearbeitungsentgelt als Handelsbrauch? Für Angemessenheit qua Handelsbrauchs: o LG Wiesbaden vom O 298/14 (juris) o LG Neubrandenburg vom O 55/15 (juris) o LG Kleve vom O 13/15 (juris) o LG Hamburg vom HKO 109/14 (juris) o LG Braunschweig vom S 341/15 (juris) Gegen Angemessenheit qua Handelsbrauchs o LG Magdeburg vom O 1887/14 (juris) o AG Stuttgart vom C 1137/15 (juris) Zentrale Begründungsstränge: o jahrzehntelange Praxis o vom BGH ursprünglich gebilligt
28 Verbleibende Zweifel 1. Behandlung von Freiberuflern, Landwirten, Kleingewerbetreibenden (einbezogen seit HRefG 1998) dazu Palandt/Grüneberg, 310 Rn. 5: Das Gebot, auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen, gilt nicht, wenn AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, der nicht Kaufmann isd HGB ist. 2. Wichtigstes Argument: Handelsbrauch darf nicht erst durch AGB eingeführt werden, sondern AGB müssen bestehenden Handelsbrauch aufgreifen, vgl. Koller in Staub HGB, 346 Rn. 11, 21: Eine Übung, die nur deshalb entstanden ist, weil eine Marktseite Macht besitzt, kann nicht zur Grundlage eines Handelsbrauchs werden. Aus diesem Grunde können Allgemeine Geschäftsbedingungen, die in einer Branche einheitlich verwendet werden, kaum jemals die Qualität von Handelsbrauch gewinnen. Ähnlich Baumbach/Hopt HGB, 346 Rn. 2: Nicht Handelsbrauch sind AGB, die die eine Vertragspartei der anderen stellt und die bei wirksamer Unterwerfung als Vertragsbedingungen gelten.
29 Zentraler Unterschied: Angemessenheit Drei mögliche Ansatzpunkte: Größere Vorteile für Unternehmer Größerer Aufwand für Kreditinstitut Geringere Schutzbedürftigkeit des Unternehmers
30 Größere Vorteile für Unternehmer 1. Vorteile durch Bonitätsprüfung: Information über Erfolgsaussichten gewerblicher Tätigkeit: zweifelhaft, da von BGH am in deutlicher Form in andere Richtung entschieden. Positive Bonitätsprüfung niedrigere Zinsen: ebenfalls von BGH in andere Richtung entschieden: bloße Reflexwirkung. 2. Steuerliche Vorteile: Kunde kann Interesse daran haben, Entgelt in voller Höhe als Betriebsausgaben sofort absetzen zu können. Ebenfalls zweifelhaft, da entsprechendes Interesse in Einzelfällen vorliegen mag, es aber nicht gerechtfertigt erscheint, es qua AGB standardisiert auf alle Kundentypen zu übertragen. Auch identische Struktur bei Verbraucherdarlehen spricht gegen besondere Berücksichtigung des Kundeninteresses. Richtiger Standort: Individualvereinbarung
31 Größerer Aufwand 1. Größerer Aufwand bei Bonitätsprüfung: unbeachtlich, da nach klarer Wertung des BGH im Interesse des Kreditinstituts (keine Verschiebung bei größerem Aufwand). 2. Tatsächliche Mehrleistung, die über Bonitätsprüfung und sonstige Bearbeitung hinausgeht: Insbesondere: erweitertes Serviceprogramm Sofern schon im Vertrag umschrieben: nicht kontrollfähige Sonderleistungen Sofern nur unter Bearbeitungsentgelt gefasst: trotzdem bei Angemessenheit zu berücksichtigen Unzulässige Argumentationsschiene: Aufwand bei bestimmten Kreditnehmergruppen auf sämtliche Unternehmer übertragen Stattdessen: Differenzierung nach Kundengruppen und Darlehenstypen (dazu unten)
32 Geringere Schutzbedürftigkeit 1. Geringe Überzeugungskraft: Möglichkeit der Abwälzung auf Abnehmer Von Branche und Marktsituation abhängig Auch Endverbraucher soll nicht über Gebühr belastet werden Bei anderem Verständnis könnte Abwälzungsargument letztlich jede Belastung rechtfertigen 2. Wichtigste Argumentationsschiene in Rspr. und Lit.: geringere Schutzbedürftigkeit aufgrund höherer Expertise
33 Würdigung 1. Grds. verbreitetes Argument in Rspr. und Lit. 2. Ursprung in verbreitetem Irrglauben: AGB-Recht als Verbraucherrecht AGB-Recht schützt nicht dummen und faulen Verbraucher (Ulmer) Schutzgrund liegt nicht in geringerer Geschäftserfahrung, intellektueller oder wirtschaftlicher Unterlegenheit, sondern in situativer Unterlegenheit Dieser Ansatz darf nicht durch Annahme umgekehrt werden, dass Geschäftserfahrung situative Unterlegenheit pauschal beseitigen würde Besonderheiten für Handelsverkehr liegt nicht in Angemessenheitsprüfung auf geringerem Schutzniveau, sondern in Flexibilisierung für Handelsbräuche und besondere Erfordernisse an Schnelligkeit und Vertrauen Anderes Ergebnis mit Blick auf weiten Unternehmerbegriff (Kleingewerbetreibende, Künstler, Handwerker) auch in der Sache nicht angemessen Bestätigung durch geringe Differenzierung zwischen beiden Gruppen in Rspr. des BGH (kein gesondertes Reich des unternehmerischen AGB-Rechts) Größere Aussicht: keine gleiche Belastung durch laufzeitunabhängiges Entgelt, da 501 BGB nicht anwendbar ist (abhängig von Vertragsgestaltung)
34 Zutreffende Behandlung Berücksichtigung von Handelsbräuchen: hier (-) Berücksichtigung von gesteigertem Bedürfnis nach Vertrauen, Schnelligkeit, Flexibilität: hier (-) Berücksichtigung geringerer Schutzbedürftigkeit? o Nicht pauschal, da auch nicht pauschal bei allen Unternehmern gegeben o Trotz grundsätzlich individueller Betrachtungsweise Möglichkeit der Differenzierung nach Kundengruppen und Darlehensformen o Besondere Bedeutung: ständig wiederkehrender Geschäftstyp Konsequenz für Bearbeitungsentgelte: o Unzulässigkeit idr bei Kleingewerbetreibenden und Freiberuflern o Zulässigkeit bei branchennahen Unternehmertypen, denen gegenüber höhere Leistungen angeboten werden
35 Unsicherheitsfaktor Verjährung Verjährung für Verbraucherdarlehen ab Grund: Unzumutbarkeit der Klageerhebung vor OLG-Kehrtwende 2011 Zumutbarkeit bei gewerblichen Krediten: o Frühere BGH-Rspr.: zulässig o Seit 2014: mehrheitliche Rspr. und insb. OLG-Rspr.: zulässig o Risiko eines neuerlich verschobenen Verjährungsaufschubs, etwa bis zu erster abweichender OLG-Entscheidung o Alternative Sichtweise: Signalwirkung schon der OLG-Wende 2011 auch für gewerbliche Kreditnehmer? o Entwicklung: ungewiss verschobener Verjährungsbeginn liegt in Konsequenz der Urteile vom ; Rspr. ist aber ohnehin weitreichend und sollte nicht über Gebühr ausgeweitet werden o Nobbe-Liste 2008: nicht auf Verbraucher beschränkt
36 Förderdarlehen
37 Bearbeitungsentgelte bei Förderdarlehen Stand der Rechtsprechung: 1. Für Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten: OLG Düsseldorf vom U 202/13 (juris) LG Freiburg vom O 136/13 (juris) LG Itzehoe vom O 66/13 (juris) LG Bückeburg vom O 136/13 (juris) LG Augsburg vom O 3164/14, BKR 2015, 205 AG Hamburg vom C 387/12 (juris) 2. Für Unzulässigkeit: LG Magdeburg vom O 1887/14 (juris) 3. Wichtiges Indiz für Zulässigkeit: Ausnahme in Nobbe-Liste 2008 Sonderbehandlung in BGH-Rspr.
38 Nobbe, WM 2008, 185, 193 f. Von diesem Grundsatz Unzulässigkeit von Bearbeitungsentgelten wird man allerdings eine Ausnahme machen müssen für subventionierte zweckgebundene Darlehen aus öffentlichen Programmen zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele. Bei solchen subventionierten Darlehen übermittelt die in der Regel zwischengeschaltete Bank durch die Hausbankfunktion eine besondere Dienstleistung für den Kreditnehmer in Form von erheblichen Beratungs- und Kommunikationsleistungen. Daraus und vor allem aus der Tatsache, dass die ausgebende Stelle eine vorzeitige Rückzahlung der Mittel ohne Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung gestattet, ergibt sich, dass das Disagio dem Kreditgeber unabhängig von der tatsächlichen Laufzeit des Kredits ungekürzt zufließen soll.
39 Würdigung Gesteigerter Aufwand durch Beratung und Koordination Aufbau von speziellem Know-How im Institut Gesteigerte Risikoübernahme aufgrund vorzeitiger Kündigungsmöglichkeit Gesteigerter Nutzen des Kunden durch erhebliche Konditionenvorteile Spiegelbildlicher Nachteil des Instituts: kein zinsträchtigeres Darlehen auf konventioneller Ebene
40 Konsortialkredite
41 Wertungsunterschiede bei Konsortialkrediten Höherer Aufwand: zumindest auf Seiten des Arrangeurs in Gestalt der Orchestrierung und vertraglichen Ausgestaltung o Greifbare Gegenleistung daher namentl. bei Arrangierungsprovision und wie bei herkömmlichen Kreditverträgen (Nobbe, WM 2008, 185, 191) bei Bereitstellungsprovision o Problematischer: bloße Beteiligungsprovision anderer Konsorten o Einzelheiten: Becker/Dreyer, ZIP 2014, 2057 ff. Geringerer Verwaltungsaufwand für Kreditnehmer o Zugang zu mehreren Banken, aber zu einheitlichen Konditionen o ein Ansprechpartner Geringere Schutzbedürftigkeit, da typischerweise Großprojekt Bei entsprechender vertraglicher Hervorhebung: nicht kontrollfähige Sonderleistung, sonst bei Angemessenheit zu berücksichtigen
42 Bauträgerfinanzierung
43 Wertungsunterschiede bei Bauträgerfinanzierung Höherer Aufwand durch Sonderregeln der MaBV (adressiert an Bauträger, nicht an Kreditinstitut) Erweiterung des Serviceprogramms, um Leistungsspektrum an veränderte Vorgaben anzupassen Sicherung der Voraussetzungen nach 3 I MaBV Spezifisches Kontenmodell (Vorzug für Kreditnehmer durch Kontokorrentverrechnung lediglich Kreditsaldo zu verzinsen) Weitere Leistungen: Mittelverwendungskontrolle, Erlöskontrolle, detaillierte Bautenstandskontrolle Geringe Schutzbedürftigkeit, da ständig wiederkehrendes Geschäft
44 Darlehensentgeltklauseln in Allgemeinen Bausparbedingungen
45 Bauspardarlehen 1. Abweichend von anderen Fallgruppen: idr Verbraucher betroffen 2. Meinungsstand: von ganz herrschender instanzgerichtlicher Rspr. als zulässig erachtet (Nachw. bei Herresthal, ZIP 2015, 1949 ff.; aa aber AG Ludwigsburg, ZIP 2015, 1165) 3. Zentrales Argument für Zulässigkeit: Gedanke des Kollektivsparens o In Rspr. anerkannt für Ansparphase, insofern Sonderstellung der Bausparkassen bestätigt (BGH vom XI ZR 3/10 BGHZ 187, 360) o Noch nicht entschieden für Darlehensphase o Für herkömmliche Darlehen wurde von Banken vorgebrachter Gedanke einer Solidargemeinschaft der Darlehenskunden nicht anerkannt o Maßgebliche Argumentation über Verursacherprinzip und unangemessener Quersubventionierung, die Rspr. grds. ablehnt o Ob sich bausparkassentypische Spezifika auch hier durchsetzen, ist deshalb derzeit noch nicht absehbar Für Zulässigkeit: Haertlein, WM 2014, 189 ff.; Herresthal, ZIP 2015, 1949 ff.
46 Weitere kautelarjuristische Gestaltungen
47 Kautelarjuristische Auswege I 1. Einpreisung in den Zins: Ausgestaltung als Staffelzins Anbindung der Entgeltabrede an die konkrete Laufzeit des Darlehens, ergänzt um anteilige Rückzahlung bei vorzeitiger Beendigung 2. Aushandeln Problem: hohe Anforderungen Inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen Hinreichend, wenn Vertragsbedingung im Kopfe des Verwenders gespeichert Keine Erleichterung der Beweislast durch vorformulierte Bestätigung des Aushandelns (vgl. zuletzt BGH NJW 2014, 1725 Rn. 27) AGB-Recht kann auch individualvertraglich nicht ausgeschlossen werden (BGH NJW 2014, 1725 Rn. 28 ff.) Keine Widerlegung der Vorformulierung durch unterschiedliche Entgelthöhen Wahl zwischen verschiedenen vorformulierten Vertragsmodellen: noch nicht eindeutig geklärt, aber wohl eher ungeeignet (vgl. BGH ZIP 1985, 1272, 1274) Angebot unterschiedlicher Preisgestaltungen, Konditionenvariabilität, Anpassung an individuelle Verhältnisse Sorgfältige Vertragsdokumentation Freie Formulierung statt Vorformulierung
48 Kautelarjuristische Auswege II 3. Formulierung als nicht kontrollfähige Sonderleistung: Erfordernis tatsächlichen Mehrwerts Bemessung an Nobbe-Grundsätzen Erweiterung des Kreises vertraglich vereinbarter Hauptpflichten, namentlich durch gemischte Verträge, zb Darlehensvertrag kombiniert mit Geschäftsbesorgungsvertrag Beratungsvertrag nur sofern über bloße Akquise- und Vorbereitungstätigkeiten im Rahmen der Antragsbearbeitung hinausgehend; Option des Haftungsausschlusses erwägenswert Keine Bezeichnung als Bearbeitungsentgelt Sorgfältige Umschreibung des Mehraufwands in der Vertragsdokumentation
49 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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