Adjuvante Therapie bei Patienten mit Mammakarzinomen
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- Lioba Geisler
- vor 8 Jahren
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1 Adjuvante Therapie bei Patienten mit Mammakarzinomen Auf der Konsensus-Konferenz in St. Gallen im Februar 2005 wurden die Richtlinien zur adjuvanten Therapie aktualisiert. Es werden wieder drei Gruppen mit niedrigem, mittlerem und hohem Risiko definiert. Die Entscheidung zur Therapie richtet sich nach dem Lymphknotenstatus (N0, N1 oder N2), nach dem Hormonrezeptorstatus und dem Menopausenstand (Tab. 1 und 2). Sondergruppen sind: Das inflammatorische Mammakarzinom: Es hat bei primärer operativer Therapie eine schlechte Prognose (mittlere Überlebenszeit < 18 Monate). Durch eine primäre Chemotherapie mit anschließender sekundärer Resektion und/oder Strahlentherapie kann die 5-Jahres- Überlebenszeit auf 35 55% angehoben werden. Die junge Patientin < 35 Jahre hat eine besonders schlechte Prognose und bedarf einer aggressiveren Therapie. Adjuvante Hormontherapie: In mehreren großen Studien mit vielen tausend Patientinnen konnte gezeigt werden, dass mit den Aromatase-Inhibitoren (AI) in jeder Phase einer Therapie die bisherigen Standardtherapie mit Tamoxifen hinsichtlich des Rezidiv-freien Überlebens verbessert wurde (Gesamtüberlebensdaten liegen noch nicht vor): zu Beginn - postoperativ statt Tamoxifen ein AI bei Wechsel nach 2 bis 3 Jahren von Tamoxifen auf einen AI am Ende der 5 Jahrestherapie (5 zusätzliche Jahre Einnahme eines AI). Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen: Tamoxifen 20 mg tgl. für alle prä- und postmenopausalen Patientinnen ohne vaskuläre Risiken (Tamoxifen erhöht das Thromboserisiko) Wechsel nach 2-3 Jahren auf einen AI (Dauer der Gesamttherapie 5-7 Jahre) Bei erhöhtem Thromoboserisiko oder Unverträglichkeit gegen Tamoxifen gleich zu Beginn AI (für 5 Jahre), bei prämenopausalen Patientinnen muss gleichzeitig eine Auschaltung der Ovarfunktion (GnRH-Analoga) erfolgen. Bei Pat. mit Her2-Überexpression (3+) zu Beginn eine AI (schlechtere Daten in retrospektiven Untersuchungen für Tamoxifen Bei Konstellation ER+/PR- eher AI als Tamoxifen (vorläufige Daten) Nach 5 Jahren Tamoxifen weitere 5 Jahre AI Alle AI (Arimidex, Femara und Aromasin ) sind in Studien (wechselnde Zeitpunkt des Therapiebeginns) überprüft mit ähnlichen positiven Ergebnissen, alle haben eine ähnliche Toxiziät Osteoporose und dadurch bedingten Frakturen in unterschiedlichem Ausmaß. Hier könnte theoretisch die Gabe von einem Bisphosphonat indiziert sein (4 mg Zometa, 6 mg Bondronat alle 6 Monate), eine Zulassung zu dieser Indikation besteht aber derzeit nicht. Bei einer Indikation zur Chemotherapie sollte die Hormontherapie erst nach Abschluss der Chemotherapie begonnen werden. Bei prämenopausalen, Hormonrezeptor-positiven Patientinnen konnte in einer Metaanalyse gezeigt werden, dass eine ablative Hormontherapie (GnRH-Analoga über 1 3 Jahre in Kombination mit Tamoxifen über 5 Jahre) gegenüber einer Chemotherapie der ersten und zweiten Generation (CMF, EC, FE(50)C) ein identisches rezidivfreies und Gesamtüberleben erbrachte, zugleich aber eine bessere Lebensqualität nach 3 5 Jahren bedingte, sodass dies im Einzelfall eine therapeutische Alternative darstellt. In den Empfehlungen von St. Gallen wird diese Alternative gleichwertig aufgeführt. Bei der
2 deutschen ZEBRA-Studie ist aber zu berücksichtigen, dass die Kontrollgruppe im Anschluss an die Chemotherapie kein Tamoxifen erhalten hat, was inzwischen auch für prämenopausale Patienten Standard wäre und zu besseren Ergebnissen geführt hatte. Patientinnen ohne Amenorrhö unter Chemotherapie oder rasche Rekonstitution nach Chemotherapie haben eine schlechtere Prognose. Eine zusätzlichen GnRH-Therapie bei Fortbestehen der Menses (oder hormoneller Prämenopause mit niedrigen FSH-Werten) unter oder nach adjuvanter Chemotherapie ist indiziert. Bei rezeptor-negativen prämenopausalen Pat. kann durch eine passagere Stilllegung der Ovarien durch GnRH-Analoga während der adjuvanten Chemotherapie ein Schutz gegen eine spätere Therapiebedingte Amenorrhoe mit erhöhtem Risiko einer Osteoporose erfolgen ( off-label-use ). Adjuvante Chemotherapie Beginn möglichst bis Tag 14 postoperativ, mindestens aber bis Woche 6: Eine Standard-Chemotherapie ist nicht definiert. Eingesetzt werden die angeführten Schemata (Tab. 3). Folgende Fakten können als weitgehend gesichert gelten: Die Auswahl des Schemas richtet sich nach den Prognosefaktoren (unter Einschluss von Her2- Neu und evtl. UPA, PAI), dem Willen der aufgeklärten Patientin und allgemeininternistischen Risiken. Zu beachten ist nach den Empfehlungen der Konsensuskonferenz auch die Alternative der kombinierten ablativen Hormon-/ Antiöstrogentherapie bei Rezeptor-positiven, prämenopausalen Patientinnen. 6-mal CMF (CTX oral) ist den weiter aufgeführten Schemata unterlegen. Der Einsatz kann nur bei Pat. mit günstiger Prognose in Ausnahmefällen empfohlen werden. Anthracycline sollten in einer Dosis gegeben werden, die einer wöchentlichen Gabe von Adriamycin 20 mg/m 2 oder Epirubicin 30 mg/m 2 entspricht. FE(100)C T oder TAC ist bei Pat. mit LK-Befall dem FE(100)C Schema überlegen. Es ist unklar ob alle Patienten oder nur Rezeptor-negtive Pat. profitieren. Die dosisdichte Therapie (2-wöchentliche Gabe mit G-CSF) ist dem Standardintervall alle 3 Wochen überlegen, diese Therapieform ist aber Studien vorbehalten. Bei 10 positiven Lymphknoten besteht eine sehr schlechte Prognose, die Taxan-freien- Schemata haben keinen positiven Effekt! Die Hochdosistherapie mit Stammzellsupport ist wegen fehlendem Erfolg verlassen worden. Für den Einsatz des monoklonalen Antikörpers Herzeptin bei Her2-Überexpression in der adjuvanten Therapie ist trotz sehr positiven aber vorläufigen - Studienergebnisse fehlt die Zulassung. Der Einsatz simultan oder nach Abschluss der Chemotherapie ist nicht definiert sollte aber mit allen Patientinnen besprochen werden. Ein Zulassung ist wegen des großen Therapievorteils in nächster Zeit zu erwarten. Zur Zeit sollte ein Ausnahmeantrag bei den Krankenkassen gestellt werden, um eine Regress zu vermeiden.
3 Adjuvante Strahlentherapie Nach Ablatio mammae: Als generelle Routinemaßnahme abzulehnen. Die Strahlentherapie ist in der Lage, die Häufigkeit von Lokalrezidiven wirkungsvoll zu vermindern, in einigen Studien wurde auch die Überlebenszeit verlängert. Die Indikation zur lokalen Strahlentherapie ergibt sich aus dem potenziellen Risiko des Lokalrezidivs (ASCO-Leitlinien): bei > 4 befallenen Lymphknoten, (Strahlentherapie der Axilla) bei T 3 oder Stadium III (Strahlentherapie der Thoraxwand). nach brusterhaltender Operation: Die postoperative Strahlentherapie ist Teil der Therapie, da keine Sicherheit der kompletten Resektion (Primärtumor und/oder multifokale Karzinome) gegeben ist. (Strahlentherapie der Restbrust ). Wenn eine Pat. die Strahlentherapie ablehnt, ist ihr als Alternative die Ablatio Mammae zu empfehlen. Bei einer adjuvanten Chemotherapie wird die Strahlentherapie direkt nach Abschluss der Chemotherapie, sonst unmittelbar postoperativ begonnen. Die Teilnahme an den laufenden Studien hat hohe Priorität und sollte eine Verpflichtung für alle Ärzte sein, die sich um die Weiterentwicklung der Therapie des Mammakarzinomes bemühen. Alle aktuellen und laufende Studien sind über das Internet abrufbar: Deutschland: Europa: USA:
4 Tab 1: Risikogruppen Niedriges Risiko (Alle Merkmale) Mittleres Risiko (ER/PR positiv und eine Hohes Risiko (eines der Merkmale) weiteres der Merkmale) ER/PR positiv positiv und negativ pt-stadium pt1, G1 > pt2 Grading pt1b jedes G G2 und G3 Alter > 35 Jahre > 35 Jahre < 35 Jahre Her2/neu negativ negativ und. pn+ oder positiv (3+) und pn0 L und V-Stadium L0/V0 L1 u/o V1 positiv (3+) und pn+ pn-stadium pn0 pn1 pn2/3 Tab. 2: Therapieempfehlungen Niedriges Risiko Mittleres Risiko Hohes Risiko ER/PR positiv ER/PR negativ Prämenopausal Postmenopausal Prä-/ postmp. Tam oder Nihil Tam oder AI oder Nihil ER+/PR-: AI 2 (CMF 1 ) Tam +/- GnRH; ChT Tam +/- GnRH oder AI + GnRH Tam oder AI; ChT Tam oder AI 2 * EC T; TAC Bei prämenopausalen, Rezeptor-negativen Pat. GnRH-Analoga während der Chemotherapie als Ovarschutz + Taxane Tam +/- GnRH oder AI + GnRH + Taxane Tam oder AI* EC T; TAC * Anastrozol: Zulassung sofort oder Wechsel nach 2-3 Jahren Tamoxifen Exemestan: Zulassung für Therapiewechsel nach 2-3 Jahren Tamoxifen Letrozol: Zulassung zur erweiterten Therapie nach 5 Jahren Tamoxifen ChT = Chemotherapie ; Tam = Tamoxifen ; AI = Aromataseinhibitoren; H = Trastuzumab (Herzeptin ) Kursiv gedruckte Therapieempfehlungen sind off label (Stand 08/05) 1 CMF ist FEC unterlegen (10a RFS: 45 vs 52%; p<.007; 10a OAS 58 vs 62% - ns) Levine MN et al: J Clin Oncol 2005; 23: Im Simulationsmodell ist die Sequenztherapie Tam 2,5a AI 5a allen anderen Modellen überlegen: a) 5a Gabe eines der beiden Substanz oder b) Sequenz 5a Tam 5a AI Punglia RS et al: J Clin Oncol 2005; 23: CMF: C: 100 mg/m² p.o. Tag 1-14; M: 40 mg/m² Tag 1+8; F: 600 mg/m² Tag 1+8 CEF: C: 75 mg/m² p.o. Tag 1-14; E: 60 mg/m² Tag 1+8; F: 500 mg/m² Tag 1+8
5 Tab. 3: Schemata zur adjuvanten Chemotherapie des Mammakarzinoms A) Guter Allgemeinzustand, nodal negativ 1. CMF (6 Zyklen) Cyclophosphamid 100 mg/m 2 p.o. Tag 1 14 (nur bei oraler Unverträglichkeit) 500 mg/m ² i.v. Tag 1+8) Methotrexat 40 mg/m 2 i.v.* Tag Fluorouracil 600 mg/m 2 i.v. Tag 1+8; Wdh. Tag EC Epirubicin 90 mg/m 2 i.v. Tag 1 Cyclophosphamid 600 mg/m 2 i.v. Tag 1; Wdh. Tag 22 3a. FEC (I) (6 Zyklen) Cyclophosphamid 75 mg/m 2 p.o. Tag 1 14 (nur bei oraler Unverträglichkeit) 500 mg/m ² i.v. Tag 1+8) Epirubicin (50 )60 mg/m 2 i.v.* Tag Fluorouracil (500 )600 mg/m 2 i.v. Tag 1+8; Wdh. Tag 29 3b. FEC (II) (6 Zyklen) Cyclophosphamid 500 mg/m ² i.v. Tag 1 Epirubicin mg/m 2 i.v.* Tag 1 5-Fluorouracil 500 mg/m 2 i.v. Tag 1; Wdh. Tag 22 B) Guter Allgemeinzustand, nodal positiv 4. TAC (6 Zyklen) Docetaxel** 75 mg/m 2 Inf. Tag 1 Doxorubicin 50 mg/m 2 i.v.* Tag 1 Cyclophosphamid 500 mg/m 2 i.v. Tag 1; Wdh. Tag AC-T/EC-T (4+4 Zyklen) Doxorubicin 60 mg/m 2 i.v.* Tag 1 (oder Epirubicin 90 mg/m² i.v. Tag 1) Cyclophosphamid 600 mg/m 2 i.v. Tag 1 Nach 4 Zyklen gefolgt von weiteren 4 Zyklen: Paclitaxel** 175 mg/m 2 Inf. (3h) Tag 1; Wdh. Tag 22*** C) Antikörpertherapie (nach oder parallel zur adjuvanten Chemotherapie) über 12 Monate 6. Herzeptin+) 2 mg/kg KG Inf. Tag 1, wö. oder Herzeptin+) 6 mg/kg KG Inf. Tag 1 alle 3 Wochen +) Initialdosis bei wöchentlicher Gabe: 4 mg/kg, bei 3-wöchentlicher Gabe: 8 mg/kg KG = 15% geringere Wirkdosis! reduzierte Dosis von Epirubicin und Cyclophosphamid bei starken NW (WHO-Grad 3/4), die durch Supportiva nicht zu beherrschen sind * Epirubicin/Doxorubicin in eine schnell laufende Inf. langsam i.v. oder als Kurzinf. über Port ** Prämedikation beachten *** mit G-CSF auch Wdh. an Tag 15 (= Dosisdichte Therapie!) zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses (10/05) noch nicht zugelassen! (siehe Text) J.Preiß, SB
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