SAISONALE SPEICHERUNG VON ÜBERSCHUSSWÄRME AUS EINEM HEIZKRAFTWERK IN EINEN AQUIFER IN NEUBRANDENBURG
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1 SAISONALE SPEICHERUNG VON ÜBERSCHUSSWÄRE AUS EINE HEIZKRAFTWERK IN EINEN AQUIFER IN NEUBRANDENBURG F. Kabus GTN Geothermie Neubrandenburg GmbH Seestrasse 7 A, Neubrandenburg, Germany Tel.: / , Fax: / E-ail: gtn@gtn-online.de U. Richlak, H. Beuster Neubrandenburger Stadtwerke GmbH ohn-scher-straße 1, Neubrandenburg, Germany Tel.: / 35000, Fax: / E-ail: info@neu-sw.de 1 Ausgangspunkt der Projektentwicklung Ein Großteil der Neubrandenburger Gebäude ist an ein zentrales Fernwärmenetz mit folgenden Parametern angeschlossen: Heizleistung 200 W Vorlauftemperatur 130 C Rücklauftemperatur 60 C In der Grundlast dieses Netzes arbeitet ein Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk: Strom 77 W Wärme 90 W Im Sommer konnte das hohe Effizienzpotenzial der Kraft-Wärme-Kopplung nicht ausgenutzt werden. Der Wärmeabsatz ist in dieser Zeit recht gering (ca. 20 W). Er liegt weit unterhalb der inimallast des Kraftwerkes (ca. 40 W). Die Differenz wurde vollständig über Kühltürme abgeführt. Die Neubrandenburger Stadtwerke GmbH betreibt ein weiteres, viel kleineres Fernwärmenetz: Heizleistung 12 W Vorlauftemperatur 80 C Rücklauftemperatur 45 C Von 1987 bis 1998 wurde dieses Netz geothermisch versorgt: Nutzhorizont Hettang/Oberer Postera Teufe m m engenstrom 150 m 3 /h Thermalwassertemperatur 53 C 55 C
2 Der Umfang des direkten Wärmeüberganges vom Thermal- auf das Heiznetzwasser war nur gering. Ständig musste eine heißwasserbetriebene Absorptionswärmepumpe betrieben werden, was sowohl die energetische als auch die wirtschaftliche Effizienz verschlechterte. 2 Konzept Die beschriebenen Probleme sowohl des GuD-Kaftwerkes als auch der Geothermie sollten durch Umwandlung der geothermischen Heizzentrale in einen Aquiferspeicher gelöst werden. Überschusswärme aus dem Kraftwerk, die bisher über Kühltürme abgeführt wurde, wird nun in das Fernwärmenetz eingespeist und zur geothermischen Heizzentrale transportiert. Hier dient sie dazu, das in großer Tiefe im Untergrund existierende Wärmepotenzial aufzuwerten (um ca. 30 K). Im Winter wird die Anlage dann wie vorher die Geothermie betrieben, jedoch jetzt mit Thermalwasserfördertemperaturen im Bereich von 80 C bis 65 C. Basierend auf dem Verhalten der beiden Fernwärmesysteme und des GuD-Kraftwerkes sowie unter Annahme folgender Parameter des Wärmespeicherkreislaufes aximaler Thermalwasserstrom 100 m 3 /h Einlagerungstemperatur 80 C ergaben thermodynamische Berechnungen, dass zwischen April und September ca Wh Wärme in den Speicher geleitet werden können. Davon sollten Wh bei Leistungen von 4,0 bis 2,9 W im Winter zurück gewonnen werden. Sommer Speicherbeladung mit Ueberschusswaerme Winter Speicherentladung 80 C 50 C 40 C Abbildung 1: Prinzip der Wärmespeicherung
3 warme Bohrung kalte Bohrung GFK 5 1/2 GFK Pumpe 7 liner hanger Reduzierung 10 x 6 5/8 mit Kegel 9 5/8 6 5/8 GFK 13 3/4 9 5/8 3 Technische Arbeiten Nach verschiedenen Inspektionen wurden zwei der vier existierenden Geothermiebohrungen für die Uminstallation in Wärmespeicherbohrungen ausgewählt. Letztendlich wurden sie in den Zustand versetzt, wie er in Abbildung 2 dargestellt ist. ede der Bohrungen ist nun in der Lage, 100 m³/h Thermalwasser zu fördern und zu anderen Zeiten aufzu nehmen. Ringraum- Schutzflüssigkeit 7 GFK liner hanger Hettang 4 1/2 Filter Oberer Postera 7 liner m gravel pack m 1400 Abbildung 2: Bohrungskonstruktionen Die existierenden Übertageinstallationen wurden im Wesentlichen weitergenutzt. An verschiedenen Punkten, speziell um die Filtergruppen, mussten jedoch Bypässe installiert werden, um die notwendigen Umkehrungen der Strömungsrichtung realisieren zu können. Darüber hinaus wurde die Druckhaltung überarbeitet, die nun einen Stickstoffkreislauf enthält, über den auch die Bohrungsringräume beaufschlagt werden. Ein modernes Automatisationssystem gewährleistet den zuverlässigen und der jeweiligen Situation angemessenen Betrieb des Thermalwasserkreislaufes und regelt die Integration des Speichers in das Gesamtversorgungssystem der Neubrandenburger Stadtwerke. Der Aquiferspeicher wird vom zentralen Kontrollraum im GuD-Kraftwerk aus beobachtet. 4 Anlagenbetrieb Abbildung 3 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Anlagen. Dargestellt sind die beiden Fernwärmenetze, die als Wärmequelle bzw. -senke fungieren, und der Speicherkreislauf. Zum einfacheren Verständnis wurde auf die Spitzenlastkessel, die Wärmepumpe und weitere Sekundärsysteme verzichtet.
4 Sommer Hochtemperaturnetz Niedertemperaturnetz kalte Bohrung warme Bohrung Winter Hochtemperaturnetz Niedertemperaturnetz kalte Bohrung warme Bohrung Abbildung 3: Vereinfachte Fließschemata für den Winter und den Sommerbetrieb Der Probebetrieb des Speicherkreislaufes begann im ärz 2004, nachdem ein intensives Programm von Förder-, Injektions- und Zirkulationstests abgeschlossen war. Die Einspeichertemperatur betrug anfangs ca. 70 C. Sie wurde allmählich unter permanenter Beobachtung des Thermalwasserverhaltens, vor allem was die Feststoffbildung betraf, bis auf ca. 78 C angehoben. Letztlich wurden auf diese Weise im ahre 2004 bis Ende Oktober ca Wh Wärme in den Aquiferspeicher eingelagert. Die Inbetriebnahme des Speichers in der Richtung der Wärmeentnahme nahm dann ca. 3 onate in Anspruch. Vor allem die regelungstechnische Abstimmung zwischen den einzelnen Wärmeerzeugern bereitete anfangs Schwierigkeiten. Zwischen itte anuar und ärz 20 wurden ca Wh an das Fernwärmenetz Rostocker Strasse geliefert. Dann waren wieder Überschüsse aus dem Kraftwerk zu verzeichnen. Seit dem Frühjahr 20 läuft der Aquiferwärmespeicher faktisch ohne technisch bedingte Probleme, nur gesteuert durch die Wärmeüberschuss-/Wärmebedarfssituation und unterbrochen durch eine Kraftwerksrevision im uni. ittlerweile kann ein erster vollständiger
5 ahreszyklus vorgestellt werden. In den folgenden drei Abbildungen sind die wesentlichen energetischen Parameter dargestellt. 90 Erste Periode 80 Temperatur [ C] D 04 F A A S O N D F Abbildung 4: Kopftemperaturen an der warmen und der kalten Bohrung 4 Erste Periode Heizleistung aus dem Aquifer (+), in den Aquifer (-) [W) D 04 F A A S O N D F Abbildung 5: Wärmeleistungen bei der Speicherbe- und -entladung Neben dem problemlosen Anlagenbetrieb mit mittlerweile plankonformen Parametern in der Einlagerungsphase machen Abbildung 4 und Abbildung 5 folgendes deutlich: Der Zeitraum, der für die Wärmeentnahme aus dem Speicher zur Verfügung steht, ist gegenüber den Planvorgaben verkürzt. In den letzten ahren ging der Wärmeabsatz
6 im Fernwärmenetz durch Energiesparmaßnahmen zurück. Die alleinige direkte Heizung mit Abwärme ist heute bei vergleichsweise tieferen Temperaturen noch ausre i- chend. Bei Außentemperaturen um 0 C ist die Leistungsgrenze der Wärmelieferung aus dem Kraftwerk erreicht. Es kommt zu zahlreichen und zeitlich nicht vorhersagbaren Wechseln zwischen Wärmeüberschuss und Bedarf an zusätzlicher Heizleistung. Der vor allem in den An- und Abfahrvorgängen sehr träge Aquiferspeicher kann diese Schwankungen nicht ausgleichen. Aus diesem Grunde wurde eine simple Fahrweise festg e- legt: Oberhalb einer für drei Tage vorhersagbaren Tagesmitteltemperatur von 5 C fährt der Speicher grundsätzlich im Einlagerungsregime und unterhalb von entspr e- chend vorhergesagten 2 C im Entnahmeregime. Dazwischen bleibt er abgeschaltet. Die Rücklauftemperaturen des Fernwärmenetzes überschreiten in der Heizperiode zeitweise deutlich die planerisch vorgegebenen maximalen 45 C. Dies hat wesentlich mit der Funktion der Hausübergabestation in Zeiten der Gebrauchswarmwasserproduktion zu tun. Die aus dem Speicher einkoppelbare Wärmeleistung verringert sich zeitweise um bis zu 40 %. Für die nächste Heizperiode sind hier allerdings deutliche Verbesserungen nach Veränderungen an den Stationen zu erwarten. Vorgenannte Aspekte führen zu dem in Abbildung 6 dargestellten Bild. Einer größeren sommerlichen Einlagerung steht eine geringere winterliche Wärmeentnahme gegenüber. Der Wärmerückgewinnungskoeffizient beträgt ca. 42 %. Das entspricht zwar der ursprünglichen Erwartung im ersten Betriebsjahr, jedoch ist dies nicht vergleichbar. Während im Konzept das Speichereinfahren in den ersten 5 ahren zu geringeren, allerdings stetig ansteigenden Rückgewinnungskoeffizienten führte, sind in Realität o.g. äußere Aspekte entscheidend. 0 Wärme aus und in den Aquifer [Wh] Beladung Wh Entladung Wh A A S O N D F Abbildung 6: Entwicklung der Speicherbeladung im ersten vollständigen Betriebszyklus
7 Abbildung 7: Speicherzyklen 20 Die Abbildung 7 zeigt den ahresverlauf der Ein- bzw. Ausspeichermengen (hellblau bzw. dunkelblau) mit den betrieblichen oder witterungsbedingten Unterbrechungen. Die aus dem langjährigen ittel der Außentemperatur ermittelten optimalen Ein- und Ausspeicherzeiten sind rot bzw. violett markiert. Im Folgenden sollen die beiden prinzipiellen Betriebsregime des Speichers an Hand j e- weils charakteristischer Rahmenbedingungen näher beschrieben werden: Heizleistung [kw] :00 16:00 20:00 00:00 04:00 08:00 12:00 Speicherbeladung Direkte Heizung Überschusswärme des Kraftwerkes Gesamtwärmebedarf Temperatur [ C] Abkühlung Heiznetz Aufheizung Speicher 12:00 16:00 20:00 00:00 04:00 08:00 12:00 T Vorlauf T Rücklauf T Injektion T Förderung Abbildung 8: Wärmeüberschüsse und ihre Nutzung am 5. und 6. November 20 Abbildung 9: Temperaturen der Fernwärme und im Wärmespeicher am 5. und 6. November 20 Am 5. und 6. November, typischen Tagen in der Übergangszeit, stehen aus dem Kraf t- werk Überschüsse von 4,0 bis 5,0 W zur Verfügung, die zum Wärmespeicher geleitet
8 werden. Der Speicher nimmt jeweils die Differenz zwischen diesem Überschuss und der direkten Nutzung der Wärme im Heiznetz auf. Das Primärnetz stand an diesem Tag mit ca. 90 C zur Verfügung. Damit wird die aus der kalten Bohrung geförderte Thermalsole von ca. 45 C auf ca. 78 C erhitzt und mit dieser Temperatur in die warme Bohrung injiziert. Neben dem Speichereffekt zeigt sich ein weiterer Vorteil: Das Primärnetz wird tief ausgekühlt und damit die Effizienz der Stromerzeugung im Kraftwerk positiv beeinflusst. Heizleistung [kw] konventionelle Nachheizung Entladung Wärmespeicher Gesamtwärmebedarf Temperatur [ C] Aufheizung Heiznetz Abkühlung Speicher T Gesamtvorlauf T Vorlauf Speicher T Rücklauf T Förderung T Injektion 0 12:00 16:00 20:00 00:00 04:00 08:00 12: :00 16:00 20:00 00:00 04:00 08:00 12:00 Abbildung 10: Bedarfsdeckung im Fernwärmenetz Rostocker Strasse am 23. und 24. anuar 20 Abbildung 11: Temperaturen der Fernwärme und im Wärmespeicher am 23. und 24 anuar 20 An wärmeren Wintertagen mit nur geringfügigem Betrieb der Spitzenlastkessel bemisst sich der Umfang des Wärmespeicherbetriebes selbstverständlich ausschließlich danach, den Kesselbetrieb einzuschränken. In keinem Fall darf die Entladung des Wärme - speichers die direkte Nutzung von Abwärme aus dem Kraftwerk vermindern. 5 Zusammenfassung Bemühungen zur inimierung des Primärenergieeinsatzes werden oft durch saisonal unterschiedliche Zeiträume von Energiebedarf und Energieangebot behindert. Die Entwicklung energieeffizienter und wirtschaftlicher Technologien der Langzeitwärmespeicherung, z. B. in Aquiferen, kann einen nennenswerten Beitrag zur Lösung der Probleme lei sten. Die im ahre 2004 in Neubrandenburg in Betrieb genommene Anlage wird in den nächsten ahren bei der Weiterentwicklung des Know-how auf dem Gebiet der Hochtemperaturspeicherung im Untergrund helfen. Dazu läuft ein umfangreiches onitoringprogramm. Im ersten Betriebsjahr erfüllte der Speicher die an seinen technischen Betrieb geknüpften Erwartungen in hohem aße. Keine nennenswerten, auf den Speicher zurückgehenden technischen Betriebsprobleme wurden verzeichnet. Die Wasserchemie war beherrschbar. Feststoffausfällungen wurden nicht beobachtet. Abstriche müssen aktuell noch an der energetischen Effizienz des Speicherbetriebes gemacht werden. Dies hat seine Ursachen allerdings nicht im Speicher selbst, der sich sehr exakt verhält wie vorhergesagt, sondern in den Charakteristiken der angeschlossenen Wärmeerzeuger und -abnehmer. Vor allem ein zu geringes Potenzial der Wärmesenke im Winter bzw. deren zu hohe Heiznetzrücklauftemperaturen verhindern noch die ausre i- chende Entladung des Speichers.
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